RadBahnPuzzle – auf die Schnittstelle kommt es an

Kombinieren: Im März 2016 eröffnete die Radstation Hauptbahnhof Wien ihre Pforten.

Die Kombination von Fahrrad und Zug ist nur so attraktiv wie die einzelnen Elemente dieser Mobilitätskette. Der Qualität der Radunterbringung am Bahnhof kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu

>> von Ursula Jungmeier-Scholz

Als „energieeffizientestes Vorankommen überhaupt“ bezeichnet Wiens Radverkehrsbeauftragter Martin Blum die Kombination von Rad und Bahn.
Der Gestaltung der Fahrrad-Abstell-anlage am Bahnhof, als zentrale Verknüpfungsstelle von Bahn und Fahrrad zu einer Wegekette, beeinflusst wesentlich die Verkehrsmittelwahl. Es lohnt sich daher, in die Schnittstelle Öffi/Fahrrad zu investieren.
„Die internationale Erfahrung zeigt, dass die Zahlungsbereitschaft fürs Rad-abstellen gering ist“, so Blum. Es hat sich daher international bewährt, dass die öffentliche Hand als Arbeitsmarktmaßnahme in qualitätsvolle Radstationen investiert, die als sozialökonomische Betriebe geführt werden.

Rundumangebote für das Fahrrad

Zur Ende März 2016 eröffneten Radstation am Wiener Hauptbahnhof, geführt von der gemeinnützigen Trendwerk GmbH, gehören neben 760 bewachten Abstellplätzen auch ein Geschäft für Fahrräder und Zubehör, ein E-Bike-Verleih und eine Fahrradwerkstatt. Rund hundert arbeit-suchende Menschen werden dort pro Jahr ausgebildet und beschäftigt und haben auch ein Auge auf die geparkten Räder. Der reguläre Preis für das Abstellen beträgt 70 Cent pro Tag, 7 Euro pro Monat und 70 Euro pro Jahr. Derzeit ist die Station lediglich tagsüber geöffnet – ein elektronisches Zutrittsystem soll bald den 24-Stunden-Betrieb ermöglichen.

Kostenfrei zu nutzen sind hingegen die Doppelstock-Radständer für 600 Fahrräder der Bike&Ride-Station Schallmoos am Salzburger Hauptbahnhof. Außer es wird eine der 60 Radboxen gemietet, um 80 Euro pro Jahr, in der auch Helm, Regenschutz und andere Utensilien Platz finden. Das Echo ist enorm, die Abstellanlage ist meist zu zwei Dritteln voll und die Boxen sind allesamt vermietet.

Radabstellen und Behindertenservice 

Die Radunterbringung ist in Salzburg gratis, weil sonst viele Räder „wild“ geparkt würden. Steht jetzt ein Fahrrad widerrechtlich neben der Bike&Ride-Anlage auf dem Vorplatz, wird es vom Betreiber des angeschlossenen Radgeschäftes ordnungsgemäß geparkt. „Das hat einen deutlichen Erziehungseffekt“, berichtet der Radverkehrskoordinator der Stadt Salzburg, Peter Weiss. Das Fahrradfachgeschäft verkauft hochwertige Fahrräder und E-Bikes und ist auch auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen spezialisiert. Diese können hier Dreiräder, Hand-Bikes und Rollstühle kaufen und auch für den Stadtbesuch leihen.

Vor der Errichtung der Anlage hat Peter Weiss persönlich mögliche Radständer-Typen getestet – mit Erfolg: Die Auslastung der oberen Etage der Doppelstockständer ist mindestens so gut wie unten. Weil das Rauf- und Runterklappen von einer Gasdruckfeder unterstützt wird und das Rad schwellenlos darauf gerollt werden kann.

Spezialräder am Hauptbahnhof Salzburg: Das Radgeschäft bei der neuen Radabstellanlage Schallmoos ist auf Sonderkonstruktionen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen spezialisiert.

Ästhetik trifft Funktionalität

Die optimale Ausleuchtung der Anlage sorgt auch für das nötige Sicherheitsgefühl. Die Bike&Ride-Station Schallmoos ist zudem ein Musterbeispiel für die Harmonie von Ästhetik und Funktionalität. Das spacige Flugdach ist ein Eyecatcher und schützt vor Regen. Und all das nur wenige Meter vom Bahnsteig entfernt. Denn kurze Wege vom Fahrrad zum Zug braucht es ebenso wie eine optimale Radweganbindung, damit die Verknüpfung Bahn und Fahrrad auch angenommen wird. „Die Radstation muss jedenfalls leicht zu finden sein“, betont Weiss. 

40 Radstationen in der Schweiz

In der Schweiz gibt es mit dem Forum Velostationen Schweiz eine international einzigartige Organisation, die knapp zur Hälfte vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) mitfinanziert wird. Sie berät bei Errichtung und Betrieb von Velostationen und hat auch ein Handbuch zur Errichtung von Velo-stationen publiziert.

In der Schweiz sind es hauptsächlich die Gemeinden und Kantone, die öffentliche Radstationen errichten. Von der Stadt oder den Schweizerischen Bundesbahnen SBB zur Verfügung gestellter Raum sowie der Einsatz von Personen aus beruflichen Wiedereingliederungsmaßnahmen erleichtern mancherorts die Finanzierung. Schließfächer, Radverkauf, -verleih und -reparatur runden das Angebot in vielen Velostationen ab. Die Kundenbindung verstärken auch spezielle Serviceleistungen, wie in Aarau der angeschlossene Hauslieferdienst. „Auch ein Ordnungsdienst rund um den Bahnhof, der falsch geparkte Fahr-räder abtransportiert, ist manchmal ein Mandat für die Velostationen“, erklärt Valérie Sauter, Geschäftsführerin des Forums Velostationen Schweiz.

Der Superlativ einer Radstation findet sich demnächst in den Niederlanden: In Utrecht wird gerade das weltgrößte Fahrradparkhaus errichtet: Im Jahr 2018 soll es mit 12.500 Stellplätzen fertig sein – bei einer Einwohnerzahl von 310.000 Menschen. Das Potenzial für die Kombination Fahrrad und Bahn ist groß.

Valérie Sauter, Geschäftsführerin des Forums Velostationen Schweiz: „Das Forum Velostationen Schweiz berät bei Errichtung und Betrieb von Velostationen und wird knapp zur Hälfte vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) mitfinanziert.“

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