VCÖ: Lkw-Transit seit 2015 um ein Drittel gestiegen

VCÖ-Fachkonferenz: EU-weit mehr Kostenwahrheit, mehr Lkw-Kontrollen, mehr Schiene nötig

VCÖ (Wien, 19. Oktober 2023) – Der Transportaufwand des Lkw-Transits ist in Österreich seit dem Jahr 2015 um ein Drittel gestiegen, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt. Um den Lkw-Transit zu reduzieren, braucht es in Europa einen höheren Anteil des Schienengüterverkehrs. Dieser liegt in der EU bei nur 18 Prozent, in Österreich immerhin bei 30 Prozent. Mit 2.425 Tonnenkilometer pro Einwohner liegt Österreich beim Schienengüterverkehr in der EU an dritter Stelle. Um den Lkw-Transit zu reduzieren, braucht es mehr Kostenwahrheit, mehr Lkw-Kontrollen und den verstärkten Ausbau der Schiene, wurde heute bei der VCÖ-Fachkonferenz festgestellt.

Der Lkw-Transit nimmt österreichweit zu. Der Transportaufwand ist allein seit dem Jahr 2015 um 34 Prozent auf 20,316 Milliarden Tonnenkilometer im Vorjahr gestiegen, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt. Die Zunahme des Lkw-Transits war fast doppelt so hoch wie des Inlandtransports, der seit dem Jahr 2015 um 18 Prozent stieg. „Sowohl Österreich als auch die EU können die Klimaziele nur erreichen, wenn auch der Güterverkehr auf Klimakurs gebracht wird. Und dafür ist ein höherer Anteil der Schiene notwendig“, stellte Katharina Jaschinsky vom VCÖ in ihrem Vortrag bei der VCÖ-Fachkonferenz fest.

Der Anteil des Schienengüterverkehrs liegt in der EU bei lediglich 18 Prozent, in Österreich immerhin bei 30 Prozent. Im Nachbarland Deutschland beträgt der Anteil 20,5 Prozent, in Italien überhaupt nur 12,6 Prozent. Pro Einwohnerin und Einwohner hat Österreich mit 2.425 Tonnenkilometer in der EU den dritthöchsten Wert hinter Litauen (5.190) und Lettland (3.930), informiert die Mobilitätsorganisation VCÖ. In Deutschland sind es 1.490 Tonnenkilometer pro Kopf, EU-weit 890 und in Italien nur 410.

Dass es beim Güterverkehr verstärkte Maßnahmen braucht, verdeutlicht auch die Klimabilanz. Die Treibhausgas-Emissionen des Lkw-Verkehrs haben sich in Österreich seit dem Jahr 1990 mehr als verdoppelt. Während im Jahr 1990 der Gebäudesektor noch dreimal so viele CO2-Emissionen verursachte wie der Lkw-Verkehr, waren die Lkw zuletzt mit 9,2 Millionen Tonnen ein größerer CO2-Sünder als der gesamte Gebäudesektor mit 9,1 Millionen Tonnen, verdeutlicht der VCÖ.

Die durch Abgase und Lärm verursachten Gesundheit- und Umweltschäden werden aber nach wie vor nicht verursachergerecht dem Lkw-Verkehr verrechnet, sondern der Allgemeinheit. Die sogenannten externen Kosten des Lkw-Verkehrs sind hoch. Und gerade die Schäden durch Lärm und Schadstoffe sind inneralpin deutlich höher als im Flachland, verdeutlichte Verkehrswissenschafter Stephan Tischler von der Universität Innsbruck in seinem Vortrag. „Die besonderen topografischen Verhältnisse führen inneralpin bei den durch Schall- und Schadstoffemissionen zu massiveren Beeinträchtigungen, beispielsweise für Schadstoffemissionen ein um den Faktor 4 erhöhtes Schadensausmaß.“

Auch die Missachtung von arbeits- und sozialrechtlichen Standards und technischer Vorgaben und die Nicht-Einhaltung von Tempolimits führen zu einer Wettbewerbsverzerrung sowohl gegenüber der Schiene als auch gegenüber jenen Transportunternehmen, die sich an die Vorgaben und Regeln halten. Die Wichtigkeit von Lkw-Kontrollen - auch für die Verkehrssicherheit - betonten in ihren Vorträgen Stefan Simmen vom Schwerverkehrszentrum Uri in der Schweiz sowie Michael Lechner von der Landespolizeidirektion Tirol.

Bei einer Studie des Transportwissenschafters Wolfram Groschopf von der WU Wien zu den Arbeitsbedingungen osteuropäischer Lkw-Fahrer in der EU gab jeder vierte der 1.024 befragten Lkw-Lenker an, kein fixes Gehalt zu beziehen, ein weiteres Viertel erhält weniger als 400 Euro im Monat. Zwei Drittel haben keine Arbeitslosenversicherung, nur einer von zwölf hat eine Pensionsversicherung. Neben der fehlenden Kostenwahrheit tragen Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen wesentlich dazu bei, dass es derzeit billig ist, Güter mit dem Lkw quer durch Europa zu transportieren.

„Um die Belastung durch den Lkw-Transit reduzieren und den Güterverkehr auf Klimakurs bringen zu können, braucht es faire Wettbewerbsbedingungen. Das heißt einerseits mehr Lkw-Kontrollen und zum anderen mehr Kostenwahrheit durch eine verursachergerechte Bepreisung. Die Möglichkeiten, die die EU-Wegekostenrichtlinie bietet, sind dafür voll zu nutzen. Auch von Österreich, etwa beim CO2-Aufschlag bei der Lkw-Maut, der zu niedrig ist“, fasst Katharina Jaschinsky vom VCÖ zusammen.

VCÖ: Lkw-Transit in Österreich seit dem Jahr 2015 um ein Drittel gestiegen
(Transportaufwand in Tonnenkilometer des Lkw-Transit durch Österreich)

Jahr 2022: 20,316 Milliarden Tonnenkilometer (plus 34,5 Prozent gegenüber 2015)
Jahr 2021: 20,277 Milliarden Tonnenkilometer
Jahr 2020: 18,379 Milliarden Tonnenkilometer
Jahr 2019: 18,964 Milliarden Tonnenkilometer
Jahr 2018: 17,985 Milliarden Tonnenkilometer
Jahr 2017: 17,076 Milliarden Tonnenkilometer
Jahr 2016: 15,710 Milliarden Tonnenkilometer
Jahr 2015: 15,107 Milliarden Tonnenkilometer

Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2023

VCÖ: Österreich liegt beim Schienengütertransport im Verhältnis zur Einwohnerzahl an dritter Stelle in der EU
(Tonnenkilometer pro Einwohner:in im Jahr 2021 – in Klammer Anteil am Landgüterverkehr)  

1. Litauen: 5.190 Tonnenkilometer pro Kopf (62,5 Prozent)
2. Lettland: 3.930 (53,4 Prozent)
3. Österreich: 2.425 (30,4 Prozent)
4. Slowenien: 2.345 (33,6 Prozent)
5.Schweden: 2.245 (28,9 Prozent)
6.Finnland: 1.940 (27,0 Prozent)
7.Estland: 1.595 (40,1 Prozent)
8.Tschechien: 1.550 (22,9 Prozent)
9. Slowakei: 1.510 (33,2 Prozent)
10. Deutschland: 1.490 (20,5 Prozent)
11. Polen: 1.445 (22,3 Prozent)
12.Ungarn: 1.170 (27,6 Prozent)
13.Kroatien: 820 (25,4 Prozent)
14. Rumänien: 715 (33,7 Prozent)
15.Bulgarien: 680 (26,0 Prozent)
16.Belgien: 585 (11,0 Prozent)
17.Frankreich: 530 (10,8 Prozent)
18.Niederlande: 410 (10,9 Prozent)
19.Italien: 410 (12,6 Prozent)
20.Dänemark: 340 (8,7 Prozent)
21. Luxemburg: 275 (7,0 Prozent)
22. Spanien: 220 (4,3 Prozent)
23. Portugal: 180 (10,7 Prozent)
24. Griechenland: 55 (2,9 Prozent)
25. Irland:  15 (0,6 Prozent)

Malta und Zypern haben kein Schienennetz.

EU-27: 920 (18,0 Prozent)

Quelle: Eurostat, VCÖ 2023

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