VCÖ: Abgastest verbessern statt verschlechtern

VCÖ: "On Board Diagnose" ungenügend und anfällig für Manipulationen

VCÖ (Wien, am 31. Jänner 2018) – Österreich wird bei der Pickerlüberprüfung jenes Verfahren einführen, das Deutschland wegen gravierender Mängel mit Jahresanfang wieder geändert hat. Damit wird ein mangelhafter Abgastest weiter verschlechtert, stellt der VCÖ fest.  Laut TÜV Deutschland wurden mit dem OBD-System bei rund einer Million Pkw vorhandene Mängel nicht entdeckt. Fachleute wie der Abgas-Experte der TU-Wien, Ernst Pucher, weisen darauf hin, dass die Auslese von On-Board-Computer Daten für eine wirksame Abgasmessung ungenügend und offen für Manipulationen ist. Der VCÖ fordert eine umfassende Verbesserung der Abgastests bei der Pickerl-Überprüfung. Auch die Anzahl der Feinstaubpartikel und das Funktionieren des Stickoxid-Katalysators sollen geprüft werden.

„Bei den Abgastests braucht es rasch umfassende Verbesserungen. Was heute präsentiert wurde, ist leider genau das Gegenteil. Ein mangelhaftes System wird weiter verschlechtert“, so VCÖ-Experte Markus Gansterer zur Abschaffung der Endrohrmessung bei Fahrzeugen, die nach dem 1. Jänner 2006 zugelassen wurden. In Zukunft werden nur mehr die On-Board-Daten (OBD) ausgelesen, aber nicht mehr der Feinstaubausstoß beim Auspuff gemessen. In Österreich betrifft das 3,2 Millionen Pkw, von insgesamt 4,9 Millionen Pkw.

Der VCÖ weist darauf hin, dass Deutschland genau dieses System einige Jahre angewandt hatte und aufgrund gravierender Mängel seit Jahresanfang die Messung am Auspuff wieder einführte. Laut TÜV Deutschland wurden beim OBD-System bei rund einer Million Pkw vorhandene Mängel nicht erkannt. Werden diese Daten auf Österreich umgelegt, dann werden rund 100.000 Pkw in Zukunft mit viel zu hohem Schadstoffausstoß auf den Straßen unterwegs sein, macht der VCÖ aufmerksam.

Bei einer umfassenden Studie in Deutschland wurden mit der Kombination von Endrohrmessung und OBD-System bei 7,1 Prozent der Autos Mängel erkannt, nur mit dem OBD-System wurden nur bei 1,9 Prozent der Fahrzeuge Mängel erkannt. Das heißt, zwei Drittel der Mängel-Autos wurden durch das OBD-System nicht erkannt, verdeutlicht der VCÖ.  Auch der Verband der Deutschen Automobilindustrie, der ursprünglich für die Abschaffung der Endrohrmessung war, betont mittlerweile. „Bei Fahrzeugen, bei denen der Partikelfilter nicht intakt ist, kann die Endrohrmessung dazu beitragen, Probleme zu identifizieren und zu beheben.“

Renommierte Experten, wie etwa Ernst Pucher von der TU-Wien, stellen fest, dass das OBD-System unzureichend ist. Zusätzlich ist das System für Manipulationen anfällig. Auch das Umweltbundesamt warnt davor. Durch „chip-tuning“ kann eine neue Software eingespielt und damit Kontrollaufgaben des OBD-Systems lahmgelegt werden. Der Schweizer Abgas-Experte Andreas Mayer weist auf ein weiteres Problem der neuen Fahrzeuge hin: „Das, was moderne Autos im Fall von Manipulationen emittieren, ist deutlich mehr als die älteren Vorgängermodelle und auch deutlich schädlicher.“

Mangelhafte Abgaskontrollen bedeuten mehr Luftverschmutzung durch den Autoverkehr. Vor allem Anrainer entlang stark befahrener Straßen, aber auch Autofahrer selbst, die bei viel Verkehr regelrecht in einer Abgaswolke unterwegs sind und einen Schadstoffcocktail einatmen, sind betroffen.

„Der Dieselskandal hat deutlich vor Augen geführt, dass wir nicht weniger, sondern mehr und umfassendere Kontrollen benötigen“, spricht sich VCÖ-Experte Gansterer zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung für umfassende Verbesserungen bei den Abgastests aus. Zum einen ist rasch die Messung der Partikelanzahl einzuführen. Deutschland führt diese Tests spätestens im Jahr 2021 ein. Denn Feinstaub ist umso schädlicher, je kleiner die Partikel sind. So genannte Nanopartikel können in die Lungenbläschen und sogar bis ins Gehirn eindringen. Umweltmediziner haben sogar im Gehirn von Ungeborenen Dieselpartikel nachgewiesen. Weiters ist das Funktionieren des Stickoxid-Katalysators zu überprüfen. Hersteller sind in die Pflicht zu nehmen, dass nachträglich nicht manipuliert werden kann. „Die EU-Kommission ist derzeit für Verbesserungen bei den Abgastests sehr, sehr offen. Österreich muss diese Chance nutzen, und diese dringend nötigen Verbesserungen während seiner EU-Ratspräsidentschaft voranbringen“, betont VCÖ-Experte Gansterer.

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