„Wir werden in den nächsten Jahren viel mehr über Straßengebühren reden“

William Todts, Direktor von Transport and Environment in Brüssel. Der VCÖ ist Gründungsmitglied von T&E.

Das VCÖ-Magazin sprach mit William Todts, dem Direktor von Transport and Environment, wie klimaverträgliche Personenmobilität umgesetzt werden kann. Der Dachverband setzt sich auf EU-Ebene für nachhaltigen Verkehr ein.

VCÖ-Magazin: Ist von konventionell angetriebenen Autos angesichts des Diesel-skandals überhaupt ein Beitrag zu einem  klimaverträglicheren Personen-verkehr zu erwarten? 

Todts: Diesel- und Benzinfahrzeuge könnten noch viel effizienter und sauberer werden. Bisher haben die Autokonzerne keine tatsächlich treibstoffsparende Technologie eingesetzt, sondern viele der „Einsparungen“ nur im Labor erreicht. Pkw und Klein-Lkw sind für mehr als 70 Prozent der Treibhausgase des Straßenverkehrs in der EU verantwortlich. Sie haben daher hohe Priorität für die EU-Behörden. Wir brauchen in der EU neue CO2-Grenzwerte, die auf den realen Treibstoffverbrauch abzielen. Um die Klimaziele für das Jahr 2050 zu erreichen, dürfen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor nur mehr bis etwa zum Jahr 2030 verkauft werden. Elektro-Mobilität in ihrer Gesamtheit, also auch Straßenbahnen, Bahnen und Fahrräder, ist unsere beste Möglichkeit, eine Null-Emis-sion-Mobilität umzusetzen.

VCÖ-Magazin: Warum lässt beim Pkw der Durchbruch zur E-Mobilität auf sich warten? 

Todts: Bei Pkw müssen wir den Übergang zur Null-Emission beschleunigen. Kalifornien und China haben bereits eine Null-Emission-Quote. Das bedeutet, die Autokonzerne müssen Null-Emission-Autos auch für den Verkauf attraktiv machen. Europa braucht das auch. Und wir müssen die Infrastruktur für elektrischen Verkehr ausbauen. Die EU gibt im Zeitraum 2014 bis 2020 für Verkehr 100 Milliarden Euro aus. Viel davon geht derzeit in neue Straßen. Wir finden, dass ein Teil davon für den beschleunigten Ausbau der elektrischen Ladeinfrastruktur zu verwenden ist.

VCÖ-Magazin: Werden E-Pkw tatsächlich den Durchbruch zu einer nachhaltigen Mobilität bringen?

Todts: Autos werden heutzutage sehr in-effizient eingesetzt. Im Schnitt stehen sie 23 Stunden am Tag und befördern nur 1,7 Personen (Anm.: In Österreich sogar nur 1,16). Neue Technologien machen Carsharing und Fahrgemeinschaften viel einfacher. Wir brauchen die EU, aber auch die nationale und lokale Politik, damit sie sicherstellen, dass E-Autos im Sharing eingesetzt werden – in Kombination mit Fahrrädern und Öffentlichem Verkehr. Das würde uns einer nachhaltigen Mobilität viel näher bringen.

VCÖ-Magazin: Mit den konventionell -betriebenen Autos fällt auch die Treibstoffsteuer weg.

Todts: Daher müssen wir auch beginnen, anders über Steuern nachzudenken. Will Österreich seine EU-Klima-ziele für das Jahr 2030 erfüllen – und sie sind verpflichtend –, muss der CO2-Ausstoß im Vergleich zum Jahr 2005 um 35 Prozent abnehmen. Das bedeutet, dass auch die Einnahmen aus den Treibstoffsteuern deutlich sinken werden. Daher ist klar, dass Treibstoffsteuern erhöht werden müssen – jene auf Diesel zuerst. Aber letztlich werden wir keine fossilen Treibstoffe mehr kaufen und Treibstoffsteuern müssen durch Neues ergänzt werden. Daher erwarte ich, dass wir in den nächsten Jahren viel mehr über Straßengebühren reden werden.

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