Aus der Praxis - Brigitte Vettori

Wohnstraße als Möglichkeitsraum nutzen

Brigitte Vettori: Kultur- und Sozialanthropologin, www.spaceandplace.at

VCÖ-Magazin: Die Kulturinitiative „space and place“ befasst sich seit drei Jahren mit der Erforschung und Belebung von Wohnstraßen. Was ist das Ziel dieser Initiative?

Brigitte Vettori: Wien verfügt aktuell über 190 Wohnstraßen mit einer Gesamtfläche, die 57 Fußballfeldern entspricht. Ein Möglichkeitsraum der im Rahmen der Straßenverkehrsordnung (§76b) ohne weitere Zusatzgenehmigung genutzt werden kann, für Meetings, als Open-Air-Turnsaal oder als Raum zum Spielen, zur Entspannung, für generationsübergreifenden gesellschaftlichen Austausch, ja als „öffentliches Wohnzimmer“ vor der eigenen Haustüre. Unser Ziel ist es, solche Wohlfühl- und Klimaoasen in der Stadt zu schaffen. Hier lassen sich aktuell auch die Covid-19-Verordnungen einfach einhalten.

VCÖ-Magazin: Was braucht es, um Wohnstraßen aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken?

Brigitte Vettori: Der eigentliche Zweck von Wohnstraßen ist vielen unbekannt, weil bei der Einführung des Konzepts „Wohnstraße“ aus den Niederlanden im Jahr 1983 nur der Aspekt der Verkehrsberuhigung berücksichtigt wurde. Damit die Wohnstraße ihr Potenzial entfalten kann, braucht es Information, gegenseitige Rücksichtnahme aller Nutzerinnen und Nutzer und eine „Kultur des Wohnstraßenlebens“. Wir leben sie in unseren „#wohnstrassenleben“ (spaceandplace.at/wohnstrassenleben) vor und regen auch bauliche Veränderungen von und mehr Sicherheit auf Wohnstraßen an. Die Art, wie wir Straßen verwenden, ist nicht angeboren – sie ist erlernt. Daher können internalisierte Muster der gleichartigen Nutzung von unterschiedlichen Straßen auch verändert werden.

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VCÖ: Große Unterschiede zwischen den Bundesländern bei Pkw-Stellplatzvorgaben

VCÖ (Wien, 15. November 2024) – Bei den Stellplatzverordnungen für Pkw gibt es zwischen den Bundesländern große Unterschiede, wie eine aktuelle VCÖ-Untersuchung zeigt. Acht Bundesländer schreiben eine Mindestanzahl von Pkw-Stellplätzen vor, nur drei Bundesländer haben Höchstgrenzen. Einzelne Städte und Gemeinden haben bereits zeitgemäße Anpassungen gemacht und berücksichtigen beispielsweise die Nähe zum Öffentlichen Verkehr. Damit können auch die Kosten für Wohnbau und Wohnen reduziert werden, betont der VCÖ und fordert eine Reform der Stellplatzvorgaben.  

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VCÖ: Stellplatzvorgaben im Wohnbau umfassend reformieren!

VCÖ (Wien, 13. November 2024) – Verpflichtende Stellplätze machen 10 bis 15 Prozent der gesamten Baukosten im Wohnbau aus, wie eine aktuelle VCÖ-Untersuchung zeigt. Die bestehenden Pkw-Stellplatzverpflichtungen verteuern den Wohnbau und damit das Wohnen und führen zudem zu mehr Autoverkehr. Während Bauträger zwar in ganz Österreich gesetzlich gezwungen sind, Pkw-Stellplätze zu bauen, gibt es keine verpflichtenden Vorgaben für die Anbindung an den Öffentlichen Verkehr oder die Bereitstellung von Sharing-Angeboten. Der VCÖ fordert eine umfassende Reform der Stellplatzvorgaben im Wohnbau. Für große Wohnbauprojekte und große Bürogebäude sollen Mobilitätskonzepte verpflichtend vorgeschrieben werden.

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