Bereits 55% des gesamten Alpen-Lkw-Transports rollen über den Brenner

In der Schweiz geht Alpentransit zurück, über Brenner weitere Zunahme

VCÖ (Wien, 19. November 2019) – Seit dem Jahr 2000 ist der Lkw-Verkehr über die Schweizer Pässe um ein Drittel zurückgegangen, über den Brenner gab es im gleichen Zeitraum eine Zunahme um über 50 Prozent, wie eine nun veröffentlichte Studie des Schweizer Bundesamts für Verkehr zeigt. Der VCÖ weist darauf hin, dass auch heuer der Alpen-Transit in der Schweiz im Unterschied zum Brenner rückläufig ist. Die Transitroute über den Brenner ist aufgrund der zu niedrigen Lkw-Maut in Deutschland und Italien am billigsten, so die Schweizer Studie. Der VCÖ fordert eine Lkw-Mindestmaut in der EU. Bis dies geschieht, ist von Deutschland, Österreich und Italien rasch die diskutierte Korridormaut umzusetzen. In Österreich ist die Abschaffung der Steuerbegünstigung von Diesel notwendig.

Im Vorjahr wurden über den inneren Alpenbogen zwischen Frejus in Frankreich und dem Brenner in Österreich 72,8 Millionen Tonnen mit Lkw transportiert. Mit 39,8 Millionen Tonnen gingen mehr als die Hälfte davon – nämlich 55 Prozent allein über den Brenner, macht der VCÖ aufmerksam. „Es gibt eine gewaltige Schieflage beim Alpentransit. Während in der Schweiz der Lkw-Transit Jahr für Jahr zurückgeht, nimmt er über den Brenner massiv zu“, stellt VCÖ-Experte Markus Gansterer fest.

Im Jahr 2000 fuhren über die Schweizer Alpenübergänge mit 1,4 Millionen Lkw fast gleich viele wie über den Brenner mit 1,56 Millionen. Doch während in der Schweiz die Zahl der Lkw um 460.000 auf 941.000 im Vorjahr gesunken ist, nahm die Lkw-Belastung über den Brenner um rund 860.000 auf über 2,4 Millionen zu. Für heuer rechnet das Schweizer Bundesamt für Verkehr mit einem weiteren Rückgang in der Schweiz auf 917.000 Lkw. Für den Brenner lassen die vorläufigen Daten höchstens eine Stagnation, wenn nicht sogar eine weitere leichte Zunahme erwarten, betont der VCÖ. Im Vorjahr fuhren erstmals über den Brenner mehr Lkw als über die vier Schweizer und zwei französischen Alpenübergänge zusammen.

Die Schweizer Studie nennt auch einen zentralen Grund für diese Entwicklung: Die Transitroute München – Verona über den Brenner ist die günstigste, weil die Lkw-Maut auf den Zulaufstrecken in Deutschland und Italien zu niedrig ist. Dadurch ist mit 0,32 Euro pro Fahrzeugkilometer die Brennerroute um fast die Hälfte billiger als die Transitroute via Schweizer Gotthard-Tunnel (0,59 Euro). Und die Route Lyon – Turin durch den Frejus-Tunnel kommt sogar auf 1,77 Euro pro Fahrzeugkilometer.

Zusätzlich belohnt Österreich die Transit-Lkw mit billigem Diesel. In der Schweiz wird Diesel gleich hoch besteuert wie Benzin. Ein Liter Diesel kostet derzeit um umgerechnet rund 35 Cent mehr als in Österreich. „Derzeit nehmen viele Transit-Lkw einen Umweg in Kauf, um in Österreich ihre Tanks mit billigem Diesel füllen zu können. Leidtragende sind die Anrainerinnen und Anrainer sowie die Autofahrerinnen und Autofahrer auf der Brennerautobahn. Die Luft wird mit Schadstoffen verschmutzt und auch Österreichs Klimabilanz wird zusätzlich verschlechtert“, fordert VCÖ-Experte Gansterer die Abschaffung der Steuerbegünstigung von Diesel und eine CO2-Abgabe auf Treibstoffe.

Grundsätzlich ist die tatsächliche Zahl an Lkw-Fahrten wieder unter die Belastungsgrenze von Bevölkerung und Umwelt zu reduzieren. "Neben der indirekten Beeinflussung über die Kosten des Lkw-Transits ist eine vertragliche Höchstmenge an Transporten festzulegen", stellt VCÖ-Experte Gansterer fest. Darüber hinaus sind die Kapazitäten auf der Rollenden Landstraße zu nutzen.

Darüber sieht der VCÖ die neue EU-Kommission gefordert. Statt der bestehenden Höchstgrenze für die Lkw-Maut braucht es EU-weit eine Mindestmaut für Lkw, die nach Schweizer Vorbild auch externe Kosten, wie die von Lkw verursachten Umwelt- und Gesundheitsschäden inkludieren soll. Die Klimaziele der EU sind nur erreichbar, wenn der Gütertransport auf der Straße reduziert wird, betont der VCÖ.

VCÖ: 55 Prozent des Lkw-Alpentransports rollen über Brenner
(Mit Lkw im Jahr 2018 transportierte Gütermenge)

Brenner: 39,8 Millionen Tonnen
Frankreich: 21,3 Millionen Tonnen
Schweiz: 11,7 Millionen Tonnen

Gesamt: 72,8 Millionen Tonnen

Quelle: BAV, VCÖ 2019

VCÖ: Route über Brenner am billigsten

(Straßenbenützungsgebühren pro Km für 5-achsigen Sattelzug, 40 t, Emissionskategorie Euro V)

München - Verona über Brenner: 0,32 Euro pro Fahrzeugkilometer
Köln - Mailand via Gotthard: 0,44 Euro pro Fahrzeugkilometer
Stuttgart - Mailand via Gotthard: 0,59 Euro pro Fahrzeugkilometer
Lyon - Turin via Fréjus: 1,77 Euro pro Fahrzeugkilometer

Quelle: BAV, VCÖ 2019

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