VCÖ: Handy am Steuer erhöht die Unfallgefahr massiv – auch nach Erhöhung ist Strafe in Österreich im EU-Vergleich niedrig

VCÖ: Motto „Don’t phone & drive“ beherzigen, Ablenkung auch beim Telefonieren mit Freisprecheinrichtung

VCÖ (Wien, 2. März 2023) – Wer mit dem Handy am Ohr beim Autolenken telefoniert, reagiert ähnlich schlecht wie ein Alko-Lenker mit 0,8 Promille, erinnert die Mobilitätsorganisation VCÖ. Im Vorjahr wurden in Österreich im Schnitt jeden Tag fast 360 Handy-Vergehen von der Polizei geahndet. Auch nach der Erhöhung der Strafe auf 100 Euro ist die Strafhöhe in Österreich niedriger als beispielsweise in Polen, Rumänien, Italien oder Spanien. Der VCÖ spricht sich für die Aufnahme von Handy am Steuer ins Vormerksystem aus, so wie das in der Mehrheit der EU-Staaten bereits der Fall ist. Und: Das Motto „Don’t phone & drive“ beherzigen, denn auch mit Freisprecheinrichtung ist man abgelenkt.

Im Vorjahr war Ablenkung und Unachtsamkeit laut Innenministerium die Ursache für jeden 4. tödlichen Verkehrsunfall in Österreich. „Nicht jeder dieser Unfälle ist Folge von Handy am Steuer. Aber Autolenker mit dem Handy am Ohr reagieren etwa um eine halbe Sekunde verzögert. Im Straßenverkehr, wo oft ein Bruchteil einer Sekunde entscheidet, ob es zu einem Unfall kommt oder nicht, kann das fatale Folgen haben“, weist VCÖ-Experte Michael Schwendinger auf das stark erhöhte Unfallrisiko durch Handy am Steuer hin. Die Reaktionszeit ist vergleichbar schlecht, wie bei Alkolenker mit 0,8 Promille.

Die möglichen fatalen Folgen verdeutlicht das nachfolgende Beispiel des VCÖ. Läuft ein Kind 23 Meter vor einem Pkw, der 50 km/h fährt, auf die Straße, kann ein aufmerksamer Lenker das Auto vor dem Kind zum Stillstand bringen. Ein Autofahrer, der eine halbe Sekunde verzögert reagiert, fährt das Kind mit einer Geschwindigkeit von rund 36 km/h nieder, was mit hoher Wahrscheinlichkeit zu schweren Verletzungen führt. Wer während des Lenkens am Handy Nachrichten schreibt, ist sogar bis zu zwei Sekunden im Blindflug unterwegs. Deshalb beim Lenken volle Konzentration auf den Straßenverkehr und das Motto „Don’t phone & drive“ beherzigen, das gilt auch fürs Telefonieren mit Freisprecheinrichtung, rät der VCÖ.

Die von der Bundesregierung vorgesehene Erhöhung der Strafe von 50 auf 100 Euro ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber die Strafhöhe steht nach wie vor in keinem Verhältnis zum Ausmaß der Gefährderung. „Handy am Steuer ist kein Kavaliersdelikt, sondern kann Gesundheit und Leben anderer Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer gefährden“, ruft VCÖ-Experte Schwendinger in Erinnerung. Auch der EU-Vergleich zeigt, dass die Strafe in etlichen Staaten höher ist. So ist für Handy am Steuer in Polen mindestens 110 Euro zu zahlen, in Rumänien und Belgien 115 Euro, in Portugal 120 Euro, in Frankreich 135, in Luxemburg 145 Euro, in Schweden 160 Euro, Italien 165 Euro, in Dänemark und Spanien jeweils 200 Euro und in den Niederlanden 350 Euro. Der VCÖ fordert die Aufnahme von Handy am Steuer ins Vormerksystem, so wie das in Deutschland und zahlreichen anderen EU-Staaten bereits seit langem der Fall ist.

Auch verstärkte Kontrollen sind wichtig, insbesondere im Ortsgebiet. Im Vorjahr hat die Exekutive 130.540 Handy am Steuer Vergehen in Österreich geahndet, um rund 2.000 mehr als im Jahr 2021. Die meisten in Niederösterreich (28.053) vor Wien (23.605) und Oberösterreich (20.464). Wie viele Vergehen geahndet werden, hängt vor allem von der Kontrolldichte ab.

Auch die Strafe beim Verstoß gegen die Gurtpflicht wird erhöht, von 35 auf 50 Euro. Im Jahr 2021 waren 30 Prozent  der tödlich verunglückten Pkw-Insassen nicht angegurtet, weist der VCÖ auf die Unfallstatistik hin. Fast die Hälfte der Todesopfer war zwischen 15 und 29-Jahre jung. Insgesamt waren zweieinhalb mal so viele Männer  wie Frauen betroffen.

VCÖ: Handy-am-Steuer Delikte zuletzt wieder gestiegen (Anzahl Strafen in Österreich wegen Handy am Steuer)

Jahr 2022: 130.540 Vergehen gegen Handy-Verbot am Steuer
Jahr 2021: 128.489
Jahr 2020: 121.211
Jahr 2019: 123.888
Jahr 2018: 115.470
Jahr 2017: 113.770
Jahr 2016: 105.859
Jahr 2015: 109.028
Jahr 2014: 130.621
Jahr 2013: 137.554
Jahr 2012: 148.594
Jahr 2011: 149.081
Jahr 2010: 128.221

Quelle: BMI, VCÖ 2023

VCÖ: In Niederösterreich wurden im Vorjahr die meisten  Handy-am-Steuer Delikte geahndet (Anzahl Strafen wegen Handy am Steuer im Jahr 2022, in Klammer Jahr 2021)

Niederösterreich: 28.053 (27.098)
Wien: 23.605 (25.237)
Oberösterreich: 20.464 (18.590)
Steiermark: 18.538 (18.583)
Tirol: 16.024 (14.602)
Salzburg: 8.423 (9.099)
Kärnten: 8.219 (7.923)
Vorarlberg: 4.020 (3.800)
Burgenland: 3.194 (3.557)

Quelle: BMI, VCÖ 2023

Zurück zur Übersicht