Verkehrsknoten und Begegnungsorte

Gut gestaltete Bahnhöfe und Busstationen sind wesentliche Faktoren für einen erfolgreichen Öffentlichen Verkehr. Darüber hinaus erfüllen sie städtebauliche und gesellschaftliche Funktionen.
Von Bernhard Hachleitner
In erster Linie muss ein Bahnhof die Mobilitätsbedürfnisse abdecken. Die Erreichbarkeit sowohl mit dem Öffentlichen Verkehr, aber auch zu Fuß, mit dem Fahrrad und dem Auto muss gut sein“, sagt Markus Ostertag. Mit seinem Büro Ostertag Architects hat er in den letzten zwei Jahrzehnten viele der Bahnhöfe entworfen, die beim VCÖ-Bahntest von den Fahrgästen regelmäßig gut bewertet werden, etwa in Rankweil, Hohenems, Dornbirn, Feldkirch oder Lienz. Die hohe Präsenz Vorarlbergs ist kein Zufall, Österreichs westlichstes Bundesland ist in Mobilitätsfragen oft vorbildhaft. Selbst an mittelgroßen Bahnhöfen gibt es Abstellplätze für mehrere hundert Fahrräder. „Große Bike- and-Ride-Anlagen von hoher Qualität mit absperrbaren Boxen sind wichtig.“
Barrierefrei und hochwertig
Wesentlich sind auch Barrierefreiheit und kurze Wege zwischen Bahn, Bus und Fahrrad. In Lienz rückte deshalb der Busterminal näher an den Bahn- hof, eine eigener Radbahnsteig wurde errichtet. Es gibt 270 Radabstellplätze, davon 140 in einer überdachten Bike- and-Ride-Anlage. Dazu kommt eine möglichst einfache Organisation der Wege. „Der Bahnhof soll selbsterklärend sein. Je weniger Beschilderung, umso besser“, so Ostertag. Sauberkeit, gute Beleuchtung und eine hochwertige Ausstattung sind kein Luxus, sondern rechnen sich langfristig. „Es gibt weniger Devastierungen und die Menschen fühlen sich wohl. Dann kann der Bahnhof zu einem Begegnungsort werden.“ Je mehr Alltagserledigungen am Bahnhof möglich seien, desto attraktiver wird die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs. Bei größeren Bahnhöfen sind Gastronomie und Einkaufsmöglichkeiten eine Selbstverständlichkeit. Doch auch für kleinere Bahnhöfe sind Frequenzbringer wie etwa Ärztezentren ein Gewinn. Sie sind gut erreichbar und erhöhen die Attraktivität des Bahnhofs. In Lienz wurde ein Anbau mit Supermarkt und Apotheke errichtet. Ostertag: „Aus unserer Sicht sollte der Bahnhof ein Teil der Stadt werden, ein Erlebnisort, ein Treffpunkt für Vereine, mit Räumen für Jugendliche und Menschen in Pension.“ Dazu ist eine gute Anbindung an den Ortskern wichtig. In Lienz verbindet eine breite Unterführung unter dem Bahnhof den Nord- und Südteil der Stadt.. So bildet die Bahnlinie keine Barriere und ermöglicht einfaches Queren zu Fuß und mit dem Rad. Der Bahnhof soll auch ein Vorzeigeobjekt für Ökologie sein. „Wir versehen zum Beispiel in allen Bahnhöfen die Dächer mit Solaranlagen. Ziel ist der energieautarke Bahnhof“, so Ostertag. Nicht nur das ökologische Bewusstsein, auch das Verständnis für die Bedeutung der Bahnhöfe hat sich geändert. „Heute werden Gemeinden und Bevölkerung wesentlich mehr einbezogen. Es ist allen klar, dass ein Bahnhof auch ein wichtiger städtebaulicher Faktor ist.“
Startpunkt Bushaltestelle
Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln beginnt aber oft nicht am großen Bahnhof, sondern an einer kleinen Bushaltestelle. Hier geht es weniger ums Verweilen und um große Menschenmengen, sondern um witterungsgeschützte, barrierefreie und gefahrlos zugängliche Haltestellen, die idealerweise auch beleuchtet sind. Mit der „station BY Fonatsch“ hat das niederösterreichische Unternehmen Fonatsch ein Buswartehaus entwickelt, das durch integrierte Photovoltaikmodule und Batteriespeicher energieautark ist. „Es fallen keine Verkabelungs- oder Stromkosten an. Verschiedene Modelle und Erweiterungen ermöglichen eine flexible Gestaltung nach den Bedürfnissen der Gemeinde, Stadt oder Tourismusregion“, sagt Geschäftsführerin Marie-Luise Fonatsch. „WLAN, USB-Ladeanschlüsse, Erste-Hilfe-Kasten, Fahrradboxen und eine autarke Ladestation für E- Fahrräder sind optional möglich.“ In Niederösterreich sind schon einige dieser Wartehäuschen zu sehen, etwa in Krems, Heidenreichstein, Wiener Neustadt oder Türnitz.
Begrünte Haltestellen
Fonatsch hat auch ein Modell mit bepflanztem Dach im Angebot. „Das schafft Lebensraum für Bienen und Kleinstlebewesen, verbessert die Luftqualität und reduziert die Umgebungstemperatur“, so die Firmenchefin. Gerade in Großstädten ist jeder Quadratmeter Grünfläche wertvoll. Deshalb setzen immer mehr Verkehrsbetriebe auf begrünte Bus- und Straßenbahnhaltestellen verschiedener Anbieter und unterschiedlicher Bauart – etwa in Utrecht, Bonn, Duisburg, Bregenz, Graz oder Wien. Neben der Gestaltung der Bushaltestelle selbst, ist die leichte und sichere Erreichbarkeit wichtig. Dazu gehört Barrierefreiheit. Vor allem auf Überlandstraßen sollten Zebrastreifen bei Bushaltestellen zur Selbstverständlichkeit werden.