Autofahrten am Arbeitsweg verursachen mehr als drei Millionen Tonnen CO2 pro Jahr

Betriebliches Mobilitätsmanagement forcieren, Pendlerförderung ökologisieren

VCÖ (Wien, 20. Februar 2020) – Der Weg von und zur Arbeit verursacht an Werktagen ein Drittel des Autoverkehrs von Österreichs Bevölkerung. Pro Jahr stoßen allein die Autofahrten am Arbeitsweg mehr als drei Millionen Tonnen CO2 aus, informiert der VCÖ. Die Klimabilanz kann durch verstärktes betriebliches Mobilitätsmanagement und eine umfassende Reform der Pendlerförderungen deutlich verbessert werden.

„Der Arbeitsweg ist der häufigste Mobilitätsgrund an Werktagen. Ein umweltfreundliches Mobilitätsverhalten am Arbeitsweg ist ein wichtiger Hebel, um die Klimaziele im Verkehr erreichen zu können“, fasst VCÖ-Experte Michael Schwendinger ein Ergebnis der heute präsentierten VCÖ-Publikation „Arbeitswege auf Klimakurs bringen“ zusammen.

Insgesamt werden in Österreich rund 98 Millionen Kilometer pro Werktag zurückgelegt, um in die Arbeit und wieder nach Hause zu fahren, davon rund 70 Millionen Personenkilometer mit dem Auto. „Der hohe Auto-Anteil führt in den Ballungsräumen zu massiven Staus und belastet durch die Abgase sowohl die Luftqualität als auch Österreichs Klimabilanz stark“, stellt VCÖ-Experte Michael Schwendinger fest. Die Autofahrten von Österreichs Bevölkerung von und zur Arbeit an den Werktagen stoßen mehr als 2,8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aus. Dazu kommen noch die Fahrten zur Arbeit am Wochenende sowie von den rund 200.000 Pendlerinnen und Pendlern aus dem Ausland. In Summe verursachen die Autofahrten am Arbeitsweg deutlich mehr als drei Millionen Tonnen CO2.

Von den 4,2 Millionen Erwerbstätigen arbeiten 53 Prozent außerhalb ihrer Wohngemeinde und gelten somit als Pendelnde. Doch viele, die per Definition Pendlerin oder Pendler sind, haben einen kurzen Arbeitsweg. Jeder fünfte wohnt weniger als zehn Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt, fast jeder zweite, der außerhalb des Wohnorts arbeitet, hat weniger als 20 Kilometer zurückzulegen, informiert der VCÖ. Lediglich 20 Prozent fahren mehr als 50 Kilometer in die Arbeit.

WIFO-Expertin Daniela Kletzan-Slamanig und der VCÖ sprechen sich für eine Reform der Förderungen für die Arbeitswegmobilität aus. Derzeit gibt es mit dem Verkehrsabsetzbetrag, Pendlerpauschale, Pendlereuro, den Pendlerförderungen in (sechs) Bundesländern, der steuerlichen Begünstigung der privaten Nutzung von Firmenwagen, dem Jobticket und Jobrad eine Vielfalt an Förderungen. In Summe lässt sich der Staat die direkte Förderung der Arbeitswegmobilität mehr als 1,5 Milliarden Euro pro Jahr kosten.

Dabei mangelt es an ökologischen Kriterien und sozialer Treffsicherheit, vor allem vom Pendlerpauschale profitieren Besserverdienende am stärksten. Während das Viertel mit dem niedrigsten Einkommen nur 3 Prozent des Pendlerpauschale bekamen, erhielt das Viertel mit dem höchsten Einkommen mit 35 Prozent einen fast zwölfmal so hohen Anteil, erklärt WIFO-Expertin Kletzan-Slamanig. Die Pendlerförderung soll Anreize für klimaverträgliches Pendeln setzen und sozial ausgewogen sein. Ökonomin Kletzan-Slamanig: „Um zielgerichtet und effizient wirken zu können ist es notwendig, das komplexe System der Pendlerförderung in Österreich zu vereinfachen und transparenter zu gestalten. Die Förderung der Nutzung des Öffentlichen Verkehrs sowie der aktiven Mobilität soll im Vordergrund stehen und die Pkw-Nutzung, auf jene Fälle beschränkt sein, wo Alternativen nicht zur Verfügung stehen.“

Werden die Arbeitswege aller Beschäftigten in Österreich betrachtet, dann sind übrigens 37 Prozent kürzer als fünf Kilometer und 57 Prozent kürzer als zehn Kilometer. Aber nur sieben Prozent der Arbeitswege werden mit dem Rad gefahren. Das Fahrrad ist auch ein idealer Zubringer zum Öffentlichen Verkehr. Deshalb ist es wichtig, dass Bahnhöfe über Radwege gut erreichbar sind. Das Verlagerungspotenzial vom Auto auf den Öffentlichen Verkehr ist groß. „Angesichts der zunehmenden Flexibilisierung der Arbeitszeiten braucht es auch außerhalb der klassischen Pendelzeiten ein gutes Angebot an Bahn- und Busverbindungen“, betont VCÖ-Experte Schwendinger.

Einen zentralen Einfluss auf das Mobilitätsverhalten der Beschäftigten haben die Unternehmen. Entscheidend sind Betriebsstandort, die Anzahl der zur Verfügung gestellten Parkplätze, die Firmenwagen-Politik und ob sie Anreize setzen, damit die Beschäftigten klimaverträglich zur Arbeit fahren.

Dass betriebliches Mobilitätsmanagement das Mobilitätsverhalten verändert, zeigen zahlreiche Unternehmen. So hat das Tiroler Transportunternehmen Berger Logistik durch Verlegen seines Standorts zum Bahnhof Wörgl und Maßnahmen wie Öffi-Jobticket und Fördern des Radfahrens erreicht, dass heute acht von zehn klimaverträglich mit Bahn, Bus, Fahrrad oder zu Fuß zur Arbeit kommen. Vorher fuhr die Mehrheit mit dem Auto. Boehringer Ingelheim hat in Wien Meidling den Anteil der Beschäftigten, die mit Öffis, Fahrrad oder zu Fuß kommen seit dem Jahr 2016 von 48 auf 70 erhöht. Die Zahl der Arbeitsplätze nimmt um 500 auf 2.500 zu, die Zahl der Parkplätze wurde von 600 auf 280 reduziert.

„Das Potenzial von betrieblichem Mobilitätsmanagement wird in Österreich viel zu wenig genutzt. Es sollte stärker forciert werden“, stellt VCÖ-Experte Schwendinger fest. Neben Förderungen, die es bereits gibt, soll es auch gesetzliche Vorgaben geben. Zumindest für Betriebe ab 50 Beschäftigten sollte Mobilitätsmanagement verpflichtend sein. Die öffentliche Verwaltung und ihre vorgelagerten Stellen sieht der VCÖ in der Verantwortung, eine Vorbildrolle einzunehmen.

Die VCÖ-Publikation „Arbeitswege auf Klimakurs bringen“ ist beim VCÖ unter (01) 893 26 97 oder im Internet unter www.vcoe.at erhältlich

VCÖ: Auch viele Pendlerinnen und Pendler haben kurzen Arbeitsweg
(Arbeitsweg von Personen, die in Österreich außerhalb Wohngemeinde arbeiten)

Bis 10 Kilometer: 20 Prozent

11 bis 20 Kilometer: 27 Prozent

21 bis 30 Kilometer: 17 Prozent

31 bis 40 Kilometer: 10 Prozent

41 bis 50 Kilometer: 6 Prozent

Über 50 Kilometer: 20 Prozent Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2020

VCÖ: Pendlerpauschale begünstigt Besserverdienende
(Verteilung des steuerlich wirksamen Pendlerpauschales für Zeitraum 2014 bis 2018)

Die 25 % der Personen mit höchstem Einkommen erhielten 35 % des Pendlerpauschales
Das 3. Einkommensquartil erhielt 32 % des Pendlerpauschales
Das 2. Einkommensquartil erhielt 30 % des Pendlerpauschales 
Die 25 % der Personen mit niedrigstem Einkommen erhielten 3 % des Pendlerpauschales

Quelle: BMF, WIFO, VCÖ 2020

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