Aus der Praxis - Stefan Gössling

Es ist klar, dass der Flugverkehr schrumpfen wird

Stefan Gössling: Professor für nachhaltigen Tourismus und nachhaltige Mobilität an der Universität Lund in Schweden. www.stefangossling.de

VCÖ-Magazin: Werden wir in Zukunft wieder wie gewohnt reisen?

Stefan Gössling: Sicherlich werden Flugreisen auf absehbare Zeit kritisch gesehen werden, dazu kommt vermutlich eine neue Wahrnehmung der Entfernung. Je weiter ich von zu Hause weg bin, desto weiter bin ich von meinem gewohnten Umfeld und seinen Sicherheiten weg – dazu gehört auch das Gesundheitssystem. Im Urlaub fragen wir uns ungern, ob die medizinische Versorgung wirklich gewährleistet ist, diese Frage tritt jetzt stärker in den Vordergrund. Natürlich gilt das auch für Schiffs- und Zugreisen. Das eigene Auto wird als sicherer Raum wahrgenommen werden, aber die Entfernung zum Reiseziel wird ja auch kürzer dadurch. Insgesamt könnte Covid-19 tatsächlich ein Wendepunkt werden, denn es ist klar, dass nationaler und internationaler Flugverkehr schrumpfen werden.

VCÖ-Magazin: Sehen Sie tatsächlich Anzeichen für ein Umdenken zu mehr Nachhaltigkeit, zu der auch die Klimaverträge verpflichten?

Stefan Gössling: Bereits vor der Krise gab es eine breite Zustimmung (zwei Drittel Mehrheit), die sehr drastische Maßnahmen zur Reduzierung von Emissionen aus dem Flugverkehr unterstützt hat. In der aktuellen Krise könnte das die Basis für eine Abkehr vom Volumenwachstumsmodell sein. Flugverkehr war noch nie kostendeckend, weil das Wachstum durch Subventionen gefördert wurde – in zahlreichen Krisen der letzten Jahrzehnte, von SARS bis zur Finanzkrise. Außerdem gibt es Kosten, die niemand tragen musste - wie etwa für die Folgeschäden von Klimagasemissionen oder die Risiken der Verbreitung von Viren durch den Flugverkehr. Aktuell will die Flugbranche zurück zum alten Modell, also viele Passagiere mit geringen Profitmargen. Wir müssen das Gegenteil erreichen. Viele Flüge finden nur statt, weil sie nichts kosten. Dabei fliegen etwa nur geschätzte vier Prozent der Weltbevölkerung innerhalb eines Jahres international, also zwischen zwei Ländern – es wird also eine sehr kleine Elite subventioniert, das kann nicht im Sinn der Gesellschaft sein. Wir können mit sehr viel weniger Flugverkehr gut auskommen und damit gleichzeitig viel stabilere Destinationsmodelle schaffen, die auch für Krisen besser gerüstet sind.

Zurück zur Übersicht

VCÖ: Wien ist Österreichs Landeshauptstadt mit dem niedrigsten Autoanteil an der Mobilität

VCÖ (Wien, 19. März 2025) – Im Landeshauptstadt-Vergleich ist in Wien der Anteil des Autos an der Mobilität mit 25 Prozent am niedrigsten, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Wien ist auch die einzige Stadt, wo die Bevölkerung mehr Wege mit dem Öffentlichen Verkehr als mit dem Auto fährt. Künftige Entwicklungen, wie die zunehmende Erderhitzung und die steigende Zahl älterer Menschen haben auch starke Auswirkungen auf die Mobilität. Projekte und Konzepte, die die Mobilität und den Gütertransport zukunftsfit machen, sind beim diesjährigen VCÖ-Mobilitätspreis Wien gesucht. VCÖ, Mobilitätsstadträtin Ulli Sima und ÖBB rufen zur Teilnahme auf.

Mehr dazu
Sujet VCÖ Mobilitätspreis 2025

Der Bus kennt den Weg

Ob Pörtschach, Hamburg oder Stavanger: Automatisierte Busse sind bereits im Testbetrieb mit Fahrgästen unterwegs. Vor allem für die erste und letzte Meile haben sie großes Potenzial. Es gibt aber noch Herausforderungen zu bewältigen.

Mehr dazu