VCÖ-Fachkonferenz: Mehr Tempo bei Elektrifizierung des Lkw-Verkehrs nötig

E-Lkw um Faktor drei energieeffizienter als Lkw mit E-Fuels

Foto: istock/MarioGuti

Wien (11. Mai 2021) – Bei der Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs braucht es in Österreich und in der EU deutlich mehr Tempo. Das war eine zentrale Aussage bei der heutigen online VCÖ-Fachkonferenz, an der zahlreiche Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland teilnahmen. Batterie-elektrische E-Lkw sind um den Faktor drei energieeffizienter als Lkw mit E-Fuels, weisen auch im Vergleich mit Diesel-Lkw eine deutlich bessere Gesamt-CO2-Bilanz auf und auch die Betriebskosten für die Transportunternehmen sind deutlich niedriger. Wie rasch sich emissionsfreie Lkw durchsetzen können, hängt vor allem von den politischen Maßnahmen ab.

„Die Energiewende weg vom Diesel hin zu emissionsfreien Lkw ist neben dem Vermeiden und Verlagern die dritte zentrale Säule, um den Güterverkehr auf Klimakurs zu bringen“, stellt VCÖ-Experte Michael Schwendinger fest. Bei den diskutierten Alternativen – batterie-elektrische Lkw, Wasserstoff oder E-Fuels – weisen batterie-elektrische Lkw die beste Energie- und Klimabilanz sowie die niedrigsten Betriebskosten auf. Mit österreichischem Strommix liegen die CO2 -Emissionen eines E-Lkw inklusive Batterieproduktion im Vergleich zu Diesel-Lkw bereits derzeit um 55 Prozent niedriger. Bei 100 Prozent Ökostrom ist eine um 85 Prozent bessere Treibhausgas-Bilanz als bei Diesel-Lkw möglich.

Felipe Rodriguez, Lkw-Experte vom ICCT ("International Council for Clean Transportation") drängt auf „mehr Tempo bei der Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs, damit die Europäischen Union die Klimaziele erreichen kann. Aus technischer Sicht werden emissionsfreie Lkw bereits bald auch lange Strecken übernehmen können.“ Die Politik ist gefordert, Maßnahmen zu setzen, damit sich Elektro-Lkw rasch durchsetzen können. Dazu zählen neben Ankaufförderungen der strategische Ausbau der Ladeinfrastruktur, die Umsetzung von emissionsfreien Lieferzonen in Ballungsräumen sowie die Abschaffung der Steuerbegünstigung von Diesel.

„Unter den richtigen politischen Rahmenbedingungen könnten Elektro-Lkw im Fernverkehr bereits Mitte der 2020er Jahre und Brennstoffzellen-Lkw gegen Ende des Jahrzehnts die TCO-Kostenparität mit Diesel erreichen“, stellt Fedor Unterlöhner, Gütertransport-Experte des Brüsseler VCÖ-Dachverbands „Transport & Environment“ fest. Eine T&E-Studie beziffert den Bedarf für öffentliche Ladepunkte in Österreich für E-Lkw mit 400 bis zum Jahr 2025 und 1.450 bis zum Jahr 2030.

Batterie-elektrische E-Lkw können 77 Prozent der eingesetzten Energie für den Fahrbetrieb nutzen. Strombasierte E-Fuels haben hingegen nur einen Gesamtwirkungsgrad von 23 Prozent. Die Betriebskosten bei E-Lkw liegen derzeit bei bis zu 44 Eurocent pro Kilometer, bis zum Jahr 2030 wird eine Reduktion auf unter 20 Cent und bei E-Fuels ein Preis von 90 bis 120 Eurocent pro Kilometer erwartet.

Hans-Jürgen Salmhofer vom BMK betont: „Die Klimaneutralität 2040 im Verkehr zu erreichen ist ein Jahrhundertprojekt. Gerade der Straßengüterverkehr spielt dafür eine entscheidende Rolle. Umso wichtiger ist es, jetzt für Planungssicherheit für Unternehmen, Frächter und Spediteure zu sorgen. Dafür braucht es Technologieklarheit, ein planbares Anreizsystem und erste Schritte in Richtung öffentlicher High-Power Ladestationen für E-Lkw.“

Auch Clemens Hartig (Gebrüder Weiss, Vorstand im "Council für Nachhaltige Logistik") sieht in den Antrieben einen zentralen Hebel auf dem Weg zu einem klimaneutralen Güterverkehr. „Das Zusammenspiel von Förderungen, öffentlichen Investitionen und anderen regulatorischen Maßnahmen ist entscheidend, damit sich ein erfolgreiches System für den klimaneutralen Güterverkehr etablieren kann.“

Mehr Tempo am Klimapfad ist auch aus Sicht von Henrik Engdahl von Volvo nötig: „Der erste Schritt zur Elektrifizierung des Lkw-Verkehrs ist im urbanen Raum bereits getan. Jetzt müssen wir gemeinsam die Reise über die Stadtgrenzen hinaus und in die Regionen beschleunigen.“ Auch der Lkw-Produzent Scania setzt auf batterie-elektrische Lkw. Der E-Lkw-Anteil an der Produktion soll im Jahr 2025 zehn Prozent und im Jahr 2030 50 Prozent betragen.

Dass Elektro-Lkw schon heute für einen Teil der Transporte praxistauglich sind, berichtet aus eigener Erfahrung Kristin Kahl, Prokuristin bei Contargo. Contargo ist mit einer Jahrestransportleistung von über zwei Millionen TEU einer der marktführenden Container-Hinterlandlogistik-Netzwerke in Europa. Krahl stellt vollelektrischen Lkw das Prädikat „empfehlenswert“ aus: „Aktuell steht in unserem Fokus der vollelektrische 44-Tonner. Mit diesem reduzieren wir bereits seit dem Jahr 2019 die Emissionen bei unseren Vor- und Nachläufen dank Ökostrom fast vollständig und bereiten die Umstellung unserer Lkw-Flotte vor - ein wesentlicher Schritt bei der Dekarbonisierung bis zum Jahr 2050.“

„Damit Österreich das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 erreicht, müssen emissionsfreie Lkw rasch auf die Straße kommen. Fördermaßnahmen sollten vor allem auf die Wirtschaftlichkeit von E-Lkw, den Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie die Einpreisung externer Kosten bei der Nutzung von Diesel-Lkw abzielen. Das Dieselprivileg ist für die Verbreitung emissionsfreier Lkw kontraproduktiv“, betont VCÖ-Experte Schwendinger. Auf EU-Ebene sind die CO2-Flottengrenzwerte für die Hersteller in Einklang mit den neuen EU-Klimazielen – minus 55 Prozent statt 40 Prozent bis zum Jahr 2030 – zu bringen und entsprechend zu reduzieren.

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