Im Vorjahr erstmals mehr Alpentransit über Brenner als über Schweiz und Frankreich zusammen!

Allein über Brenner zweieinhalb Mal so viele Lkw wie über alle Schweizer Alpenübergänge

VCÖ (Wien, 26. Juni 2019) – Erstmals waren im Vorjahr über den Brenner mehr Lkw unterwegs als über alle Schweizer und die französischen Alpenübergänge Frejus und Mont Blanc zusammen, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Und während in der Schweiz die Zahl der alpenquerenden Lkw-Fahrten seit dem Jahr 2010 um ein Viertel zurückgegangen ist, nahm über den Brenner die Zahl der Lkw-Fahrten seit dem Jahr 2010 um 30 Prozent zu. Der VCÖ fordert eine EU-weite Mindestmaut für Lkw und ein Ende der Steuerbegünstigung von Diesel. Zudem soll eine Alpentransitbörse eingeführt und die Zahl der Lkw-Fahrten gedeckelt werden.

2,4 Millionen Lkw überquerten im Vorjahr den Brenner. Über die vier Schweizer Alpenpässe Gotthard, San Bernardino, Simplon, Gr. St. Bernhard und die zwei französischen Übergänge im inneren Alpenbogen, Frejus und Montblanc, fuhren gemeinsam 2,37 Millionen Lkw, wie eine VCÖ-Analyse auf Basis von Daten des Schweizer Bundesamts für Verkehr zeigt. „Damit waren erstmals über den Brenner mehr als 50 Prozent des alpenquerenden Güterverkehrs unterwegs. Und während in der Schweiz der Alpentransit Jahr für Jahr zurückgeht, nimmt er über den Brenner massiv zu“, macht VCÖ-Experte Markus Gansterer aufmerksam.

Die Entwicklung seit dem Jahr 2000 zeigt, wie sehr sich der Lkw-Transit immer stärker auf den Brenner verschiebt. Im Jahr 2000 rollten in Summe 4,49 Millionen Lkw über die Pässe des inneren Alpenbogens. Damals verteilte sich der Alpentransit relativ gleichmäßig auf den Brenner (1,56 Millionen Lkw), die Schweizer Alpenpässe (1,4 Millionen Lkw) und Frankreich (1,53 Millionen Lkw). Im Jahr 2010 waren mit 4,39 Millionen Lkw in Summe um rund 100.000 Lkw weniger über die Alpenpässe unterwegs, der Lkw-Verkehr über den Brenner war aber um 290.000 gestiegen, womit der Brenner bereits einen Anteil von 42 Prozent am alpenquerenden Lkw-Verkehr hatte, berichtet der VCÖ.

Im Vorjahr rollten in Summe 4,77 Millionen Lkw über die Alpen, um rund 380.000 mehr als im Jahr 2010. Während über die französischen Alpenpässe Frejus und Mont Blanc die Zahl Lkw um insgesamt rund 130.000 stieg, war die Zunahme am Brenner mit 550.000 viermal so hoch. Und die Schweiz hat es sogar geschafft, die Zahl der alpenquerenden Lkw seit dem Jahr 2010 um fast 300.000 zu reduzieren. „Der Schweiz gelingt mit umfassenden Maßnahmen eine Reduktion des Alpentransits. So ist die Lkw-Maut deutlich höher als in Österreich, weil auch die von Lkw verursachten Umwelt- und Gesundheitsschäden berücksichtigt werden. Diesel, der Treibstoff der Lkw, wird in der Schweiz höher besteuert als Benzin, in Österreich ist es genau umgekehrt. Und die Schieneninfrastruktur wird in der Schweiz seit drei Jahrzehnten konsequent ausgebaut und verbessert“, nennt VCÖ-Experte Gansterer drei zentrale Gründe.

Als Sofortmaßnahme kann Österreich die Steuerbegünstigung für Diesel abschaffen, betont der VCÖ. Diesel wird derzeit um 8,5 Cent pro Liter niedriger besteuert als Eurosuper. Da Diesel in Österreich deutlich billiger ist als in der Schweiz – aktuell um umgerechnet 34 Cent pro Liter – gibt es Umwegtransit über Österreich. Auch kann Österreich die Einhaltung der Tempolimits – für Lkw gilt Tempo 80 – stärker kontrollieren und die Toleranzgrenze nach Schweizer Vorbild senken.

Zudem sollte Österreich die Einführung einer Alpentransitbörse vorantreiben. Das Konzept der Alpentransitbörse sieht eine Deckelung der Anzahl der Lkw-Fahrten über die einzelnen Übergänge vor. Die Alpentransitrechte können dann bei der Alpentransitbörse erworben und gehandelt werden. " Für darüber hinaus gehende Transitfahrten stehen Bahntransporte und Rollende Landstraße zur Verfügung. Die aktuellen Diskussionen in Tirol über Blockabfertigung und Durchfahrtsbeschränkungen zeigen, dass neben der Straßenkapazität auch die Belastungsgrenze für Bevölkerung und Umwelt erreicht sind", so VCÖ-Experte Gansterer.

Der VCÖ sieht neben der Bundesregierung auch die EU gefordert. „Es braucht endlich eine EU-weite Mindestmaut für Lkw. Solange der Lkw-Verkehr die von ihm verursachten Schäden nicht bezahlt, werden die Autobahnen als rollende Lagerhalle missbraucht. Zum Schaden der Umwelt, zum Schaden der Gesundheit der Anrainerinnen und Anrainer und zum Schaden der Autofahrerinnen und Autofahrer“, stellt VCÖ-Experte Gansterer fest. Auch sind die Klimaziele der EU nur erreichbar, wenn der Gütertransport auf der Straße reduziert wird.

VCÖ: Im Vorjahr erstmals über Brenner mehr Lkw als über Schweizer und französische Alpenübergänge zusammen (Anzahl Lkw über Brenner in Klammer Anzahl Lkw über die vier Schweizer Alpenübergänge  (Gotthard, San Bernardino, Simplon, Gr. St.Bernhard) / zwei französische Alpenübergänge Frejus und Mont Blanc)

Jahr 2018: 2,40 Millionen Lkw (2,37 Mio. Lkw)
Jahr 2017: 2,25 Millionen Lkw (2,32 Mio. Lkw)
Jahr 2016: 2,10 Millionen Lkw (2,25 Mio. Lkw)
Jahr 2015: 2,07 Millionen Lkw (2,26 Mio. Lkw)
Jahr 2014: 2,01 Millionen Lkw (2,25 Mio. Lkw)
Jahr 2013: 1,94 Millionen Lkw (2,26 Mio. Lkw)
Jahr 2012: 1,97 Millionen Lkw (2,41 Mio. Lkw)
Jahr 2011: 1,89 Millionen Lkw (2,54 Mio. Lkw)
Jahr 2010: 1,85 Millionen Lkw (2,54 Mio. Lkw)
Jahr 2000: 1,56 Millionen Lkw (2,93 Mio. Lkw)

Quelle: BAV, VCÖ 2019

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