Gemeinden gehen neue Wege
Jede Gemeinde gestaltet die Mobilität der Menschen, die dort wohnen, aktiv mit. Dabei ist die Kategorie Gemeinden und Gebietskörperschaften beim VCÖ-Mobilitätspreis bis heute beispielgebend und ideenanregend.
Von Christian Höller
Tue Gutes und rede darüber. Es gibt Gemeinden, die regelmäßig Projekte zum VCÖ-Mobilitätspreis einreichen und auch bereits mehrmals ausgezeichnet wurden. So auch Schwaz in Tirol.
Schwaz bleibt am Thema dran
„Maßnahmen für mehr nachhaltige Mobilität kosten Geld. Eine Auszeichnung dafür ist Anerkennung von außen und Bestätigung, dass etwas gut gemacht wurde. Das schafft auch ein Gegengewicht zu kritischen Stimmen, die es ja auch immer gibt“, erzählt Robert Kaufmann, Umweltbeauftragter der Stadtgemeinde Schwaz in Tirol. Bereits im Jahr 2005 wurde das Projekt „Schwaz – stark im umweltfreundlichen Verkehr“ mit dem VCÖ-Mobilitätspreis ausgezeichnet. Dabei wurde ein umfassendes Maßnahmenpaket umgesetzt, damit Kinder und Jugendliche sicher mobil sein können.
Gemeinde belebt Bahnhof
Im Jahr 2009 wurde das Projekt „Bahnservice – Mobilitätsservice am Bahnhof Schwaz“ mit dem VCÖ-Mobilitätspreis ausgezeichnet. Im Sommer 2008 war am Bahnhof Schwaz die Fahrdienstleitung abgezogen worden. Die Stadt erarbeitete ein Konzept, um die negativen Folgen abzufangen. Ein hauptamtlicher Projektleiter der Gemeinde sowie zwei langzeitarbeitslose Personen, die vom AMS gefördert werden, betreuen ein umfangreiches Bahnservice. Kiosk, Jugendwarteraum und Veranstaltungsraum machten den Bahnhof wieder zu einem attraktiven Treffpunkt. Der Bahnhof wird zudem für Ausstellungen, Lesungen und Konzerte genutzt. Das bringt auch Publikum in den Bahnhof, das nicht Zug fährt. Das soll nach der durch die Covid-19-Pandemie erzwungenen Pause wieder fortgesetzt werden. Im Jahr 2008 wurde auch der Bahnhofsvorplatz umfassend neu gestaltet, als Verkehrsdrehscheibe mit modernen Busbahnsteigen, Park-and-Ride-Parkplätzen, Taxistandplätzen und überdachten Fahrrad-Abstellplätzen. Das Zugangebot wurde ebenfalls verbessert. Die Fahrgastzahl hat sich seit dieser Belebung des Bahnhofs und seines Vorplatzes von 3.800 auf über 7.000 Fahrgäste pro Tag fast verdoppelt. Diese Initiative der Stadt Schwaz sicherte den Erhalt des Bahnhofsgebäudes. Als zuletzt die Bahnstation barrierefrei umgebaut wurde, mit Lift und Mittelbahnsteig, hat die Stadt mit den ÖBB ausverhandelt, das Bahnhofsgebäude samt sozialem Angebot weiterhin zu erhalten. Die Stadt Schwaz ist auch seither umweltverträglich unterwegs: Im Jahr 2011 wurde beim VCÖ-Mobilitätspreis mit „Schwaz mobil“ ein ganzes Paket klimaverträglicher Mobilitätsmaßnahmen ausgezeichnet.
Fußwege im Montafon
Das Gehen, die sozialste Form der Mobilität, wurde in den letzten Jahrzehnten stark vernachlässigt. Bestehende Fußwege wurden nicht erhalten, Wegerechte gingen verloren. Im Projekt „Innerörtliche Fußwege im Montafon“ sind sieben Montafoner Gemeinden gemeinsam aktiv geworden, um innerörtliche fußläufige Verbindungen wieder zu aktivieren und Weglücken gezielt zu schließen. So sollte es für die Bevölkerung wieder selbstverständlicher werden, alltägliche Erledigungen wie das Einkaufen, Wege zur Schule, Kirche, Bushaltestelle wieder zu gehen. „Es ist einiges gelungen“, berichtet Bernhard Maier vom Gemeindeverband Stand Montafon. „Die Sensibilisierung für das Gehen bewirkt, dass heute Bauhofsbeschäftigte auch Fußwege bei ihrer Arbeit mitdenken. Auch bei der Raumplanung werden die Fußwege nun stets berücksichtigt. Doch es braucht einen langen Atem, weil verlorene alte Wegrechte oft schwer rückgewonnen werden können. Da müssen Gegengeschäfte genützt werden, etwa bei Umwidmungen, bei der Vertragsraumplanung – das seien gute Hebel. Das Projekt ist auf großes Interesse gestoßen und recht bekannt geworden – nicht zuletzt durch die Auszeichnung beim VCÖ-Mobilitätspreis im Jahr 2014. Wir wurden mehrmals eingeladen, es auf Kongressen vorzustellen. Natürlich sind solche Preis-Einreichungen ein Mehraufwand. Aber das Einreichen bei solchen Preisen sehe ich auch als ein Ernten der Früchte für die Arbeit“, erzählt Bernhard Maier.
Am Anfang stand das Verkehrsparen
In Niederösterreich beteiligten sich 26 Gemeinden an der Initiative „Verkehrsparen Wienerwald“. Das Projekt lief zwischen den Jahren 2002 und 2006. Durch laufende Informationen, Plakatkampagnen und Aktionstage wurde Bewusstsein für das Thema geschaffen und die Menschen motiviert, öfter zu gehen, Rad zu fahren und öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Das hatte Erfolg. Bei einer Umfrage gaben 36 Prozent der Befragten an, jetzt häufiger das Auto stehen zu lassen. Entscheidend war, dass die Gemeinden kostenlose Beratung bekamen und es Fördergelder vom Land gab. „Das Projekt Verkehrsparen Wienerwald war ein wichtiger Anstoß für viele weitere Entwicklungen“, resümiert Michael Praschl, mipra Motiv- & Mobilitätsforschung. So hatte die Verkehrsberatung für Gemeinden durch NÖ Regional hier seine Vorläufer. Und da der größte Erfolg durch die Radförderung erzielt wurde – der Radverkehrsanteil stieg von fünf auf acht Prozent – entstand als Folgeprojekt „RADLand Niederösterreich“. „Der VCÖ-Mobilitätspreis im Jahr 2006 stärkte die Motivation aller am Projekt Beteiligten“, erinnert sich Praschl, „damit konnte die Wichtigkeit des Projekts unterstrichen werden.“