Österreich beim Bahngüterverkehr besser als EU-Schnitt, aber Schienenanteil für Klimaziel zu niedrig

VCÖ für Lkw-Mindestmaut in EU, rasche Abschaffung von Dieselprivileg und verstärkten Ausbau des Bahnnetzes

VCÖ (Wien, 10. März 2020) – Österreich ist beim Schienengüterverkehr deutlich besser als der EU-Schnitt, aber derzeit nicht gut genug, um die Klimaziele zu erreichen, stellt der VCÖ fest. In den EU27 ist seit dem Jahr 2010 der  Schienengüterverkehr um fast 30 Milliarden Tonnenkilometer gestiegen, die Zunahme des Lkw-Transports auf der Straße war aber mit 150 Milliarden Tonnenkilometer fünf Mal so hoch. Der VCÖ fordert den verstärkten Ausbau der Schiene und auf EU-Ebene eine Lkw-Mindestmaut. Zudem soll es stärkere Anreize für Betriebe geben, betriebliche Gleisanschlüsse zu nutzen. 

Im Jahr 2018 betrug in Österreich die Verkehrsleistung von Lkw und Bahn im Güterverkehr 73,9 Milliarden Tonnenkilometer, davon gingen rund 70 Prozent auf das Konto der Straße. Der VCÖ weist daraufhin, dass im Vorjahr der Lkw-Verkehr weiter gestiegen ist, während die Schiene im Güterverkehr in den ersten drei Quartalen stagnierte.

„Der Verkehr ist in Österreich der größte Problembereich beim Klimaschutz. Und innerhalb des Verkehrs ist die Herausforderung, den Güterverkehr auf Klimakurs zu bringen am größten“, stellt VCÖ-Experte Michael Schwendinger fest. Dabei zählt Österreich was den Schienengüteranteil betrifft, als achter zu den Top10-Staaten in der EU. Spitzenreiter sind die baltischen Staaten Lettland und Litauen, wo aufgrund des hohen Anteils an Erz- und Kohletransporten drei Viertel bzw. zwei Drittel des Gütertransports auf der Schiene abgewickelt wird.

Eine VCÖ-Analyse auf Basis von Eurostat-Daten macht deutlich, dass vor allem die EU15-Staaten beim Bahngüterverkehr sehr viel aufzuholen haben. Die aktuellsten Daten für alle EU-Staaten beziehen sich auf das Jahr 2017. Österreich ist beim Verhältnis Schiene – Straße mit fast einem Drittel Bahnanteil sogar Spitzenreiter der EU15, knapp vor Schweden, Finnland und deutlich vor Deutschland, wo die Bahnen nur ein Fünftel der Gütertransportleistung erbringen. Der Bahngüteranteil in Österreich ist im Vergleich zum EU27-Schnitt um rund 70 Prozent höher. 

Ernüchternd ist auch die Entwicklung seit dem Jahr 2010: In sieben EU-Staaten ist der Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene sogar zurückgegangen. Im EU27-Schnitt betrug die Zunahme nicht einmal acht Prozent. Während der Schienengüterverkehr ein Wachstum von rund 30 Milliarden Tonnenkilometer auf knapp mehr als 400 Milliarden Tonnenkilometer verzeichnete, legte der Lkw-Transport seit dem Jahr 2010 um rund 150 Milliarden Tonnenkilometer auf 1.870 Milliarden Tonnenkilometer im Jahr 2017 zu. „Da in den Jahren 2018 und 2019 der Lkw-Verkehr in der EU weiter gestiegen ist, ist die Kluft zwischen Schiene und Straße noch deutlich stärker auseinander gegangen“, betont VCÖ-Experte Schwendinger.

Der VCÖ sieht die EU und ihre Mitgliedsstaaten gefordert, rasch umfassende Maßnahmen zu setzen, damit deutlich mehr Güter von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Der Lkw-Verkehr wird in der EU von der Allgemeinheit indirekt hoch subventioniert, was zu seiner massiven Zunahme beiträgt. Lkw zahlen nur einen Teil der von ihnen verursachten Kosten, wie Infrastrukturschäden, Unfallfolgekosten oder Umwelt- und Gesundheitsschäden. Der VCÖ fordert eine EU-weite Mindestmaut für Lkw und die Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Diesel.

Neben der raschen Beseitigung von Engpässen am Schienennetz sind auch die zahlreichen technischen und bürokratischen Hindernisse beim Bahntransport durch Europa zu beseitigen. „Ein Lkw kann von Rotterdam bis in die Türkei ohne Fahrzeugwechsel und Lenkerwechsel durchfahren. Die Bahn hingegen muss auf dieser Strecke mehrmals die Lok und den Lokführer wechseln, weil es unterschiedliche Zugsicherungssysteme gibt und von den Lokführern Kenntnisse der jeweiligen Landessprache verlangt werden“, erklärt VCÖ-Experte Schwendinger.

In Österreich braucht es stärkere Anreize für Betriebe und Unternehmen, betriebliche Gleisanschlüsse zu nutzen. Zudem ist die Steuerbegünstigung von Diesel rasch abzuschaffen.

 

VCÖ: Österreich hat beim Bahngüterverkehr höheren Anteil als EU-Schnitt
(Anteil der Bahn am Gütertransport (Straße und Schiene) im Jahr 2017, in Klammer Änderung Tonnenkilometer mit der Bahn seit dem Jahr 2010)

Lettland: 74,0 Prozent (minus 12,6 %)

Litauen: 66,7 Prozent (plus 14,8 %)

Estland: 44,1 Prozent (minus 65,0 %)

Rumänien: 41,6 Prozent (plus 11,4 %)

Slowenien: 35,3 Prozent (plus 49,9 %)

Slowakei: 34,2 Prozent (plus 4,6 %)

Ungarn: 34,2 Prozent (plus 51,6 %)

Österreich: 32,7 Prozent (plus 12,2 %)

Schweden: 30,2 Prozent (minus 6,9 %)

Finnland: 27,5 Prozent (plus 6,3 %)

Tschechien: 26,8 Prozent (plus 15,1 %)

Bulgarien: 24,5 Prozent (plus 28,3 %)

Polen: 24,0 Prozent (plus 12,5 %)

Kroatien: 21,5 Prozent (minus 1,0 %)

Deutschland: 19,5 Prozent (plus 4,6 %)

Portugal: 14,3 Prozent (plus 18,9 %)

Italien: 13,6 Prozent (plus 20,0 %)

Belgien: 12,2 Prozent (minus 2,4 %)

Dänemark: 11,7 Prozent (plus 18,5 %)

Frankreich: 10,7 Prozent (plus 11,6 %)

Niederlande: 10,7 Prozent (plus 9,1 %)

Luxemburg: 6,3 Prozent (minus 38,1 %)

Spanien: 5,2 Prozent (plus 19,8 %)

Griechenland: 2,0 Prozent (minus 41,7 %)

Irland: 0,9 Prozent (plus 8,7 %)

EU-Schnitt 27: 19,1 Prozent (plus 7,6 %)

Kein Bahngüterverkehr in Malta und Zypern

Quelle: EU-Kommission, VCÖ 2020

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