VCÖ: Mehr als 100.000 Carsharing-Haushalte in Österreich – Potenzial um ein Vielfaches höher

VCÖ (Wien, 23. August 2018) – In Österreich nutzen bereits mehr als 100.000 Haushalte Carsharing. Eine heute präsentierte VCÖ-Publikation zeigt, dass das Potenzial für Carsharing in Österreich bei einem Vielfachen davon liegt. Carsharing verändert das Mobilitätsverhalten, die Umweltbilanz wird besser. Insgesamt beginnt in der Mobilität vorangetrieben durch die Digitalisierung ein grundlegender Wandel. Sharing wird auch durch Mobilitätspakete, die abonniert werden können, in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen.

Im Jahr 2014 gab es rund 92.000 Carsharing- Haushalte in Österreich. Aufgrund der gestiegenen Anzahl der Carsharing-Nutzenden rechnet der VCÖ, dass die Zahl der Carsharing-Haushalte mittlerweile bereits bei über 100.000 liegt. „Das Potenzial für Carsharing in Österreich ist aber um ein Vielfaches höher. Ausgehend vom heutigen Autonutzungsverhalten, könnten schon heute deutlich mehr als eine Million Österreicherinnen und Österreicher Carsharing nutzen“,  stellt VCÖ-Experte Markus Gansterer fest.

Einige Faktoren weisen auf ein großes Carsharing-Potenzial in Österreich hin: Rund 572.000 Autofahrerinnen und Autofahrer fahren nur ein paar Mal im Jahr mit dem Auto, weitere rund 690.000 nur ein paar Mal im Monat. Es gibt in Österreich rund 889.000 autofreie Haushalte. Darüber hinaus haben die Haushalte mehr als 1,3 Millionen Zweit- und Drittautos, die durchschnittlich nur 7.190 Kilometer pro Jahr gefahren werden. Diese Autos sind im Schnitt nicht einmal eine halbe Stunde am Tag im Einsatz.

Erstmals hat der VCÖ auch analysiert, wie viele der rund 4,5 Millionen privaten Pkw an einem Werktag gleichzeitig im Einsatz sind. Das Ergebnis überrascht: Nur höchstens zehn Prozent aller Pkw sind gleichzeitig auf den Straßen unterwegs, die Autospitze ist um rund 17 Uhr erreicht.

Der Umstieg auf Carsharing verändert das Mobilitätsverhalten. Bisherige Fahrten mit dem eigenen Auto verteilen sich neben Carsharing auch auf den Öffentlichen Verkehr, Radfahren und Gehen. Damit werden sowohl die CO2-Emissionen als auch Schadstoffe wie Stickoxide und Feinstaub reduziert, betont der VCÖ. Im Schnitt fahren in Deutschland Carsharing-Nutzende um 40 Prozent seltener mit dem Auto, um 19 Prozent häufiger mit öffentlichen Verkehrsmitteln und um 14 Prozent häufiger mit dem Fahrrad.

Für Wien ergab eine Erhebung, dass sowohl die Nutzung von  stationsbasiertem Carsharing als auch von free-flloating die Zahl der Autofahrten reduziert, wobei stationsbasiertes Carsharing das Mobilitätsverhalten stärker verändert. Es wird dann häufiger mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrad gefahren und mehr zu Fuß gegangen.

Wie viele private Pkw durch Carsharing ersetzt werden, hängt vom Carsharing-System und der Rahmenbedingungen in der Stadt ab. Für München wurde erhoben, dass ein free-floating Carsharing-Auto 3,6 private Pkw ersetzt. Für Bremen ergab eine heuer veröffentlichte Studie, dass pro stationsbasiertem Carsharing-Auto 16 private Pkw ersetzt werden.

Um das Potenzial von Sharing in Österreich nutzen zu können, braucht es verbesserte Rahmenbedingungen. „In den vergangenen Jahren gab es den Rückzug mehrerer Anbieter, wie etwa Flinkster, Zipcar oder Emil in Salzburg. In Deutschland gibt es ein Carsharing-Gesetz, das es beispielsweise Gemeinden und Städten erleichtert, öffentliche Parkplätze für Carsharing zu reservieren“, spricht sich VCÖ-Experte Gansterer für ein Carsharing-Gesetz aus. Neben einer klaren Regelung für reservierte Stellplätze im öffentlichen Verkehrsraum, sollte es eine einheitliche Regelung zur Ermäßigung von Parkgebühren und Bevorzugung von elektrifizierten Sharing-Fahrzeugen geben.

Carsharing ist kein städtisches Phänomen, sondern auch für Regionen sehr gut geeignet, betont der VCÖ. In Gemeinden und Regionen können über gemeinschaftliche Initiativen Sharing-Angebote umgesetzt werden. So gibt es in Niederösterreich in mehr als 70 Gemeinden E-Carsharing. Darüber hinaus brauchen Regionen mehr Mobilitätsdienstleistungen, wie Anrufsammeltaxis und Gemeindebusse. Diese bedarfsorientierten Angebote sind in das Angebot des Verkehrsverbundes zu integrieren.

Bike-Sharing  wird zunehmend wichtiger. In Österreich gibt es bereits in rund 150 Städten und Gemeinden ein Leihradsystem mit insgesamt mehr als 550 Verleihstationen und rund 3.000 Fahrrädern. Auch Leihfahrradsysteme verändern das Mobilitätsverhalten. Eine Untersuchung zeigte, dass in Hamburg zwölf Prozent der Bikesharing-Fahrten ehemalige Autofahrten ersetzten, in Paris sogar 20 Prozent. Der VCÖ betont, dass rasch alle Landeshauptstädte sowie andere größere Städte ein Leihradsystem erhalten sollen. Auch für Tourismus- und Freizeitregionen sind Leihradsysteme zu empfehlen..

„Früher wurde die Freiheit in der Mobilität mit Autobesitz gleichgesetzt. In den Städten und vor allem bei den Jungen ist das schon heute nicht mehr der Fall. Im digitalen Zeitalter bedeutet Freiheit der Mobilität vor allem aus einer Vielzahl von Möglichkeiten flexibel wählen zu können. Die individuelle Mobilität entkoppelt sich vom Fahrzeugbesitz“, weist VCÖ-Experte Gansterer auf einen Paradigmenwechsel im Verkehr hin. Ein Beispiel dafür ist die Wien-Mobil App, die die Angebote der Wiener Linien, des Bikesharing-Systems Citybike, zweier Taxi-Unternehmen, Carsharing car2go und DriveNow sowie die Parkgaragen von WiPark umfasst.

Schon heute wird in Skandinavien das Konzept „Mobility as a Service“ getestet. In Göteborg bietet das Unternehmen UbiGo ein Gesamtpaket, das die unbegrenzte Nutzung des Öffentlichen Verkehrs sowie Pakete für Carsharing, Mietautos, Taxi und Bikesharing inkludiert. Bestellung und Abrechnung erfolgen via Smartphone-App. Bei einem Pilotprojekt führte die Nutzung von „UbiGo“ zur Halbierung der Autonutzung.

Die 44-seitige VCÖ-Publikation „Sharing und neue Mobilitätsangebote“ ist beim VCÖ unter (01) 893 26 97 oder auf der VCÖ-Website erhältlich.

 

VCÖ: Hohes Potenzial für Carsharing in Österreich

1,26 Millionen Autofahrer, die selten Autofahren:

Autofahrer, die nur ein paar Mal im Jahr Auto fahren: 572.000

Autofahrer, die nur ein paar Mal im Monat Auto fahren: 690.000

Anzahl Zweit- und Drittautos der privaten Haushalte: 1.376.000

Deren durchschnittliche Jahresfahrleistung: 7.190 Kilometer

Autofreie Haushalte:  889.000

Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2018

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