VCÖ-Analyse: Im 1. Halbjahr bereits mehr Lkw-Verkehr auf Autobahnen und Schnellstraßen als vor Covid-19

VCÖ: Verstärkte Anreize zur Verlagerung auf Schiene nötig

Autobahn, auf welcher sehr viele Autos und Lkws zu sehen sind

VCÖ (Wien, 29. Juli 2021) – Die Lkw-Lawinen rollen wieder auf Österreichs Autobahnen. Im 1. Halbjahr waren auf den meisten Autobahnen und Schnellstraßen bereits mehr Lkw unterwegs als vor der Coronakrise, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse von 283 Zählstellen der Asfinag zeigt. Der Autobahnabschnitt mit der höchsten Lkw-Belastung war im 1. Halbjahr die A1 bei Traun. Um die Klimaziele im Verkehr erreichen zu können, muss der Güterverkehr einen stärkeren Beitrag zum Klimaschutz leisten als bisher, betont der VCÖ. Nötig sind verstärkte Anreize zur Verlagerung von Gütern auf die Bahn.

Der subjektive Eindruck vieler Autofahrerinnen und Autofahrer, dass der Lkw-Verkehr auf den Autobahnen und Schnellstraßen wieder stark zugenommen hat, wird durch die objektiven Daten bestätigt. Eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von 283 Zählstellen der Asfinag zeigt, dass heuer im 1. Halbjahr um fast zwölf Prozent mehr Schwerfahrzeuge unterwegs waren als im 1. Halbjahr 2020. Der Lkw-Verkehr nimmt damit deutlich mehr zu als die Wirtschaft wächst. Und nicht nur das: Es waren heuer bereits mehr Lkw unterwegs als vor Covid-19, nämlich insgesamt um fast zwei Prozent mehr als im 1. Halbjahr 2019. „Mit mehr Lkw-Verkehr wird Österreich seine Klimaziele verfehlen. Dieses Verfehlen würde, wie der Rechnungshof bereits festgestellt hat, sehr teuer kommen“, warnt VCÖ-Experte Michael Schwendinger.

Die meisten Lkw waren im 1. Halbjahr mit knapp mehr als 2,7 Millionen auf der A1 Westautobahn bei Traun unterwegs, um 12,7 Prozent mehr als im 1. Halbjahr 2020, berichtet der VCÖ. Auf der A2 Südautobahn fuhren bei Biedermannsdorf mit über 2,4 Millionen die meisten Lkw. Auch auf der A8 Innkreisautobahn ist die Belastung durch den Lkw-Verkehr stark gestiegen: Bei Krenglbach rollten im 1. Halbjahr fast 2,2 Millionen Lkw über die Autobahn, um 17 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten des Vorjahres. Mehr als zwei Millionen Lkw wurden im 1. Halbjahr auch auf der S1 bei Vösendorf, der A23 bei der Zählstelle Donauinsel und der A25 bei Marchtrenk gezählt. Bei all diesen Abschnitten waren bereits mehr Lastwagen unterwegs als vor Covid-19. Bei insgesamt zwei Drittel der Zählstellen hat der Lkw-Verkehr im Vergleich zum Vor-Corona-Halbjahr 2019 zugenommen, wie die VCÖ-Analyse zeigt.

Weniger Lkw als im 1. Halbjahr 2019 waren auf der A12 Inntalautobahn und der A13 Brennerautobahn unterwegs, auf der A11 Karawankenautobahn, auf der A10 Tauernautobahn und der A3 Südost-Autobahn, auf der S6 Semmering Schnellstraße sowie der S35 Brucker Schnellstraße und S36 Murtal Schnellstraße und auf Abschnitten der A4 Ost Autobahn, A22 Donauufer Autobahn und A23 Südosttangente, berichtet der VCÖ.

Der VCÖ fordert verstärkte Anreize zur Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene. Wie die Daten des Umweltbundesamts zeigen, können in Österreich mit der Verlagerung von Lkw-Sattelzügen auf die Schiene die CO2-Emissionen des Transports um 95 Prozent reduziert werden. Vor allem das Potenzial der betrieblichen Gleisanschlüsse ist stärker zu nutzen. Benachteiligungen der Gleisanschlüsse gegenüber der Straße sind rasch zu beseitigen. Während die Anbindung der Betriebe an das Straßennetz im Regelfall vollständig durch die öffentliche Hand finanziert wird, bleiben die verladenden Unternehmen trotz Förderung auf einem großen Teil der Kosten für die Gleisanschlüsse sitzen. Wo Gleisanschlüsse nicht möglich sind, braucht es Anreize und Förderungen für kombinierten Güterverkehr, etwa terminalautonome Umschlagsysteme vom Lkw auf die Bahn. „Verlagerungswillige Unternehmen sind stärker als bisher zu unterstützen, finanziell und mit Know-How, etwa durch Verlagerungscoaches“, fordert VCÖ-Experte Schwendinger.

Dass stillgelegte Anschlussbahnen durch Unterstützung wieder reaktiviert werden können, ist in Salzburg zu sehen. Im Eisenwerk Sulzau-Werfen werden seit heuer rund 20.000 Tonnen Eisenschrott pro Jahr wieder mit der Bahn statt mit Lkw transportiert.

Jeder und jede Einzelne kann durch das Konsumverhalten einen Beitrag zur Reduktion des Lkw-Verkehrs leisten. „Langlebige Produkte aus der Region statt Wegwerfware aus fernen Kontinenten reduzieren Transportwege und stärken die regionale Wirtschaft. Bei Lebensmitteln saisonal und regional einkaufen und auch reparieren statt wegwerfen trägt zur Verkehrsvermeidung bei“, nennt VCÖ-Experte Schwendinger ein paar Beispiele.

 

VCÖ: Lkw-Verkehr auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen hat stark zugenommen (Lkw im 1. Halbjahr 2021 am meistbefahrenen Abschnitt der jeweiligen Autobahn – Änderung gegenüber 1. Halbjahr 2020 / gegenüber 1. Halbjahr 2019)

A1 Traun: 2,759 Millionen Lkw (plus 12,7 Prozent / plus 2,2 Prozent)

A2 Biedermannsdorf: 2,443 Millionen Lkw (plus 8,7 Prozent / plus 3,7 Prozent)

A8 Krenglbach: 2,187 Millionen Lkw (plus 17,2 Prozent / plus 5,0 Prozent)

S1 Tunnel Vösendorf: 2,119 Millionen Lkw (plus 13,9 Prozent / plus 11 Prozent)

A23 Donauinsel: 2,082 Millionen Lkw (plus 10,3 Prozent / plus 1,8 Prozent)

A25 Marchtrenk: 2,017 Millionen Lkw (plus 13,2 Prozent / plus 3,0 Prozent)

A21 ASt Brunn am Gebirge: 1,918 Millionen Lkw (plus 12,7 Prozent / plus 1,6 Prozent)

A4 Mannswörth: 1,647 Millionen Lkw (plus 10,7 Prozent / minus 1,9 Prozent)

A12 Wörgl: 1,665 Millionen Lkw (plus 6,1 Prozent / minus 6,7 Prozent)

A9 Schwarzlsee: 1,476 Millionen Lkw (plus 17,3 Prozent / plus 7,5 Prozent)

A13 Gärberbach: 1,338 Millionen Lkw (plus 7,0 Prozent / minus 9,7 Prozent)

A10 Anif: 1,124 Millionen Lkw (plus 11,2 Prozent / minus 5,1 Prozent)

S2 Hermann Gebauer Straße: 1,000 Million Lkw (plus 19,0 Prozent / plus 13,8 Prozent)

A7 Bindermichl: 0,941 Millionen Lkw (plus 9,6 Prozent / plus 0,5 Prozent)

A22 Kaisermühlen: 0,854 Millionen Lkw (plus 5,6 Prozent / minus 2,1 Prozent)

A14 Wolfurt-Lauterach: 0,842 Millionen Lkw (plus 11,0 Prozent / plus 1,4 Prozent)

A5 Eibesbrunn: 0,758 Millionen Lkw (plus 18,3 Prozent / plus 11 Prozent)

S33 St. Pölten/S33: 0,610 Millionen Lkw (plus 13,8 Prozent / plus 5,8 Prozent)

S5 Zaina: 0,536 Millionen Lkw (plus 14,1 Prozent / plus 9,5 Prozent)

A6 Potzneusiedl: 0,535 Millionen Lkw (plus 14,2 Prozent / plus 9,8 Prozent)

S10 Götschka: 0,447 Millionen Lkw (plus 13,5 Prozent / keine Vergleichsdaten)

S36 Zmöllach: 0,363 Millionen Lkw (plus 8,1 Prozent / plus 1,8 Prozent)

S6 Niklasdorf: 0,350 Millionen Lkw (plus 3,2 Prozent / minus 9,6 Prozent)

A11 St. Ulrich: 0,329 Millionen Lkw (plus 12,8 Prozent / minus 3,2 Prozent)

S16 Perjentunnel: 0,316 Millionen Lkw (plus 13,7 Prozent / plus 0,8 Prozent)

S35 Peggau: 0,279 Millionen Lkw (plus 9,8 Prozent / minus 6,6 Prozent)

S3 Göllersdorf: 0,268 Millionen Lkw (plus 7,9 Prozent / plus 12,9 Prozent)

S4 Wr. Neustadt Süd: 0,249 Millionen Lkw (plus 10,4 Prozent / plus 0,0 Prozent)

S31 Wulkaprodersdorf: 0,217 Millionen Lkw (plus 5,0 Prozent / plus 0,5 Prozent)

S37 Zollfeld: 0,206 Millionen Lkw (plus 17,4 Prozent / keine Vergleichsdaten)

Quelle: Asfinag, VCÖ 2021

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