Eva Hofmann - direkt gefragt

Teilen wird eher dann interessant, wenn es darum geht, Geld zu sparen

Porträtfoto Eva Hoffmann

Eva Hofmann ist Wirtschaftspsychologin und hat unter anderem zu Kooperation in der Sharing Economy geforscht (Collaborative Consumption & Sharing Economy, 2017-2021, Wirtschaftsuniversität Wien). Seit April 2023 ist sie Mitarbeiterin der Ferdinand Porsche FERNFH.

VCÖ-Magazin: Teilen statt besitzen. Das klingt eigentlich einfach. Aber wie gerne teilen Menschen tatsächlich, sind sie per se bereit zu Kooperation?  

Eva Hofmann: Ausgehend von unserem Forschungsprojekt „Collaborative Consumption“, kann ich sagen: Personen sind bereit zu teilen. Die Motivation dahinter war für uns allerdings überraschend. Wir dachten ursprünglich, es gehe dabei um den sozialen Aspekt, um den Austausch und den Kontakt zu anderen Menschen, mit denen geteilt wird. Aber für die Befragten wird Teilen eher dann interessant, wenn es darum geht, Geld zu sparen. Also ja, teilen ist wichtig. Aber die Motivation ist überraschend anders.  

VCÖ-Magazin: Das heißt, es ist vorrangig der finanzielle Nutzen der Menschen zur Nutzung von Sharing-Angeboten motiviert?  

Eva Hofmann: Ja, der finanzielle Aspekt ist das Wichtigste, erst danach folgen Umweltschutz und das Interesse an der Gesellschaft anderer. Das sind vor allem die Motivationen für klassische Sharing-Angebote wie Airbnb oder Carsharing. Bei Gemeinschaftsgärten etwa ist aber natürlich die soziale Motivation viel größer oder geht es dabei mehr um die Freude am Gärtnern.  

VCÖ-Magazin: Mit welchen Faktoren begünstigen Unternehmen, Plattformen oder auch Gemeinschaften die Kooperation ihrer Nutzerinnen und Nutzer?

Eva Hofmann: Prinzipiell würde ich sagen, es muss für die Nutzer des Angebots irgendeinen Nutzen bringen. Das kann ein finanzieller Nutzen sein, das kann der gesellschaftliche Aspekt sein, das kann aber auch den jeweiligen Werten entsprechen. Und je nach Anbieter des Teilens gibt es verschiedene Strategien. Für die anbietenden Unternehmen steht die finanzielle Ersparnis von Nutzerinnen und Nutzer des Angebots im Zentrum; sie gehen über den Preis und kommunizieren, dass sie ökologisch sind, weil Ressourcen gespart werden. Aber wenn, sagen wir einmal, jedes Jahr eine neue Carsharing-Flotte hingestellt wird, wäre das in dem Fall nur eine Marketingstrategie und keine Einsparung von Ressourcen mehr. Anbietende Sharing-Plattformen müssen vor allem die Personen, die ihre Autos, ihre Wohnungen, ihre Bohrmaschinen und anderes mit Unbekannten teilen sollen, erst einmal motivieren, ihnen klar machen, welchen Nutzen es für sie bringt ihren Besitz mit anderen zu teilen. Und für anbietenden Gemeinschaften, wie beispielsweise Gemeinschaftsgärten, zählt der gesellschaftliche Aspekt. Da sind vor allem die Gemeinden gefragt, aber auch verschiedene Vereine oder einzelne Initiativen, um hier die Menschen zusammenzubringen. Also es muss mindestens eine Person geben, der das Thema so viel wert ist, dass er/sie dahinter steht und die Gemeinschaft am Laufen hält.   

VCÖ-Magazin: Und was sind umgekehrt Hemmschwellen? Eventuelle Hindernisse für die Nutzung von Sharing-Angeboten?

Eva Hofmann: Das kann, wenn eigener Besitz zum Teilen zur Verfügung gestellt wird, die Sorge sein, dass das Geteilte beschädigt wird. Oder beim Nutzen von Sharing-Angeboten die Angst, dass das gewünschte Objekt nicht rechtzeitig verfügbar ist. Etwa wenn ich auf Airbnb meine Wohnung zur Verfügung stelle; diese kann natürlich verwüstet werden. Oder nehmen wir als Beispiel eine Bohrmaschine; Nutzer verschätzen sich beim Heimwerken mit der Zeit und behalten die Bohrmaschine länger, obwohl schon die nächsten Nutzer auf sie wartet. Ein anderes für mich sehr abschreckendes Beispiel wäre ein Fall, wie er angeblich vor Jahren in Los Angeles passiert ist: Ein Carsharing-Auto wurde als Drogendepot verwendet, so dass ein unbeteiligter späterer anderer Nutzer wegen der Drogen im Carsharing-Auto Probleme mit der Polizei bekommen hat. Carsharing-Autos werden irgendwo in der Stadt abgestellt und werden nicht wie bei einem Mietauto üblich nach Gebrauch kontrolliert, das kann natürlich problematisch sein. Drogen wird man hoffentlich selten finden, aber es reicht Nutzerinnen und Nutzern schon, wenn sie einen Kaffeebecher von vorhergehenden Fahrenden finden. Das wären alles konkrete Beispiele für Hinderungsgründe, warum Nutzerinnen und Nutzer vor Sharing Angeboten zurückschrecken.

VCÖ-Magazin: Für den Fall, dass etwas nicht so funktioniert wie gedacht, ist dann Regulierung sinnvoll und wenn ja, welche Art von Regulierung?  

Eva Hofmann: Wir haben in unserem Forschungsprojekt zwei Arten von Regulation unterschieden, die Einfluss auf das kooperative Verhalten haben. Einerseits die harte Regulation mit klaren Geboten und Verboten, Bestrafungen und Belohnungen und andererseits die sanfte Regulation, als helfender, unterstützender Ansatz, sich korrekt zu verhalten. Unsere Untersuchung der Websites einschlägiger Sharing-Anbieter hat gezeigt, dass dort stark mit harter Regulation und Sanktionen bei Fehlverhalten gearbeitet wird. Unsere Laborexperimente haben aber ergeben, dass sanfte Regulation mit Erklärungen im Sinn von „wie mache ich es richtig“ und Fehler nicht sofort zu Strafen, bessere Ergebnisse bei der Förderung kooperativen Verhaltens bringt.  

VCÖ-Magazin: Welchen Beitrag kann Sharing zu einem sorgsameren Umgang mit Ressourcen leisten?

Eva Hofmann: Es spart natürlich Ressourcen, wenn Menschen ein Sharing- Angebot nutzen, statt ein Produkt zu kaufen, das ist schon einmal ein Beitrag zu einem umweltfreundlichen Verhalten. Ein wichtiger gesellschaftlicher Beitrag – abgesehen vom Umweltschutzaspekt – ist aber auch, dass Leute zusammen- gebracht werden, die sonst nicht miteinander kommunizieren würden. Gerade in der Pandemiezeit ist uns die Nähe zu anderen Menschen, die nicht zur Familie oder den Freunden gehören, etwas verloren gegangen.  

Das Gespräch führten Petra Sturm und Bernhard Hachleitner.

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