Überwiegend elektrisch: Carsharing am Land
Carsharing funktioniert auch in ländlichen Regionen. Zentral dabei sind eine gute Einbindung in den Öffentlichen Verkehr und die Zusammenarbeit mit lokalen Playern. Der Anteil an Elektroautos ist überraschend hoch.
von Bernhard Hachleitner
Kooperation heißt das Zauberwort für erfolgreiches Carsharing in ländlichen Regionen. „Wenn jede Gemeinde ihr eigenes Carsharing mit nur einem oder ganz wenigen Fahrzeugen betreibt, ist das weder gesamtwirtschaftlich noch für die Kundinnen und Kunden sinnvoll“, sagt Gerhard Dummeldinger, der bei den Stadtwerken Wörgl das Carsharing-Projekt FloMobil leitet. Bei nur einem Auto wären die Fixkosten des Sharing-Betriebes viel zu hoch. „Es braucht zwei Personen, die das Projekt betreuen, es muss eine Hotline geben, die rund um die Uhr erreichbar ist“, nennt Dummeldinger ein paar Faktoren. Die Stadtwerke Wörgl haben deshalb begonnen, ihr Carsharing-System weiteren Gemeinden und auch Firmen als Komplettpaket anzubieten. Jede Gemeinde erhält automatisch die Abrechnung für ihre Autos, die Nutzerinnen und Nutzer können mit einer Registrierung die Fahrzeuge an allen Standorten verwenden. „In sehr ländlichen Kommunen ist es sehr schwer, Carsharing kostendeckend zu betreiben“, weiß auch Niko Fischer, Vorstand der Vorarlberger Carsharing-Plattform caruso. „Starke Partner wie Kommunen, Unternehmen und Wohnbauträger sind deshalb wesentlich.“
Einbindung in die Verkehrsverbünde
Besonders wichtig ist die Verknüpfung mit dem Öffentlichen Verkehr. Die Standorte von caruso befinden sich hauptsächlich an Verkehrsknotenpunkten wie Bahnhöfen oder Bushaltestellen. „Fast 20 Prozent unserer Nutzerinnen und Nutzer fahren mit dem Öffentlichen Verkehr zum caruso-Standort.“ Caruso ist in die regionale Mobilitätsplattform Vmobil eingebunden, FloMobil in das Angebot des Tiroler Verkehrsverbunds. Diese Einbindung ist aber für die Betreiber nicht gratis, sie lässt sich nur bei einer größeren Anzahl von Fahrzeugen finanzieren, einzelne Gemeinden könnten das nicht stemmen.
Die Finanzierung von Carsharing im ländlichen Raum bleibt schwierig, derzeit schießen die Gemeinden für ihre Standorte zu. Dummeldinger sieht hier die Öffentliche Hand auf Landes- und Bundesebene in der Pflicht, denn es gehe um die Förderung eines wichtigen Bausteins eines nachhaltigen Mobilitätssystems: „Carsharing ist ein starker Hebel, um die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs anzukurbeln. Wir haben viele Nutzerinnen und Nutzer, die nur ein- oder zweimal im Monat oder noch seltener ein Auto buchen, wenn sie tatsächlich eines benötigen. Die anderen Wege legen sie mit dem Öffentlichen Verkehr zurück.“ Das zeigen auch die Zahlen aus Vorarlberg: 40 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer von caruso nutzen häufiger den Öffentlichen Verkehr, 20 Prozent haben eine Vmobil-Jahreskarte. Viele ersparen sich so das Privatauto: „Von den Nutzerinnen und Nutzern von caruso haben nur 45 Prozent einen eigenen Pkw, vorher waren es in der gleichen Personengruppe 75 Prozent“, weiß Niko Fischer.
Auch für Firmen attraktiv
Kooperation kann aber auch Zusammenarbeit mit Firmen bedeuten, hier liegt großes Einsparungspotenzial: „Während sonst im Ablauf alles optimiert wird, gibt es bei den Firmenautos oft kaum Aufzeichnungen, obwohl sie große Kostenfaktoren sind“, so Dummeldinger. Insbesondere für kleinere Firmen sei Sharing eine kostensparende Alternative. FloMobil bietet dazu Corporate Accounts an, die das Fahrtenbuch und die Abrechnung automatisieren. Größere Unternehmen können ihre Firmenflotte auf das Abrechnungs- und Zugangssystem eines Sharing-Anbieters umrüsten lassen. „Eine Firma mit diesem System weiß genau, wie viele Autos tatsächlich benötigt werden, es ist ersichtlich, wie lange die einzelnen Wege sind – was meist auch zeigt, dass fast alles mit Elektroautos möglich ist und dass die Anzahl der Firmenfahrzeuge insgesamt reduziert werden kann,“ erläutert Dummeldinger.
Private Nutzung und Tourismus
Noch etwas ist möglich: Außerhalb der Betriebszeiten können die Beschäftigten die Fahrzeuge durch getrennte Firmen- und Privataccounts auch privat nutzen. Dummeldinger: „Bei uns geht das ab 17 Uhr. Viele, die öffentlich zur Arbeit kommen, nutzen so vielleicht einmal pro Woche ein Auto, um Einkäufe zu erledigen oder die Kinder zum Sport zu bringen. Am nächsten Tag in der Früh stellen sie das Fahrzeug wieder ab.“ Auch caruso bietet Fuhrpark-Management an und Business-Kunden wie die Dornbirner Sparkasse, die Landeskrankenhäuser Feldkirch und Hohenems oder die Raiffeisenlandesbank Bregenz geben Fahrzeuge zur Privatnutzung für Mitarbeitende frei. Eine weitere Möglichkeit ist die Kooperation mit Hotels und anderen Tourismusbetrieben. Die zusätzliche Frequenz durch den Fremdenverkehr kann ein Hebel sein, um Carsharing in ländlichen Regionen zu ermöglichen – wie etwa im Gasteinertal. Vom Angebot profitieren nicht nur die Gäste, sondern auch die Einheimischen.
Türöffner für Elektromobilität
Was bei vielen Carsharing-Angeboten in ländlichen Regionen auffällt, ist der hohe Anteil an Elektroautos. Bei Caruso sind 60 von 63 Fahrzeugen elektrisch, demnächst werden es 100 Prozent sein. FloMobil setzte von Beginn an komplett auf Elektromobilität, wie auch die anderen Tiroler Betreiber Beecar und Flugs, Carsharing Gastein, Mühlferdl im oberösterreichischen Mühlviertel, oder
Fred in Kärnten – um nur einige der Anbieter zu nennen. „Carsharing, gerade im ländlichen Raum, ist etwas Ungewöhnliches. Das ist eine Gelegenheit, auch den Umstieg auf Elektromobilität zu vermitteln“, sagt Gerhard Dummeldinger. Die Reichweite ist kein Problem, das zeigen die Daten sowohl von FloMobil als auch von caruso. „Bei einer durchschnittlichen Reservierung werden 35 Kilometer gefahren, die Reichweite der Fahrzeuge beträgt bis zu 350 Kilometer“, erläutert Niko Fischer. Carsharing wird so auch zum Türöffner für Elektromobilität.