VCÖ: Lobautunnel weder aus Mobilitäts- noch aus Klimasicht zukunftsfähig

VCÖ: Klimakrise nur mit weniger Kfz-Verkehr und mehr Öffis erreichbar

VCÖ (Wien, 20. April 2022) – Der sündteure Lobautunnel ist nicht nur aus Umweltsicht, sondern auch aus Verkehrssicht nicht zukunftsfähig, stellt der VCÖ fest. Straßenausbau führt zu mehr Verkehr und damit a la longue wieder zu mehr Staus. Die Klimaziele kann Österreich nur mit einer verstärkten Verlagerung von Autofahrten auf Öffis erreichen, betont der VCÖ. Der Verkehr ist der einzige Sektor dessen CO2-Emissionen seit dem Jahr 1990 nicht gesunken sind, sondern im Gegenteil stark gestiegen sind. Bei Verfehlen der Klimaziele drohen Österreich Zahlungen in der Höhe von vielen Milliarden Euro, wie ein Rechnungshofbericht im vergangenen Jahr festgestellt hat.

„Verkehrsinfrastrukturen sind ein Vermächtnis an die Kinder und Jugend von heute. Was heute gebaut wird, bestimmt auf Jahrzehnte die Mobilität. Mehr Straßen bedeuten mehr Verkehr und verursachen damit die Verkehrsprobleme von morgen. Zudem sind die Klimaziele nur erreichbar, wenn der Auto- und Lkw-Verkehr verstärkt auf klimaverträgliche Verkehrsträger verlagert wird“, stellt VCÖ-Experte Michael Schwendinger zur erneuten Diskussion um den Lobautunnel fest.

Um die Verkehrsprobleme im Ballungsraum Wien zu verringern, gibt es wirksamere und kostengünstigere Lösungen als den zwei Milliarden teuren Tunnel durch den Nationalpark, betont der VCÖ. Der Ballungsraum Wien braucht Maßnahmen, die im Unterschied zum Lobautunnel rasch umsetzbar sind und damit schnell wirken und kostengünstiger sind. Der VCÖ erinnert daran, dass schon vor 20 Jahren im Rahmen der Strategischen Umweltprüfung der Stadt Wien festgestellt wurde, dass der 8,2 Kilometer lange Tunnel aus Verkehrs- und Umweltsicht von den möglichen Varianten die schlechteste ist.

Um die Ziele der Bundesregierung und der Stadt Wien, Klimaneutralität bis zum Jahr 2040  zu erreichen, ist Autoverkehr verstärkt auf Öffentliche Verkehrsmittel zu verlagern. Damit Österreich die Klimaziele erreichen kann, ist der Anteil der Autofahrten von 61 auf 42 Prozent zu reduzieren, wie der Mobilitätsmasterplan des BMK zur Erreichung der Klimaziele zeigt. Der Anteil des Öffentlichen Verkehrs ist von 16 auf 23 Prozent zu erhöhen und der Anteil von Gehen und Radfahren von 23 auf 35 Prozent.

Schon in der Vergangenheit wurden geplante Straßenbauprojekte begraben, macht der VCÖ aufmerksam. So wollte man in Wien noch in den 60er Jahren eine Autobahn bis zum Karlsplatz bauen, in den 70er Jahren eine Brücke über den Neusiedlersee und noch 1980 die „Stelzenautobahn“ am Flötzersteig. Letztere wurde von der Wiener Bevölkerung in einer Volksbefragung abgelehnt, stattdessen stimmten drei Viertel der Bevölkerung für die Bevorrangung und den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs. Es war der Beginn einer Öffi-Offensive, von der Wien noch heute profitiert.

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Grünflächen gegen Hitze brauchen Platz

Da die Klimakrise den Trend zu mehr Hitzetagen fortsetzen wird, arbeiten Städte und Forschungseinrichtungen an Maßnahmen zur Klimawandelanpassung. Insbesondere sollen mehr Grünflächen, Bäume und Fassadenbegrünung urbane Hitzeinseln und die Folgen von Starkregen reduzieren. Derzeit beansprucht der Kfz-Verkehr für Fahrbahnen und Stellplätze besonders im dicht verbauten Stadtraum viel von dem knappen Platz, der für Bepflanzungen, Entsiegelung der Böden oder Vernetzung von Grünräumen dringend gebraucht wird. Das zeigt, wie wichtig es für das urbane Mobilitätssystem ist, dass Verkehrsmittel nicht nur emissionsfrei sondern auch platzsparend sind, wie der Öffentliche Verkehr, Gehen, Radfahren und Sharing-Systeme.

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Die dritte Piste ist eine verpasste Chance

Unser Alltag basiert darauf, dass wir systematisch auf die Ausbeutung von billiger Natur und billiger Arbeitskraft angewiesen sind. Das erzeugt Handlungsfähigkeit und materiellen Wohlstand, aber gleichzeitig Zerstörung und Dominanzverhältnisse. Dieses Ausgreifende, auf die billigen Ressourcen und billige Arbeitskraft andernorts Zugreifende kann durch den Begriff „Imperiale Lebensweise“ benannt werden. In den früh industrialisierten Staaten leben wir schon lange in dieser Form. Neu ist, dass diese Lebensweise immer deutlicher an ökologische Grenzen stößt.
Das zweite Neue ist, dass sich diese Lebensweise über den Aufstieg von Schwellenländern, wie China oder Brasilien, ganz dynamisch auch im globalen Süden in der Bevölkerung ausbreitet. Diese Staaten werden nun zu Akteuren, die an dieser Aufteilung der Welt teilhaben wollen. Denn sie haben selbst wohlhabende Mittelschichten und große Unternehmen. das erzeugt zunehmend Spannungen, etwa um Landbesitz in Osteuropa oder in Afrika.

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Ulrich Brand