VCÖ: Boom durch Online-Handel führt zu mehr Gütertransporten in den Städten
Mit City-Logistik und emissionsfreien Zonen Abgas- und Lärmbelastung reduzieren
VCÖ (Wien, 15. Februar 2023) – Die Zahl der Paketzustellungen hat sich in den vergangenen fünf Jahren in Österreich mehr als verdoppelt. Insbesondere in den Städten führen die zunehmenden Lieferfahrten in Wohngebieten zu mehr Lärm, Abgasen und auch zu erhöhtem Unfallrisiko, weist der VCÖ auf die Folgen für die Bevölkerung hin. Die in diesem Bereich häufig eingesetzten Diesel-Lieferwagen haben zudem eine schlechte Abgasbilanz. Eine aktuelle Analyse der Mobilitätsorganisation VCÖ zeigt, dass mit Maßnahmen für eine emissionsfreie City-Logistik Abgas- und Lärmbelastung deutlich reduziert werden können.
Die extreme Zunahme des Online-Handels führt zu deutlich mehr Lieferverkehr in den Städten. So hat sich in Wien die Anzahl der transportierten Pakete von 58 Millionen im Jahr 2015 auf 128 Millionen im Jahr 2021 mehr als verdoppelt. Viele Transporter fahren mit Diesel und stoßen ausgerechnet dort, wo viele Menschen wohnen, gesundheitsschädliche Schadstoffe wie Feinstaub und Stickoxide aus. Dazu kommt erhöhtes Unfallrisiko, insbesondere für alle, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad mobil sind, weist die Mobilitätsorganisation VCÖ auf die Folgen für die Bevölkerung hin.
„Die gute Nachricht ist, dass es schon heute in der City-Logistik eine Reihe von wirksamen Maßnahmen gibt, um in den Städten die Umwelt- und Gesundheitsschäden durch die Transporte zu reduzieren“, fasst VCÖ-Experte Michael Schwendinger das Ergebnis einer aktuellen VCÖ-Untersuchung zusammen. Der verstärkte Einsatz von emissionsfreien Kleintransportern sowie von Cargo-Bikes ist bereits heute möglich.
Eine der besonders wirksamen Maßnahmen sind sogenannte Mikro-Hubs. Das sind innerstädtische Depots, von wo Waren mit Cargo-Bikes oder kleinen Elektro-Transportern zu Geschäften oder anderen Zieladressen transportiert werden. „Die Vorteile sind vielfältig: Bessere Luftqualität, weniger Lärm, mehr Verkehrssicherheit und da die Fahrzeuge leichter sind, gibt es auch weniger Straßenschäden“, erklärt VCÖ-Experte Schwendinger. So hat in Hamburg ein großer Paketzusteller bereits im Jahr 2012 den ersten Mikro-Hub umgesetzt und aufgrund des Erfolgs auf 30 Städte ausgeweitet. In Österreich wurden Mikro-Hubs in Graz und Innsbruck in Pilotprojekten erfolgreich getestet.
Das Potenzial von Transport-Fahrrädern ist in den Städten sehr groß. Cargo-Bikes brauchen sowohl beim Fahren als auch beim Parken weniger Platz, sie stehen nicht im Stau. Der Samariterbund stellt in Wien seit dem Jahr 2017 Essen mit Transport-Fahrrädern zu. Die Erfahrung zeigt: Mit den Transporträdern können mehr Essen in der gleichen Zeit zugestellt werden, weil Zeitverluste durch Staus und Parkplatzsuche wegfallen. Eine Studie für deutsche Städte hat ergeben, dass bis zu einem Viertel der Transporte im Wirtschaftsverkehr auf Transport-Fahrräder verlagert werden können.
Sehr wirksam sind zudem emissionsfreie Zonen in den Innenstädten. In den Niederlanden haben 28 Städte beschlossen, dass ab dem Jahr 2025 die City-Logistik in bestimmten Zonen zur Gänze emissionsfrei erfolgen soll. Der VCÖ sieht dieses Modell auch für die Innenstädte von Österreichs größeren Städten wie Wien, Graz, Linz, Innsbruck, Salzburg, Klagenfurt, Villach, Wels, Dornbirn oder Bregenz gut geeignet.
Verkehrsreduzierend sind auch Paketboxen, die am besten anbieterunabhängig allen Zustelldiensten offenstehen. In Wien und Niederösterreich hat sich die Anzahl der Paketboxen von 208 Standorten im Jahr 2019 auf 816 im Jahr 2022 vervierfacht, berichtet der VCÖ. Die Anzahl der offenen Systeme ist um das 16-Fache von 25 auf fast 400 gestiegen. Ein Forschungsprojekt hat gezeigt, dass Paketboxen die CO2-Emissionen der Zustelldienste immerhin um rund 15 Prozent reduzieren können. Alleine in Graz könnten mit Paketboxen über 260.000 Fahrzeugkilometer – das entspricht der Distanz von sechseinhalb Mal um die Erde - vermieden werden.
Wesentlich ist auch, beim Online-Handel direkt anzusetzen, betont der VCÖ. Der Online-Handel soll verpflichtet werden, den Kundinnen und Kunden auch eine umweltverträglichere Zustellung anzubieten, sodass verkehrssparende Bündelungen bei den Lieferungen möglich sind. Kostenlose Retoursendungen sollten nicht mehr erlaubt sein. „Da die Kosten für die Retoursendungen eingepreist sind, zahlen derzeit - unbewusst - alle Kundinnen und Kunden dafür. Um die Belastungen durch die Retoursendungen zu reduzieren, sollten diese verursachergerecht verrechnet werden“, betont VCÖ-Experte Michael Schwendinger. Laut einer deutschen Studie können bereits durch eine Rücksendegebühr von drei Euro rund 16 Prozent der Retouren vermieden werden.