Schnell mit dem Rad zur Arbeit

Gute Rad-Infrastruktur wird genutzt: Die Radbrücke zwischen Hard und Bregenz am Bodensee passieren an Spitzentagen 6.000 Menschen.

Radschnellwege machen den Weg zu Arbeit und Bildung schneller und sicherer. Nicht nur in Ballungsräumen, wie Pläne in Vorarlberg und Niederösterreich zeigen. Andere Staaten sind bereits weiter.

Von Jutta Berger

In den Niederlanden beschleunigen Snelfietsrouten, in Dänemark Supercykelstier, in London CycleSuperhighways den Radverkehr. Radschnellwege sollen künftig auch in Österreich Alltagswege erleichtern. Seit Juli 2020 können Gemeinden in Österreich um eine Förderung für Radschnellverbindungen ansuchen. Einige Projekte befinden sich bereits in desr Umsetzungsphase. Nicht nur in Ballungsräumen wie Wien, Graz und Linz, auch am Land soll kräftig ausgebaut werden. Im kleinen Vorarlberg wie auch in Niederösterreich, dem größten Bundesland, sollen Radschnellverbindungen geschaffen werden.

Breit, direkt und kreuzungsfrei

Noch fehlt eine bundesweite Definitionen für Radschnellwege. Erfahrungen aus Deutschland und den Niederlanden werden als Behelf herangezogen. Demnach sollen Schnellverbindungen mindestens dreieinhalb bis vier Meter breit sein, getrennt von anderen Verkehrswegen, ohne scharfe Kurven und kreuzungsfrei. Berechnungen der TU Wien gehen davon aus, dass Rad-Pendelzeiten bis zu 45 Minuten akzeptiert werden. In den Niederlanden werden Radschnellwege forciert, um die Autostaus im Pendelverkehr zu reduzieren. Arbeitswege unter 15 Kilometer sollen verstärkt vom Pkw auf das Fahrrad verlagert werden. Das Netz in den Niederlanden ist bereits rund 300 Kilometer lang, bis zum Jahr 2030 soll es verdreifacht werden. Das Potenzial ist speziell für Pendelnde sehr hoch. Rund 60 Prozent der Bevölkerung in den Niederlanden wohnen näher als 15 Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt – und damit in einer Distanz, die bei entsprechender Infrastruktur gut mit dem Fahrrad oder Elektro-Fahrrad zu bewältigen ist. In Deutschland wird in der Metropolregion Ruhr ein Radschnellweg errichtet, der nach Fertigstellung die Städte Hamm im Osten und Duisburg im Westen des Ruhrgebiets auf einer Länge von 101 Kilometern verbinden wird. Mit einer direkten Trasse kann die Fahrzeit für den Radverkehr auf den verschiedenen interkommunalen Verbindungen in der Region um rund ein Drittel gesenkt werden. Radschnellwege führen zum Umstieg vom Auto auf das Fahrrad, wodurch CO2 -Emissionen vermieden werden und die Verkehrssicherheit erhöht wird.

"Schnürlegrad" zum Arbeitsplatz

„Pendlerinnen und Pendler satteln auf das Fahrrad um, wenn sie schnell und sicher zur Arbeit kommen wollen“, sagt Katharina Schön, Mobilitätsexpertin beim Vorarlberger Beschlägehersteller Blum. „Die Wege sollten bei jedem Wetter angenehm zu befahren sein und ohne Umwege – im Idealfall auch ohne Kreuzungen, bei denen Zeit verloren geht.“ Eine weitere Voraussetzung sei die räumliche Trennung vom Pkw-Verkehr. 1.000 Blum-Beschäftigte, rund 20 Prozent, pendeln bereits mit dem Rad. Radelnde sollen künftig „schnürlegrad“ zu ihrem Arbeitsplatz kommen, beschreibt die Vorarlberger Radverkehrskoordinatorin Anna Schwerzler-Nigg die Fahrradzukunft. Mit dem Bund wurde dazu ein 62-Millionen-Euro-Paket vereinbart. Erste positive Erfahrungen mit einer Schnellverbindung liefert die Radbrücke zwischen Hard und Bregenz. An Spitzentagen passieren die Brücke 6.000 Radfahrende. Eine weitere grenzüberschreitende Radbrücke wird im Jahr 2026 zwischen Lustenau und Au (Kanton St. Gallen) über den Rhein errichtet. Große Erleichterung für Radfahrende verspricht der geplante Radschnellweg RGKK, der durch das Industrie- und Gewerbegebiet zwischen Rankweil, Götzis, Klaus und Koblach im Bezirk Feldkirch führen wird. 60.000 Menschen könnten über den neuen Weg ihre Arbeitsplätze in 15 bis 20 Minuten erreichen. Teil der Planung ist sogar ein Fahrradtunnel. „Keine Schubladenkonzepte“ seien diese Pläne, sagt Anna Schwerzler-Nigg. Der Tunnel befinde sich in der Vorprojektplanung, genaue Längen und Kosten zu nennen, sei aber noch verfrüht. Herausforderungen beim Radwegebau sind neben Kosten und Ausgleich von Interessenkonflikten auch die Grundablösen. Schwerzler-Nigg: „Grundablösen werden immer schwieriger und langwieriger, grundsätzlich ist die knappe Ressource Boden eine große Herausforderung.“ Auch für Graz und das Umland liegt eine Radnetzstudie vor. Auf Grundlage einer GPS-Datenanalyse und einem Verkehrsmodell wird darin ein Netz an Radschnellverbindungen empfohlen. Zur Verbesserung der überregionalen Radinfrastruktur in Kärnten sollen bis zum Jahr 2030 die ersten Radschnellverbindungen für Pendelnde verkehrswirksam sein. Im Gesamtverkehrskonzept des Großraums Linz sind neun Radhauptrouten mit einer Gesamtlänge von 40 Kilometer definiert, die sternförmig um das Stadtzentrum von Linz angeordnet sind. In den Jahren 2018 und 2019 wurden die ersten Teilstücke in Steyregg und in Puchenau realisiert. Durch bessere Rad-Infrastruktur will auch das Flächenbundesland Niederösterreich zum Umstieg aufs Fahrrad motivieren. Das Ziel: Im Jahr 2030 sollen 44 Prozent der Wege aktiv mobil zurückgelegt werden. 200 Kilometer Radschnellwege sind für die nächsten zehn Jahre geplant. Dazu wurden elf potenzielle Radschnellwegachsen definiert. Die meisten führen Richtung Wien, aber auch Regionen werden erschlossen. Beispielsweise die Strecken GmündSchrems und Amstetten-Waidhofen. Ein neues Fördersystem des Landes soll die Gemeinden für die Radwegestrategie begeistern. 60 bis 80 Prozent der Planungs- und Errichtungskosten werden gefördert. Investitionen von 100 Millionen Euro für aktive Mobilität sollen dadurch in zehn Jahren ausgelöst werden. Julia Krenn von der Abteilung Straße im Amt der Niederösterreichischen Landesregierung: „Einer der Schwerpunkte des Förderprogramms liegt auf der Planung von Rad-Basisnetzen und auf Maßnahmenkonzepten, die zusammenhängende und sichere Radwegenetze ermöglichen.“ Vorgesehen sind 37 Basisnetzregionen, deren Rückgrat Radschnellwegachsen bilden. „Das Interesse der Gemeinden ist groß. Die ersten Planungsprozesse und Projekte sind angelaufen“, freut sich Julia Krenn. Wo genau die erste Radschnellverbindung entstehen wird, steht noch nicht fest. Krenn: „Letztlich geben die Gemeinden den Takt bei der Umsetzung vor.“

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