VCÖ: Am Land ist das Auto zwar dominantes Verkehrsmittel, Großteil der Bevölkerung ist aber vielfältig mobil

VCÖ-Fachkonferenz: Auch in den Regionen der Bevölkerung Mobilität unabhängig vom Autobesitz ermöglichen

VCÖ (Wien, 20. Oktober 2022) – Wie kann auch in den Regionen ein vielfältiges Mobilitätsangebot geschaffen werden? Diese Frage stand im Zentrum der heutigen VCÖ-Fachkonferenz. Ein Drittel der Bevölkerung in Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern beklagt ein mangelndes öffentliches Verkehrsangebot, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Market zeigt. Insgesamt ist in den kleineren Orten das Auto zwar das dominante Verkehrsmittel, aber 70 Prozent der Bevölkerung sind im Alltag multimodal, also mit verschiedensten Verkehrsmitteln unterwegs. Die Mobilitätsorganisation VCÖ fordert verstärkte Maßnahmen, um auch in den Regionen der Bevölkerung Mobilität unabhängig vom Autobesitz zu ermöglichen.

„Die Bevölkerung in den kleinen Orten Österreichs ist vielfältiger mobil als viele meinen. Und vor allem ist die Bereitschaft, mehr Alltagswege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder im Öffentlichen Verkehr zurückzulegen vorhanden. Voraussetzung dafür aber ist, dass in den Regionen das autofreie Mobilitätsangebot verbessert wird“, fasst VCÖ-Experte Michael Schwendinger zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Market zusammen. Aktuell sind 23 Prozent der Bevölkerung von Gemeinden mit weniger 5.000 Einwohnerinnen und Einwohner fast ausschließlich mit dem Auto unterwegs, weitere sieben Prozent sind hauptsächlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad mobil. Die große Mehrheit, nämlich 70 Prozent sind vielfältig mobil und nutzen verschiedenste Verkehrsmittel.

Häufig, nämlich mehrmals die Woche, sind 15 Prozent mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, 19 Prozent nutzen häufig das Fahrrad als Verkehrsmittel, 23 Prozent fahren häufig im Pkw mit, 63 Prozent lenken mehrmals die Woche selbst ein Auto und 70 Prozent gehen häufig Alltagswege zu Fuß.

Der VCÖ ließ auch die Zufriedenheit mit dem Mobilitätsangebot in der Wohngemeinde erheben. Hier zeigt sich, dass die Bürgerinnen und Bürger, die in Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnerinnen und Einwohner leben, deutlichen Verbesserungsbedarf sehen. Ein Fünftel gibt an, dass es in der Gemeinde an Gehsteigen mangelt, 40 Prozent bewerten das öffentliche Verkehrsangebot als mangelhaft, die Hälfte der Bevölkerung bewertet die Rad-Infrastruktur als schlecht.

Gerade für kleinere Gemeinden sind auch nachfragebasierte Angebote wie Rufbusse und Anrufsammeltaxis eine gute Alternative, aber nur 26 Prozent der Bevölkerung stehen diese Angebote zur Verfügung.

Aber besteht in den kleineren Orten überhaupt der Bedarf für ein verbessertes öffentlich zugängliches Angebot? Ja, wie die Market-Umfrage zeigt: Die Hälfte sagt, dass ein verbessertes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln für ihre Mobilität nützlich wäre, für jede vierte Person wären Rufbusse oder Anrufsammeltaxis hilfreich und für jede achte Person ein Carsharing-Angebot. Sogar für jeweils jede dritte Person wäre die Verbesserung der Rad-Infrastruktur und eine fußgängerfreundlichere Verkehrsplanung für ihre Mobilität hilfreich. „Mobilität ist eine Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Viele Menschen können, dürfen oder wollen aus unterschiedlichen Gründen kein Auto fahren. Soziale Teilhabe muss für alle Menschen unabhängig vom Autobesitz möglich sein“, fordert  VCÖ-Experte Michael Schwendinger rasche Maßnahmen für eine flächendeckende Mobilitätsgarantie.

Barbara Laa von der TU-Wien hat im Forschungsprojekt FLADEMO die Möglichkeiten einer Mobilitätsgarantie untersucht: „International finden sich einige Beispiele von ähnlichen Konzepten, die bereits erfolgreich umgesetzt wurden." Ein Beispiel sind Pilotprojekte im deutschen Bundesland Baden-Würtemberg. Die Mobilitätsgarantie sieht in der Hauptverkehrszeit einen 30-Minuten-Takt vor, davor und danach einen Stundentakt sowie zusätzlich am Bedarf orientierte On-Demand-Angebote. Andreas Krewer vom Verkehrsministerium in Baden-Würtemberg erklärt: „Um die Klimaziele zu erreichen, wollen wir in Baden Württemberg die Nachfrage im öffentlichen Nahverkehr bis zum Jahr 2030 verdoppeln. Eine Mobilitätsgarantie im öffentlichen Personennahverkehr ist eine der Kernmaßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen.“

Heinz Högelsberger von der AK Wien weist auf den großen Verbesserungsbedarf bei der öffentlichen Erreichbarkeit von Betrieben hin: „Die AK hat analysiert, wie gut Unternehmensstandorte mit mehr als 50 Beschäftigten an den Öffentlichen Verkehr angebunden sind. Während in Wien 93 Prozent der Standorte gut erreichbar sind, ist dies im Burgenland, Kärnten und Niederösterreich nur bei einem Fünftel der Fall. Betriebliches Mobilitätsmanagement sollte also ein wichtiger Baustein einer Mobilitätsgarantie sein.“

Georg Huemer vom Verkehrsverbund Ost-Region VOR weist in seinem Vortag auf die Wichtigkeit von flexiblen Angeboten in den Regionen hin, die den Linienverkehr in der ersten und letzten Meile ergänzen: „Busse und Bahnen bieten auf Hauptverkehrsachsen sehr effizient Mobilität für viele Menschen an. Zudem werden wir künftig vermehrt neue, bedarfsgesteuerte Mobilitätsangebote anbieten, um unkompliziert, schnell und bequem von A nach B zu kommen“.

Repräsentative Umfrage, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut MARKET, Bevölkerung in Österreich, n = 1.000 Kombination von telefonischer CATI-Erhebung mit Online-Interviews. Befragung im September 2022. Schwankungsbreite +/- 3,16 %

VCÖ: In den Regionen haben vor allem öffentliche Verkehrsangebote aufzuholen (Welche Verkehrsmittel mehrmals die Woche in Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnenden genutzt werden, in Klammer Werte für ganz Österreich)

Zu Fuß gehen: 70 Prozent  (73 Prozent)

Pkw lenkend: 63 Prozent (55 Prozent )

Pkw mitfahrend: 23 Prozent (20 Prozent)

Fahrrad: 19 Prozent (21 Prozent)

Öffentlicher Verkehr: 15 Prozent (25 Prozent)

Carsharing: 1 Prozent (1 Prozent)

Quelle: MARKET, VCÖ 2022

 

VCÖ: Verbesserungen sowohl beim öffentlichen Verkehrsangebot als auch bei Geh- und Rad-Infrastruktur wären für Bevölkerung besonders nützlich (Welche Verbesserungen für die eigene Mobilität nützlich wären - Bevölkerung in Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnerinnen und Einwohner, in Klammer Österreich)

Öffentlicher Verkehr in Linienbetrieb: 48 Prozent (42 Prozent)

Fußgängerfreundlichere Verkehrsplanung: 34 Prozent (30 Prozent)

Bessere Rad-Infrastruktur: 33 Prozent (33 Prozent)

Rufbus, Anrufsammeltaxi: 24 Prozent (20 Prozent)

Carsharing: 13 Prozent (14 Prozent)

Quelle: MARKET, VCÖ 2022

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