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AFIR stellt die Weichen: Infrastruktur für emissionsfreien Straßengüterverkehr
Von Michael Schwendinger (VCÖ - Mobilität mit Zukunft), März 2022
Die aktuelle Lage zeigt eindringlich, wie problematisch die Erdölabhängigkeit des Verkehrs ist. Die Dekarbonisierung des Verkehrs ist somit nicht nur aus Perspektive des Klimaschutzes, sondern auch für die wirtschaftliche Entwicklung und Stabilität Österreichs und Europas von zentraler Bedeutung.
Der Verkehrssektor ist der Problembär beim Klimaschutz, bei keinem anderen Sektor geht die Entwicklung seit dem Jahr 1990 derart in die falsche Richtung. Güterverkehr ist in Österreich für mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen des Verkehrs verantwortlich, 99 Prozent davon verursacht der Straßengüterverkehr. Das Problem wird sich nicht von selbst lösen, die OECD geht bis zum Jahr 2030 von einem Wachstum des Güterverkehrs von weiteren 30 Prozent aus.
In Österreich wird derzeit der Masterplan Güterverkehr ausgearbeitet. Die Masterstrategie muss auch im Güterverkehr lauten: Vermeiden, Verlagern, Verbessern. Beim letzten Punkt geht es im Wesentlichen um die Dekarbonisierung des Lkw-Verkehrs. Eine zentrale Grundvoraussetzung für den Einsatz lokal emissionsfreier Lkw ist, dass es eine passende Tank- und Ladeinfrastruktur auf Europas Straßen gibt. Das zentrale EU-Regelwerk für den Aufbau einer solchen Infrastruktur ist die „Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe“ (AFIR), die derzeit auf EU-Ebene verhandelt wird.
Entscheidungskriterium erneuerbare Energie
Im Straßengüterverkehr gibt es unterschiedliche Technologien, die derzeit im Zusammenhang mit der angestrebten Dekarbonisierung diskutiert werden. Grob eingeteilt sind das elektrische Lkw (E-Lkw), Wasserstoff-Lkw (H2-Lkw) und Flüssiggas-Lkw (LNG-Lkw). Jede dieser Technologien braucht eine separate Infrastruktur, um betrieben werden zu können und jede Technologie hat naturgemäß gewisse Vor- und Nachteile. Das altbekannte Henne-Ei-Problem stellt sich in diesem Zusammenhang nur in der Theorie – in der Praxis braucht es eine betriebsnotwendige Infrastruktur, bevor die Lkw auf die Straße geschickt und angeschafft werden. In einer Welt mit beschränkten Ressourcen an Geld, Baukapazitäten, Rohstoffen und Zeit zielt die zentrale Frage somit vor allem auf die Priorität: Worauf den Fokus legen?
Im Zusammenhang mit dem Generationenprojekt „Klimaneutralität 2040“ gibt es – nicht nur im Verkehr, sondern auch in allen anderen Sektoren – eine alles entscheidende kritische und äußerst knappe Ressource: erneuerbare Energie. Diese Ressource muss gesamtgesellschaftlich so effizient wie möglich eingesetzt werden – an diesem Prüfstein sind die verschiedenen Optionen zu messen: Energieeffizienz sticht Technologie-Indifferenz.
E-Lkw als effizienteste Technologie
Die Energieeffizienz der unterschiedlichen Optionen für die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs unterscheidet sich erheblich. Während ein LNG-Lkw mit 100 Kilowattstunden Energie lediglich 18 Kilometer und ein H2-Lkw nur etwa 26 Kilometer weit kommt, schafft ein E-Lkw 73 Kilometer. H2-Lkw mögen für spezifische Anwendungsbereiche, der Einsatz von LNG-Lkw in bestimmten Regionen mit lokal verfügbarer Biomasse zur Produktion von LNG aus Biomethan sinnvoll sein – der absolute Fokus für den Aufbau einer Infrastruktur für dekarbonisierten Straßengüterverkehr in Europa muss jedoch auf einer leistungsfähigen Ladeinfrastruktur für E-Lkw liegen. Alles andere kommt einer strategischen Energieverschwendung von morgen gleich.
AFIR legt Fokus auf alle Optionen
Es ist ein zentraler Fortschritt der im Jahr 2021 präsentierten Verordnung (AFIR) gegenüber der vorangegangenen Richtlinie (AFID), dass damit erstmals rechtlich verbindliche Ziele für die Infrastruktur von E-Lkw gesetzt sind – und das bereits für das Jahr 2025. Allerdings sieht der AFIR-Vorschlag derzeit massive Investitionen in alle drei Bereiche vor. Am meisten Geld würde europaweit mit rund 720 Millionen Euro jährlich bis zum Jahr 2030 in die Wasserstoff-Tankinfrastruktur fließen, gefolgt von 340 Millionen Euro für E-Ladestellen und 290 Millionen Euro für LNG-Tankanlagen.1 Und das, obwohl im Jahr 2030 gemäß Einschätzung der Industrie 4 von 5 emissionsfreien Lkw batterie-elektrisch unterwegs sein werden und damit zu rechnen ist, dass H2-Lkw in diesem Jahrzehnt keine Kostenparität mit Diesel-Lkw erreichen werden, wohingegen dies bei E-Lkw aufgrund des effizienteren Energieeinsatzes schon ab dem Jahr 2025 der Fall sein dürfte. Auch massive Investitionen in eine LNG-Tankinfrastruktur sind im AFIR-Vorschlag vorgesehen, obwohl diese Technologie neben dem Effizienz-Nachteil und dem fragwürdigen Beitrag von fossilem LNG zum Klimaschutz im europaweiten Lkw-Verkehr auch aufgrund der beschränkten Verfügbarkeit von sowie Nutzungskonkurrenz für die Energie aus Biomasse eine untergeordnete Rolle spielen wird.2
Pfadabhängigkeit nutzen, Weichen stellen
Wenn erneuerbare Energie die kritische Ressource für eine weitgehende Dekarbonisierung ist, dann muss Energieeffizienz das entscheidende Kriterium bei der Auswahl unterschiedlicher Technologie-Optionen sein. Daraus folgt, dass LNG-Tankinfrastruktur aus dem Pflichtteil der AFIR gestrichen werden sollte. H2-Tankinfrastruktur sollte auf „no regret“-Standorte – etwa Häfen und Industriecluster – fokussiert werden, wo der vergleichsweise energieintensive Einsatz von Wasserstoff auch für andere Nutzungszwecke möglich und Investitionen somit langfristig abgesichert sind. Aufgrund der unübertroffenen Energieeffizienz muss der Infrastruktur-Fokus für eine Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs auf E-Lkw liegen. Denn Infrastruktur-Investitionen schaffen unausweichlich Pfadabhängigkeiten – und AFIR kommt die nicht zu unterschätzende Aufgabe zu, die Weichen richtig zu stellen.
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Stellplatzvorgaben schreiben vor, dass bei Bauprojekten Auto-Stellplätze errichtet werden müssen. Vorgaben für die Erreichbarkeit mit Öffentlichem Verkehr oder Fahrrad, sowie Sharing-Angebote fehlen meist.