Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz

Europa soll bis zum Jahr 2050 erster klimaneutraler Kontinent werden. Der Öffentliche Verkehr ist ein zentraler Faktor, um auch den Verkehr auf Klimakurs zu bringen. Die VCÖ-Publikation „Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz“ zeigt sowohl aus Klimaperspektive als auch in wirtschaftlicher Hinsicht wie wichtig im Nahverkehr und im Fernverkehr die Verlagerung des Pkw-Verkehrs auf Öffentlichen Verkehr ist. Österreich ist international im Spitzenfeld was Innovationen in der Bahntechnologie betrifft, womit auch für tausende Menschen Beschäftigung im Nachhaltigkeitsbereich gesichert wird. Digitalisierung ist für die Weiterentwicklung des Öffentlichen Verkehrs unumgänglich, um beispielsweise im Mikro-ÖV Fahrten besser bündeln und ein integriertes Gesamt-Angebot mit flexibler Bepreisung entwickeln zu können.
Durch die Verbrennung fossiler Treibstoffe belasten klimaschädliche Treibhausgase und gesundheitsschädliche Luftschadstoffe, insbesondere Feinstaub, die Umwelt auf lokaler Ebene und damit das direkte Wohn- und Arbeitsumfeld in Siedlungsgebieten. In Ballungsräumen ist vor allem das Umland stärker mitzudenken, damit der Umstieg der Pendelnden auf öffentliche und geteilte Mobilität gelingt. In den Regionen sollten vor allem nachfragebasierte Mobilitätsdienste des Mikro-ÖV die angestrebte Mobilitätsgarantie und damit die Unabhängigkeit vom Pkw-Besitz weiter voranbringen. Darüber hinaus wirft die VCÖ-Publikation „Öffentlicher Verkehr – Mobilität und Klimaschutz“ auch einen Blick auf die Zukunft der Haltestellen. Multimodale Mobility Hubs, die Mikro-ÖV-Lösungen und bewegungsaktive Mobilität klug an das öffentliche Verkehrsnetz anbinden, sind in einer klimaneutralen Zukunft unumgänglich.

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Vorwort

Millionen Menschen aller Altersgruppen nützen in Österreich täglich den Öffentlichen Verkehr, manchmal nur für kurze Wege, andere Male für die große Reise. Mobilität ist in einer Gesellschaft erst garantiert, wenn die einzelne Person wahlfrei beim Verkehrsmittel ist und nicht abhängig vom Auto im Privatbesitz. Individuelle selbstbestimmte Mobilität entsteht damit erst durch ein Grundangebot von qualitativ hochwertigen öffentlich zugänglichen Verkehrsmitteln.

Der Öffentliche Verkehr bietet einen enormen Beitrag zur Lebensqualität der Menschen und zum Klimaschutz. Doch der Öffentliche Verkehr ist auch wichtiger Teil der Wirtschaftskraft Österreichs. Österreichs Unternehmen der Bahnindustrie schaffen mit Niederflur-Fahrzeugen, Signaltechnik oder Schienen-Produktion hohe Beschäftigungswirkung, oft mit Weltmarktführung.

Öffentlicher Verkehr ist Daseinsvorsorge und bereits dadurch ein Erfolg, dass es ihn gibt. Doch auch auf den Öffentlichen Verkehr warten Anpassungen um zukunftsfit zu sein. Ein Fahrplan im Takt bis in kleine Gemeinden, ein Ticket für alle Angebote vom Hochgeschwindigkeitszug bis zum Mikro-ÖV, Verknüpfung mit Carsharing, Radverleih am Bahnhof, Echtzeit-Information am Smartphone zu Fahrzeiten und Sitzplatzangebot werden ebenso erwartet wie Nachtzüge zwischen den Metropolen Europas.

Unzählige Good Practice-Beispiele zeigen, dass das in hoher Qualität geht. Doch wer das will, muss auch das Geld für eine gesicherte Finanzierung des Öffentlichen Verkehrs in die Hand nehmen, um die weit verbreitete Auto-Abhängigkeit zu beenden und Klimaziele realistisch zu erreichen. Der politische Auftrag lautet, gute Rahmenbedingungen zu schaffen, beispielsweise durch hochwertige Infrastrukturen wie Bahntrassen oder die Umgestaltung von Bahnhöfen zu zentralen Orten der Begegnung in Gemeinden. So wird derzeitigen und zukünftigen Generationen Mobilität garantiert und der Klimakrise auch im Verkehrsbereich entgegengetreten.


 

Öffentlicher Verkehr ist gut für Klima, Gesundheit und Wirtschaft

Der Öffentliche Verkehr hat einen deutlich geringeren CO2-Ausstoß als der Pkw. Zudem verbessert sich die Luftqualität in unseren Städten und Gemeinden beim Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel. Auch für Wirtschaftsstandorte und Regionalentwicklung ist eine gute Anbindung an den Öffentlichen Verkehr ein wichtiger Faktor.

Die Auswirkungen der Klimakrise sind vielfältig. Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hagel, Stürme, Hitze und Dürre nehmen lokal und global zu und sind eine direkte Gefahr für Leben und Gesundheit. Ein wesentlicher Treiber dieses sich verstärkenden und bedrohlichen Prozesses sind Treibhausgas-Emissionen wie CO2. Dieses entsteht bei der Verbrennung von Erdöl, Kohle und Gas. Der Kfz-Verkehr ist ein wesentlicher Verursacher von CO2. Denn noch immer kommen rund 90 Prozent seiner Energie aus der Verbrennung von Diesel und Benzin.150 Neben Maßnahmen bei Arbeits- und Dienstwegen, die mehr als die Hälfte der Gesamtmobilität ausmachen, sind auch Verbesserungen bei der Freizeit- und Tourismusmobilität essenziell.20 Die Klimaziele sind nur erreichbar, wenn es in der Gesellschaft zu Veränderungen im Mobilitätsverhalten kommt.

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Öffentlicher Verkehr als Klimaschutz

Durch die Klimakrise werden in Zukunft bei Mobilitätsentscheidungen neben Kosten und Zeit auch die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit zunehmend wichtiger. Die Bahn verursacht mit knapp 13 Gramm CO2-Äquivalenten pro Personenkilometer um den Faktor 17 geringere Emissionen als der Pkw und um den Faktor 31 geringere Emissionen als der Flugverkehr. Auch der Linienbus ist mit fast 60 Gramm CO2-Äquivalenten pro Personenkilometer deutlich klimaverträglicher als der Pkw oder das Flugzeug.160 Die Emissionswerte des öffentlichen Nahverkehrs sind, bedingt durch vermehrte Haltehäufigkeit, Brems- und Beschleunigungsvorgänge, zwar höher als im öffentlichen Fernverkehr.164 Dennoch verursachen Linienbusse im Nahverkehr bei einer durchschnittlichen Auslastung von 18 Prozent im Vergleich zum Pkw nur die Hälfte der Treibhausgase.

Luftschadstoffe durch fossile Treibstoffe

Neben den klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen verursacht der Kfz-Verkehr auch Luftverunreinigungen. Der Ausstoß von Kohlenstoffmonoxid, Stickoxiden und Feinstaub stellt eine Gefahr für unsere Gesundheit dar. Die Folgen des Klimawandels auf die Umwandlung und Verteilung von Luftschadstoffen sind noch unklar. Fest steht, dass durch die Zunahme von Hitzetagen auch das Aufkommen von bodennahem Ozon steigt, das Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen hervorrufen kann. Bei winterlichen Inversionswetterlagen kann in inneralpinen Tal-Lagen der Luftaustausch stocken und die Konzentration lokal gebildeter Schadstoffe zunehmen.18

Gesundheitsfaktor Feinstaub

Je nach Menge und Zeitraum führt die Belastung mit Luftschadstoffen zu Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, der Lunge, des Gehirns und der Haut.17 Insbesondere die kleinen Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometer (PM2,5) sind lungengängig und wirken sich auf alle Stadien der menschlichen Entwicklung aus. Erhöhte Raten von Frühgeburten, die Reduktion beschwerdefreier Lebensjahre und die vorzeitige Sterblichkeit vor allem aufgrund von Lungen- und Herzerkrankungen sind nachgewiesen. Auch die krebsauslösende Wirkung von Feinstaub PM2,5 gilt als gesichert.113 Es ist von fast doppelt so vielen vorzeitigen Todesfällen als Langzeitfolge von Luftschadstoffen durch die Verbrennung von Kohle, Benzin oder Diesel auszugehen, als bisher angenommen.188 Demnach waren im Jahr 2018 etwas mehr als acht Millionen vorzeitige Todesfälle, also 18 Prozent aller vorzeitigen Todesfälle weltweit, auf Luftverschmutzung zurückzuführen.

Zielwerte für Feinstaub unzureichend

Indikatorwerte für Feinstaubbelastung sind auch im Teilziel „Saubere Städte“ des UN-Nachhaltigkeitsziels SDG 11 „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ verankert und beruhen auf den Luftqualitätsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2005, die als anzustrebenden Höchstwert für Feinstaub PM2,5 im 24-Stunden-Mittel 25 Mikrogramm pro Kubikmeter und im Jahresmittel zehn Mikrogramm pro Kubikmeter empfehlen.192,155 Für das Jahr 2020 wurde der anzustrebende Höchstwert für Feinstaub PM2,5 in der EU von 25 auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel herabgesetzt.161 In Österreich lagen die Messwerte von Feinstaub PM2,5 im Jahr 2019 im Schnitt bei etwa elf Mikrogramm pro Kubikmeter, wobei die Feinstaubbelastung in Wien und Linz mit 13 und in Graz mit zwölf Mikrogramm pro Kubikmeter über dem Durchschnitt lag. Auch wenn die EU-Grenzwerte in Österreich eingehalten werden, werden die Gesundheitsempfehlungen der WHO in den größeren Ballungsräumen Österreichs überschritten. Zudem führt eine längerfristige Belastung mit Feinstaubpartikeln PM2,5 schon bei weit geringeren Mengen, ab etwa fünf Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel, zu höheren Gesundheitsrisiken und Sterblichkeitsraten in der Bevölkerung.113

Kein erhöhtes Risiko, an Covid-19 zu erkranken

Die Covid-19-Pandemie hat dazu geführt, dass im Jahr 2020 das erste Mal seit der Finanzkrise im Jahr 2009 die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegten Kilometer zurückgingen. Zwar belegen zahlreiche medizinische Studien, dass die Ansteckungsgefahr im Öffentlichen Verkehr gering ist, aber viele Menschen sind verunsichert.115 Bei einer repräsentativen VCÖ-Umfrage zeigte sich, dass die bisher von den Verkehrsunternehmen gesetzten Maßnahmen in Zusammenhang mit der Pandemie von 76 Prozent der Bevölkerung als angemessen angesehen werden.173 Der verpflichtende Mund-Nasen-Schutz in öffentlichen Verkehrsmitteln hat mit 83 Prozent Zustimmung einen großen Rückhalt in der Bevölkerung. Als wichtig gelten zudem Maßnahmen, die die Belastung zu Stoßzeiten reduzieren, wie beispielsweise ein gestaffelter Schulbeginn. Von der Politik erwarten 80 Prozent der Befragten eine rasche Umsetzung des österreichweiten Klimatickets.

Bessere Auslastung im Öffentlichen Verkehr

Eine zentrale Rolle für die Klimabilanz hat der jeweilige Besetzungsgrad der Verkehrsmittel. Je höher dieser ist, desto geringer sind die spezifischen Emissionen pro Personenkilometer. Bei den Emissionskennwerten wird in Österreich eine durchschnittliche Besetzung von knapp 19 Fahrgästen pro Linienbus angenommen, beim Pkw im Schnitt von etwas mehr als einer Person.160 In Wien sind Linienbusse mit durchschnittlich 94 Sitz- und Stehplätzen ausgestattet, Straßenbahnen im Schnitt mit 140 Plätzen.193

Mit der Einführung der S-Bahnen in der Steiermark wurden in den Jahren 2007 bis 2019 die Fahrgastzahlen um 54 Prozent gesteigert.182 Im Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) in Wien, Niederösterreich und im Burgenland wurde das Verkehrsangebot bis zum Jahr 2017 innerhalb von vier Jahren um etwa acht Prozent gesteigert und es wurden um etwa 41 Prozent mehr Fahrgäste befördert. Der Öffentliche Verkehr des VOR wird zu 37 Prozent aus den Erlösen des Ticketverkaufs finanziert. In Kärnten sind es zwölf Prozent und in Salzburg 33 Prozent.108 Der Zuwachs an Fahrgästen kommt den Verkehrsverbünden zugute, die dadurch mehr ihrer Kosten aus Einnahmen aus Ticketverkäufen begleichen können.

Qualitätsbewertung des Öffentlichen Verkehrs

Der qualitative Ausbau des Öffentlichen Verkehrs kann die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel sukzessive erhöhen, etwa durch verbesserte Linienführung und Streckenausbau, moderne Fahrzeugausstattung, gut erreichbare und witterungsgeschützte Haltestellen, hohe Taktfrequenzen sowie Fahrplanabstimmung für komfortables und effizientes Umsteigen.

Zur einheitlichen Qualitätsbewertung dienen Güteklassen im Öffentlichen Verkehr. So kann bundesweit die Erschließungsqualität mit Daten zur Raumstruktur und Raumentwicklung gekoppelt werden. Die Güteklassen des Öffentlichen Verkehrs werden in Österreich jährlich aktualisiert.6 Kern des Systems der Güteklassen ist die Zuordnung jeder Haltestelle zu einer Haltestellenkategorie. Diese wird durch das durchschnittliche Kursintervall und die Verkehrsmittelkategorie bestimmt. Weiters wird zur Bestimmung der Güteklasse die Wegstrecke zu Fuß zur nächsten Haltestelle berücksichtigt.97

Mikro-ÖV als Ergänzung zum Linienbetrieb

Kleinräumige, nachfragebasierte Verkehrssysteme, kurz Mikro-ÖV, wie beispielsweise Gemeindebusse, Sammel- und Ruftaxis (AST) stellen klimaverträgliche Mobilität auch in dünn besiedelten Regionen sicher, vor allem für die erste und die letzte Meile. Dieser Last-Mile-Aspekt hat einen beträchtlichen Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl – zumeist für die gesamte zurückgelegte Route und damit auch auf die Gesamt-Umweltbilanz jeder Fahrt.

Auch Fahrgemeinschaften können durch entsprechende Anreize, etwa im Rahmen von betrieblichem Mobilitätsmanagement, und mittels digitaler Technologien wie Ride-Pooling-Plattformen gefördert werden und mit einem höheren Pkw-Besetzungsgrad zu erheblichen Verbesserungen der CO2-Emissionen des Pkw-Bereichs führen.

Öffentlicher Verkehr als Standortmerkmal für Wohn- und Arbeitsstandorte

Der Öffentliche Verkehr spielt für den Wirtschaftsstandort Österreich eine wesentliche Rolle. Regionalwirtschaftlich erhalten Immobilien mit Nähe zum Stadt-, Regional- und Fernverkehr auf der Schiene Zuschläge oder gelten als wichtiger Standortfaktor einer Immobilie, auch im Hinblick auf zukünftige Wohn- und Gewerbegebiete. Gemeinden, die entlang der S-Bahnstrecken im Ballungsraum Graz liegen, weisen signifikant höhere Wohnungspreise auf, als Gemeinden ohne S-Bahn-Verbindung, die näher bei Graz liegen.54 Eine Analyse der Bevölkerungsentwicklung in Ostösterreich zeigt, dass im Ballungsraum Wien in den Jahren von 2001 bis 2017 Siedlungsgebiete mit hohen Güteklassen für Öffentlichen Verkehr deutlich stärker wuchsen als jene ohne Erschließung oder nur mit Basiserschließung.97

Öffentlich gut erreichbare Standorte sind nicht nur als Wohngebiete, sondern auch als Arbeits- und Bildungsstandorte attraktiv. In den Bezirken Baden und Wiener Neustadt betrug der Anteil der Einpendelnden im Jahr 2019 über 45 Prozent, in Korneuburg fast 60 Prozent und in Bruck an der Leitha und Mödling bei etwa 70 Prozent.61 Im Bezirk Mödling gibt es um 42 Prozent mehr Arbeitsplätze als Arbeitsbevölkerung, gefolgt vom Bezirk Bruck an der Leitha mit 23 Prozent.

Wirtschaftsfaktor Bahnindustrie

Investitionen in die Schieneninfrastruktur sind bedeutende Faktoren für die gesamte Volkswirtschaft Österreichs und einzelner Regionen, besonders in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Die Bahnindustrie Österreichs hatte vor der Covid-19-Pandemie im Jahr 2018 einen Exportanteil von 64 Prozent sowie knapp 10.000 Beschäftigte und 3,1 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Daraus resultiert, dass Österreich die siebtgrößte Exportnation weltweit im Bereich Schienenfahrzeuge und bahnbezogene Ausrüstungen ist. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Bahnindustrie in Österreich ist ihre auch im internationalen Vergleich hohe Innovationskraft und der hohe Anteil an Unternehmen im Bereich Forschung und Entwicklung.175

Rahmenbedingungen für erfolgreichen Öffentlichen Verkehr

Neben der Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen, beispielsweise durch neue Verbindungen, bedarf es auch angebotsseitiger und organisatorischer Vorkehrungen im Öffentlichen Verkehr. Dazu zählen unter anderem betriebliches Mobilitätsmanagement, Jobtickets für Beschäftigte, Bereitstellung von Shuttlediensten zur nächsten Haltestelle, Fahrrad-Abstellmöglichkeiten, Anpassung der Arbeitszeit an Fahrpläne des Öffentlichen Verkehrs sowie die Möglichkeit, die Zeit im Zug auch als Arbeitszeit nutzen zu können.

Zudem trägt eine gute Taktfrequenz von Zug- und Busverbindungen auch außerhalb der klassischen Pendelzeiten flexiblen Arbeitszeitregelungen Rechnung. Auch gute Verbindungen, mit Anschlussgarantie oder gar ohne Umsteigen, sind bequem und stressfrei und somit attraktiv. Ein wichtiger Anreiz für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist fiskalpolitisch im Rahmen einer ökosozialen Steuerreform zu setzen. Dringend notwendig ist die Ökologisierung des Pendelpauschales, beispielsweise durch Gewährung von finanziellen Anreizen für Nutzende öffentlicher Verkehrsmittel und durch steuerliche Erleichterungen für Unternehmen, die ein umweltverträgliches betriebliches Mobilitätsmanagement vorweisen.

Die höheren Haushaltsausgaben für Verkehr in den Regionen ergeben sich vor allem durch hohe Abhängigkeit vom Privat-Pkw.

Zeit im Zug ist Arbeitszeit

Um für Beschäftigte das Pendeln im Öffentlichen Verkehr attraktiver zu gestalten, geht die Alpen-Adria-Universität Klagenfurt seit dem Jahr 2020 einen neuen Weg. Die für die Universität produktiv verbrachte Zeit in öffent­lichen Verkehrsmitteln kann auch als „mobile Telearbeit“ angerechnet werden und eignet sich für den dienstlichen Mailverkehr, das Studium von Unterlagen und Fachliteratur sowie für die Vorbereitung von Besprechungen und Vorträgen. Damit wird der Öffentliche Verkehr auch für jene attraktiv, die mit einem anderen Verkehrsmittel schneller wären.

Pkw mit Verbrennungsmotor emittieren pro Personenkilometer im Schnitt 17-mal so viele Treibhausgase wie die Bahn.

Ein Shuttleservice für die letzte Meile zum Arbeitsort

Das Rewe-Shuttleservice bringt Beschäftigte vom Bahnhof Mödling sowie von der U6 Station Siebenhirten zum Rewe-Zentralstandort Wiener Neudorf in Niederösterreich und wieder retour. Die Tickets sind über eine elektronische Plattform buchbar, der monatlicher Kostenbeitrag von zehn Euro wird direkt vom Gehalt abgezogen. Das garantiert einfache und unbürokratische Nutzung. Die Zentrale mit rund 3.000 Beschäftigten ist zurzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer erreichbar. Mit diesem Angebot soll die Belegschaft beim Umstieg auf den Öffentlichen Verkehr unterstützt werden. Der reguläre Betrieb wurde im Mai 2021 aufgenommen.

Verbrennungsmotoren haben keine Zukunft. Neben dem Vermeiden von Verkehr ist die Verlagerung auf klimaverträglichere Verkehrsmittel wie die Bahn notwendig.
Trotz Verkehrsrückgang infolge der Covid-19-Pandemie verursachte der Verkehr um fast 50 Prozent mehr CO2 als im Jahr 1990.

Zusammenarbeit bringt Unternehmen weiter

Im Mobility V Lab in Vorarlberg werden innovative Mobilitätslösungen getestet, mit dem Ziel, dass alle Beschäftigten der 40 beteiligten Unternehmen eine Alternative zum eigenen Pkw bekommen und diese auch gerne nutzen. Wissen teilen und gemeinsam Lösungen entwickeln ist der Anspruch des Projekts. Dafür werden zunächst Angebote wie beispielsweise Ridesharing, On-Demand-Busse, E-Roller und Jobräder getestet und Lösungen auf Basis einer firmenübergreifenden Datenanalyse entwickelt. Diese gilt es, unter anderem mithilfe einer Corporate-MaaS-Plattform, zu vernetzen. Zudem soll Zusammenarbeit mit Fachleuten für Verhaltensökonomie für die Entwicklung sowohl analoger als auch digitaler Maßnahmen sorgen. Mobility V wurde von den Unternehmen Alpla, Blum, Haberkorn, Gebrüder Weiss, Doppelmayr, Dornbirner Sparkasse, VKW illwerke, Rhomberg Bau und Zumtobel initiiert. Das Projekt verfolgt das Ziel, 10.000 Beschäftigte bis zum Jahr 2025 zu erreichen und 20 Prozent des derzeitigen CO2-Ausstoßes der 40 Unternehmen zu vermeiden.

Öffentlichen Verkehr stärken

  • Den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs als klimapolitische Maßnahme rasch vorantreiben.
  • Durch flächendeckenden Ausbau des Öffentlichen Verkehrs eine Mobilitätsgarantie und die Unabhängigkeit vom Pkw erreichen.

  • Mit einer ökosozialen Steuerreform die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel begünstigen.

  • Öffentlichen Verkehr als wichtigen Standortfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region erkennen und gemeinsam planen.

  • Maßnahmen wie Taktfahrplan, Durchbindung in Zentren, Anschlusssicherung und Tarifvereinfachung mit infrastrukturellen Maßnahmen koppeln.

Der VCÖ setzt sich als gemeinnützige Organisation für eine ökologisch verträgliche und sozial gerechte Mobilität mit Zukunft ein. Der Einsatz des VCÖ ist nur Dank der Unterstützung durch Spenden möglich - jetzt spenden


 

Mikro-ÖV verdichtet das Mobilitätsangebot in der Region

Mikro-ÖV spielt eine wichtige Rolle, um eine klimaverträgliche und sozial gerechte Mobilitätswende zu schaffen. Besonders in peripheren Regionen ergänzen nachfragebasierte Angebote wie Sammeltaxis, Shuttle-Dienste oder Ride-Pooling das Angebot zum Linienbetrieb. Ein dichterer Takt im Öffentlichen Verkehr ist unabdingbar, um vom Pkw unabhängig zu sein.

Für den Erfolg einer klimaverträglichen Mobilitätswende ist es zentral, die Mobilität in den Regionen auf Klimakurs zu bringen. Im ländlich geprägten Raum ist die Abhängigkeit vom Pkw immer noch stark verankert. Die Mobilitätswende hat mehrere große Komponenten. Einerseits gilt es, Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Verkehrs­aufwand zu reduzieren, etwa durch die Stärkung der Ortskerne und der Nahversorgung, dem Stopp der Zersiedelung und durch das Ermöglichen von Home-Office und häufigeren Videokonferenzen. Andererseits braucht es die Änderung des Mobilitätsverhaltens auf der persönlichen Ebene in Richtung klimaverträglicherer Mobilität, wie Gehen, Radfahren und Öffentlichen Verkehr. Für die verbleibenden Strecken sollten Fahrzeuge eingesetzt werden, die mit elektrischen oder anderen nicht-fossilen Antrieben ausgestattet sind.

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Die Dekarbonisierung des Pkw-Verkehrs hat im gesamten ländlichen Raum hohe Bedeutung für die Erreichung der Klimaziele. Doch nicht in allen Raumtypen sind die Voraussetzungen für Maßnahmen, die auf eine Veränderung des Mobilitätsverhaltens abzielen, gleich günstig. Das größte Potenzial für ökologisch wirksame Veränderungen liegt in Kleinstädten, regionalen Zentren und ihrem Umland und entlang der gut ausgebauten Achsen des Öffentlichen Verkehrs. Gleichzeitig ist ein Ausbau des öffentlich zugänglichen Mobilitätsangebots in dünn besiedelten Räumen eine unbedingte Notwendigkeit. Die hohe Abhängigkeit vom Pkw führt derzeit zu einer Einschränkung der Teilhabechancen eines Teils der Bevölkerung.

Linienbusse als Grundgerüst für Mobilität in den Regionen

Bessere Verbindungen durch dichtere Intervalle, Taktfahrplan, Streckenverlängerung oder zusätzliche Linien schaffen höhere Fahrgastzahlen im Linienverkehr. So konnte in Deutschland im Landkreis Starnberg bei München die Verkehrsleistung im Busverkehr durch Intervallverdichtung und die Einführung eines Taktfahrplans um das Dreifache erhöht werden, dabei stiegen die Fahrgastzahlen deutlich.60 Auf einen Ausbau des Linienbusverkehrs setzt in Österreich beispielsweise die Steiermark mit dem Angebot RegioBus. Er soll für Regionen die gleiche Anbindungsqualität wie eine S-Bahnstrecke bieten.4 Auch im östlichen Weinviertel in Niederösterreich wurde im März des Jahres 2021 mit barrierefreien Bussen und besseren Verbindungen das Mobilitätsangebot um ein Viertel gesteigert.82

Am Wochenende bietet der Linienbusverkehr inzwischen Anschlüsse in Seitentäler, Nachbardörfer und auch zu Freizeitdestinationen. Der Verkehrsverbund Steiermark führt auf seiner Internetseite eine Liste von 250 Freizeitzielen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind. Das ermöglicht nicht nur Menschen aus der Stadt Ausflüge, sondern rückt auch für die lokale Bevölkerung den Regionalbus als verlässliches Verkehrsmittel wieder stärker ins Bewusstsein. Maßnahmen, die auf eine stärkere Nutzung des regionalen Busangebots abzielen, reduzieren nicht nur Autoverkehr, sondern auch Umweltbelastungen und Unfallszahlen. Die externen Kosten von Linienbussen betragen mit 2,97 Cent pro Personenkilometer nur etwa ein Viertel der externen Kosten des Pkw-Verkehrs.1

Mikro-ÖV auf erster und letzter Meile

Um die Versorgung mit Mobilität auf der ersten und letzten Meile zu verbessern, entstehen in vielen Gemeinden Österreichs Mikro-ÖV-Angebote. Das sind nachfragebasierte Angebote, die nur verkehren, wenn zuvor ein Fahrtwunsch angemeldet wurde. In Österreich gibt es 269 Mikro-ÖV-Angebote in über 680 Gemeinden. Sie zeigen große Vielfalt im Hinblick auf Bedienform, Betriebsstruktur oder Preisgestaltung. Aus dieser Vielfalt resultiert leider eine regelmäßig unklare Rechtslage, die zur Folge hat, dass sich viele Angebote in einem gesetzlichen Graubereich zwischen gemeinnützig und gewerblich befinden. Auch die Qualität der Angebote ist davon betroffen, fast die Hälfte hat Einschränkungen bei Betriebszeiten oder Zielgruppen.74

Die Verantwortung für die Einrichtung solcher Angebote liegt im Moment vorrangig bei den Kommunen selbst. Vom Bund und von einigen Bundesländern gibt es in Österreich Förderprogramme für Aktivitäten von Gemeinden und lokalen Initiativen. Manche Verkehrsverbünde unterstützen bei der Konzeption und Planung standardisierter Lösungen, daneben gibt es die Mobilitäts- und Regionalmanagements einzelner Bundesländer oder die Klima- und Energiemodellregionen als unterstützende Strukturen. Wichtige Impulse kamen in den letzten Jahrzehnten auch aus der Regionalentwicklung.

Schon bei Mikro-ÖV-Pionierprojekten, wie dem „Dorfmobil Klaus“ in Oberösterreich, das bereits im Jahr 2002 in Betrieb genommen wurde, oder dem „Virger Mobil“ in Osttirol, das es seit dem Jahr 2005 gibt, wurden Angebote mit freiwilligem Fahrpersonal etabliert. Sie sind für Gemeinden mit geringen Kosten verbunden und eignen sich besonders für den peripheren, dünn besiedelten Raum. Mehr als ein Fünftel des aktuell bestehenden Mikro-ÖV in den peripheren Bezirken arbeitet mit Freiwilligen, wie etwa das „ElektroMobil“ in Eichgraben in Niederösterreich oder das Projekt „Emil“ in Euratsfeld.

Mikro-ÖV ergänzt Linienverkehr

In den letzten Jahren sind vermehrt regional konzipierte Angebote entstanden, die neben der letzten Meile auch Strecken zwischen den Gemeinden abdecken. Dabei bleibt es herausfordernd, nicht in Konkurrenz zu den bestehenden Linienverkehren zu treten, sondern sich gegenseitig sinnvoll zu ergänzen und zu kooperieren, indem sich die Angebote auf ihre jeweiligen Stärken konzentrieren.

Im Allgemeinen sollte Mikro-ÖV als Ergänzung eines robusten Linienverkehrs fungieren. Ein Risiko ist, dass sich Free Floating Mikro-ÖV ohne fixe Haltestellen wie ein billigeres Taxi zum Ersatz und zur wirtschaftlichen Konkurrenz statt zur Ergänzung von Öffentlichem Verkehr entwickelt, was positive Umweltauswirkungen reduziert. Ein anderer Stolperstein ist die Kapazität. Mikro-ÖV-Angebote in den USA und Kanada, die Linienverkehre ersetzen sollten, wurden entweder kaum genutzt, weil sie bei der Bevölkerung nie ausreichenden bekannt wurden, oder wurden als Taxi so stark genutzt, dass die Kapazität dessen, was Mikro-ÖV leisten kann, gesprengt wurde. Zudem stellten sich die für ihren Betrieb nötigen Förderungen als deutlich kostspieliger heraus, als gedacht.158 Auch in Österreich kommt der Mikro-ÖV dort, wo das Angebot verfügbar ist, durchschnittlich im Modal Split auf einen Anteil von lediglich 0,27 Prozent aller Wege.74 Dem steht ein theoretisches Verlagerungspotenzial von 17 Prozent aller Autofahrten gegenüber, die innerörtlich zurückgelegt werden.22

Per App oder Telefon zur nächsten Haltestelle

Das ökologische Potenzial von Mikro-ÖV liegt im Wesentlichen beim Lückenschluss auf der letzten Meile sowie beim Betrieb als optimal verknüpfter Zubringer zu komplementären Angeboten. Damit kann die Abhängigkeit vom Pkw graduell verringert und Mobilität auch vollständig ohne (Zweit-)Pkw garantiert werden. Die Mikro-ÖV-Angebote verstehen sich auch als soziale Dienstleistung. Ökologische und soziale Zielsetzung sind dabei kein Widerspruch. Ein Mikro-ÖV-Angebot, das mit dem expliziten Ziel eingeführt wird, Baustein in einem durchdachten, integrierenden Gesamtsystem zu sein, wird auch die Mobilitätsoptionen für jene verbessern, die auf solche Angebote angewiesen sind.

In Zukunft spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle. Durch die übersichtliche Zusammenführung der verschiedenen lokalen Mobilitätsdienste und kombinierte Tarifsysteme kann der Öffentliche Verkehr mit nachfragebasierten Angeboten und Sharing-Diensten per Mobility as a Service (MaaS) gebündelt und beispielsweise als Smartphone-App oder auf Haltestellen-Automaten verfügbar gemacht werden. Dabei ist auf besondere Mobilitätsbedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Beispielsweise sollte neben Online-Diensten und Apps auch die Möglichkeit einer telefonischen Buchung von Mobilitätsangeboten gewährleistet sein. Sozialtarife können auch die Leistbarkeit für Anspruchsberechtigte zielgerichtet sicherstellen.

Nicht nur Kosten des Mikro-ÖV als Kriterium

Für einen belastbaren Vergleich der Kosten von Linien- und Bedarfsverkehr fehlt in Österreich das erforderliche Zahlenmaterial. Größere Transparenz ist wichtig, um die Leistungsfähigkeit einzelner Angebote sowie verschiedene Betriebsformen miteinander vergleichen zu können. Ebenso groß wie bei den Angeboten ist die Bandbreite auch bei den Kosten. Mikro-ÖV bietet die Möglichkeit, das Angebot des Öffentlichen Verkehrs auf der ersten und letzten Meile, in besonders zersiedelten Regionen sowie an Tagesrandzeiten zu meist verhältnismäßig geringen Kosten im Vergleich zum Linienbetrieb zu verbessern. Für kosteneffizienten Linienbetrieb ist die Anzahl der Fahrgäste entscheidend, die durch ein gutes Angebot sowie gute Kooperation mit Mikro-ÖV-Systemen erhöht werden kann.11,96

Nachfragebasierte Verkehre können auch eingesetzt werden, um neue Zielgruppen an den Öffentlichen Verkehr heranzuführen und so eine Nachfrage zu erzeugen, die, wenn sie groß genug wird, zu einem späteren Zeitpunkt durch Linienverkehr bedient werden kann.

Vorteile für Fahrgäste bei integrierten Tarifen

Aus individueller Sicht muss Mikro-ÖV nicht unbedingt ein günstiges Verkehrsmittel sein. Ökonomisch vorteilhaft wird Mikro-ÖV in der persönlichen Betrachtung, wenn er gemeinsam mit ergänzenden Angeboten Mobilität ohne privaten Pkw ermöglicht und damit die hohen Pkw-Fixkosten entfallen. Mikro-ÖV kann so zum Alltagsverkehrsmittel oder zu einer flexiblen Alternative zum eigenen Pkw werden. Günstige Jahreskarten können bei Mikro-ÖV zu einem hohen Fahrgastaufkommen beitragen. Sinnvoll sind Jahreskarten für den Berufspendelverkehr beziehungsweise generell für Zubringerfahrten zum höherrangigen Öffentlichen Verkehr. Beim Zubringerverkehr ist durch die Taktung des Fahrplans auch eine deutlich bessere Bündelung und höhere Effizienz des Mikro-ÖV-Angebots möglich.

Zukünftiger Öffentlicher Verkehr der Region

In Zukunft wird Öffentlicher Verkehr in den Regionen eine viel größere Rolle spielen: In dünn besiedelten Regionen sorgt ein flächendeckendes öffentlich zugängliches Mobilitätsangebot dafür, dass alle Menschen gleichberechtigt mobil sein können. Für den privaten Pkw-Verkehr gilt auch in der Region, dass er durchgängig elektrifiziert und wo möglich gemeinschaftlich genutzt wird.

In zentralen Räumen braucht es ein integriertes Gesamtsystem verschiedener Möglichkeiten von Bike- und Carsharing bis Ride-Pooling und Anrufsammeltaxis. Damit diese massentauglich werden, ist an Hauptachsen des Öffentlichen Verkehrs ein ausreichend dichter Takt anzubieten, um die wichtigsten Ziele rasch, einfach und mit wenigen bis gar keinen Umstiegen zu erreichen. In manchen Regionen der Schweiz ist das bereits gesetzlich verankert. Laut Regierungsprogramm soll eine flächendeckende Mobilitätsgarantie auch für Österreich kommen.

Für die Mobilität in der Gemeinde gibt es auf der letzten Meile ein Mikro-ÖV-Angebot, das bei Anmeldung eines Fahrtwunsches mit kurzer Vorlaufzeit eine Beförderung garantiert. Es stehen verlässlich jederzeit E-Carsharing-Fahrzeuge sowie E-Fahrräder und E-Transport-Fahrräder zur Verfügung. Der Mikro-ÖV dient auch hier als Zubringer. Darüber hinaus kann jedes Ziel auf attraktiven und sicheren Rad- und Fußwegen ohne Umwege erreicht werden.

Mikro-ÖV ermöglicht Mobilitätsgarantie

  • Eine flächendeckende Mobilitätsgarantie im Sinne eines verbesserten Mindestangebots ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für eine erfolgreiche Mobilitätswende.

  • Mobilitätswende-Pilotregionen in zentralen Räumen, die ausgehend von Hauptachsen und guter Taktung des Öffentlichen Verkehrs auf die Schaffung eines integrierten Gesamtsystems abzielen, sind zu fördern.

  • Mikro-ÖV ist Teil eines öffentlich zugänglichen Mobilitätsangebots und ist in den Öffentlichen Verkehr voll zu integrieren.

  • Mikro-ÖV soll so einfach wie möglich zu nutzen sein, wobei eine Standardisierung der Angebote anzustreben ist. Das erfordert auch Information, bewusstseinsbildende Maßnahmen und Anreizsysteme für einen Umstieg vom Privatauto auf gemeinschaftlich genutzte Mobilitätsangebote.

  • Die Klarstellung des rechtlichen Rahmens für Mikro-ÖV in Österreich ist so bald wie möglich umzusetzen.
Mikro-ÖV ist eine Möglichkeit für öffentlich zugänglichen Verkehr besonders in ländlichen Regionen und sollte weiter ausgebaut werden.

Regionalstraßenbahnen schließen das Umland an

Die Traunseetram in Oberösterreich entstand durch den Zusammenschluss der Straßenbahn Gmunden und der Lokalbahn Gmunden–Vorchdorf. In der Stadtgemeinde Gmunden ist die Traunseetram eine Straßenbahn, ab der Station Gmunden Seebahnhof bis Vorchdorf eine Lokalbahn. Die Verbindung der 2,3 Kilometer langen Straßenbahnlinie mit der knapp 15 Kilometer langen Lokalbahnlinie erforderte den Bau einer Durchbindungsstrecke von 800 Metern. Mit der Inbetriebnahme im Jahr 2018 wurde das Angebot an Öffentlichem Verkehr in Gmunden um 29 Prozent erhöht. Auch in Linz ist mit der Stadtbahn Linz–Gallneukirchen–Pregarten eine weitere Schienenverbindung ins Umland geplant. Bis zum Jahr 2027 soll der Linzer Hauptbahnhof mit dem rund 20 Kilometer entfernten Pregarten verbunden werden. In Deutschland wurde in der Stadt Kassel die Verknüpfung des Straßenbahnnetzes mit dem Bahnnetz der nordhessischen Region bereits im Jahr 2007 umgesetzt. Zurzeit befinden sich 28 Fahrzeuge in Betrieb, die auf ihren drei Linien jährlich weit mehr als 2,3 Millionen Fahrzeugkilometer zurücklegen. In den Hauptverkehrszeiten werden bis zu drei Fahrzeuge aneinandergereiht, um das hohe Fahrgastaufkommen zu bewältigen. Die RegioTram fährt auf der Teilstrecke zwischen Kassel und Melsungen im Halbstundentakt und seit dem Jahr 2013 täglich auch noch nach Mitternacht.

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Der Arbeitsweg kostet in Kombination Öffentlicher Verkehr und Mikro-ÖV ein Drittel weniger als mit dem Pkw und verursacht um drei Viertel weniger CO2.

Postbus auf Abruf in Gemeinden Österreichs

Das Postbus Shuttle ist ein Shuttle-Service in Österreich und steht seit dem Jahr 2021 in Feldbach, am Ossiacher See, sowie im unteren Mühlviertel – den Gemeinden Steyregg, Luftenberg an der Donau und St. Georgen an der Gusen – zur Verfügung. Es bringt Fahrgäste an definierte Haltepunkte, beispielsweise zur Arztpraxis, zur Bank, zum Hotel oder zum Bahnhof. Von dort aus kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln weitergereist werden. In der Region Donau-Gusen wurde besonderer Wert auf die Erschließung der dezentralen Siedlungsbereiche gelegt. Viele der rund 250 Haltepunkte sind für die 13.000 dort lebenden Menschen nicht weiter als 300 Meter vom Wohnort entfernt. Eine Fahrt kann jederzeit niederschwellig entweder mit der Postbus Shuttle-App oder bei regionalen Partnerunternehmen gebucht werden.

In Regionen, die sich aktiv dafür einsetzen, dass mehr Personen mit dem Bus fahren, verringern sich auch die relativen Betriebskosten von Linienbussen.
In Zeiten der Klimakrise braucht es eine Trendwende: Straßenausbau kritisch evaluieren, Regionalbahnen ausbauen.

Gute Kombination: Carsharing und Öffentlicher Verkehr

Die Kombination von Carsharing und Öffentlichem Verkehr funktioniert in Städten ebenso wie in Regionen, kleinen Gemeinden und im überregionalen Schienenverkehr. In Tirol können Menschen, die ein Jahresticket des Verkehrsverbund Tirol besitzen, seit dem Jahr 2019 Carsharing Tirol 2050 nutzen. Dafür stehen in 21 Gemeinden insgesamt 38 Autos zur Verfügung. In Oberösterreich setzt der Verein mobilcard mit vier E-Autos an drei Standorten in den Gemeinden Krenglbach und Bad Schallerbach auf die Kombination von Carsharing und Bus. In Vorarlberg hat der Carsharing-Anbieter Caruso inzwischen sogar fast 50 Standorte. Des Weiteren gibt es mit ÖBB Rail & Drive auch ein stationsbasiertes Carsharing-Angebot an Bahnhöfen in 32 Städten. Auch in Wien gibt es Carsharing-Angebote. WienMobil Auto, das standortbasierte E-Carsharing Angebot der Wiener Linien, wird seit November 2020 gemeinsam mit dem Kooperationspartner share me betrieben. Mit einer Jahreskarte der Wiener Linien können WienMobil Autos vergünstigt genutzt werden. Die ersten Erkenntnisse zeigen, dass die Pkw eher für weitere und längere Fahrten genutzt werden. Durchschnitt sind vier Stunden Leihdauer in denen 50 Kilometer gefahren werden.


 

Komfortabler Öffentlicher Verkehr hält Städte lebenswert

Die Potenziale von Öffentlichem Verkehr in Städten sind zu nützen, um dem Wachstum der Städte und dem Wunsch nach komfortabler öffentlich zugänglicher Mobilität gerecht zu werden. Attraktiver Öffentlicher Verkehr lässt sich gut mit Gehen und Radfahren kombinieren und ist ein wichtiger Schlüssel für klimafitte Ballungsräume.

Der Anteil des Öffentlichen Verkehrs am Modal Split zeigt in mehreren Landeshauptstädten in Österreich über die Jahre stagnierende Anteile, etwa in Graz seit den 1980er-Jahren bei knapp unter 20 Prozent oder in der Stadt Salzburg bei 16 Prozent im Jahr 2004 und 15 Prozent im Jahr 2018.129,66 Der Anteil in Wien ist in den Jahren 1993 bis 2012 von 29 auf 39 Prozent gestiegen und stagniert seither ebenfalls.190 Ein klimaverträgliches und komfortables Mobilitätsangebot, das von den Menschen, die in einer Stadt leben, sie besuchen oder dort arbeiten, gerne genutzt wird, schafft langfristig einen hohen Anteil von Öffentlichem Verkehr und aktiver Mobilität – 80 Prozent sieht etwa der Wiener Stadtentwicklungsplan hierfür als Zielwert für das Jahr 2025 vor, derzeit liegt Wien bei 73 Prozent.138

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Städte für die Mobilität der Zukunft wappnen

In Stadtkernen ist der Öffentliche Verkehr meist attraktiv. In Österreich wachsen vor allem die Zentralräume und großen Städte.89,90 Der Öffentliche Verkehr muss dementsprechend mitwachsen, um ein attraktives Angebot aufrechterhalten zu können. Es sind die gesamten Ballungsräume mitzudenken, also auch jene Menschen, die von außerhalb in die Stadt kommen.

Stadtentwicklung braucht Öffentlichen Verkehr

In Neubaugebieten sollte Öffentlicher Verkehr bereits beim Einziehen für die Neuzugezogenen verfügbar sein. Der Umzug in eine neue Wohnung kann ein Impuls zum Überdenken bisheriger Mobilitätsgewohnheiten sein. Es reicht nicht, ausschließlich auf Pull-Maßnahmen zu setzen. Verschenkte Jahreskarten für den Öffentlichen Verkehr wurden beispielsweise in einer neuen Siedlung in Salzburg von drei Viertel der neuen Wohnbevölkerung nicht angenommen, weil parallel eine hohe Dichte an Pkw-Abstellplätzen zur Verfügung gestellt wurde.118 Anders verhält es sich in der Seestadt Aspern in Wien. Dort wurde die U-Bahn-Verbindung noch vor der ersten Wohnung gebaut. Zusätzlich umfasst das Mobilitätskonzept für den Stadtteil neben Transport-Fahrrad-Verleih und attraktiven öffentlichen Plätzen auch kurze Wege zu Einrichtungen des täglichen Bedarfs wie Schulen oder Nahversorgung, Nutzungsmix in der Bebauung, belebte Straßenräume und Vermeidung von Autoverkehr durch Push-Maßnahmen wie dem Ersetzen von Pkw-Abstellplätzen an der Oberfläche durch Sammelgaragen.5 Das zukünftige Stadtviertel am Areal des ehemaligen Nordwestbahnhofs in Wien wird mit einem großen, mittig gelegenen Park ausgestattet, den eine neue Straßenbahnlinie queren soll während ein Durchfahren mit Kfz nicht möglich sein wird.137,140

Auch in Wien ist der Öffentliche Verkehr nicht immer von Beginn an vorhanden. In den neuen Wohnbauten in Neu Leopoldau waren die ersten neu zugezogenen Personen vor dem Öffentlichen Verkehr da. Auch heute bedienen Buslinien nur den Rand der Siedlung, während es möglich ist, mit dem Auto hineinzufahren.177 Für derzeit im Bau befindliche neue Siedlungen, wie in der Berresgasse in Hirschstetten mit 3.000 Wohnungen, sollten die projektierten Straßenbahnlinien daher rasch umgesetzt werden.139 Auch den Überlegungen in Innsbruck, bei Fertigstellung des neuen Sillhöfequartiers die Straßenbahnverlängerung dorthin gleichzeitig auf Schiene zu bringen, müssen nun Beschlüsse folgen.123

U-Bahn, S-Bahn oder Straßenbahn in Graz

Die Förderung des Öffentlichen Verkehrs kann je nach Größe und individueller Situation einer Stadt über Straßenbahn-, U-Bahn- und S-Bahn-Netze laufen. Sinnvoll sind U-Bahnen insbesondere in großen Städten. In Deutschland haben nur vier Städte eine U-Bahn, in Nürnberg, der kleinsten davon, leben 520.000 Menschen. Im nur halb so großen Graz wurde Anfang des Jahres 2021 eine Machbarkeitsstudie für ein aus zwei Linien bestehendes, rund 25 Kilometer langes U-Bahn-Netz präsentiert, mit dem Ziel, den Anteil des Öffentlichen Verkehrs am Modal Split von 20 auf 29 Prozent zu heben und die Pkw-Fahrten um zwölf Prozent zu reduzieren.51,76 Doch Graz hat bereits ein Straßenbahnnetz, das die Innenstadt und wichtige Achsen Richtung Stadtrand erschließt. Zwei Streckenverlängerungen in die Stadtentwicklungsgebiete Reininghaus und Smart-City befinden sich in der Finalisierung.a,50,52,131 Weitere Straßenbahnprojekte warten auf den Beschluss zur Umsetzung, etwa die Südwestlinie.128 Eine Verdoppelung der Kapazität der Straßenbahnen in Graz gegenüber dem Jahr 2021 ist realistisch, wenn die schon projektierten Strecken errichtet, die angedachte Intervallverkürzungen auf fünf Minuten auf jeder Strecke umgesetzt und längere Straßenbahngarnituren verwendet werden.b

Straßenbahn in Graz bietet dichtes Haltestellennetz

Hinsichtlich der Fahrzeit hat die Straßenbahn in Graz gegenüber der U-Bahn keinen großen Nachteil. Zahlreiche Kurven, die für die 27 geplanten U-Bahn-Haltestellen nötig wären, gemeinsam mit Zugangswegen zu bis zu 28 Meter tiefen Stationen, mindern die Vorteile, die die U-Bahn technisch hat. Zudem sieht das Konzept für die U-Bahn vor, dass 43 Prozent aller in Graz lebenden Menschen eine U-Bahn-Haltestelle von ihrem Wohnort aus in 600 Metern erreichen können sollen. Nach dem Ausbau des Straßenbahnnetzes befände sich für zwei Drittel der in Graz lebenden Menschen eine Straßenbahnhaltestelle in fußläufiger Nähe von maximal 300 Metern von ihrem Wohnort. Damit ermöglicht die Straßenbahn in Graz mehr Menschen Zugang zu qualitativ hochwertigem Öffentlichen Verkehr als die U-Bahn.130,101

Das Umland mitdenken

Für eine nachhaltige Transformation des Öffentlichen Verkehrs ist es essenziell, das Umland mitzuplanen, wo Wege großteils mit dem Pkw zurückgelegt werden. Denn für mehr Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln muss auch der Modal Split-Anteil des Öffentlichen Verkehrs bei Fahrten in das und aus dem Umland steigen. Beispielsweise im Großraum Graz werden öffentliche Verkehrsmittel für 15 Prozent der Fahrten zwischen dem Bezirk Graz-Umgebung und Graz genutzt, während der Anteil des Öffentlichen Verkehrs im Stadtzentrum bei 60 Prozent liegt. Ein S-Bahn-Ausbau würde die Straßenbahn in der Stadt entlasten und Graz und sein Umland miteinander besser verbinden.110,101,c

S-Bahn und Straßenbahn ins Umland von Linz, Salzburg und Innsbruck

Beispielsweise plant die Stadt Linz, bis in die 2030er-Jahre den Anteil des Pkw-Verkehrs im gesamten Ballungsraum, nicht nur jenen der in Linz lebenden Menschen, von 56 auf 46 Prozent zu senken. So kann trotz Bevölkerungswachstum eine Reduktion der Pkw-Fahrten um fünf Prozent erreicht werden.2,134 Ergänzend kann der Ausbau der S-Bahn das Straßenbahnnetz entlasten und dafür sorgen, den Modal Split-Anteil für Fahrten ins Umland zu erhöhen. In Linz wurde die Straßenbahn bereits über Leonding nach Traun verlängert und soll künftig darüber hinaus nach Ansfelden fahren.3 Zudem sollen die Mühlkreisbahn und eine neue Strecke aus Gallneukirchen als Stadtbahn durch Linz zum Hauptbahnhof geführt werden.133

In Salzburg wird die Lokalbahn von Norden kommend bis zum Jahr 2026 in Richtung Altstadt und später auch nach Hallein verlängert.119 Innsbruck baut seine Tram bis Ende des Jahres 2025 als Regionalbahn ins Umland aus, welche im Osten Rum und im Westen Völs erreichen wird.55 Auch in Wien sind Straßenbahnstrecken nach Niederösterreich vorgesehen. Mindestens eine davon soll bis zum Jahr 2025 verwirklicht werden.141,198,d In Frankreich entstehen seit den 1980er-Jahren zahlreiche neue Straßenbahnen, die Städte vom Autoverkehr entlasten und durch gestalterische Maßnahmen das Stadtbild aufwerten. Mehrere Straßenbahnen queren inzwischen sogar Staatsgrenzen und verbinden etwa Straßburg mit Kehl oder Basel mit Weil am Rhein.

Linienbusse an das Stromnetz anbinden

Nicht überall ist der Ausbau des Schienennetzes möglich. Die Dekarbonisierung schreitet mit der „Clean Vehicles Directive“ der EU im Linienbusverkehr in Form von Umstellungen auf Oberleitungs-, Batterie- oder Wasserstoffbetrieb zunehmend voran.39 In Linz wird bis zum Jahr 2024 die gesamte Obus-Flotte erneuert. Nun kommen mit 24 Meter langen Obussen um 30 Prozent längere Fahrzeuge zum Einsatz.68

Öffentlicher Verkehr in jeder Stadt nötig

Auch in mittelgroßen und kleinen Städten ist Öffentlicher Verkehr in hoher Qualität weiter auszubauen.

Neben der Netzdichte im Linienangebot und der Beförderungskapazität der Verkehrsmittel ist auch das Fahrplanangebot zu verbessern. Seit Herbst 2020 fahren zwei der Buslinien in Villach quer durch die Stadt im Taktverkehr und abends fährt ein Anrufsammeltaxi.136 In Wiener Neustadt wurde im Jahr 2020 das Netz ins Umland erweitert, allerdings fährt sonntags nur noch ein Sammeltaxi. In Klagenfurt wurde ein neues Busnetz präsentiert, bei dem fünf Hauptlinien statt halbstündlich künftig wochentags alle zehn Minuten fahren.132 Die erste umgestellte Linie führte zu doppelt so vielen Fahrgästen unter der Woche und sogar fünfmal so vielen Fahrgästen sonntags.40 St. Pölten hat sein Stadtbusnetz „LUP“ auf mittlerweile 13 Linien ausgebaut, seit dem Jahr 2018 fahren fast alle Linien auch sonntags und seit Mai 2021 auch abends.135 In Dornbirn ist der im Jahr 1991 eingeführte Stadtbus auf zwölf Linien gewachsen, auch Gelenkbusse kommen seit dem Jahr 2019 zum Einsatz.142 Für Verbindungen ins Umland (Rheintal und Bregenzerwald) sorgen wie auch anderswo in Vorarlberg die S-Bahn und das Landbusnetz. Auch Eisenstadt hat seit dem Jahr 2016 einen Stadtbus, der zumindest werktags tagsüber mit vier Linien fährt.70

Rasch voran trotz Verkehrsberuhigung

Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung können Hand in Hand mit hoher Attraktivität für den Öffentlichen Verkehr gehen. So fährt die Straßenbahn in Linz durch die Begegnungszone in der Landstraße und in Graz durch die Fußgängerzone in der Herrengasse. Auch in Freiburg im Breisgau in Deutschland und in der französischen Stadt Straßburg fahren die Straßenbahnen durch Fußgängerzonen. Gerade für Geschäftsstraßen ist das ein großer Vorteil gegenüber einem autodominierten Straßenraum, da der Raum für viele verschiedene Menschen attraktiv wird.189

Wo mehr Haltestellen im 20-Minuten-Takt oder häufiger angefahren werden, werden weniger Wege mit dem Auto zurückgelegt.

Schweiz als Vorbild für Mobilitätsgarantie

In der Schweiz existieren in vielen Kantonen Mindest-Bedienstandards für den Öffentlichen Verkehr. Der Kanton Zürich sieht etwa mindestens zwölf Busverbindungen pro Tag für alle Orte vor, in denen mehr als 300 Personen wohnen, arbeiten oder eine Ausbildung absolvieren. Nun wird auch in Österreich untersucht, wie die Umsetzung einer flächendeckenden Mobilitätsservicegarantie aussehen könnte. Das im März 2021 gestartete Forschungsprojekt Flademo setzt dabei auf eine interdisziplinäre Vorgehensweise mit unterschiedlichen Methodenzugängen, bei der alle Betroffenen eingebunden werden. Ziel ist, eine Mobilitätsgarantie nicht nur verkehrstechnisch, sondern auch rechtlich und wirtschaftlich zu entwerfen.

In Luxemburg ist ein multimodaler Korridor geplant

In Luxemburg soll bis zum Jahr 2030 ein zehn Kilometer langer multimodaler Korridor gebaut werden, der die dicht besiedelte Region Süden mit dem Ballungsraum der Stadt Luxemburg verbindet. Von Esch-sur-Alzette soll eine Schnellstraßenbahn mit bis zu 100 Stundenkilometern in die Stadt Luxemburg fahren und an beiden Enden in das städtische Netz eingebunden werden. In diesem Abschnitt sind zwei Haltestellen als Umsteigeknoten geplant. Neben der „schnellen Tram“ soll ein vier Meter breiter Radschnellweg errichtet werden, der an die regionalen und lokalen Radwege angebunden wird. Auf der parallel verlaufenden Autobahn A4 soll in der Hauptverkehrszeit der Pannenstreifen temporär exklusiv für Busse und für Car-Pooling zur Verfügung stehen. Etwa ein Drittel der Bevölkerung Luxemburgs lebt im Einzugsgebiet des Korridors.

Damit der Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel gelingt, ist die Anbindung des Umlands an die jeweilige Kernstadt mitzudenken.

Gestaffelte Schulzeiten entlasten Verkehr

Je mehr Verkehrsspitzen vermieden werden, desto besser für die Kapa­zitäten der öffentlichen Verkehrsmittel. In der Früh kann der Öffentliche Verkehr durch einen gestaffelten Schulbeginn entlastet und dadurch attraktiver werden. Das reduziert den Autoverkehr am Schulweg und macht den Schulweg für alle sicherer. In der Gemeinde Neuhofen in Oberösterreich führt die Staffelung der Schulzeiten nach Schultypen zu einem geringeren Verkehrsaufkommen während der Stoßzeit in der Früh. Während der Unterricht in der Neuen Mittelschule bereits um halb acht beginnt, startet der Schultag in der Volksschule erst um acht Uhr. Nun ist dieses Modell auch für Linzer Schulen im Gespräch.

Städte mit dem Umland verbinden

  • Wachsende Städte und klimaverträgliches Mobilitätsverhalten erfordern Kapazitätsausbau im Öffentlichen Verkehr – auch in Stadtentwicklungsgebieten und im Umland.

  • Straßenbahnausbauten sorgen für beträchtliche Kapazitätszuwächse und komfortablen Öffentlichen Verkehr.

  • Geplante Ausbauprojekte des Öffentlichen Verkehrs sind rasch umzusetzen.

  • Öffentlicher Verkehr, Radfahren und Gehen profitieren voneinander und stärken einander – so lassen sich Verkehrsberuhigung und lebenswerter Stadtraum kombinieren.

  • Verleihsysteme, Mikro-ÖV und neue digitalisierte Mobilitätsangebote ermöglichen eine autofreie Mobilitätsgarantie, deren niederschwellige Grundlage der Öffentliche Verkehr bleibt.

Auch in Außenbezirken lässt sich Verkehrsberuhigung mit attraktivem Öffentlichen Verkehr kombinieren, wie in Wien neuerdings vereinzelt durch den Abbau von Ampeln oder die Umsetzung von Tempo 30 im Haltestellenbereich.e,179 Die Schutzwege im Haltestellenbereich sind dadurch sicherer zu queren und die Straßenbahn bleibt schnell. In der Alszeile in Wien Hernals gibt es seit Sommer des Jahres 2021 einen Abschnitt mit Tempo 30, ausgenommen Straßenbahn und Linienbusse.178 Der städtische Öffentliche Verkehr kommt also auch bei reduzierten Geschwindigkeiten gut voran. Die Einführung von Tempo 30-Zonen reduziert zusätzlich Lärmbelastung und Sicherheitsrisiken. Auch für das Radfahren entstehen Vorteile durch Tempo 30. Wenn es die Verkehrssicherheit zulässt, Ampeln wegzulassen, wie es etwa in Wien-Währing und in Wien-Neubau erfolgt ist, verkürzt sich die Fahrzeit für öffentliche Verkehrsmittel, da sich Wartezeiten erübrigen. Davon profitieren auch Menschen, die mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind.

Garantiert mobil

Aktive Mobilität als Zubringer zum Öffentlichen Verkehr kann auch für die erste und letzte Meile ein wichtiger Hebel sein, genauso wie multimodale Knoten mit Leihfahrzeugen. Dies zeigen die acht WienMobil-Stationen der Wiener Linien oder die TIM-Stationen in Graz und Linz.194,109 Zur Feinverteilung dienen auch Mikro-ÖV-Systeme wie „GUSTmobil“ für dünn besiedelte Gebiete in der Stadt Graz, wo es davor keinen Öffentlichen Verkehr gab, oder der Testbetrieb „swaxi“ der Stadtwerke Augsburg im ganzen Stadtgebiet.58,147 Auch können dank Digitalisierung Ride-Pooling-Dienste ohne feste Linienwege, wie Moia in Hamburg, das ab dem Jahr 2025 einen vollautomatisierten Betrieb plant, Autofahrten mit dem privaten Pkw reduzieren.77

Ein vielfältiges Angebot aus verschiedenen öffentlich zugänglichen Verkehrsmitteln gewährleistet somit Mobilität für alle Stadtbereiche und Wegzwecke ohne Pkw-Besitz. Klassischer Öffentlicher Linienverkehr bleibt aufgrund der unkomplizierten anmeldefreien Nutzung, seiner Barrierefreiheit und der Platzeffizienz unverzichtbar. Als Grundpfeiler des Öffentlichen Verkehrs ist er unabhängig von digitalen oder aktiv mobilen Angeboten in allen Ballungsräumen täglich und ganztags zur Verfügung zu stellen.


 

Linien- und Bedarfsverkehre bündeln und flexibler nutzen

Eine Nutzungsbarriere für den Öffentlichen Verkehr ist ein unübersichtliches und schwierig zu kombinierendes Angebot. Die fortschreitende Digitalisierung kann dabei helfen, ein integriertes Gesamtangebot zu etablieren. Auch das geplante österreichweite Klimaticket spielt eine wichtige Rolle dabei, die Strukturen zu vereinheitlichen.

Verschiedene Buchungssysteme, verschiedene Preise, unterschiedliche Zeitkartenmodelle – sobald Öffentlicher Verkehr sowie Mikro-ÖV im Nahverkehr, österreichweit oder gar grenzüberschreitend gebucht werden sollen, kann es schnell unübersichtlich werden. Für ein bedienungsfreundliches öffentliches Verkehrssystem ist es notwendig, dass diese Strukturen sukzessive vereinheitlicht werden. Digitale Technologien schaffen für diese Entwicklung die nötige Basis. Karten-Tools und Apps auf Smartphones machen es einfacher, von A nach B zu kommen. Mit in Echtzeit vernetzten Daten bleiben Menschen immer am aktuellsten Stand. Auch die Lokalisierung von Verkehrsmitteln via GPS ist problemlos möglich. Unter diesen technologischen Voraussetzungen wird sich in Zukunft das Mobilitätsverhalten verändern.

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Digitalisierung als Chance für den Mikro-ÖV

Digitalisierung spielt für Mikro-ÖV eine entscheidende Rolle, weil die Verknüpfung mit anderen Angeboten wesentlich ist. Außerdem ist der Betrieb eines Angebots mit mehreren Fahrzeugen ohne technologische Unterstützung logistisch schwierig. Dementsprechend wurde in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Softwareprodukten für die automatisierte Disposition nachfragebasierter Verkehre entwickelt.

Da für eine einzelne Gemeinde oder Region die Anschaffung einer solchen Software und der damit verbundene Betrieb eines Callcenters meist wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, gibt es neben Gesamtlösungen wie bei ISTmobil oder dem Postbus Shuttle nun Initiativen einzelner Verbünde, um diese Infrastruktur zentral zur Verfügung zu stellen. Beim Verkehrsverbund Ost-Region existiert für Niederösterreich eine Telefonzentrale mit moderner Dispositionssoftware für Anrufsammeltaxis. Auch beim Verkehrsverbund Tirol sind ähnliche Maßnahmen geplant.

Mobility as a Service für einfachere Nutzung des Öffentlichen Verkehrs

Der Kern des Konzepts von Mobility as a Service (MaaS) ist es, den Nutzenden den gebündelten Zugang zu einer Vielfalt von Mobilitätsoptionen zu ermöglichen. Im besten Fall können diese Angebote in der gleichen App gebucht und bezahlt werden. MaaS unterstützt so die Integration bestehender Angebote und verbessert ihre Zugänglichkeit. Auch wenn in den Regionen die Schwierigkeit besteht, dass es oft an Angeboten fehlt, die in eine MaaS-Plattform integriert werden könnten, kann MaaS den Zugang zu höherrangigem Öffentlichen Verkehr durch Verknüpfung mit dem lokalen Mikro-ÖV und mit Sharing-Angeboten entscheidend verbessern.

In Österreich steht in Bezug auf verkehrsmittelübergreifende Informationen mit der Verkehrsauskunft Österreich (VAO) ein Vorzeigeprojekt zur Verfügung. Bisher sind allerdings erst elf Prozent der insgesamt 269 Mikro-ÖV-Angebote in Österreich in die Beauskunftung integriert.74

Bei digitalen Angeboten ist auch noch Vieles unklar. Zwar ermöglichen sie Flexibilität, aber mit den vielen digitalen Apps, die entwickelt werden, büßt die Digitalisierung ihre Vorteile in puncto Übersicht und Einheitlichkeit ein. Außerdem gibt es noch große ungeklärte Fragen, etwa die Frage, was die Öffentliche Hand und was die Privatwirtschaft zur Verfügung stellen und finanzieren soll.

Österreichweites Tarifsystem kommt

Mit dem Klimaticket Österreich sollen die Angebote der einzelnen Verkehrsverbünde sowie von ÖBB und Westbahn ab dem Jahr 2022 mit einer einheitlichen Jahreskarte zu nützen sein. Es soll die Möglichkeit geben, verschiedene Reichweiten zu abonnieren: Ticket gültig für ein Bundesland, Ticket gültig in zwei Bundesländern und Ticket für ganz Österreich. Nicht nur die tarifliche Abstimmung und Ausgleichszahlungen zwischen den Verkehrsbetrieben sind eine organisatorische wie politische Herausforderung, auch die Organisation des Vertriebs ist schwierig.

Durch Verkehrsverbünde kann der Öffentliche Verkehr in einem Gebiet üblicherweise mit einem einzigen Fahrschein zu einem einheitlichen Tarif, unabhängig von der Betriebsgesellschaft oder von allfälligen Umsteigevorgängen, genützt werden. Während es etwa in Deutschland nach wie vor größere Gebiete ohne Verkehrsverbund gibt oder dort manche Verkehrsverbünde beispielsweise das Schienennetz tariflich nicht einbinden, werden in Österreich seit dem Jahr 1997 alle Bundesländer fast flächendeckend von Verkehrsverbünden abgedeckt.29 Ausnahmen gibt es für Gebiete, die funktional stark mit Deutschland verflochten sind und daher von Deutschland aus bedient werden. In Vorarlberg ist das beispielsweise das Kleinwalsertal, in Tirol sind es die Exklave Jungholz und einzelne Bergtäler wie nach Hinterriß.186,183

Linien ohne Verbundtarif beachten

Um der Einfachheit hinderliche Ausnahmeregelungen zu vermeiden, gilt es auch einen Blick auf jene Linien zu werfen, die noch in keinen Verkehrsverbund integriert sind. Allerdings gibt es auch darüber hinaus verschiedene Linien des Öffentlichen Verkehrs in Österreich, in denen keine Fahrscheine von Verkehrsverbünden gültig sind und die auch – im Gegensatz zum Korridorverkehr durch das „Deutsche Eck” oder zum Intercitybus zwischen Graz und Klagenfurt – nicht vom gängigen ÖBB-Ticketangebot umfasst werden.85 Da es ein Ziel des Klimatickets ist, mit einem Fahrschein alle Verkehrsmittel benützen zu können, sollte eine Integration von Linien mit abweichendem Sondertarif geprüft werden.

In Österreich gibt es auch eigenwirtschaftlich geführte Linien verschiedener Unternehmen, die direkt oder im weiteren Sinn parallel zu Linien mit Verbundtarif verkehren. Hierzu zählen die Züge des City Airport Train und mehrere Flughafenbuslinien in Wien, der Thermenlandbus zwischen Wien und der Oststeiermark sowie ins „Flixbus“-Netz eingebundene Fernbus-Linien, etwa zwischen Wien und Graz.25,91,10,87 Hier würde eine Einbindung in das Klimaticket-Angebot das mit dem Ticket nutzbare Gesamtangebot auf den entsprechenden Strecken erhöhen, ansonsten blieben weiterhin andere Verbindungen durch Verbundlinien erhalten, wenn auch in geringerer Zahl oder mit längerer Gesamtreisezeit.

Integration touristischer Linien erhöht ideellen Wert des Klimatickets

In Österreich verkehren auch Linien ohne Verbundtarif, bei denen es keine öffentliche Alternative gibt. Dazu gehören vorwiegend verschiedene touristische Linien wie manche Schmalspur- und Zahnradbahnen, etwa Schneebergbahn, Schafbergbahn, Waldviertelbahn und für den Ausflugsverkehr installierte Buslinien etwa auf die Tauplitzalm, die Wildmoosalm oder ins Windachtal.79,117,156,191,93 Es handelt sich dabei zwar um Linien mit einem geringen Anteil am Gesamtangebot, doch die Entfernung tariflicher Hürden würde Fahrgästen einen einfachen Zugang gewähren. Im wachsenden Segment des Freizeitverkehrs könnte so eine Alternative zum Auto geboten werden.

Nicht überall muss eine Gültigkeit des Klimatickets erwartet werden. Sehenswürdigkeiten, wie eine historische Straßenbahn oder manche Seilbahnen ins Hochgebirge, können anders bewertet werden als Angebote für die Alltagsmobilität. Die Grenzen sind jedoch fließend. So kann für die lokale Bevölkerung eines Tourismusorts eine Linie für die Tagesfreizeit relevant sein, etwa am Weißensee, wo der Naturparkbus nicht in den Verkehrsverbund integriert ist, oder der Sommerbus zum Seebad in Neusiedl am See.44 Fallweise gibt es regionale Sonderregelungen mit Gästekarten oder Tourismuskarten, bei denen etwa Übernachtungsgäste gratis den Öffentlichen Verkehr nützen können.122 Menschen, die einen Tagesausflug unternehmen, können das Angebot oft nicht kostenlos nutzen.67 Ein Kompromiss sind zum Verbundtarif nutzbare Linien, bei denen auf Bergstraßen pro Fahrgast eine Straßenmaut eingehoben wird, wie etwa in Sportgastein in Salzburg oder auf der Laguzalpe in Vorarlberg.186 Ähnlich wird es in der Schweiz gehandhabt, wo viele Bergbahnen im Generalabo, dem Pendant zum Klimaticket, nicht vollintegriert sind, mit diesem aber ermäßigt befahren werden können.124

Auch im Schiffsverkehr gibt es neben touristischen Angeboten Verbindungen, die für den Alltagsverkehr relevant sind. Ein Beispiel ist die Verbindung über den Hallstätter See, die Hallstatt mit dem am anderen Seeufer gelegenen Bahnhof verbindet.47 In der Wachau sind hingegen drei Donaufähren in eine Wachau-Tageskarte des Verkehrsverbunds Ost-Region eingebunden.181

Nachtbuslinien und Shopping-Shuttlebusse

Auch Nachtbuslinien sind oft eine Mischung aus Freizeit- und Alltagsverkehr. Sie werden manchmal gesondert von Gemeinden finanziert und sind daher im Sinne einer erhöhten Kostendeckung nur zu einem Sondertarif nutzbar, etwa in Salzburg, in Kärnten, im Rheintal, im Bregenzerwald, in der Hochsteiermark sowie im Ennstal.120,187,185,114 Anderswo, beispielsweise in Wien oder Tirol, wurden Nachtbuszuschläge bereits abgeschafft. Somit ist eine niederschwellige Nutzung mit dem gewohnten Tarif möglich.

Die Diskussion um die Anerkennung verschiedener Tarife erübrigt sich dort, wo es einen Nulltarif gibt – wie auf den Citybuslinien in St. Johann im Pongau oder auf verschiedenen Shuttlelinien zu Einkaufszentren im Raum Wien.145,30 Andere für den Einkaufsverkehr relevante lokale Linien wie der Citybus Hartberg oder der Bürgerbus Zell am See-Schüttdorf verkehren heute noch zu einem Sondertarif und könnten mit Anerkennung des Klimatickets besser ins gesamte öffentliche Verkehrsnetz integriert werden.144,146

Grenzüberschreitender öffentlicher Nahverkehr

Es gibt auch regionale grenzüberschreitende Linien. Aufgrund offener Grenzen und zwischenstaatlicher Verflechtungen bei Pendel- und Tourismusströmen gibt es etwa zwischen Vorarlberg und Liechtenstein ein verzahntes Linien- und Tarifnetz während zwischen dem Burgenland und Ungarn oder Niederösterreich und Tschechien nur wenige Buslinien bestehen, bei denen zudem einmal der niederösterreichische und bei einer anderen Linie der südmährische Tarif gilt.184 Eine gegenseitige Anerkenntnis gleichzeitig mit dem Klimaticket kann Impulse für mehr grenzüberschreitende Linien schaffen.

Online-Buchung internationaler Bahnreisen

Um mit Flugreisen konkurrenzfähiger zu werden, sollte auch der internationale Bahnbetrieb weiter vereinfacht werden. Attraktive Fahrzeiten und komfortable Züge können nur gegenüber dem Flugverkehr bestehen, wenn sie auch einfach buchbar sind. Im Gegensatz zum Flugverkehr fehlen bei der Bahn EU-weit einheitliche Ticketsysteme und Online-Buchungsplattformen. In Österreich schafft Traivelling, ein Reisebüro, das Reiselustige dabei unterstützt, europäische oder interkontinentale Bahnreisen zu buchen, Abhilfe.

Eine empirische Erhebung zur Buchung von 46 Strecken von Österreich in unterschiedliche europäische Staaten mittels 152 Testbuchungen jeweils für Bahn und Flug zeigt die Probleme im Buchungsprozess auf. Am Buchungsprozess für Bahnreisen scheiterten 33 Prozent der Testbuchungen – beim Flug hingegen nur drei Prozent.

Schwierigkeiten bereiteten Umsteigeverbindungen in andere Staaten, wobei eine Häufung von Buchungsproblemen zu Zielen nach Süd- und Osteuropa zu sehen ist. Im Gegensatz zum Flugverkehr spielen beim Bahnverkehr Buchungsplattformen derzeit nur eine untergeordnete Rolle. Insgesamt wurden bei über 77 Prozent der Testbuchungen der Flüge internationale Preisvergleichsplattformen verwendet. Hingegen wurde bei 66 Prozent der Bahnbuchungen der nationale ÖBB-Ticketshop zumindest teilweise genutzt.

Bahnreisen sind aufwändig zu buchen

Die Unterschiede in den Voraussetzungen für Bahn- und Flugbuchungen sind auch an der Buchungsdauer ablesbar. Die Buchung der Bahnfahrkarten nahm im Mittel 14,4 Minuten in Anspruch, die Buchung der Flugtickets hingegen nur 8,9 Minuten. Die größte Zahl der Flugbuchungen war in fünf bis zehn Minuten abgeschlossen, die größte Zahl der Bahnbuchungen hat 15 bis 30 Minuten in Anspruch genommen.

Im Burgenland, Kärnten, Niederösterreich und Oberösterreich nutzen über 40 Prozent der Bevölkerung den Öffentlichen Verkehr nie.
Haltestellen sind das Einstiegstor des Öffentlichen Verkehrs. Der Trend zum Elektro-Fahrrad hat das Potenzial, das Einzugsgebiet deutlich zu vergrößern.

Schweiz plant nationale Dateninfrastruktur für Mobilität

Mit NaDIM soll in der Schweiz bis zum Jahr 2024 eine Dateninfrastruktur geschaffen werden, die die Datenbanken verschiedener Mobilitätsangebote miteinander verknüpft. NaDIM soll dabei als Schnittstelle fungieren und alle vorhandenen Daten zur Verfügung stellen. Damit können Mobilitätsleistungen verkehrs­mittelübergreifend organisiert und abgewickelt werden. Auch Verkehrsunternehmen werden davon profitieren, wenn sie ihre Dienstleistungen mithilfe von NaDIM weiterentwickeln und entsprechende Angebote erstellen und anbieten können. Gemäß Bundesrat wird NaDIM unabhängig, verlässlich, offen, nichtdiskriminierend, transparent, nicht gewinnorientiert, von hoher Qualität und technisch flexibel ausgestaltet werden. Die Daten bleiben im Eigentum der jeweiligen Betriebe und werden auch von diesen gepflegt.

In Europa muss das Online-Ticketing bei der Bahn ähnlich leichtgängig wie Flugbuchungen werden.

Baden-Württemberg führt landesweites E-Ticketing ein

Die Einführung des BW-Tickets im Jahr 2018 ermöglichte es Fahrgäs­ten erstmals, mit nur einem Ticket verbundübergreifend zu reisen. Als nächster Schritt ist in Baden-Württemberg ein landesweites E-Ticketing-System geplant, das automatisch einen Tages-Bestpreis verbucht. Des Weiteren werden Auskunfts- und Buchungssysteme in einer multimodalen Mobilitätsplattform zusammengeführt, mit dem Ziel, verkehrsmittelübergreifende Fahrten zu vereinfachen und On-Demand-Systeme weiterzuentwickeln. Zudem hat die Landesregierung mit ihrem Zielkonzept 2025 neue Standards für den Öffentlichen Verkehr in Baden-Württemberg definiert. Ein landesweit geltender Stundentakt, Taktverdichtungen sowie der Aufbau eines Netzes von Expresszügen, das landesweit alle Oberzentren ebenfalls im Stundentakt miteinander verbindet, sind geplant. Auf Strecken mit entsprechender Auslastung wird der Stundentakt durchgehend von fünf bis 24 Uhr gelten. Durch ein höheres Sitzplatzangebot soll sichergestellt werden, dass niemand länger als 15 Minuten stehen muss.

Barrierefreies Shuttle zur Badner Bahn

Die von den Wiener Lokalbahnen (WLB) betriebene Initiative „easymobil“ hat es sich zum Ziel gesetzt, bestehende Haltestellen zu multimodalen Mobilitätsstationen zu erweitern. Das neue Zubringerservice soll die Mobilität für Menschen in den Gemeinden und den Weg zur Badner Bahn erleichtern. Ein erstes Pilotprojekt wurde im Jahr 2020 mit dem Zubringerservice Maria Enzersdorf umgesetzt. Eine Fahrt ist per easymobil-App, online und telefonisch buchbar. Die eingesetzten Kleinbusse sind mit modernen Hebebühnen ausgestattet, die auch das Einsteigen mit Rollstühlen beziehungsweise Rollator ermöglichen. Im Jahr 2021 wird mit der Stadtgemeinde Traiskirchen eine weitere Gemeinde Niederösterreichs Teil der Initiative.

Buchungen und Tarife digital vernetzen

  • Mobility as a Service ist wichtig, um verschiedene Mobilitätsangebote miteinander zu verknüpfen. Eine zentrale Plattform, in der alle Angebote erfasst sind, sorgt für mehr Klarheit bei Routenwahl und Buchen. Dafür braucht es Kooperation und standardisierten Datenaustausch.

  • Ins Klimaticket sind alle bestehenden Gebiete und Linien einzubauen. Kooperationen mit touristischen oder eigenwirtschaftlich betriebenen Linien ohne Verkehrsverbund sind wichtige Ergänzungen mit ideellem Wert.

  • Ein aufwändiger Buchungsprozess schreckt vor der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf internationalen Strecken ab. Internationale, einfach handzuhabende Preisvergleichs- und Buchungsplattformen für Bahnreisen müssen wie beim Fliegen zur Norm zu werden.

  • Internationale Bahnreisen werden durch unterschiedliche nationalstaatliche Voraussetzungen erschwert. Für klimaverträglicheres Reisen braucht es europäische Standards.

Ein Hauptgrund für die schwierige Buchung ist die unvollendete technische Harmonisierung im Bahnticketing, etwa wegen unterschiedlichen Datenaustauschprotokollen. Zusätzlich existieren verschiedenste Tarifsystematiken in Europa, die nicht kompatibel sind. Unterschiedliche gesetzliche landesspezifische Vorgaben führen beispielsweise zu verschiedenen Tarifbestimmungen, die unter anderem in uneinheitlichen Altersgrenzen und Vorverkaufsfristen resultieren.49

Abhilfe schafft die EU im Rahmen der Technischen Spezifikationen für Interoperabilität (TSI). Zusätzlich erarbeitet der Internationale Eisenbahnverband UIC einen internationalen Standard für interoperable Bahnbuchungen. Das „Open Sales and Distribution Model“ (OSDM) soll zukünftig eine unternehmensübergreifende Tarifkombination ermöglichen.165 Auf der technischen Ebene werden durch das Open Sales and Distribution Model Hürden überwunden, sofern die Umsetzung durch die einzelnen Bahnen sichergestellt ist. Harmonisierungen in Bezug auf die Tarifbestimmungen, den Datenaustausch und die Vorverkaufsfristen sind unbedingt erforderlich. Hier braucht es eine Anpassung der gesetzlichen Bestimmungen. Schlussendlich werden europaweit interoperable Lösungen möglicherweise nur durch Druck auf die Eisenbahnverkehrsunternehmen zu erreichen sein, etwa durch Verordnungen.49 Einige Bahnen wie die ÖBB versuchen, die Situation proaktiv zu verbessern. Die ÖBB werden im Jahr 2021 das Open Sales and Distribution Model als eines der ersten Eisenbahnunternehmen implementieren.121


 

Internationalen Verkehr auf Schiene bringen

Eine Verlagerung innereuropäischer Flüge auf Bahnreisen ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Das Bahnangebot auf mittleren Distanzen wird durch den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes zunehmend besser. Nachteile gegenüber dem Flugzeug hat die Bahn mit unterschiedlichen Tarif- und Vertriebssystemen, den Infrastrukturkosten und kompliziertem internationalen Ticketing.

Etwa ein Viertel der Treibhausgas-Emissionen der Europäischen Union wird vom Verkehrssektor verursacht. Vor der Covid-19-Pandemie war der Verkehr in der EU pro Jahr für rund 1,1 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente verantwortlich.f Der Großteil davon, nämlich 71 Prozent, entsteht durch das Verbrennen von Benzin und Diesel im Kfz-Verkehr. Einen vergleichsweise geringen Anteil an den Emissionen des Verkehrs hat die Bahn mit insgesamt nur 1,7 Prozent, wovon etwa ein Drittel, 0,4 Prozent, auf den nicht elektrifizierten Bahnverkehr zurückzuführen ist.34,35,36

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Chance für die Bahn

In Österreich lagen die Treibhausgas-Emissionen exklusive Emissionshandel im Jahr 2019 bei 50,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.162 Allein der Verkehrssektor (exklusive grenzüberschreitendem Flugverkehr) war mit 24 Millionen Tonnen für fast die Hälfte davon verantwortlich. Diese Emissionen stammen mit 99 Prozent fast zur Gänze aus dem Straßenverkehr.112,169

Die Bahn ist im Vergleich zum Straßen-, Luft- und Seeverkehr bei weitem das klimaverträglichste Verkehrsmittel und auch bei Feinstaub und Stickoxiden besonders emissionsarm.

Neben den klimaschädlichen Emissionen ist der Kfz-Verkehr auch für einen hohen Anteil der gesundheitsschädlichen Feinstaubpartikel (PM10) verantwortlich. Neben dem Feinstaub, der über die Abgase in die Luft gelangt, verursachen Kfz auch durch Reifen- und Bremsabrieb sowie Aufwirbelung Feinstaub.

Die Klimaverträglichkeit der Bahn hängt stark vom Elektrifizierungsgrad des Streckennetzes und vom verwendeten Strommix in den einzelnen Staaten ab. Klimaverträglich ist die Bahn dann, wenn der Kohlestromanteil bei der Energiebereitstellung niedrig ist. Ein hoher Atomstromanteil wie beispielsweise in Frankreich ist in Österreich keine Alternative.7 Bei einem landesweit hohen Anteil an Kohlestrom weisen auch die jeweiligen Bahnen höhere CO2-Emissionswerte auf. Mit 60 Gramm pro Personenkilometer bei der Bahn ist Polen einer der Staaten mit den EU-weit höchsten CO2-Emissionen der Bahn. Aber selbst dort sind die Emissionen deutlich niedriger als die 214 Gramm pro Personenkilometer an CO2-Emissionen eines durchschnittlichen Diesel-Pkw in Österreich. Unter den EU-Staaten mit der besten CO2-Bilanz der Bahn befindet sich Österreich mit nur rund 13 Gramm CO2-Äquivalenten pro Personenkilometer. In der Schweiz ist die Bahn besonders klimaverträglich. Dort betragen die Emissionen nur acht Gramm CO2-Äquivalente pro Personenkilometer.

Der Bahnverkehr ist in den meisten Staaten klimaverträglicher als die Fahrt mit dem Diesel-Fernbus. E-Busse sind derzeit unter Berücksichtigung der Energie für Klimaanlage und Heizung noch nicht für Langstrecken von über 150 Kilometer ohne Zwischenladung verfügbar.24,43 Ein klimaneutrales Fernbusangebot könnte auch mit Brennstoffzellentechnologie geschaffen werden, sofern der eingesetzte Wasserstoff klimaneutral und energieeffizient erzeugt wird. Es könnten damit Reichweiten bis 500 Kilometer mit einer Tankfüllung zurückgelegt werden.23 Voraussetzung ist allerdings ein gut ausgebautes Netz an Wasserstofftankstellen. Auf Strecken, auf denen der Ausbau von Bahnverbindungen topografisch schwierig ist, wie beispielsweise am Westbalkan, oder sich durch nicht sichergestellte Finanzierungsmöglichkeiten noch verzögert, wie beispielsweise in Osteuropa, kann ein hochqualitatives Fernbusnetz eine zumindest temporäre Alternative oder Ergänzung zur Bahn sein.

Maßnahmen im Europäischen Jahr der Schiene

Mit dem Europäischen Jahr der Schiene 2021 will die Europäische Kommission den Zugverkehr in Europa fördern und den „Green Deal“ der EU im Mobilitätssektor unterstützen.37 Im Zuge dessen wird die EU-Kommission noch im Jahr 2021 einen Vorschlag zur Revision der Richtlinien vorlegen, der die Einführung intelligenter Verkehrssysteme inklusive einer multimodalen Ticketing-Initiative vorsieht.38

Ziel soll sein, die Bahn bei Städtereisen zur ersten Wahl zu machen. Hierzu ist es nötig, die Verbindungen untertags und auch die Nachtzugstrecken weiter auszubauen. Untertags setzen beispielsweise die ÖBB mit der Verlängerung des Eurocity Wien–Ljubljana nach Triest seit Juni 2021 eine Verbesserung des Angebots Richtung Süden um.

Der ÖBB-Nightjet wird in ganz Europa als Good Practice gesehen. In den nächsten Jahren sind große Investitionen in das Nachtzugnetz geplant, wodurch die Fahrgastzahlen von 1,5 Millionen im Jahr 2019 auf drei Millionen steigen sollen. Neue Verbindungen, beispielsweise nach Paris, sollen dies ermöglichen.102 Auch die slowakische ZSSK bietet in Kooperation mit den ÖBB im Sommer Nachtzüge für die Strecke Bratislava–Wien–Split an und der RegioJet fährt im Sommer von Prag über Bratislava und Budapest nach Split. Die RDC Autozug Sylt GmbH fährt im Sommer die Strecke Salzburg–München–Hamburg–Westerland.107 Völlig neue Initiativen gibt es für die Strecken:

  • Stockholm–Berlin seit Juni 2021127
  • Prag–Krakau–Przemysl, geplant für April 2021 aber verschoben105
  • Oostende–Brüssel–Amsterdam–Berlin–Prag ab April 2022103

Im Nachtzugsektor wird großes Potenzial gesehen. Einschränkend wirkt der Kostentreiber Schienenmaut. Bei langen Fahrten auf konventionellen Strecken kann die Infrastrukturnutzung 30 Prozent, auf Hochgeschwindigkeitsstrecken und Distanzen von über 2.000 Kilometer sogar bis zu 60 Prozent der Gesamtkosten einer Zugfahrt ausmachen.106,26 Im Gegensatz dazu ist im Flugverkehr die Nutzung des Luftraums grundsätzlich unentgeltlich. Eine Hürde für neue Nachtzug-Angebote ist auch die mangelnde Verfügbarkeit zeitgemäßer Fahrzeuge für den Nachtzugverkehr, welche die Komforterwartungen der Reisenden und die Zulassungsbestimmungen der befahrenen Staaten in allen Aspekten, beispielsweise beim Brandschutz, erfüllen. Beim ÖBB-Nightjet werden daher 25 über 40 Jahre alte Liegewagen ausgemustert und durch moderne Multifunktionsliegewagen ersetzt. Die Beschaffung von 33 neuen Nightjet-Zügen in moderner Ausstattung erfordert eine Investition von 500 Millionen Euro.126

Hohe Marktanteile durch attraktive Bahnverbindungen

Es reicht jedoch nicht, eine Zugverbindung und komfortable Ausstattung anzubieten. Ein gefühlt großer Vorteil des Flugzeugs gegenüber der Eisenbahn sind die Reisezeiten. Mit dem Flugzeug konkurrenzfähige Reisezeiten führen umgehend zu einem spürbaren Anstieg der Nachfrage bei der Bahn. Ein Jahr nach Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen München und Berlin im Jahr 2017 mit einer Fahrzeit von vier Stunden konnte der Marktanteil der Bahn auf 46 Prozent verdoppelt und das Flugzeug mit 30 Prozent auf Platz zwei verdrängt werden.9 Etwa 50 Prozent der Flugreisenden würden bei einem Ausbau der Strecke Wien–Berlin zu einer Hochgeschwindigkeitsverbindung mit einer Fahrzeit von vier Stunden auf den Zug umsteigen.100 Wenn von den ungefähr eine Million Flugreisenden auf der Strecke Wien–Berlin 50 Prozent auf eine neue und attraktive Bahnverbindung wechseln, bedeutet das eine Reduktion der CO2-Emissionen um etwa 110.000 Tonnen pro Jahr.154,99

Die Reiseeinschränkungen der Covid-19-Pandemie haben die Menschen in Österreich zum Umdenken gebracht: Sie würden weniger oft fliegen.

Mehr Nachtzüge für Europa

In Europa sind vier neue Nachtzugverbindungen geplant, die insgesamt 13 europäische Millionenmetropolen miteinander über Nacht verbinden werden. Bereits im Dezember 2021 werden die Nachtzugverbindungen Wien–München–Paris sowie Zürich–Köln–Amsterdam in Betrieb genommen. Die Strecke Wien/Berlin–Brüssel/Paris wird ab Dezember 2024 befahren, gefolgt von Zürich–Barcelona. Zudem sollen ab dem Jahr 2022 siebenteilige Nightjets, bestehend aus zwei Sitzwägen, drei Liegewägen und zwei Schlafwägen, auf die Schiene kommen. Schon im Mai 2021 wurde in Frankreich der Nachtzug Paris–Nizza wieder in Betrieb genommen, nachdem die Verbindung im Jahr 2017 gestrichen worden war. Insgesamt sollen bis zum Jahr 2030 viele europäische Destinationen wie Malmö, Berlin, Rom, Madrid und natürlich Wien per Nachtzug erreichbar sein.

Um in Europa ein dichtes Nachtzugnetz zu schaffen, sind in Österreich und in anderen europäischen Staaten neue Nachtzugverbindungen in Planung.

Internationales Bahnangebot ausbauen

  • Eisenbahn-Netzausbau für konkurrenzfähige Reisezeiten vorantreiben.
  • Faire Marktbedingungen schaffen durch Kerosinbesteuerung, Flugverkehrsabgaben und Senkung der Schienenmaut für Nachtzüge.

  • Vorreiterrolle der ÖBB für klimaverträgliche europäische Bahnreisekultur stärken und weiterhin ausbauen.

  • Buchungen vereinfachen durch mehr Standardisierung im Ticketing.

  • Klimaverträglichkeit der Bahn europaweit durch Elektrifizierung von Strecken und Einsatz von aus erneuerbaren Energien gewonnenem Strom weiter verbessern.

  • Städteverbindungen mit der Bahn tagsüber sowie mit Nachtzügen (zum Beispiel in Wirtschaftsmetropolen wie Paris, Kopenhagen, Stockholm, Barcelona aber auch zu Urlaubsdestinationen wie Nizza) weiter ausbauen.

  • Ergänzendes, aber nicht zum Schienennetz konkurrenzierendes Fernbus-Netz schaffen.

Kostenwahrheit ist wichtig, um Menschen zum Umsteigen zu bewegen

Der Eurostar von London nach Paris und Brüssel hat auf dieser Strecke in beide Richtungen jeweils einen Marktanteil von über 80 Prozent.41 Im Fall der Hochgeschwindigkeitsstrecke Madrid–Barcelona konnte die Bahn den Flugverkehr nicht überholen oder verdrängen. Auf die attraktive Bahnstrecke als Alternative zum Flugzeug haben die Fluggesellschaften mit reduzierten Preisen bei gleichem Angebotsniveau – aber dafür kleineren und günstigeren Flugzeugen – reagiert. Ein attraktives Bahnangebot alleine ist somit noch keine Garantie für die langfristige Verlagerung von Reiseströmen. Um den Anteil der Bahn auf der Strecke von 45 Prozent auf 55 Prozent zu steigern, müsste das Angebot der Bahn ausgeweitet und gleichzeitig die Fahrpreise um knapp sieben Prozent gesenkt beziehungsweise jene des Flugverkehrs angehoben werden.94

Wichtig ist also mehr Kostenwahrheit im verzerrten Wettbewerb Bahnverkehr versus Flugverkehr. Die Steuerbefreiung von Kerosin kostet EU-Staaten jährlich rund 27 Milliarden Euro. Österreich bekäme mehr als 300 Millionen Euro durch die Besteuerung von Kerosin.159 Eine angemessene Besteuerung und höhere Flugverkehrsabgaben sind notwendig, um Billigflüge nicht mehr möglich zu machen.

Kürzung von Grenzaufenthalten

Mangelnde infrastrukturelle Voraussetzungen erschweren vor allem im Süden und Osten Europas die Schaffung attraktiver Verbindungen. Darüber hinaus existieren immer noch zahlreiche Grenzbarrieren. So entfallen von 6,5 Stunden Fahrzeit auf der Strecke Wien–Zagreb 30 Minuten allein auf zwei Grenzaufenthalte zum Lokwechsel oder für Passkontrollen. Von Wien nach Berlin über Prag sind dagegen nur elf Minuten für zwei Grenzaufenthalte notwendig. Daher gibt es Bestrebungen der EU, die Interoperabilität des Bahnsystems zu steigern. Diese technische Harmonisierung soll grenzüberschreitende Bahnfahrten in der Union und mit Drittstaaten vereinfachen.12 Langfristig sollten Lokwechsel an der Grenze durch Systemharmonisierung nicht mehr erforderlich sein.

Pünktlichkeit ist wichtig aber intransparent

Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sind wichtige Erfolgsfaktoren attraktiver Bahnverbindungen. Manche Bahngesellschaften bieten Pünktlichkeitsgarantien, bei denen schon ab Verspätungen von 15 Minuten Entschädigungsanspruch besteht.111,45 Ein Pünktlichkeitsvergleich der Bahnen Europas ist aufgrund von unterschiedlichen Erhebungsparametern und unterschiedlicher Transparenz nur sehr eingeschränkt möglich. Im deutschsprachigen Raum erreichten die ÖBB im Personenfernverkehr in den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 eine Pünktlichkeit zwischen 87 und 92 Prozent (Verspätungen bis zu fünf Minuten), die Deutsche Bahn im selben Zeitraum zwischen 75 und 83 Prozent (Verspätungen bis zu sechs Minuten). Die SBB erreichten im ersten Halbjahr des Jahres 2021 im Fernverkehr eine Pünktlichkeit von 92 Prozent (Verspätungen bis zu drei Minuten).86,27,125


 

Öffentliche Verkehrsnetze und integrierte Mobilitätsketten

Aus heutiger Sicht sind integrierte Verkehrssysteme der Schlüssel zum Erfolg klimaverträglicher Mobilität. Haltestellen und Umsteigeknoten müssen als vielseitige Mobilitätsstationen gestaltet werden, damit sie für reibungslose Übergänge zwischen aktiver Mobilität, Öffentlichem Verkehr, Mobilitätsdiensten und dem Kfz-Verkehr sorgen.

90 Prozent der Bevölkerung in Wien nutzen den Öffentlichen Verkehr, 38 Prozent der Alltagswege werden mit U-Bahn, Straßenbahn, S-Bahn oder Bus zurückgelegt und 95 Prozent der Nutzenden sind mit dem Angebot des Öffentlichen Verkehrs zufrieden. Diese Werte sind allerdings eher die Ausnahme als die Regel.116 Im Öffentlichen Verkehr gibt es vielerorts noch Handlungsbedarf, in Deutschland sind nur 26 Prozent der in kleinen Gemeinden lebenden Menschen und nur die Hälfte der Bevölkerung in Großstädten mit dem Angebot der öffentlichen Verkehrsmittel zufrieden.176

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Integration von Sharing- und On-Demand-Diensten als Mobility-as-a-Service

Mobility-as-a-Service (MaaS) bietet für Nutzende praktische das Service, verschiedene Mobilitätsangebote als eine kombinierte, multimodale Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. In naher Zukunft wird es möglich sein, vom Smartphone aus verschiedene Mobilitätsdienstleistungen zu buchen sowie schnell und unkompliziert ohne eigenem Pkw ins Büro, zum Geschäftstermin oder ins Kino zu gelangen.170 MaaS ermöglicht das, ohne mit verschiedenen Reservierungssystemen, Fahrplänen oder Fahrkarten konfrontiert zu sein.g Die Nutzung der entsprechenden Apps und Sharing-Angebote ist vor allem jungen Menschen bereits vertraut.201,80 Auch in der übrigen Bevölkerung steigt die Aufgeschlossenheit gegenüber Sharing-Angeboten, besonders im Bereich der Elektro-Mobilität.63

In einigen Stadtregionen gibt es bereits klimaverträgliche Ergänzungen zum klassischen Linienbetrieb. Öffentliche Mikro-Verkehrsmittel, Mobilitätsservices, Sharing-Angebote sowie Mobility-on-Demand finden derzeit besonders günstige Voraussetzungen vor und es gibt zahlreiche Konzepte, Pilotprojekte und Implementierungen von Mobilitätsservices in Österreich oder Deutschland, etwa in Holzminden in Niedersachsen. Dort gibt es nun eine gemeinsame App zweier Mikro-ÖV-Dienste. Dabei wurden sowohl bei der digitalen als auch der physischen Barrierefreiheit Standards vorgegeben.57 Buchung und Bezahlung erfolgen über die App mit Vorlesefunktion und dynamischer Schriftgröße, gleichzeitig kann die Mitfahrt mit einem Rollstuhl vorgemerkt werden.

Mit der Erweiterung der Angebote des Öffentlichen Verkehrs um flexible, nachfragebasierte und digitale Mobilitätssysteme entsteht eine echte Alternative zum Besitz eines Pkw, die Menschen auch mit ihrem Alltag in Einklang bringen können. Eine Trendwende bei den Pkw-Neuzulassungen in Österreich, die von 4,16 Millionen im Jahr 2005 auf 5,13 Millionen Ende Juni 2021 gestiegen sind, wäre dringend einzuleiten.152

Aktive Mobilität als erste und letzte Meile am Arbeitsweg

Auch betriebliches Mobilitätsmanagement ist ein wichtiger Puzzlestein im Gesamtbild der angestrebten Klimaneutralität. Die Initiative „Seamless“ bezieht nicht nur Elektro-Mobilität und Flottenoptimierung, sondern in weiten Teilen auch bewegungsaktive Mobilität und die Möglichkeiten, die es zur Integration des Öffentlichen Verkehrs gibt, mit ein.46 Aktionen wie „Österreich radelt“ sind wichtig, um auch Arbeitswege ohne betriebliches Mobilitätsmanagement sichtbar zu machen und um den Anteil der klimaneutralen Pendelmobilität zu erhöhen. Österreich radelt meldete 14 Millionen geradelte Kilometer der Teilnehmenden und knapp 2,5 Millionen Kilogramm CO2-Ersparnis im ersten Halbjahr des Jahres 2021.31 Klimaverträgliche und bewegungsaktive Mobilität sollte auch im Sinne der Gesundheitsvorsorge sowohl von Betrieben als auch vom Finanzamt belohnt werden. Eine Initiative dazu ist das Jobticket, ein Ticket für den Öffentlichen Verkehr, welches Unternehmen seit dem Jahr 2013 ihren Angestellten für den Arbeitsweg steuer-, abgaben- und sozialversicherungsfrei zur Verfügung stellen können. Vor allem das Pendelpauschale, das in Österreich derzeit noch das Auto als Verkehrsmittel am Weg in die Arbeit bevorzugt, sollte durch eine Mobilitätsgarantie, die mit einer entsprechenden Flächenwidmung den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel und der Fahrrad-Infrastruktur fördert, ersetzt werden.62,92

Firmen-Stellplätze, Tankstellen, Parkhäuser als Mobilitätsstationen

In Zukunft könnten nicht nur Haltestellen des Öffentlichen Verkehrs, sondern beispielsweise auch Firmen-Stellplätze, Tankstellen, Parkhäuser oder die Standorte von Logistik- und anderen Unternehmen Mobility Hubs oder Teil der Elektro-Mobilitätsinfrastruktur sein.95,202

Die Abstellplätze für firmeneigene und private Fahrräder sowie Elektro-Fahrzeuge und Ladestationen müssen nicht zwingend nur Beschäftigten der eigenen Firma zur Verfügung stehen. In Berlin gibt es zum Beispiel seit dem Jahr 2020 neben der Zentrale der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) auf dem Grundstück einer Tankstelle einen öffentlich nutzbaren Mobility Hub, der die Mobilitätsservices der BVG mit E-Scootern und stationärem Carsharing verbindet.8

Auch die ressourcenschonende und sinnvolle Feinverteilung durch Lieferdienste von Logistik-Zentralen an neue Mikro-Konsolidierungszentren im Innenstadtbereich spricht für eine Bündelung in solchen Mobilitätspunkten.69 Hier können intermodale Systeme des Personen- und Warenverkehrs ineinandergreifen.14

Mobility Hub – Bahnhof mit Radterminal

Bahnhöfe eignen sich gut als Mobility Hubs und profitieren auch davon, als Mobilitätsstation für verschiedene Verkehrsarten gut erreichbar zu sein. In Österreich haben die ÖBB österreichweit an mehr als 30 Bahnhöfen Rail&Drive Carsharing Standorte und an den Bahnhöfen der drei Städte Korneuburg, Leoben und Waidhofen an der Ybbs stehen neben Carsharing-Fahrzeugen auch E-Scooter bereit.83,69

In Lienz in Osttirol wird der Bahnhof zu einem zeitgemäßen regionalen Mobility Hub umgebaut. Das Ziel ist es, klimaverträgliche intermodale Wegketten zu optimieren sowie ein breites Angebot an Sharing-Fahrzeugen bereitzustellen. Zudem soll Lienz infrastrukturell so ausgestattet werden, dass die Stadt zu einem Zentrum des Fahrradtourismus wird. Im Bahnhof wird ein Rad-Servicecenter untergebracht und für die Radreisenden wird ein eigener Radverlade-Bahnsteig errichtet.84

Ausstattung und Größe von Mobility Hubs

Mobility Hubs können sehr unterschiedlich positioniert und ausgestattet sein – eine Mobilitätsstation kann sowohl ein internationales Reisezentrum mit angeschlossener Shopping-Mall, Tiefgarage und Co-Working Spaces, als auch ein Fernbusbahnhof mit U-Bahn-Anschluss oder eine Tankstelle im ländlichen Raum mit Paketboxen, Ladestationen und Service für E-Fahrräder sein.42

Eine gute Mobilitätsstation zeichnet sich vor allem durch drei Faktoren aus: erstens sind die Wege für intermodale Anschlüsse möglichst optimiert. Zweitens ist sie mit einem witterungsgeschützten Wartebereich und idealerweise auch mit einer Sanitäranlage ausgestattet. Drittens ist sie mit dem Öffentlichen Verkehr, zu Fuß, mit dem Fahrrad inklusive sicherer Abstellplätze und mit dem Pkw erreichbar und gut sichtbar.166

Park-and-Ride-Anlagen, Versandcenter und Nahversorgung, verschließbare Boxen für Fahrräder und E-Fahrräder oder stationäre Carsharing-Angebote können je nach Standort sinnvoll sein, die Attraktivität der bewegungsaktiven Mobilität und des Öffentlichen Verkehrs erhöhen und zur Finanzierung der Investitions- und Erhaltungskosten beitragen.73

Mobilitätsstationen als soziale Infrastruktur

Entlang einer Kette von elf Mobilitätsstationen entsteht am Rande Hamburgs ein neuer Stadtteil mit 7.000 Wohneinheiten und mehr als 4.000 Arbeitsplätzen, die zukünftig durch ein Shuttle mit einer Bahnstation verbunden werden. Dort sind sowohl die Kfz-Stellplätze für das projektierte Quartier der kurzen Wege in Oberbillwerder positioniert, als auch die Schnittstellen zum Öffentlichen Verkehr. Die Mobilitätsstationen sollen in Zukunft auch Transport-Fahrräder und Infrastruktur für Fahrrad und E-Fahrrad zur Verfügung stellen und zu Quartierszentren mit Dienstleistungen weit über reine Nahversorgung hinaus zu sozialen Zentren werden.53

Ist der Abstellplatz des privaten Pkw mindestens genauso weit entfernt wie die Haltestelle eines dicht getakteten Öffentlichen Verkehrs, fällt ein wichtiger Grund für die Pkw-Präferenz weg und die Wahl der Verkehrsmittel wird zugunsten des Öffentlichen Verkehrs beeinflusst.172

Klimaverträglichen Pendelverkehr in Ballungsräumen mit Mobility Hubs unterstützen

Der Auto-Pendelverkehr ist ein enormes Problem für das Erreichen der Klimaziele.167,195 Für Lösungen braucht es weitere Investitionen in Schnellbahnsysteme oder neue Regiotrams in den Zentralräumen.174 Linz hat bereits einen Zuschlag für den Ausbau der Linien S6 und S7 der „OÖ Regional-Stadtbahn“ erhalten.32 Hier gibt es noch großes Potenzial, die Verkehrsnetze der urbanen Regionen mit tangentialen Linien zu optimieren und mit neuen Stationen, die als intermodale Mobilitätszentren fungieren, klimaverträgliches Pendeln zu ermöglichen.180

Für Menschen, die aus der Stadt ins Umland pendeln, gibt es derzeit in den peripheren Randzonen beim Umsteigen wenig dicht getaktete Anschlüsse.174 Hier können digitale Mobilitätsdienste und Sharing-Angebote sowie betriebliches Mobilitätsmanagement weiterhelfen. Zusätzlich braucht es Radwege, Fahrradgaragen oder Sharing-Stationen für Fahrräder, E-Fahrräder oder E-Scooter an den Haltestellen und ganz generell attraktive Fußwege.

Hochwertige Fahrrad-Abstellplätze sind kostengünstiger als Pkw-Abstellplätze

Wichtig sind auch die Errichtungskosten von Abstellplätzen. Die Errichtung überdachter, hochqualitativer Fahrrad-Abstellplätze beträgt nicht einmal ein Fünftel der Kosten von nicht überdachten, asphaltierten Pkw-Abstellplätzen. Der zusätzliche Mehrwert durch die Förderung bewegungsaktiver Mobilität und die Verminderung der Bodenversiegelung sind dabei noch gar nicht eingerechnet.62 Ein weiteres Argument für die Förderung bewegungsaktiver Mobilität ist der geringere Flächenverbrauch. Eine Abstellfläche für 50 Pkw mit Zu- und Ausfahrt benötigt die 15- bis 20-fache verbaute Fläche eines überdachten Stellplatzes für 50 Fahrräder.h

Eine zentrale Aufgabe ist das Adaptieren von Bahnhöfen und Stationen für barrierefreie Nutzung.19 Diese ist nicht nur Mobilitätsvoraussetzung für Personen mit besonderen Bedürfnissen und Menschen mit Kinderwagen, sondern auch eine ganz wesentliche Erleichterung für Fahrgäste mit Scootern, Pedelecs oder Fahrrädern.15,62 Um zu verhindern, dass Personen ohne digitale Erreichbarkeit, von denen bereits heute viele von Mobilitätsarmut betroffen sind, wichtige Informationen nicht oder verspätet erhalten, sollte eine Umstellung auf digitale Angebote in jedem Fall sehr sorgfältig vorbereitet werden und nicht nur der gebaute Raum, sondern auch der Informationsfluss barrierefrei gestaltet sein.

Mobility Hubs erfüllen primär die Funktion, unterschiedliche Mobilitätsangebote mit dem Öffentlichen Verkehr zu vernetzen. Ergänzend kann es Zusatzangebote wie Bäckereien, Cafés und andere soziale wie technische Infrastruktur geben.

Fahrradboxen für gutes Gefühl beim Pendeln per Bahn

Die Mobilitätsplattform „Vmobil“ bietet nicht nur einen Überblick über alle Mobilitätsangebote in Vorarlberg. Zusätzlich wurden seit dem Jahr 2020 auch an verschiedenen Bahnhöfen in Vorarlberg verschließbare Vmobil Radboxen aufgestellt. Davor gab es rund 600 Fahrrad-Boxen an 25 Bahnhöfen, die von 25 Gemeinden betreut wurden. Durch Vmobil wurde ein landesweit einheitliches System für abschließbare Fahrrad-Abstellanlagen eingeführt. Jede Jahreskarte des Verkehrsverbunds Vorarlberg (VVV) kann zu einer Vmobil-Card umfunktioniert und so für die Nutzung der Fahrrad-Boxen verwendet werden. Mit der Vmobil-Card stehen auch weitere Mobilitätsdienstleistungen, beispielsweise Caruso Carsharing, zur Verfügung. Doch um die Radboxen zu nutzen, ist eine Vmobil-Card keine Voraussetzung. Sie lassen sich bei einmaliger Registrierung stattdessen auch mit einem Code öffnen.

Mikro-ÖV vernetzt das Grazer Umland

Das Projekt „REGIOtim“ ist ein Beispiel für einen Mobility Hub im peripher-ländlichen Umfeld der Stadt Graz, das im Jahr 2019 nach dem Vorbild des urbanen „tim Graz“ unter anderem auch in der Gemeinde Hart umgesetzt wurde. Durch die Kombination von Öffentlichem Verkehr mit Fahrrad-Stellplätzen, E-Carsharing, Ladestationen, sowie Mikro-ÖV und dem Sammeltaxi GUSTmobil wird ein flexibles Angebot geschaffen. Dieses erleichtert es, den privaten Pkw öfter stehen zu lassen und bringt große Verbesserung für Menschen die keinen eigenen Pkw besitzen. Bis zum Jahr 2030 soll das Projekt auf weitere Kommunen im Steirischen Zentralraum erweitert werden.

 

In Zukunft werden weniger Privat-Pkw zum Bahnhof kommen. Neben Bedarfsverkehren ist bei Haltestellen des Öffentlichen Verkehrs vor allem für hochqualitative Fahrrad-Abstellplätze zu sorgen.

Mobility Hubs für das 21. Jahrhundert

  • Mobility Hubs sind nicht nur Haltestellen des Öffentlichen Verkehrs, auch Firmen-Stellplätze, Tankstellen, Einkaufszentren oder Wohnbauprojekte können zu Mobilitätsstationen werden.

  • Mobility Hubs sollen möglichst barrierefrei sowie zu Fuß und mit dem Fahrrad gut erreichbar sein.

  • Verkehrsknoten und Haltestellen des Öffentlichen Verkehrs sind rasch zu Mobility Hubs und intermodalen Mobilitätsstationen zu erweitern.

  • Gehen und Radfahren sind wesentliche Zubringer zum Öffentlichen Verkehr. Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern im Öffentlichen Verkehr, die Errichtung hochqualitativer Fahrrad-Abstellplätze und der Ausbau des Bikesharing-Angebots sind voranzutreiben.

  • Integrierte On-Demand-Mobilitätsdienste müssen zuverlässig und barrierefrei sein. Digitale Barrierefreiheit per App und Online-Dienste sowie eine telefonische Erreichbarkeit sind sicherzustellen.

Der VCÖ setzt sich als gemeinnützige Organisation für eine ökologisch verträgliche und sozial gerechte Mobilität mit Zukunft ein. Der Einsatz des VCÖ ist nur Dank der Unterstützung durch Spenden möglich - jetzt spenden


 
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