Innovativ zur E-Mobilität

Mann in Laborkleidung bedient einen Computer in einer Produktionsstätte

Die vielen Patente zeigen: Österreichs Automobil- und Zulieferindustrie ist für den Wandel zur E-Mobilität vergleichsweise gut aufgestellt. Dazu kommen innovative Unternehmen etwa im Batteriebereich.

Von Bernhard Hachleitner

Beim Autohersteller BMW in Steyr hat im September 2024 die Vorserienproduktion von Elektromotoren begonnen. „In der ersten Zeit starten wir mit nur rund 25 Motoren pro Woche. In den kommenden Monaten wird sich diese Stückzahl stetig erhöhen“, sagt Helmut Hochsteiner, Leiter der E-Motorenproduktion am Standort Steyr. Damit können die Produktionsanlagen und -abläufe getestet werden, bevor im Herbst 2025 die Serienproduktion beginnt. Schon heute arbeitet im ursprünglich reinen Diesel-Entwicklungszentrum ein überwiegender Teil des Personals im Bereich der E-Mobilität. Das Entwicklungszentrum soll deshalb umgebaut werden und neue Prüfanlagen erhalten, erläutert Josef Honeder, Leiter am Entwicklungsstandort Steyr: „230 Millionen Euro werden allein im Entwicklungszentrum bis zum Jahr 2030 für Elektro-Mobilität investiert.“ Insgesamt investiert BMW in Steyr bis zum Jahr 2030 rund eine Milliarde Euro in E-Mobilität, pro Jahr sollen dann über 600.000 E-Antriebe produziert werden.

Österreichisches Stärkefeld

Das Beispiel BMW zeigt, wie groß die Dimensionen und auch die Herausforderungen sind und warum die Umstellung auf E-Mobilität für die europäische Automobil- und Zulieferindustrie auch einen Kraftakt darstellt. Ziel ist es, Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu erhalten. Österreich hat dabei aber gute Karten. Vor allem bei Forschung und Entwicklung für den Antrieb von E-Fahrzeugen sind heimische Firmen gut aufgestellt. Die Zahl der Patente liegt in diesem Bereich deutlich über dem EU-Durchschnitt. Mit gezielter Förderung in diesem Bereich könnte Österreich hier „genauso erfolgreich werden, wie wir traditionell bei den Brennkraftmaschinen sind“, sagte Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung bei einer Veranstaltung der Automobilbranche im Herbst 2024. Ein wichtiges Asset ist die Forschungsprämie für Unternehmen, in Höhe von 14 Prozent der gesamten Forschungsaufwendungen. Um die Stärken der Unternehmen bündeln zu können, fordern Helmenstein und andere Fachleute aus der Automobilwirtschaft die Schaffung von E-Mobilität-Clustern. Die Stärken zeigen sich unter anderem in der Rolle, die österreichische Unternehmen in internationalen Forschungskooperationen spielen, beispielsweise bei EM-TECH.

Steirische Unternehmen vorne

EM-TECH ist ein von der EU-Kommission finanziertes Forschungsprojekt, an dem zehn Partner aus fünf Staaten beteiligt sind. Ziel ist es, innovative Motoren mitsamt Achsen und Lenkungen für E-Autos zu entwickeln. Mit AVL List und Urban Gold sind zwei österreichische Unternehmen mit an Bord. AVL mit Hauptsitz in Graz hat auch die Koordination des Projekts übernommen. Das Unternehmen mit einem Umsatz von etwa zwei Milliarden Euro kann auf umfangreiche Expertise in vielen Bereichen der E-Mobilität verweisen, sowohl in Forschung und Entwicklung als auch in der Produktion: Mit 211 Patentanmeldungen im Jahr 2023 führt es das österreichische Ranking an, zwei Drittel dieser Patente stammen aus dem Gebiet der Elektrifizierung. Im September 2024 hat AVL eine E- Achse für schwere Langstrecken-Lkw vorgestellt, die für batterie-elektrisch betriebene Fahrzeuge wie auch für Brennstoffzellen-Systeme eingesetzt werden kann. AVL ist aber nicht nur als Zulieferer der Automobilindustrie tätig, liefert beispielsweise auch Know-how und Equipment für das Prüflabor für Lithium-Ionen-Batterien am Campus der Technischen Hochschule Ingolstadt. Ziel des Labors ist es, die Lebensdauer, Energieeffizienz und die Zuverlässigkeit der Lithium-Ionen-Technologie zu optimieren.

Batterien werden billiger

Aus dem Batteriebereich dürfte auch der nächste große Schub für die E-Mobilität kommen: Das Investmentbanking-Institut Goldman Sachs geht davon aus, dass sich der Preis von Akkus innerhalb der nächsten beiden Jahre halbieren wird, womit E-Autos preislich auch ohne Förderungen mit Verbrenner-Pkw konkurrieren könnten. „Es gibt zwei Hauptgründe. Der eine ist die technologische Innovation. Es wurden mehrere neue Batterieprodukte auf den Markt gebracht, die eine um etwa 30 Prozent höhere Energiedichte und niedrigere Kosten aufweisen. Der zweite Grund ist der anhaltende Rückgang der Preise für Batteriemetalle“, sagt Nikhil Bhandari, Co-Leiter Goldman Sachs Asia-Pacific Natural Resources and Clean Energy Research.

Zweites Leben für Autobatterien

Auch die Lebensdauer der Batterien von Elektroautos hat sich deutlich erhöht. Sie verlieren laut einer Analyse des Mobilitäts-Dienstleisters Geotab durchschnittlich nur mehr 1,8 Prozent pro Jahr an Kapazität und halten damit meist länger als die Autos. Und selbst danach können sie in sogenannten Second-Life Batteriespeichern noch jahrelang verwendet werden. In stationären Anlagen – bei denen die Anforderungen an die Speicherdichte nicht so hoch sind wie bei Elektroautos – werden gebrauchte Lithium-Ionen-Batterien von Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen zusammengefasst. Mit ihnen können Lastspitzen abgefedert und der Strom aus Photovoltaikanlagen oder Windrädern gespeichert werden.

Speichersysteme aus Vorarlberg Österreichische Firmen sind auch in diesem Bereich vorne dabei, beispielsweise das Vorarlberger Unternehmen e.battery systems (e.bs). Nach eineinhalb Jahren Entwicklungszeit hat e.bs im Sommer 2023 ein modulares System zur Marktreife gebracht und es bereits in unterschiedlichen Anwendungsbereichen installiert, etwa in einem Privathaus, einem Lager- und Kühlhaus oder bei einem Kleinwasserkraftwerk. „Die ressourcenschonende Wiederverwertung verlängert die Lebensdauer der Batterien um rund zehn Jahre, reduziert die Kosten gegenüber Neusystemen um bis zu 30 Prozent und den Materialverbrauch um 70 Prozent“, sagt Christopher Schöpf, Vertriebsvorstand von e.bs. Mit dieser Weiterverwertung der Batterien verbessert sich auch die Ökobilanz von Elektroautos – und die Systeme können auch eingesetzt werden, um die Lastspitzen bei Schnellladestationen abzudecken. Ein Beispiel ist ein von e.bs in Thurnau (Bayern) installierter Outdoor-Stand- Alone- Speicher mit einer Speichergröße von 261 kWh. Womit sich der Kreis zur Elektro-Mobilität schließt.

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