VCÖ: Jeder 3. Fußgängerunfall in Österreich auf einem Schutzweg
VCÖ: Halte- und Parkverbot vor Schutzwegene ausdehnen, mehr Verkehrsberuhigung im Ortsgebiet
VCÖ (Wien, 28. August 2020) – 1.225 Verletzte und zwölf Todesopfer. Das ist die erschreckende Opferbilanz von Fußgängerinnen und Fußgängern, die in Österreich im Vorjahr auf Schutzwegen angefahren wurden. Jeder 3. Fußgängerunfall passierte auf einem Schutzweg, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Der VCÖ fordert umfassende Konsequenzen. Neben verstärkter Verkehrsberuhigung sind Fußgängerübergänge übersichtlich zu gestalten. Das Halte- und Parkverbot vor Schutzwegen ist von derzeit fünf auf zumindest zehn Meter auszuweiten.
„Der Lenker eines Fahrzeuges darf sich einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann.“ Der Paragraph 9 der StVO ist eigentlich eindeutig. „Die Unfallstatistik zeigt leider, dass diese eindeutige Regelung viel zu häufig missachtet wird“, weist VCÖ-Sprecher Christian Gratzer auf eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria hin.
Im Schnitt wurde im Vorjahr alle sieben Stunden eine Fußgängerin oder ein Fußgänger auf einem Schutzweg von einem Fahrzeug angefahren, macht der VCÖ aufmerksam. 1.225 Menschen wurden verletzt, jede fünfte Person davon schwer. Zwölf Menschen wurden getötet. Insgesamt war in Österreich jeder dritte Fußgängerunfall auf einem Schutzweg, so die VCÖ-Analyse. Fast zwei Drittel der Schutzwegunfälle ereigneten sich bei Tageslicht, nur ein Drittel in der Dunkelheit.
Der VCÖ fordert umfassende Konsequenzen. „Wo Menschen unterwegs sind passieren Fehler. Deshalb muss ein Verkehrssystem so gestaltet werden, dass ein Fehler nicht die Gesundheit oder gar das Leben eines anderen Verkehrsteilnehmers gefährdet“, fordert VCÖ-Sprecher Gratzer Maßnahmen für ein fehlertolerantes Verkehrssystem.
So ist das Umfeld von Schutzwegen so zu gestalten, dass Autofahrende eine gute Sicht auf Personen haben, die die Straßen überqueren möchten. Das bestehende Halte- und Parkverbot vor Schutzwegen ist von derzeit fünf auf mindestens zehn Meter zu erweitern, betont der VCÖ. Aufgrund des SUV-Booms, der zunehmenden Anzahl von Pick-Ups und Lieferwägen parken immer häufiger hohe Fahrzeuge vor Schutzwegen und verstellen damit die Sicht auf Fußgängerinnen und Fußgänger, die die Absicht haben, die Straße zu überqueren.
Wichtig sind auch Maßnahmen, die die Aufmerksamkeit der Lenkenden erhöhen, wie das etwa in Begegnungszonen der Fall ist. Ablenkende Werbeschilder im Umkreis von Schutzwegen sind zu entfernen und es sind verstärkte Maßnahmen gegen Handy am Steuer nötig. Wer mit dem Handy am Ohr telefoniert, reagiert etwa eine halbe Sekunde verspätet. „Vor allem für ältere Menschen ist es wichtig, dass es erst gar nicht zu einem Unfall kommt. Denn Seniorinnen und Senioren haben ein vielfach höheres Risiko bei einem Fußgängerunfall tödlich verletzt zu werden als Jüngere“, erklärt VCÖ-Sprecher Gratzer. Während in der Gruppe der 20- bis 49-Jährigen einer von 100 Fußgängerunfällen tödlich endet, sind es in der Gruppe der über 74-Jährigen vier von 100.
Ein weiterer Faktor, der bei Fußgängerunfällen über Leben und Tod entscheidet, ist die Geschwindigkeit des Fahrzeugs. Ein Pkw, der bei Tempo 30 einen Anhalteweg von elf Metern hat, hat bei Tempo 50 mit fast 24 Metern einen doppelt so langen Anhalteweg und nach elf Metern noch ein Tempo von 49 km/h. Wird ein Fußgänger mit diesem Tempo niedergefahren entspricht das einem Fall von fast zehn Meter Höhe, verdeutlicht der VCÖ. Deshalb sind in den Gemeinden und Städten Verkehrsberuhigung und Tempo 30 statt 50 wichtige Sicherheitsmaßnahmen.
Im Bundesländer-Vergleich war die Anzahl der Schutzweg-Unfälle in Wien mit 454 am höchsten, vor Oberösterreich (170), Niederösterreich (156) und der Steiermark (147). Beim Anteil der Schutzwegunfälle an den Fußgängerunfällen weist Vorarlberg mit 36,6 Prozent den höchsten Wert auf, gefolgt von der Steiermark mit 35,1 Prozent und Oberösterreich mit 32,1 Prozent.
VCÖ: Jeder 3. Fußgängerunfall auf einem Schutzweg (Anteil Unfälle am Schutzweg an den Fußgängerunfällen im Jahr 2019, in der Klammer Anzahl der Schutzwegunfälle)
Österreich: 32,7 % (1.207)
Vorarlberg: 36,6 % (75)
Steiermark: 35,1 % (147)
Oberösterreich: 32,1 % (170)
Niederösterreich: 31,9 % (156)
Wien: 25,5 % (454)
Salzburg: 24,7 % (66)
Tirol: 23,2 % (80)
Kärnten: 22,4 % (48)
Burgenland: 22,0 % (11)
Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2020
VCÖ: Über 1.200 Fußgängerinnen und Fußgänger wurden am Schutzweg verletzt (Anzahl verletzte Fußgängerinnen und Fußgänger bei Unfällen am Schutzweg, in Klammer Todesopfer, Jahr 2019)
Österreich: 1.225 (3)
Wien: 458 (3)
Oberösterreich: 174 (2)
Niederösterreich: 158 (2)
Steiermark: 149 (1)
Tirol: 82 (2)
Vorarlberg: 76 (0)
Salzburg: 67 (1)
Kärnten: 49 (1)
Burgenland: 12 (0)
Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2020