VCÖ: Güterverkehr nur durch verursachergerechte Preise auf Klimakurs zu bringen
Direktorin für Landverkehr der Europäischen Kommission: „CO2-Bepreisung zentral am Weg zur Klimaneutralität“
VCÖ (Wien, 13. November 2020) – Die fehlenden verursachergerechten Preise im Gütertransport kommen der Gesellschaft sehr teuer und behindern das Erreichen der Klimaziele. Nach den Vorträgen von Expertinnen und Experten aus der Schweiz, Deutschland und Österreich wurden Wege zur Klimaneutralität bei der VCÖ-Online Fachkonferenz diskutiert. Die Direktorin Landverkehr der EU-Kommission, Elisabeth Werner, wies darauf hin, dass neben neuen Technologien auch Regulierungen und Preise sehr wichtig seien. BMK-Generalsekretär Herbert Kasser unterstrich das Ziel der Bundesregierung einen klimaneutralen Gütertransport bis zum Jahr 2040 zu erreichen. Sylvia Leodolter von der Arbeiterkammer betonte: „Der Güterverkehr auf der Straße ist einfach zu billig, weil er in ganz Europa von niedrigen Löhnen für die Fahrer profitiert.“
Die Klimaziele sind nur erreichbar, wenn auch der Güterverkehr seine Emissionen deutlich und rasch reduziert. In der EU ist der Lkw-Anteil beim Gütertransport mehr als viermal so hoch wie jener der Bahn. Der hohe Lkw-Anteil in der EU macht sich für Österreich am Brenner bemerkbar. Im Vorjahr waren allein über den Brenner 2,47 Millionen Lkw unterwegs, das waren dreimal so viele wie über alle Schweizer Alpenpässe zusammen, verdeutlicht der VCÖ.
Bei der VCÖ-Fachkonferenz wies die Direktorin für Landverkehr der Europäischen Kommission auf die Bedeutung der CO2-Bepreisung und Bewusstseinsarbeit hin. „Im Rahmen des Europäischen „Green Deal” müssen wir die verkehrsbedingten Emissionen bis zum Jahr 2050 um 90 Prozent senken, um in der EU Klimaneutralität zu erreichen. Neue Technologien ermöglichen erhebliche CO2-Einsparungen bei allen Verkehrsmitteln, Regulierung und Preise werden helfen. Aber es liegt auf der Hand, dass die Bahn bei unserem künftigen Mobilitätsmix als nachhaltiger Verkehrsträger eine Schlüsselrolle spielen muss. “
BMK-Generalsekretär Herbert Kasser wies in der Diskussion auf die Vorreiterrolle Österreichs beim Bahngüterkehr hin. Der Anteil der Schiene ist in Österreich fast doppelt so hoch wie im EU-Schnitt: „Das Ziel ist im Regierungsprogramm klar vorgegeben: Ein klimaneutraler Güterverkehr bis zum Jahr 2040. Dafür müssen wir ein gemeinsames Zielbild schaffen, damit die notwendigen Lenkungsmaßnahmen und innovativen sowie technologischen Möglichkeiten für alle Beteiligten planbar und zeitgerecht umgesetzt werden können.“
Der Vorstand der Rail Cargo Group, Clemens Först, sieht durch die Digitalisierung große Potenziale, europaweit den Anteil der Bahn im Güterverkehrs zu erhöhen und betonte. „Der Schienengüterverkehr ist in den nächsten 10 bis 15 Jahren die einzige Chance auf nachhaltigen Landverkehr. Dafür braucht der Schienengüterverkehr jetzt mehr Europa.“
Sylvia Leodolter (AK Wien) sieht bessere soziale Bedingungen für die Beschäftigten im Straßengüterverkehr auch als wichtige Maßnahme für mehr Klimaschutz im Güterverkehr „Der Güterverkehr auf der Straße ist einfach zu billig, weil er in ganz Europa von niedrigen Löhnen und der Ausbeutung der Fahrer und Fahrerinnen profitiert. Das ist kein Betriebsunfall, sondern die Folge des ungezügelten Binnenmarkts und der Liberalisierung. Solange dieses Sozial- und Umweltdumping in Europa nicht wirksam und umfassend bekämpft wird, bleibt die Verlagerung des Güterverkehrs bestenfalls ein Wunschtraum.“
Der Chief Trading Officer der Raiffeisen Ware Austria, Hannes Wanzenböck, sieht für die Schiene in Zukunft große Potenziale: „Innovative Verkehrskonzepte bieten die Chance, Güterverkehr noch klimafreundlicher zu gestalten. Hauptaugenmerkt ist jedoch darauf zu legen, dass die Wirtschaftlichkeit dieser Konzepte keinen Wettbewerbsnachteil mit sich bringt.“
„So wie es im Bereich des Personenverkehrs Mobilitätsberatung gibt, braucht es für die Unternehmen eine gute Beratung, wie sie die Klimabilanz der von ihnen verursachten Gütertransporte verbessern können. Zudem ist ein stärkerer Fokus als bisher auf die Vermeidung von Transporten zu legen. Das Beispiel der qualvollen Lebendtiertransporte ist dabei nur die Spitze des Eisbergs von vermeidbaren Transporten“, so VCÖ-Experte Michael Schwendinger.
Weitere Informationen zur Fachveranstaltung inklusive Videomitschnitt finden Sie hier.