VCÖ: Feinstaub- und Stickstoffdioxid Belastung in Österreich war im Vorjahr aus Gesundheitssicht zu hoch

VCÖ: IG-L Maßnahmen beibehalten, verstärkte Maßnahmen für saubere Luft umsetzen

Digitale Anzeigetafel auf einer Autobahn, welche aufgrund des Immisionsschutzgesetzes-Luft Tempo 100 anzeigt

VCÖ (Wien, 3. März 2025) – Auch wenn die derzeit geltenden Grenzwerte im Vorjahr eingehalten wurden, ist die Luftqualität in Österreich aus Gesundheitssicht alles andere als gut, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten des Umweltbundesamts zeigt. Die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Richtwerte wurden bei 107 von 147 Stickstoffdioxid-Messstellen und bei 73 von 75 PM2,5-Feinstaub-Messstellen überschritten. Luftschadstoffe machen krank, verursachen Atemwegs- und Herzkreislauf-Erkrankungen. Deshalb braucht es rasch verstärkte Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität. Die IGL-Tempolimits sind beizubehalten, umso mehr als auch die künftig EU-weit geltenden Grenzwerte im Vorjahr bei jeder dritten PM2,5-Messstelle und jeder siebten NO2-Messstelle überschritten wurden.

„Dank zahlreicher Maßnahmen ist die Luftverschmutzung in Österreich in den vergangenen 20 Jahren deutlich zurückgegangen. Aber die Belastung durch Feinstaub und Stickstoffdioxid ist aus Gesundheitssicht nach wie vor zu hoch. Die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Werte werden an den meisten Messstellen in Österreich massiv überschritten“, fasst VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten des Umweltbundesamts zusammen.

Da die aktuellen Schadstoffgrenzwerte zu hoch sind, wurde in der EU eine Reduktion der Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid beschlossen. Doch diese treten erst im Jahr 2030 in Kraft und sie sind doppelt so hoch wie die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Werte.

Der Umweltmediziner Hans Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien warnt vor den Gesundheitsschäden durch Schadstoffe: „Autoabgase wie Ultrafeinstaub, Stickstoffdioxid und Co haben es in sich. Schon vor mehr als zehn Jahren wurde Luftverschmutzung als nachweislich krebserregend eingestuft. Neben Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislaufsystems gibt es auch immer mehr Hinweise auf das Gehirn - Stichwort Demenz. Partikel fördern zum Diabetes und Neurodermitis. Leider wurden die Gesundheitsfolgen lange heruntergespielt, etwa die Toxizität von Dieselabgasen und von NO2 geleugnet. Daher gibt es trotz diverser Verbesserungen noch viel Luft nach oben, was Maßnahmen zur Reduktion von Abgasen betrifft.“

In Österreich wurden im Vorjahr bei 75 Messstellen die PM2,5-Belastung der Luft gemessen. Der ab dem Jahr 2030 geltende EU-Grenzwert wurde an 29 Messstellen überschritten, der aus Gesundheitssicht empfohlene Wert sogar bei 73 Messstellen, macht der VCÖ aufmerksam. Die höchste Belastung gab es in Graz mit einem Jahresmittelwert von rund 16 Mikrogramm PM2,5 Feinstaub pro Kubikmeter Luft bei zwei Messstellen und war damit dreimal so hoch wie aus Gesundheitssicht empfohlen. Der künftige EU-Jahresgrenzwert, der bei 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegt, wurde unter anderem auch in Leibnitz, Linz, Klagenfurt, St. Pölten und Wien überschritten.

Beim größeren PM10-Feinstaub wurde der ab dem Jahr 2030 geltende Grenzwert für den Jahresmittelwert an elf Messstellen überschritten. Am höchsten war diese Belastung in Leoben, vor Graz und Knittelfeld. Der zweite PM10-Grenzwert betrifft die Anzahl an Überschreitungen des Tagesgrenzwertes, der maximal an 18 Tagen höher als 45 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sein darf. Dieser Wert wurde in Graz an vier Messstellen überschritten, am häufigsten bei der Messstelle Graz Don Bosco mit 36 Überschreitungen.

Auch die NO2-Stickstoffdioxid-Belastung war im Vorjahr aus Gesundheitssicht an sehr vielen Messstellen zu hoch, nämlich an 107 von 147. Der künftige EU-Grenzwert wurde an 23 Messstellen überschritten. Die höchste Belastung mit gesundheitsschädlichem Stickstoffdioxid wurde in Vomp an der A12 gemessen, vor Graz, Vill, Enns, Linz und in Wien am Hietzinger Kai. Stickstoffdioxid kann Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Lungenschäden verursachen. Zudem sind Stickoxide die Vorläufersubstanz von Ozon, was sowohl für die Menschen, als auch für das gesamte Ökosystem schädlich ist.  Für mehr als die Hälfte der Stickoxid-Belastung ist der Verkehr verantwortlich, insbesondere Dieselabgase. Auch deshalb ist die steuerliche Begünstigung von Diesel endlich abzuschaffen, betont der VCÖ.

„Luft ist unser wichtigstes Lebensmittel. Je mehr Schadstoffe in der Luft sind, umso mehr atmen wir ein. Das Risiko schwerer Erkrankungen nimmt vor allem für Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen zu. Umso wichtiger ist es, rasch Maßnahmen zur Reduktion der Schadstoffbelastung umzusetzen. Der Verkehr kann dafür einen großen Beitrag leisten“, stellt VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky fest.

Zentrale Maßnahmen sind die raschere Erhöhung des Anteils von Elektro-Fahrzeugen bei Pkw, Klein-Lkw aber auch bei den Schwerfahrzeugen. Zudem sind Abgasmanipulationen bei Lkw ein verbreitetes Problem, weshalb es verstärkte Kontrollen braucht. Sehr wirksam und kostengünstig sind niedrigere Tempolimits. Umso wichtiger ist es, dass die bestehenden IG-L Tempolimits beibehalten werden, betont der VCÖ. Höheres Tempo erhöht nicht nur den Schadstoffausstoß aus dem Auspuff, sondern auch Reifen- und Bremsabrieb, den auch Elektroautos verursachen. Für die Luftqualität in den Städten sind zudem emissionsfreie Lieferzonen sowie die raschere Umstellung von Diesel-Transportern auf Elektro-Antriebe sehr wirksam. Kontraproduktiv dafür ist die von der Bundesregierung geplante  Abschaffung der NoVA für Klein-Lkw. Auch alle Maßnahmen, die den Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel oder Fahrrad und das Bilden von Fahrgemeinschaften fördern, tragen wesentlich zur Verbesserung der Luftqualität bei. „Im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung müssen Mobilität und Gütertransporte sauberer werden. Je früher Österreichs Immissionsschutzgesetz Luft an die EU-Werte angepasst werden, umso besser“, stellt VCÖ-Expertin  Katharina Jaschinsky abschließend fest.  


VCÖ: Künftiger EU-Grenzwert für PM2,5 bei 29 von 75 Messstellen überschritten – WHO-Richtwert sogar bei 73 Messtellen überschritten
(vorläufige Jahresmittelwerte im Jahr 2024)

EU-Grenzwert für PM2,5 ab dem Jahr 2030: Jahresmittelwert 10 Mikrogramm / Kubikmeter Luft

Richtwert der WHO für PM2,5: Jahresmittelwert 5 Mikrogramm / Kubikmeter Luft

Graz Don Bosco: 15,9
Graz Süd Tiergartenweg: 15,8
Leibnitz: 13,5

Linz Römerberg : 12,7
Klagenfurt Sterneckstraße: 12,5

Klagenfurt Völkermarkter Straße: 12,1
Wolfsberg Hauptschule:  12,1

Graz Nord: 11,9
Eisenstadt: 11,3
Kittsee: 11,3
Linz Stadtpark: 11,2
Lienz Amlacherkreuzung: 11,2
Enns Kristein A1: 11,1
St. Pölten Europaplatz: 11

Tulln: 10,9
Linz Neue Welt: 10,8
Traun: 10,8
Graz Triester Straße: 10,8

Wien Taborstraße: 10,8

Klosterneuburg B14: 10,7
St. Valentin A1: 10,6
Wels Linzerstraße: 10,5

Hainburg: 10,4
Trasdorf: 10,4

Wien Kaiser-Ebersdorf: 10,3
Neusiedl im Tullnerfeld: 10,2
Wien A23 Wehlistraße: 10,2
Groß-Enzersdorf – Glinzendorf: 10,1
Mistelbach: 10,1

Bei weiteren 44 Messstellen wurde der PM2,5Richtwert der Weltgesundheitsorganisation überschritten
Quelle: Umweltbundesamt, VCÖ 2025

VCÖ: Künftiger EU-Grenzwert für NO2 bei 23 von 147 Messstellen überschritten – WHO-Richtwert sogar bei 107 Messtellen überschritten
(vorläufige Jahresmittelwerte im Jahr 2024)

EU-Grenzwert für NO2 ab dem Jahr 2030: Jahresmittelwert 20 Mikrogramm / Kubikmeter Luft

Richtwert der WHO für NO2: Jahresmittelwert 10 Mikrogramm / Kubikmeter Luft

Vomp A12 Inntalautobahn: 29,5 Mikrogramm / Kubikmeter Luft Graz
Triester Straße: 28,6
Vill Zenzenhof A13: 27,3
Enns Kristein A1: 27,2
Linz Römerberg B139: 27,1

Wien Hietzinger Kai: 26,6
Graz Don Bosco: 26,6
Stadt Salzburg A1: 25,8
Hallein A10 Tauernautobahn: 25,7
Feldkirch Bärenkreuzung: 25,1

Hallein B159 Kreisverkehr: 24,5
Lustenau Zollamt: 24,4
Stadt Salzburg Rudolfsplatz: 24,2

Lienz Amlacherkreuzung: 23,6
Höchst Gemeindeamt: 22,1
Wien A23/Wehlistraße: 21,9
Wien Taborstraße: 21,8

Linz Neue Welt: 21,4
Hall in Tirol Untere Lend: 21,1
Kundl A12: 21,1
Graz Süd Tiergartenweg: 20,7
Innsbruck Zentrum: 20,7
Klagenfurt Nordumfahrung A2: 20,5

Bei weiteren 84 Messstellen wurde der NO2-Richtwert der Weltgesundheitsorganisation überschritten
Quelle: Umweltbundesamt, VCÖ 2025

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