Mehr Bewegungsfreiheit auf dem Arbeitsweg
Immer mehr Unternehmen entdecken den Arbeitsweg ihrer Beschäftigten als gestaltbare Größe. Sie gewinnen so wertvolle Grundflächen für den Betrieb statt für Firmenparkplätze und gesündere Mitarbeitende. Als wichtige Klimaschutzmaßnahme gibt es dafür auch Fördergelder.
>> Von Susanne Wolf
Bike-Ladestationen, 200 Fahrradständer sowie Duschen und Umkleidemöglichkeiten für Radfahrende: Die Firma Boehringer Ingelheim in Wien Meidling investiert für ihren Standortausbau in ein umfassendes Mobilitätskonzept. „Für unsere derzeit 2.000 Angestellten gibt es einen Werkbus vom Bahnhof Meidling zur Firma, der gerne genutzt wird“, sagt Unternehmenssprecherin Inge Homolka. „Mit dem Ausbau wird zusätzlich ein Express-Shuttle sowie ein eigener öffentlicher Stiegenabgang vom Bahnhof Hetzendorf angeboten.“ Auf einer eigenen Intranet-Plattform wird die Bildung von Fahrgemeinschaften gefördert; zur besseren Koordination aller Maßnahmen wurde ein eigenes Mobilitätsteam gegründet. „Bis zur Inbetriebnahme der neuen Produktionsanlage im Jahr 2021 wollen wir den Anteil der öffentlich fahrenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter knapp verdoppeln, während der Anteil jener, die mit dem Auto zur Arbeit kommen, um mehr als die Hälfte zurückgehen soll“, ergänzt Homolka. Das soll etwa mit gebührenpflichtigen Parkplätzen erreicht werden.
Firmeninterne Mitfahrzentralen
Mit betrieblichem Mobilitätsmanagement sollen Beschäftigte dazu angeregt werden, ihren Arbeitsweg umwelt- und klimaverträglicher zurückzulegen. Dazu gehört etwa die Förderung des Radfahrens und der Nutzung des Öffentlichen Verkehrs, bewusstseinsbildende Maßnahmen oder die Anschaffung von Fahrzeugen mit nicht-fossilen Antrieben, etwa Elektro-Fahrzeuge. Betriebe, die CO2-sparende Schritte im Bereich Mobilität setzen, können bei klimaaktiv mobil, der Klimaschutzinitiative des Umweltministeriums im Verkehrsbereich, eine Förderung beantragen. „Bei klima-aktiv mobil gibt es auch Schwerpunktprogramme für Städte, Schulen oder Tourismus“, ergänzt Bettina Pöllinger von Herry Consult.
Auch die EMAS-zertifizierte Infineon Technologies Austria AG mit Hauptsitz in Villach geht mit ihrer Initiative „The Green Way“ mit gutem Beispiel voran: Eine firmen-interne Mitfahrzentrale ermöglicht die Koordination von privaten Fahrgemeinschaften zwischen Wohnort und Arbeitsplatz. Fahrgemeinschaften werden belohnt: „Beschäftigten, die mindestens zu zweit in einem Auto zur Arbeit kommen, werden definierte Parkplätze zugeteilt“, erklärt Finanzvorstand Oliver Heinrich. „Die Parkplätze sind derzeit im Bereich der Besucherparkplätze und über eine Schrankenanlage erreichbar, die zwei Mitarbeiter jeweils mit ihrem Ausweis freischalten.“ Seit Ende Mai 2017 steht allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine kostenlose Mitfahr-App, die „App TwoGo“, zur Verfügung. „Mit der neuen Mitfahr-App wird es auch außerhalb des Besucherparkplatzes Parkplätze mit Bodenmarkierungen geben. Die Zahl der Dienstreisen wird durch tägliche Telefon- und Videokonferenzen sowie Live-Streams von Veranstaltungen eingeschränkt“, ergänzt Heinrich. Zudem stehen den Beschäftigten rund 550 Fahrradabstellplätze zur Verfügung.
Begehrter Boxenstopp in Salzburg
Um eine gute Erreichbarkeit des Betriebes mit dem Fahrrad zu gewährleisten, ist eine gut ausgebaute Rad-infrastruktur mit Radwegen und ausreichend Fahrradständern unerlässlich. Dazu gehören auch sichere Aufbewahrungsmöglichkeiten an Bahnhöfen, die vor allem für Pendelnde von großer Bedeutung sind. In der Stadt Salzburg gibt es zu diesem Zweck 445 Fahrradboxen an 29 Standorten, für die Peter Weiß, Fahrradbeauftragter der Stadt Salzburg, verantwortlich zeichnet: „Das Pendeln mit Bahn und Fahrrad ist in Salzburg sehr beliebt, da diese Kombination oft schneller ist als mit dem Auto oder dem Bus.“ Fahrräder, die über Nacht oder über das Wochenende am Bahnhof stehen bleiben, können gestohlen oder beschädigt werden. In den abschließbaren Fahrradboxen können die Fahrräder für 80 Euro pro Jahr sicher aufbewahrt werden. „Die Boxen sind bei uns so beliebt, dass es sogar Wartelisten gibt“, ergänzt Weiß. Auch im Pinzgau und Flachgau stehen rund 100 Radboxen an Bahnhöfen zur Verfügung, sowie an einzelnen Lokalbahnstationen.
Täglich 30 Minuten Bewegung
Auch die Initiative „Österreich radelt zur Arbeit“ motiviert jährlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, mit dem Fahrrad in die Arbeit zu fahren und so dazu beizutragen, den Radverkehrsanteil in Österreich zu erhöhen. Sie wurde heuer zum 7. Mal von der Radlobby Österreich in Kooperation mit Bund und Bundesländern durchgeführt. Rund 2.000 Firmen und mehr als 12.000 Personen nahmen im Mai 2017 teil. Sie fuhren mehr als zwei Millionen Radkilometer und vermieden so ungefähr 400 Tonnen CO2, die sie emittiert hätten, wenn sie mit dem Auto gefahren wären. Die Aktion zielt auch auf das Gesundheitsbewusstsein der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ab: So wird die WHO-Empfehlung von mindestens 30 Minuten Bewegung täglich bereits auf dem Weg zur Arbeit erfüllt. Wer mit dem Rad zur Arbeit fährt, ist im Durchschnitt auch 1,3 Tage pro Jahr weniger krank.
>>Zur Autorin:
Susanne Wolf ist freie Journalistin mit Schwerpunkt Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit. susanne-wolf.com
>> Zitat:
„Für unsere derzeit 2.000 Angestellten gibt es einen Werkbus vom Bahnhof Wien Meidling zur Firma, der gerne genutzt wird.“
>> Zitat:
„Beschäftigten, die Fahrgemeinschaften bilden und mindestens zu zweit in einem Auto zur Arbeit kommen, werden definierte Parkplätze zugeteilt.“