Leben retten durch StVO-Novelle

Michael Schwendinger, VCÖ-Verkehrspolitik

Das Tötungsrisiko für Gehende, die von einem Auto bei Tempo 50 erfasst werden, ist etwa fünf Mal so hoch wie bei Tempo 30. Fünf Mal! Man sollte meinen, dass es speziell in Ortszentren, Wohngebieten und rund um Schulen keiner weiteren Begründung für Verkehrsberuhigung und Tempo 30 bedarf. Wäre da nicht die aus den 1960er-Jahren stammende Straßenverkehrsordnung (StVO), die Tempo 50 im Ortsgebiet als Standard einzementiert und Tempo 30 abschnittsweise nur dort erlaubt, wo es „erforderlich“ ist. Jede Abweichung muss per Gutachten und Verkehrszählung begründet werden und ist dann auf die Bewilligung durch die zuständige Behörde angewiesen.

Die Infrastruktur gibt die Höchstgeschwindigkeit vor

Die Crux an der Sache: dadurch dominiert die Vergangenheit die Zukunft. Breite, auf Auto-Verkehr ausgelegte Straßen mit (wenn überhaupt) schmalen Gehsteigen sind wenig attraktiv  für alle, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad mobil sind. Aus Sicht der Behörde liest es sich so: ausreichende Fahrbahnbreite, gute Sichtbeziehungen, geringe Frequenz an Gehenden und Radfahrenden – ergo: Tempo 30 nicht erforderlich, Ende der Diskussion. Mit solchen Bescheiden haben Städte und Gemeinden zu kämpfen, auch wenn sich alle Beteiligten bei der Sinnhaftigkeit einer Tempo-Reduktion einig sind. De facto heißt das, dass in vielen Fällen die gebaute Infrastruktur die Höchstgeschwindigkeit vorgibt – und nicht die gewählte politische Vertretung. Was tun?

Man könnte voraussetzen, dass für Temporeduktionen erst kostspielig und langwierig Straßen umgebaut werden müssen –
wenn man will, dass sich möglichst wenig ändert. Oder man könnte ein paar – 60 Jahre alte – Worte in einem Gesetzestext umformulieren.

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Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz

Europa soll bis zum Jahr 2050 erster klimaneutraler Kontinent werden. Der Öffentliche Verkehr ist ein zentraler Faktor, um auch den Verkehr auf Klimakurs zu bringen. Die VCÖ-Publikation „Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz“ zeigt sowohl aus Klimaperspektive als auch in wirtschaftlicher Hinsicht wie wichtig im Nahverkehr und im Fernverkehr die Verlagerung des Pkw-Verkehrs auf Öffentlichen Verkehr ist.

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Was der Öffentliche Verkehr aus der Covid-19-Krise lernen kann

Eigentlich sollte das Jahr 2021 als „Europäisches Jahr der Schiene“ eine europaweite Öffi-Offensive bringen. Doch die Covid-19-Pandemie stellt den Öffentlichen Verkehr angesichts der Fahrgastrückgänge vor große Herausforderungen. Nichtsdestotrotz ist der Öffentliche Verkehr das zentrale Rückgrat auf dem Weg zu einem klimaverträglichen Verkehrssystem. Wie kann der Öffentliche Verkehr gestärkt aus der Covid-19-Krise hervorgehen? Diesen Fragen ist der VCÖ gemeinsam mit der TU Wien nachgegangen und hat dazu sowohl eine repräsentative Befragung der Bevölkerung Österreichs, als auch eine Umfrage unter rund 500 Fachleuten durchgeführt. Allgemein bewertet die Bevölkerung Österreichs die konkreten Reaktionen der Verkehrsunternehmen auf die Covid-19-Pandemie rückblickend überwiegend positiv.


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Grafik: VCÖ 2020