Elektro-Auto, aber richtig

Stromtankstellen: Zusätzlich zu Ladestationen zu Hause braucht es öffentliche Ladestationen, um Elektro-Autos auch für weitere Strecken einsatzfähig zu machen.

Die deutlich höhere Effizienz des Elektro-Antriebs und die Perspektive, die Stromerzeugung rasch hin zu regenerativen Primärenergieträgern zu verlagern, sprechen massiv für Elektro-Autos. Während die Informationstechnologie die Umsetzung erleichtern dürfte, könnte sich die Ladeinfrastruktur als Hemmschwelle erweisen.

>> von Rudolf Skarics

Österreich hat den Klimavertrag von Paris ratifiziert. Die dort formulierten Ziele sind ohne konsequente Dekarbonisierung des Verkehrs nicht einzuhalten.
Ein Ausstieg aus dem fossil getriebenen Verkehr ist im Kfz-Verkehr nur durch raschen und massiven Einsatz des Elektro-Antriebs zu schaffen. Allerdings wird derzeit, global gesehen, noch sehr viel Strom, nämlich 76 Prozent, aus fossilen Energieträgern wie Kohle generiert. Das hat zur Folge, dass ein Elektro-Auto in manchen Staaten sogar mehr CO2-Ausstoß verursacht als ein Diesel- oder Benzinfahrzeug. So werden einem Mittelklasse-Pkw mit Dieselmotor mit einem CO2-Ausstoß von 140 Gramm pro Kilometer als Elektro-Auto bei österreichischem Strom-Mix 58 Gramm pro Kilometer zugeschrieben, bei EU-Mix 82, für den deutschen Strom-Mix ergeben sich 130 (ähnlich den USA), und nach chinesischem Strom-Mix sind es 190 Gramm pro Kilometer. 

Elektro-Auto braucht Energiewende

Das Klimapotenzial der Elektro-Motoren kann daher nur im Gleichschritt mit der geforderten Energiewende genützt werden. Neue Technolo-gien als Ersatz für kohlenstoffbasierte konventionelle Technik ergeben viele neue Geschäftsfelder sowohl bei Fahrzeugen als auch bei der Energiebereitstellung.

Fehlentwicklungen sind dabei aber noch lange nicht ausgeschlossen, wie Staaten zeigen, in denen die Kernkraft nach wie vor als probates Mittel zur Senkung des CO2-Ausstoßes gesehen wird.

Herausforderung Ladeinfrastruktur: Selbst Schnellladen funktioniert nicht wie das herkömmliche Tanken innerhalb weniger Minuten.

Hohe Energieeffizienz macht elektrisch fahren billiger

Auf den Energiegehalt umgerechnet, kostet Benzin bei derzeitigem Tankstellenpreis 14 Cent pro Kilowattstunde, Diesel 11 Cent, Strom hingegen 20 Cent pro Kilowattstunde. Strom ist also fast doppelt so teuer wie Diesel. Und das, obwohl er keine Mineralölsteuer enthält. So ergibt ein rascher Ersatz von Verbrennungsmotoren durch Elektro-Motoren auch steuerpolitisch ein Spannungsfeld mit vielen offenen Fragen. Die wichtigste davon: Muss Strom zum Fahren künftig noch einmal extra besteuert werden, weil sich der Staat sonst das Elektro-Auto gar nicht leisten kann?
Ein Elektro-Auto benötigt allerdings wegen seines effizienteren Antriebs um den Faktor 3 bis 4 weniger Energie für jeden gefahrenen Kilometer. Deshalb weist ein Elektro-Auto in der Regel trotz des (derzeit) höheren Strompreises bezogen auf den Energie-inhalt die geringsten Energiekosten pro Kilometer auf. Das ist ein Schlüsselargument für die Elektro-Mobilität. 

Elektro-Carsharing- Boom in der Region: Hier ersetzt Carsharing insbesondere Zweit- und Drittautos und ermöglicht die Vor-Ort-Nutzung lokal erzeugter regenerativer Energie.

Wird die Ladestation zum Engpass?

Elektrisches Autofahren in großem Stil erscheint über ein Schnellladenetz ähnlich dem Tankstellennetz für Verbrennungsmotoren nicht realisierbar. Selbst Schnellladen funktioniert nicht wie das Tanken innerhalb weniger Minuten. Das heißt, ein komfortabler Betrieb eines Elektro-Autos setzt eine Lademöglichkeit zu Hause und nach Möglichkeit auch am Arbeitsplatz -voraus.

Das lässt sich im ländlichen Bereich viel leichter realisieren und passt gerade in ländlichen Gemeinden sehr gut zum dortigen Auto-Nutzungsprofil. Nahezu jedes Einfamilienhaus in Österreich besitzt einen Starkstrom-anschluss und ist damit zumindest für beschleunigtes Laden bis zu einer Leistung von 11 Kilowatt technisch geeignet. In Ballungsräumen, wo das Elektro-Auto durch seinen lokal emissionsfreien Antrieb die Umweltsituation entlasten könnte, verträgt das Stromnetz in bestehenden Vielparteien-Wohnanlagen meist nur wenige Ladestationen für Elektro-Autos. Die nötige aufwendige technische Hochrüstung der Stromversorgung für einen massenhaften Umstieg auf Elektro-Autos in dichten Ballungsräumen könnte den Umstieg noch erheblich bremsen.

Zusätzlich zu Heimladestationen sind auch öffentlich zugängliche Schnell-Ladestationen an Orten, wo sie gebraucht werden, notwendig. Der Wettbewerb der Stromanbieter um Marktanteile findet derzeit zwar statt, jedoch weitgehend, ohne die Bedürfnisse der Kundschaft zu berücksichtigen. Bezahlsysteme, die das Stromtanken bei unterschiedlichen Anbietern ermöglichen, ähnlich dem Mobiltelefon-Roaming, stehen noch immer am Anfang ihrer Entwicklung. 

E-Auto beschleunigt Umsetzung neuer Mobilitätsformen

Viele Probleme, die das Auto bereitet, vom enormen Flächenverbrauch bis zur Verkehrssicherheit, sind allerdings über den Antrieb nicht zu lösen.
Deshalb sind neue Verkehrsstrukturen notwendig, also eine intelligente Vernetzung von der individuellen Fortbewegung bis hin zum Öffentlichen Verkehr. Dabei erscheinen die neuen Möglichkeiten der Informationstechnologie äußerst hilfreich, etwa die Abrechnungsmodelle bei den unterschiedlichen Formen geteilter Autonutzung im weiten Bereich zwischen Mietwagen und Carsharing. Um unterschiedliche Formen der Autonutzung dann auch noch mit dem Öffentlichen Verkehr zu vernetzen, muss auch der Bezahlmodus durchorganisiert werden, vorzugsweise über ein Smartphone. Indem das Elektro-Auto jetzt ja praktisch neu erfunden wird, kann es diese Ideen gleich mittransportieren.

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