VCÖ: Im Vorjahr wurden fast 600 Kinder als Fußgänger im Straßenverkehr verletzt
VCÖ: Jedes 3. im Vorjahr zu Fuß verunglückte Kind wurde am Schutzweg angefahren
VCÖ (Wien, 1. Oktober 2024) – 592 Kinder verunglückten im Vorjahr in Österreich als Fußgängerinnen und Fußgänger im Straßenverkehr. Zwei Kinder wurden tödlich verletzt, 89 schwer, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt. Kinder sind vom „Vertrauensgrundsatz“ in der Straßenverkehrsordnung ausgenommen. Und ist ersichtlich, dass ein Kind die Straße überqueren möchte, dann ist das auch dort zu ermöglichen, wo es keinen Schutzweg gibt. Die Regelung des „unsichtbaren Schutzweges“ ist vielen unbekannt, obwohl sich nun im Oktober ihre Aufnahme in die Straßenverkehrsordnung (StVO) zum 30. Mal jährt. Neben verstärkten Bewusstseinskampagnen, ist im Ortsgebiet für die Sicherheit der Kinder auch mehr Tempo 30 statt 50 wichtig, betont die Mobilitätsorganisation VCÖ.
„Vermag der Lenker eines Fahrzeuges zu erkennen, dass Kinder die Fahrbahn einzeln oder in Gruppen, beaufsichtigt oder unbeaufsichtigt, überqueren oder überqueren wollen, so hat er ihnen das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen und anzuhalten.“ Seit nunmehr 30 Jahren steht diese Regelung als §29 a / 1 in Österreichs Straßenverkehrsordnung. Eine Regelung, die jedoch häufig missachtet wird. Kinder sind zudem vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen (StVO, §3), was sich im Fahrverhalten bemerkbar machen sollte: „Der Lenker eines Fahrzeuges hat sich gegenüber Personen für die der Vertrauensgrundsatz nicht gilt, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft so zu verhalten, dass eine Gefährdung ausgeschlossen ist.“
Leider zeigt sich auch in der Unfallstatistik, dass die in der Straßenverkehrsordnung verankerte besondere Rücksichtnahme und Achtsamkeit Kindern gegenüber häufig missachtet werden. Eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt, dass allein im Jahr 2023 592 zu Fuß gehende Kinder Opfer eines Verkehrsunfalls wurden, davon 577 im Ortsgebiet. 89 Kinder wurden schwer verletzt, zwei Kinder wurden sogar tödlich verletzt.
„Wir brauchen eine Kultur der Rücksichtnahme zwischen den Verkehrsteilnehmenden und mehr Bewusstsein über den verpflichtenden Schutz der Kleinsten“, betont VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky.
Besonders alarmierend: Jedes dritte im Vorjahr als Fußgängerin oder Fußgänger verunglückte Kind wurde am Schutzweg angefahren, also dort, wo es offensichtlich sein sollte, dass Kinder absoluten Vorrang haben. 23 der 189 am Schutzweg angefahrenen Kinder wurde schwer verletzt, ein Kind sogar tödlich, informiert der VCÖ. Auch hier ist eigentlich die Straßenverkehrsordnung sehr deutlich: Ein Fahrzeug darf sich "einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann“ (StVO § 9/2). Fast drei Viertel der Schutzwegunfälle der zu Fuß gehenden Kinder passierten auf Straßen, wo Tempo 50 erlaubt war. Bei 50 km/h ist der Anhalteweg (Reaktionsweg plus Bremsweg) rund doppelt so lange wie bei 30 km/h. Gemeinden und Städte können durch mehr Tempo 30 statt 50 im Ortsgebiet die Verkehrssicherheit von Kindern stark erhöhen.
Zudem sind Straßenquerungen übersichtlicher zu gestalten. Dazu gehört auch, sicherzustellen, dass keine Hindernisse und auch keine parkenden Autos die Sicht auf Kinder verstellen, die über den Schutzweg die Straße überqueren möchten. Der VCÖ fordert daher eine Ausweitung des bestehenden Halte- und Parkverbots vor Schutzwegen von derzeit fünf auf zehn Meter.
Um die Verkehrssicherheit von Kindern zu erhöhen, können Gefahrenstellen für Kinder beim VCÖ-Schulwegcheck gemeldet und in eine Online-Karte unter https://map.vcoe.at/schulwegcheck/ eingetragen werden. Der VCÖ sammelt die Einträge und leitet sie an die zuständige Gemeinde, Stadt oder Bezirk weiter. Österreichweit wurden bereits mehr als 2.300 Problemstellen eingetragen, wie beispielsweise unübersichtliche Übergänge, zu hohes Tempo, zu schmale Gehwege oder fehlende Radwege.
Im Bundesländer-Vergleich wurden im Burgenland die wenigsten Kinder beim zu Fuß gehen Opfer eines Verkehrsunfalls, nämlich vier, davon zwei am Schutzweg, wie die VCÖ-Analyse zeigt. Die Daten der anderen Bundesländer: In Kärnten wurden 27 zu Fuß gehende Kinder im Straßenverkehr verletzt (davon acht am Schutzweg), im Land Salzburg 35 (davon 12 am Schutzweg), in Vorarlberg 47 (davon 12 am Schutzweg), in der Steiermark 54 (davon 22 am Schutzweg), in Tirol 62 (davon 20 am Schutzweg), in Oberösterreich 85 (davon 27 am Schutzweg), in Niederösterreich 86 (davon 27 am Schutzweg) und in Wien 192 (davon 59 am Schutzweg).
VCÖ: Im Vorjahr wurden 592 zu Fuß gehende Kinder Opfer eines Verkehrsunfalls
(Anzahl Kinder, die im Jahr 2023 zu Fuß Opfer eines Verkehrsunfalls wurden, in Klammer davon am Schutzweg)
Österreich: 592 Kinder (davon 189 am Schutzweg)
Burgenland: 4 (davon 2 am Schutzweg)
Kärnten: 27 (davon 8 am Schutzweg)
Salzburg: 35 (davon 12 am Schutzweg)
Vorarlberg: 47 (davon 12 am Schutzweg)
Steiermark: 54 (davon 22 am Schutzweg)
Tirol: 62 (davon 20 am Schutzweg)
Oberösterreich: 85 (davon 27 am Schutzweg)
Niederösterreich: 86 (davon 27 am Schutzweg)
Wien: 192 (davon 59 am Schutzweg)
Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2024