Mobilitätsmanagement in Betrieben kann viel bewirken

Junger Mann sitzt im Zug mit Zeitung und einem Becher Kaffee

Mobilitätsbudgets oder EcoPoints, Werkzeugkoffer und Kooperationen: Unternehmen haben viele Möglichkeiten, ihre Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, Arbeits- und Dienstwege umweltverträglicher zurückzulegen.

Von Petra Sturm und Bernhard Hachleitner

Es ist einiges in Bewegung geraten: Über Jahrzehnte war der Firmenwagen die „Allzweckwaffe“ für betriebliches Mobilitätsmanagement und gleichzeitig Statussymbol für viele Beschäftigte. „Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass sich die Mitarbeitenden Alternativen zum Dienstwagen wünschen. One size fits all gilt nicht mehr. Flexible, individuelle Angebote werden bevorzugt“, sagt Sylvia Lier, Geschäftsleiterin der TAF mobile GmbH. „Deshalb nutzen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vermehrt Mobilitätsbudgets, um ihre Attraktivität im Kampf um die besten Talente zu steigern.“ Dabei handelt es sich um ein Bündel von Mobilitätsdienstleistungen und Verkehrsmitteln, die beispielsweise Jobtickets und Beiträge für Sharingangebote, aber auch die Monatsbeträge für ein Dienstradleasing, ein Auto-Abo oder monatliche Anteile des Klimatickets beinhalten können. Einen weiteren Schub für den Einsatz von Mobilitätsbudgets erwartet Lier von der neuen EU-Taxonomie Verordnung. Ab dem Jahr 2024 müssen umsatzstarke Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden im Geschäftsbericht zur Pendelmobilität berichten. „Damit wird umweltverträgliche betriebliche Mobilität, wozu auch die Pendelmobilität gehört, künftig auch im Fokus von Gesellschafterinnen und Gesellschaftern, Ratingagenturen und anderen stehen“, so Lier.

Pendeln – Infrastruktur und andere Anreize

Der wohl wichtigste Einzelfaktor ist die Verkehrsinfrastruktur: gut ausgebauter Öffentlicher Verkehr, Radwege aber auch sichere und komfortable Abstellplätze für Fahrräder. „Wesentlich ist, dass ein Angebot vorhanden ist, das Menschen schnell zum Arbeitsplatz bringt. Gerade bei täglichen Wegen ist das Argument ‚Mit dem Auto bin ich schneller‘ ein starkes“, sagt Andrea Weninger, Verkehrsplanerin und Geschäftsführerin von Rosinak & Partner. „Einen Bahnhof oder eine Bushaltestelle in der Nähe zu haben, bedeutet noch nicht, dass der Zug oder Bus Pendelnde schnell zur Arbeit bringt, etwa wenn das Angebot außerhalb der Tagesspitzen lückenhaft ist. Gerade in ländlichen Regionen ist das häufig der Fall. Vor allem Menschen in Teilzeit oder mit unüblichen Arbeitszeiten stellt das vor Probleme.“ Auch wenn der Infrastrukturausbau Aufgabe der öffentlichen Hand ist, sind Betriebe bei der Mobilität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht aus der Verantwortung zu entlassen.

Viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber setzen bereits nachahmenswerte Initiativen um, sagt Andrea Weninger: „Ein gutes Beispiel sind die EcoPoints: Hier geben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, mit welchem Verkehrsmittel sie von und zum Arbeitsplatz kommen, wie viele Kilometer sie dabei zurücklegen und ob ein Parkplatz benötigt wurde. Sie erhalten dafür EcoPoints, die sie gegen Vergünstigungen oder Produkte eintauschen können.“ In manchen Betrieben werden Fahrgemeinschaften gefördert, indem jene, die mindestens zu zweit mit einem Auto kommen, jene Parkplätze benutzen dürfen, die am nächsten zu den Eingängen liegen. Mit mehr Vorlaufzeit verbunden ist eine Lösung, die etwa Zumtobel in Dornbirn umgesetzt hat. Dort gibt es für die Mitarbeitenden vom Bahnhof eigene Zugänge zum Firmengelände, so Weninger. Der Anlass, sich mit der Mobilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auseinanderzusetzen sind übrigens oft Firmenparkplätze, die der Erweiterung des Betriebsgeländes im Weg stehen, ein anderer ist die Attraktivität als Arbeitgeber.

Überbetrieblich vernetzen

In vielen – vor allem natürlich größeren Unternehmen – gibt es bereits Mobilitätsbeauftragte. Diese werden in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Die Stadt München und klimaaktiv in Österreich haben etwa mit Aus- und Weiterbildungen in diesem Bereich reagiert. Allerdings sind diese oft innerbetrieblich auf sich allein gestellt und es gibt wenig Austausch zwischen Unternehmen. Hier setzt das Vorarlberger Netzwerk Wirtschaft Mobil an, dem mittlerweile 14 Firmen und Arbeitgeber aus dem öffentlichen Bereich mit insgesamt 10.000 Mitarbeitenden angehören. „Durch die Kooperation ist es möglich, gemeinsam Unterlagen, Hilfsmittel und Werkzeuge auszuarbeiten“, sagt Martin Reis, Sprecher des Netzwerks. „Es muss das sprichwörtliche ‚Rad‘ nicht immer wieder neu erfunden werden.“ Das Netzwerk ermöglicht es Mobilitätsanalysetools wie den Mobil-Check oder Mobility Maps zu entwickeln, Jobrad- und Jobticket- Aktionen großflächig umzusetzen. „Es geht auch um aktive Positionierung großer Unternehmen im Bereich der Förderung von gesunder und umweltverträglicher Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitermobilität“ ergänzt Reis. Was viele Firmen noch davon abhält, betriebliches Mobilitätsmanagement umzusetzen, sind die steuerlichen Rahmenbedingungen. Das Jobticket war ein erster Schritt. Hier ist der Gesetzgeber für weitere Maßnahmen gefragt, denn von betrieblichem Mobilitätsmanagement profitiert letztlich auch die Allgemeinheit.

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