Carsharing findet Stadt

Carsharing hat zahlreiche Vorteile: Es spart Geld, schützt Klima und Umwelt und erhöht die Lebensqualität in Städten. Als Ergänzung zum Öffentlichem Verkehr entfaltet es sein volles Potenzial.
von Susanne Wolf
Unsere Städte sind voll mit geparkten Autos“, heißt es auf der Homepage von GoMore, einer Initiative, die es Privatpersonen ermöglicht, ihr Auto mit anderen zu teilen. „Mehr als 90 Prozent der Zeit stehen sie ungenutzt herum.“ Das Ziel von Carsharing-Plattformen wie GoMore und Getaround ist es, die Zahl der Autos in den Städten zu verringern. Die Wienerin Julia S. vermietet ihr Auto über beide Plattformen und ist zufrieden: „Ich brauche mein Auto nur an kalten Winter- oder Regentagen, sonst fahre ich mit dem Fahrrad.“
Mittel zum Zweck und Teilen
In Österreich gibt es rund 570.000 Autofahrerinnen und Autofahrer, die nur wenige Male im Jahr hinter einem Autolenkrad sitzen, weitere rund 690.000 nur einige Male im Monat. Gleichzeitig stehen in Österreichs Haushalten mehr als 1,3 Millionen Zweit- und Drittautos, die im Schnitt gerade einmal eine halbe Stunde am Tag im Einsatz sind. Wenn ein Teil dieser Fahrzeuge von mehreren Personen genutzt wird, kann ein anderer Teil eingespart werden. Autos, die nicht (oder kaum) genutzt werden, verbrauchen zwar keine Energie für den Betrieb, die Herstellung verschlingt aber viele Ressourcen – und gerade in Städten verstellen sie wertvolle Flächen des öffentlichen Raums.
Julia S. gehört zur wachsenden Zahl von Autofahrenden, die ihr Gefährt mehr als Mittel zum Zweck betrachten, denn als Ausdruck eines Lifestyles. In fünf Jahren Vermietung hat sie nur gute Erfahrungen gemacht. Über die Einnahmen aus der Vermietung erhält sich ihr Auto selbst.
„Die Mitglieder von stationsbasiertem Carsharing sind häufig Personen im Alter von 30 bis 50 Jahren, die ihre Wege kosteneffizienter bewältigen wollen“, heißt es in der Masterarbeit des BOKU-Wien-Absolventen Robert Schwarz. Da geht es oft um größere und kleinere Transporte oder Fahrten an Ziele, die mit dem Öffentlichen Verkehr nur schlecht erreichbar sind. Stationäres Carsharing hat deutlich positive Auswirkungen, weil es tatsächlich private Pkw ersetzt, während beim free-floating – bei dem die Fahrzeuge spontan gemietet und überall im Nutzungsgebiet abgestellt werden können – die Gefahr besteht, dass Wege statt mit dem Öffentlichen Verkehr mit dem Sharing-Auto zurückgelegt werden.
Entlastung für Städte
Gerade in Städten ist ein eigenes Auto oft nicht notwendig und die Nachfrage nach Carsharing groß. In Graz und Linz gibt es das Mobilitätsangebot tim. In Wien haben einige Bewohnerinnen und Bewohner des Bezirks Neubau den Verein Elfride gegründet: „Carsharing muss nicht nur ökologisch, sondern auch leistbar sein“, sagt Stefan Waschmann, Vorstandsvorsitzender von Elfride. Die Mitglieder sind aufgefordert, die Autos selbst zu betanken und bei Bedarf in die Waschstraße zu bringen. Die Kosten sind überschaubar: Neben Stundentarifen von 1,55 bis 1,95 Euro (zuzüglich Benzinkosten) beträgt der jährliche Mitgliedsbeitrag 60 Euro pro Jahr, mit Klimaticket ist die Mitgliedschaft kostenlos. „Denn wer ein Klimaticket hat, verwendet Elfride wirklich nur, wenn es nicht anders geht“, so Waschmann. „Kommerzielle Carsharing-Anbieter würden das als Schuss ins Knie bezeichnen, wir als Verein mit ökologischen Statuten hingegen freuen uns darüber.“
Ergänzt Öffentlichen Verkehr
Das größte Potenzial für mehr Klimaverträglichkeit hat Carsharing in Kombination mit dem Öffentlichen Verkehr. „WienMobil Auto“ bietet Carsharing für Fahrgäste der Wiener Linien mit Rabatten für alle, die eine Jahreskarte, eine Semesterkarte oder ein Klimaticket besitzen. 100 E-Autos stehen zur Verfügung. Das Angebot reicht vom Kleinwagen bis zum geräumigen E-Transporter. Mit Rail&Drive bieten die ÖBB Carsharing an rund 50 Standorten österreichweit an. Rund 400 Pkw können ausgeliehen werden, an 22 Standorten gibt es auch Elektroautos. Wer ein Klimaticket oder eine Vorteilscard besitzt, spart sich die Registrierungskosten. Bereits mehr als 30.000 Personen nutzen das Angebot von Rail&Drive. Wie beim stationären Carsharing üblich, wird das Fahrzeug wieder dort zurückgestellt, wo es ausgeliehen wurde. Großes Potenzial steckt auch in der Kombination Unternehmen und Carsharing: Laut einer Studie der TU Wien aus dem Jahr 2022 würden 71 Prozent der Befragten Carsharing häufiger nutzen oder komplett umsteigen, wenn es von ihrem Arbeitgeber als Benefit angeboten würde.
Ein Auto für drei
Dass Carsharing auch in Eigeninitiative funktioniert, beweist die Wienerin Britta Schmidjörg, die sich mit zwei Frauen ein Auto teilt. Koordiniert wird das private Sharing-Konzept über die App „WeeShare“. „Wenn sich jemand von uns einträgt, sind diese Termine blockiert. Jede tankt das Auto voll, bevor sie es zurückgibt.“ Laufende Kosten wie Versicherung werden gedrittelt, alles andere wird anhand der gefahrenen Kilometer prozentuell aufgeteilt.
Ein weiteres Ergebnis der TU-Studie besagt: 72 Prozent der Befragten würden Carsharing häufiger nutzen oder komplett umsteigen, wenn das Parken in der Stadt grundsätzlich teurer wird, nicht aber für Carsharing- Pkw. Es gibt also Hebel, um Carsharing durch geänderte Rahmenbedingungen attraktiver zu machen.