VCÖ-Fachkonferenz: E-Kerosin allein kann Flugverkehr nicht auf Klimakurs bringen

Zusätzliche Maßnahmen wie weniger Flüge, verursachergerechte Bepreisung und bessere Vorschriften nötig

Wien (3. Februar 2022) – Am Weg zum Klimaziel ist die Dekarbonisierung des Flugverkehrs eine besonders große Herausforderung. Der Ausstieg aus fossilem Flugtreibstoff und Umstieg auf E-Kerosin ist dabei alternativlos. Bei der VCÖ-Fachkonferenz wiesen heute die Fachleute darauf hin, dass die Umstellung auf E-Kerosin aus erneuerbarer Energie zu beschleunigen ist, aber darüber hinaus auch weitere Maßnahmen nötig sind, wie eine verursachergerechte Bepreisung und politische Vorgaben wie etwa CO2-Obergrenzen. Zentral ist auch, dass künftig weniger geflogen wird als im Vor-Covid-Jahr 2019.

Die Fachvorträge als Download und als Video zum Ansehen finden Sie hier.

Zwischen den Jahren 2000 und 2019 ist der Flugverkehr in der EU-27 massiv gestiegen, um 86 Prozent auf 583 Milliarden Personenkilometer. Durch die Covid-19 Pandemie ist im Jahr 2020 der Flugverkehr stark gesunken, auf das niedrigste Niveau seit dem Jahr 1990. Auch in Österreich. Im Vorjahr gab es in Österreich um rund 51 Prozent weniger Flüge als im Jahr 2019, aber um 16 Prozent mehr als im Jahr 2020, informiert die Mobilitätsorganisation VCÖ. „Im heurigen Jänner waren mit rund 15.900 zweieinhalb Mal so viele Flüge zu verzeichnen wie im Jänner 2021, aber noch um rund 40 Prozent weniger als im Jänner 2020. Es braucht sowohl auf EU-Ebene, als auch in Österreich verstärkte Anstrengungen, um den Flugverkehr in Europa auf Klimakurs zu bringen“, betont VCÖ-Expertin Lina Mosshammer.

Die Umstellung auf E-Kerosin, das aus erneuerbarer Energie synthetisch hergestellt wird, ist in den kommenden Jahren alternativlos. Aber mit E-Kerosin alleine ist das Ziel eines CO2-freien Flugverkehrs im Jahr 2050 nicht erreichbar, wie eine Studie von Transport & Environment, der europäischen Dachorganisation des VCÖ, zeigt. „Wesentlich ist auch eine deutliche Reduktion der Geschäftsflüge, die Einführung einer verursachergerechten CO2-Bepreisung und eine Reduktion der Freizeitflüge“, betont Silke Bölts von Transport & Environment bei der VCÖ-Fachkonferenz.

Auch die Studienergebnisse, die Martin Cames, Luftfahrt-Experte des deutschen Öko-Instituts, präsentierte verdeutlichen, dass eine Umstellung auf E-Kerosin alleine nicht ausreicht, um die Dekarbonisierung des Flugverkehrs zu erreichen. Zwischen 16 und 23,3 Petawattstunden (1 Petawattstunde sind 1 Billion Kilowattstunden) - so hoch ist der Bedarf an erneuerbarer Energie für die Herstellung von E-Kerosin, wenn sich der Flugverkehr bis zum Jahr 2050 so entwickelt, wie von der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO und der Luftfahrtindustrie prognostiziert. Das ist mehr als die EU27 derzeit insgesamt an erneuerbarer Energie produziert.

Und Martin Cames ergänzt: „Klimaneutralität kann mit E-Kerosin jedoch nicht erreicht werden, da die sogenannten Nicht-CO2-Effekte vor allem durch Kondensstreifen und Ozon in großen Flughöhen bei E-Kerosin nur zum Teil vermieden werden können.“ Die EU-Kommission wies im Vorjahr darauf hin, dass die Nicht-CO2-Klimaeffekte durch Stickoxide, Ruß, Sulfate und Kondensstreifen mindestens genauso groß sind wie die negativen Folgen der CO2-Emissionen des Flugverkehrs.

Jasper Faber vom renommierten niederländischen Forschungsinstitut CE Delft unterstreicht die Wichtigkeit der Energiewende im Flugverkehr und des Ausstiegs aus fossilem Kerosin. Es brauche einen konkreten Fahrplan mit klaren Zwischenzielen für die Reduktion von fossilem Kerosin. Die niederländische Regierung schlägt eine Obergrenze für CO2-Emissionen pro Flughafen für die Abflüge vor. Es bleibt dann den Flughäfen überlassen, wie sie diese CO2-Vorgabe erreichen.

Zusätzlich braucht es auch marktwirtschaftliche Maßnahmen durch Bepreisung. Zum einen um Steuerschlupflöcher zu stopfen und die externen Kosten verursachergerecht zu internalisieren, zum anderen um fairere Wettbewerbsbedingungen für E-Kerosin zu schaffen. „Für die Dekarbonisierung des Flugverkehrs innerhalb von drei Jahrzehnten bedarf es einer Kombination aus Vorschriften und marktbasierten Maßnahmen“, fasst Jasper Faber zusammen. Das unterstreicht auch VCÖ-Expertin Lina Mosshammer: „Ein technologischer Wandel allein wird nicht ausreichen, um den Flugverkehr nachhaltig zu gestalten. Es braucht einen konkreten Mix an kurz- und langfristigen Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene.“ Auch, um die Belastung der Anrainerinnen und Anrainer von Flughäfen durch Fluglärm zu verringern, ist eine Reduktion des Flugverkehrsaufkommens wichtig.

 

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