VCÖ: Sinkender Anteil des Schienengüterverkehrs gefährdet das Erreichen der Klimaziele

VCÖ: Beratungsstelle und Verlagerungscoaches sollen Unternehmen stärker unterstützen

Foto: MichaelGaida/Pixabay

VCÖ (Wien, 23. Juni 2021) – Die Klimaziele im Verkehr sind nur erreichbar, wenn der Anteil der Schiene am Gütertransport deutlich erhöht wird. Aber die Zahl der Betriebe, die über Gleisanschlüsse Güter direkt auf die Schiene bringen, ist in Österreich in den vergangenen fünf Jahren um zehn Prozent auf unter 600 gesunken, macht der VCÖ aufmerksam. Der VCÖ fordert eine unabhängige Beratungsstelle, die Unternehmen bei der Verlagerung auf die Schiene unterstützt. Zudem ist nach Schweizer Vorbild die Steuerbegünstigung von Diesel abzuschaffen.

97,5 Millionen Tonnen Güter wurden im Vorjahr auf Österreichs Schienennetz transportiert. Damit wurden rund 5,6 Millionen Lkw-Fahrten vermieden. Im Coronajahr 2020 ging die Transportmenge um fast fünf Millionen Tonnen zurück. „Der Rückgang im Schienengüterverkehr ist kein einmaliger, Covid-19 bedingter Effekt. Schon in den zwei Jahren davor nahm der Gütertransport mit der Bahn ab, während der Lkw-Verkehr zugenommen hat“, stellt VCÖ-Experte Michael Schwendinger fest.

Dabei liegt Österreich mit einem Bahngüteranteil von 28 Prozent deutlich über dem EU-Schnitt von 18 Prozent. Zum Erfolg tragen die betrieblichen Gleisanschlüsse und der Einzelwagenverkehr wesentlich bei, wodurch auch kleinere Unternehmen Güter auf der Bahn transportieren können. Der VCÖ weist darauf hin, dass seit dem Jahr 2016 die Anzahl der aktiven betrieblichen Gleisanschlüsse von 643 auf 579 gesunken ist. Damit sind schon fast 400 der 950 betrieblichen Gleisanschlüsse nicht aktiv. „Es braucht in diesem Bereich dringend eine Trendumkehr, sonst werden die Klimaziele deutlich verfehlt, was hohe Kosten zur Folge hätte“, erinnert VCÖ-Experte Schwendinger an den im Frühjahr veröffentlichten Rechnungshofbericht, der die Strafzahlungen für Österreich wegen des Verfehlens der Klimaziele mit bis zu neun Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 beziffert. Dass stillgelegte Anschlussbahnen durch Unterstützung wieder reaktiviert werden können, in Salzburg zu sehen. Im Eisenwerk Sulzau-Werfen werden seit heuer rund 20.000 Tonnen Eisenschrott pro Jahr von der Straße zurück auf die Schiene verlagert.

Laut Umweltbundesamt verursachen in Österreich Lkw-Sattelzüge im Schnitt 66,5 Kilogramm CO2 pro 1.000 Tonnenkilometer und damit mehr als 20 Mal so viel wie die Bahn mit 3,1 Kilogramm. Benachteiligungen der Anschlussbahnen gegenüber der Straße sind daher rasch zu beseitigen. Während die Anbindung der Betriebe an das Straßennetz im Regelfall vollständig durch die öffentliche Hand finanziert wird, bleiben die verladenden Unternehmen trotz Förderung auf einen großen Teil der Kosten für die Gleisanschlüsse sitzen. Zudem sollten produzierende Betriebe künftig im Nahbereich bestehender Bahnstrecken ansiedeln und Anschlussgleise erhalten.

Die fehlende Internalisierung externer Kosten fördert zusätzlich den Lkw-Verkehr. Externe Kosten sind nicht im Preis enthalten, werden damit nicht vom Verursacher bezahlt, sondern auf die Allgemeinheit abgewälzt. EU-weit verursachte der Lkw-Verkehr vor Covid-19 externe Kosten von über 190 Milliarden Euro pro Jahr. Zusätzlich profitiert der Lkw-Verkehr vom Dieselprivileg. Der VCÖ fordert, dass so wie in der Schweiz und Schweden Diesel nicht mehr steuerlich begünstigt wird.

Aber auch fehlendes Know-How ist ein Grund, warum Güter nicht auf der Schiene transportiert werden. In Niedersachsen und in der Region Frankfurt-Rhein-Main gibt es unabhängige regionale Schienencoaches, die Unternehmen bei der Verlagerung von Güter auf die Schiene beraten. „Österreich muss das Verlagerungspotenzial im Güterverkehr möglichst rasch und umfassend ausschöpfen, um die Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs im nötigen Ausmaß reduzieren zu können. Es braucht für verlagerungswillige Unternehmen eine stärkere Unterstützung als bisher, etwa durch regionale Verlagerungscoaches sowie auf Bundesebene durch eine Beratungsstelle, ähnlich wie es für betriebliches Mobilitätsmanagement Beratung durch "klimaaktiv mobil" gibt“, fordert VCÖ-Experte Schwendinger.

 

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