Im Wohlfühl-Modus zur Arbeit

Bewegungsaktive Mobilität schützt Klima und Körper. Regelmäßiges Radfahren und Gehen senken das Risiko an Diabetes, Herzkreislauf-Beschwerden und Adipositas zu erkranken. Vor allem steigert die tägliche Bewegung das Wohlbefinden.

Von Jutta Berger

Radeln tut mir einfach gut“, bestätigt Susanne Haunold-Sam. Die Hebamme am Landeskrankenhaus Bregenz fährt zu ihren Diensten – neun Kilometer, eine Dreiviertelstunde pro Strecke –, mit dem Fahrrad. „Nach einer 12-Stunden-Schicht hinunter in die Stadt zu rollen, dann am See entlang zu radeln, das macht den Kopf frei.“ Auch nach einer anstrengenden Nachtschicht. „Zuerst hab ich mir gedacht, da bin ich sicher zu müde. Das Gegenteil ist der Fall. Durch das Radeln komm´ ich erst so richtig runter.“ Von Mai bis Oktober gehört auch ein Zwischenstopp zum Schwimmen dazu. „Daheim angekommen, habe ich das Gefühl, etwas für meinen Körper getan zu haben. Ich muss nicht mehr extra raus, um Sport zu machen“, sagt die Genussradlerin. Bei Schlechtwetter fährt Susanne Haunold- Sam Bus.

Ein Umdenken auslösen

Für Sylvia Lutz, Biologin am Institut für Umwelt und Lebensmittelsicherheit des Landes Vorarlberg, ist Klimaschutz eine Selbstverständlichkeit. Ihren täglichen Arbeitsweg macht sie mit dem Fahrrad. Sie ist eine der Pionierinnen im Landhaus. Zur Arbeit radelte sie bereits, als sie noch kein Elektro-Fahrrad hatte und täglich 30 Kilometer zu bewältigen hatte. „Weil Radfahren Spaß macht. Ich bin schneller, steh nicht im Stau, muss keinen Platz zum Abstellen eines Autos suchen.“ Sylvia Lutz, für Wasserproben zuständig, löste in der Abteilung ein Umdenken aus. „Mit dem Auto zu den Probestellen am See zu fahren, das hab ich ziemlich unsinnig gefunden, weil es ja überall Radwege gibt.“ Sie fuhr mit dem eigenen E-Bike, die Dienststelle schaffte schließlich einen Anhänger für das Proben-Equipment an. „Am Anfang wurde ich ziemlich belächelt. Heute hat das Institut ein Dienstrad plus Fahrrad-Anhänger.“ Bianca Fässler ist eine Umsteigerin. Über die Aktion „Vorarlberg radelt zur Arbeit“ entdeckte sie vor einem Jahr das Radeln für sich, „weil ich etwas für meine Gesundheit tun wollte“. Vier Kilometer radelt die Sachbearbeiterin vom Wohnort zum Arbeitsplatz bei der Firma Rattpack „den wunderbaren Radweg an der Bregenzerach“ entlang. Über 250 Kilometer hat sie diesen Sommer über ihre Vorarlberg radelt-App bereits gesammelt. Ihr Fazit: „Meine Kondition wurde besser und ich lasse auch privat das Auto öfter stehen.“

Fahrrad-Bundesland

Vorarlberg stellt beim laufenden Wettbewerb „Österreich radelt“ rund ein Drittel der Teilnehmenden. Bis Mitte August 2020 radelten über 5.000 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger rund 3,1 Millionen Kilometer zur Arbeit und vermieden damit über 500.000 Kilogramm CO2-Emissionen, die mit Autos auf diesen Arbeitswegen angefallen wären. In 13 großen Betrieben des Bundeslandes, die im „Netzwerk Wirtschaft mobil“ unter Federführung des Energieinstitutes Vorarlberg zusammenarbeiten, wird für bewegungsaktive Mobilität geworben. Bis zum Jahr 2025 sollen bereits 13 Prozent ihrer Beschäftigten statt als Autos gesunde und umweltverträgliche Verkehrsmittel benutzen. Einer dieser Betriebe ist die Firma Haberkorn, dort wurde das Ziel bereits erreicht. „Vor zwölf Jahren kamen noch 65 Prozent der Beschäftigten mit dem Auto zur Arbeit, heute sind es 48 Prozent. In den nächsten fünf Jahren wollen wir diesen Anteil auf 40 Prozent senken“, sagt Andrea Sutterlüty, Nachhaltigkeitsbeauftragte von Haberkorn. Anreize zum Umstieg sind Leihräder am Bahnhof, Eco-Points und Jobräder. „Die jüngste E-Bike- Aktion der Firma nutzten allein am Standort Wolfurt zehn Prozent der 400 Beschäftigten“, sagt Andrea Sutterlüty. Die Elektro-Fahrräder wurden von der Firma im lokalen Fahrradhandel angekauft. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zahlen die Räder in 48 Monatsraten ab. In einem im Juni 2020 gestarteten Interreg-Projekt AMIGO wollen nun Vorarlberger Pilotbetriebe wie Haberkorn zusammen mit Organisationen und Firmen aus der Schweiz, Liechtenstein und Baden-Württemberg herausfinden, wie bewegungsaktive Mobilität besser in Gesundheitsprogramme von Organisationen integriert werden kann.

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