VCÖ: Anzahl von Betrieben mit aktiven Gleisanschlüssen seit dem Jahr 2010 um ein Drittel gesunken
VCÖ: In der Schweiz doppelt so hohe Anschlussbahndichte wie in Österreich - Anschlussbahnen reaktivieren!
VCÖ (Wien, 14. Dezember 2021) – Die Anzahl der aktiven Anschlussbahnen ist in Österreich seit dem Jahr 2010 um ein Drittel zurückgegangen, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Parallel dazu ist der Anteil des Schienengüterverkehrs von 33 Prozent im Jahr 2010 auf 28 Prozent im Vorjahr gesunken. Kein Wunder, denn zwei Drittel des Transportvolumens kommen über betriebliche Gleisanschlüsse auf die Schiene. Während Straßen zu Betrieben zur Gänze von der öffentlichen Hand finanziert werden, beträgt die Unterstützung bei Gleisanschlüssen nur 40 Prozent der Kosten. Der VCÖ fordert verstärkte Maßnahmen, um Anschlussbahnen wieder zu reaktivieren. Zudem sollen betriebliche Gleisanschlüsse zum Standard bei Industriegebieten und Gewerbeparks werden.
Der in den vergangenen Jahren stark gestiegene Lkw-Verkehr führte dazu, dass der Güterverkehr in Österreich bereits für über ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen des Straßenverkehrs verantwortlich ist. Pro Tonnenkilometer verursachen Lkw mit durchschnittlich 85 Gramm 17 Mal so viele Treibhausgase wie der Schienengüterverkehr, verdeutlicht der VCÖ. „Die Klimaziele sind nur erreichbar, wenn die Belastungen durch den Lkw-Verkehr reduziert werden und der Anteil der Schiene am Gütertransport steigt. Der Anteil des Schienengüterverkehrs hängt eng mit der Entwicklung von Anschlussbahnen zusammen. Denn zwei Drittel der Transportmenge kommen über betriebliche Gleisanschlüsse auf Schiene“, erklärt VCÖ-Experte Michael Schwendinger.
Umso besorgniserregender ist die Entwicklung bei den Anschlussbahnen. Österreichweit gibt es knapp mehr als 1.000 Anschlussbahnen, davon sind aber nur die Hälfte, nämlich 547 in Betrieb, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Im Jahr 2010 gab es noch 840 aktive Anschlussbahnen. Seither ist die Zahl um ein Drittel zurückgegangen. „Es braucht rasch eine Trendumkehr: Statt Anschlussbahnen einzustellen, müssen sie wieder zur Standardausstattung von Gewerbeparks und Industriegebieten werden“, stellt VCÖ-Experte Schwendinger fest.
Derzeit werden Betriebsgelände in Österreich standardmäßig mit einem öffentlich finanzierten Straßenanschluss ausgestattet. Für Anschlussbahnen besteht aber eine Förderobergrenze von 40 Prozent und maximal 2,5 Millionen Euro für Neuerrichtungen, Erweiterungen und Instandhaltung. Bundesländer können die Verlagerung zusätzlich unterstützen, wie es das Land Salzburg macht. Salzburg unterstützt die Reaktivierung von Anschlussbahnen und zusätzlich auch den Betrieb mit 200 Euro je Einzelwagen-Transport.
Zudem fordert der VCÖ regionale Verlagerungscoaches. Diese sollen betreiberunabhängig Unternehmen, die das Potenzial haben Güter auf die Schiene zu verlagern, eruieren und beraten. Dass die Verlagerung von der Straße auf die Schiene erfolgreich ist, zeigt die Bernegger GmbH in Molln in Oberösterreich, die rund 20.000 Lkw-Fahrten pro Jahr von der Straße auf die Schiene verlagern. Angesichts von rund 500 nicht aktiven Anschlussbahnen ist das Verlagerungspotenzial in Österreich groß.
Die meisten Anschlussbahnen in Österreich gibt es in Niederösterreich mit 291, gefolgt von 237 in Oberösterreich und 183 in der Steiermark. Bezogen auf die Streckenlänge der öffentlichen Eisenbahn weist Wien mit 40 Anschlussbahnen je 100 Kilometer, gefolgt von Salzburg mit 27 und Vorarlberg mit 26 Anschlussbahnen je 100 Kilometer die größte Anschlussbahndichte in Österreich auf. „Auch wenn in Österreich die Anschlussbahndichte doppelt so hoch ist wie in Deutschland, im Vergleich zur Schweiz hat Österreich noch viel aufzuholen“, betont VCÖ-Experte Schwendinger. Während es in Österreich 20 Anschlussbahnen je 100 Kilometer öffentlicher Eisenbahn gibt, sind es in der Schweiz mit 46 Anschlussbahnen je 100 Kilometer mehr als doppelt so viele wie in Österreich.
VCÖ: Anzahl Anschlussbahnen seit dem Jahr 2010 um ein Drittel zurückgegangen (Anzahl betrieblicher Gleisanschlüsse, die in Betrieb sind)
Jahr 2020: 547 Anschlussbahnen in Betrieb
Jahr 2019: 579
Jahr 2018: 571
Jahr 2017: 609
Jahr 2016: 647
Jahr 2015: 660
Jahr 2014: 678
Jahr 2013: 715
Jahr 2012: 735
Jahr 2011: 789
Jahr 2010: 840
Quelle: ÖBB-Infrastruktur, VCÖ 2021