Mit On-Demand-Mobilität flächendeckend den Öffentlichen Verkehr ergänzen

Juli 2019

Nachfragegesteuerte Angebote wie Rufbusse oder Anrufsammeltaxis wurden im deutschsprachigen Raum in den 1990er-Jahren erstmals eingesetzt, um insbesondere in dünn besiedelten Regionen eine Minimalversorgung mit Öffentlichem Verkehr sicherzustellen. Ein solcher „Mikro-ÖV“ erhöht die soziale Teilhabe und leistet grundlegende Daseinsvorsorge, oft als einzige Möglichkeit für Menschen im ländlichen Raum unabhängig mobil zu sein.

Das Prinzip des Anrufsammeltaxis wird immer häufiger mittels Smartphone-App und IT-gestützter Disponierung verbessert. Unter den Begriffen „Demand-responsive Transport“ oder „On Demand-Ridesharing“ werden Mobilitätsangebote zusammengefasst, bei denen Zeitpunkt, Abholort und Fahrstrecke dynamisch koordiniert werden, um Fahrten mit ähnlichen Routen zu bündeln. Während Mikro-ÖV-Systeme typischerweise in der Peripherie eingesetzt werden, rücken so zunehmend auch Kleinstädte, das Stadtumland und Gebiete entlang von Bahnachsen in den Fokus.

Anders als im klassischen Mikro-ÖV, bei dem es um eine Basisversorgung für begrenzte Zielgruppen geht, bieten Digitalisierung und Integration in das Verbundangebot neue Möglichkeiten. Indem die sozialen Motive um ökologische Aspekte und breitere Nutzbarkeit ergänzt werden, können nachfragegesteuerte Angebote nun aktiv dazu beitragen, das Mobilitätsverhalten hin zum Öffentlichen Verkehr zu verändern.

Derzeit betreiben zumeist Gemeinden oder Gemeindekooperationen Mikro-ÖV-Angebote wie Anrufsammeltaxi oder Dorfbus, oft basierend auf ehrenamtlicher Tätigkeit auf Vereinsbasis. Je nach Mikro-ÖV-Angebot und definierten Zielgruppen reichen die Zahlen der Nutzenden von 500 bis über 20.000 Fahrgäste pro Jahr.

Die Kombination des klassischen Öffentlichen Verkehrs mit ergänzenden, nachfragebasierten Angeboten bietet eine vielversprechende Möglichkeit, um den Linienverkehr flächendeckend zu ergänzen und auch zu Randzeiten ein attraktives Mobilitätsangebot zu schaffen. Ziele sollten eine dauerhafte Finanzierung nach klaren Kriterien für nachfragebasierte Mobilitätslösungen und eine Integration in die Angebote des jeweiligen Verkehrsverbundes sein. Wichtig ist, dass der Öffentliche Linienverkehr regional und zeitlich ergänzt, aber nicht ersetzt wird, und die Zugänglichkeit für Personen ohne Smartphone erhalten bleibt.

Mikro-ÖV auf eine neue Stufe heben und flächendeckend in das Gesamtangebot integrieren

Beispiele von On Demand-Ridesharing n in Österreich und Deutschland

Mehr Hintergründe und Informationen zu den nachfolgenden Beispielen finden Sie in den VCÖ-Publikationen Sharing und neue Mobilitätsangebote , In Gemeinden und Regionen Mobilitätswende voranbringen und Mobilitätswende braucht mehr Öffentlichen Verkehr.

In Österreich im Bezirk Korneuburg ermöglicht ISTmobil durch Anrufsammeltaxis den Lückenschluss des öffentlichen Verkehrsnetzes. Seit September 2018 werden auch Zeitkarten des Verkehrsverbundes berücksichtigt und es fällt für die Nutzung nur noch ein Komfortzuschlag an.

Im Jahr 2018 gab es Testbetriebe des Postbus Shuttle in Lustenau und der Region Kloppeiner See, wobei die Bestellung ebenfalls per App getätigt und ähnliche Fahrtwünsche gebündelt wurden. Ziel ist eine flächendeckende Ergänzung von Taktverkehren im ländlichen Raum und die Überbrückung der ersten und letzten Meile an Bahnhöfen, in Kombination mit Tourismusbetrieben.

Vorbildhaft auch die Anrufsammeltaxis im Defereggental und Pustertal in Osttirol des Verkehrsverbund Tirol. Auch etwa im steirischen Trofaiach ist die Benützung des Mikro-ÖV für Schülerinnen und Schüler mit einer Jahresnetzkarte und in der Stadt Bruck an der Mur mit einer Verbundfahrkarte möglich.

Im Odenwaldkreis in Bayern werden seit dem Jahr 2017 private und gewerbliche Mitnahmefahrten zum Verbundtarif in den Öffentlichen Verkehr integriert. Diese Ergänzung entlang der Buslinien soll gemeinsam mit vergünstigten Taxi-Fahrten eine Mobilitätsgarantie von jeder Ortschaft in das nächste Zentrum bieten.

Ebenfalls in Deutschland hat der Nordhessische Verkehrsverbund unter "NVV-Mobilfalt" ein privates Mitfahrsystem entwickelt, das die bestehenden Busverbindungen in Zeiträumen ohne Verkehrsangebot zwischen Gemeinden und regionalen Zentren ergänzt. Die private Mitnahme kann als Fahrt angeboten werden. Sie ist in den Öffentlichen Linienverkehr integriert und ermöglicht einen Taktverkehr.

In Wittlich betreibt die Deutsche Bahn unter der Marke „ioki“ seit Mai 2018 erstmals einen On-demand-Verkehr mit zwei Bussen. Die Stadt Freyung im Bayerischen Wald testet seit Sommer 2018 ein On-Demand-Ridepooling-Service im ländlichen Raum. Das Service „freyfahrt” von door2door ermöglicht den Nutzenden im Rahmen des Öffentlichen Verkehrs eine Beförderung nahezu von Tür-zu-Tür ohne Fahrpläne oder feste Routen.

 

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Wie nachhaltig sind selbstfahrende Elektroautos?

Shared Autonomous Electric Vehicles (SAEV) werden aus mehreren Gründen als ressourcenschonend und energiesparend betrachtet: sparsames Fahren durch ruhigeren, effizienteren Verkehr und weniger Luftwiderstand durch knappes Auffahren („vehicle platooning“), optimale Wartung, aber auch insgesamt eine schrumpfende Fahrzeugproduktion durch Sharing. In erster Linie sind Modelle, die das CO2-Einsparungspotenzial von SAEV vorhersagen sollen, von zwei großen Annahmen abhängig: Die Effizienz des Sharing-Modells und die allgemeine Nachfrage nach motorisiertem Verkehr. Steigt durch die Attraktivität von SAEV als Alternative zu öffentlichem Verkehr oder Fahrrad das Verkehrsaufkommen, so heben sich die oben angeführten Einsparungspotenziale wieder auf.

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Foto: Wikimedia/Richard Huber/CC BY-SA 4.0

Welche Faktoren über den Wechsel zwischen Auto und Bahn entscheiden

In keinem anderen EU-Staat werden pro Kopf so viele Kilometer mit Bahn, Straßenbahn und U-Bahn gefahren wie in Österreich. Im Jahr 2016 wurden in Österreich pro Kopf 2.265 Kilometer auf der Schiene zurückgelegt. In Europa sind es nur beim Spitzenreiter Schweiz, dank dessen dichten Bahnnetzes, noch mehr Schienenkilometer.
Auf der Westbahn-Strecke weist Österreich bereits Schweizer Niveau auf. Viele haben die Vorteile des Bahnfahrens gegenüber dem Auto erkannt. Damit die Personenmobilität in Österreich auf Klimakurs kommt, sind allerdings flächendeckend noch weitaus mehr Autofahrten auf die Bahn zu verlagern.

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