VCÖ: WHO-Richtwerte für PM2,5-Feinstaub im Vorjahr an allen Messstellen überschritten, für Stickstoffdioxid bei 75 Prozent der Messstellen

VCÖ: In Österreich verursacht Luftverschmutzung laut Europäischer Umweltagentur 4.500 vorzeitige Todesfälle pro Jahr

VCÖ (Wien, 28. November 2023) – Die Luftqualität in Österreich hat sich in den vergangenen 15 Jahren verbessert, aber gesund ist die Luft vielerorts leider noch immer nicht, macht der VCÖ aufmerksam. Im Vorjahr wurden bei allen Messstellen für den besonders gesundheitsschädlichen PM2,5 Feinstaub die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation WHO überschritten sowie bei 75 Prozent der Stickstoffdioxid-Messstellen. Luftschadstoffe machen krank. Laut Europäischer Umweltagentur verursachte die Luftverschmutzung zuletzt 4.500 vorzeitige Todesfälle in Österreich. Der VCÖ fordert verstärkte Maßnahmen für eine gesündere Luft. Im Verkehrsbereich ist das Potenzial zur Reduktion der gesundheitsschädlichen Schadstoffe groß.

„Werden nur die EU-Grenzwerte betrachtet, könnte man meinen, in Österreich wäre überall die Luft sauber. Doch aus Gesundheitssicht sind die Grenzwerte viel zu hoch. Die für die Gesundheit der Bevölkerung relevanten Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation werden leider vielerorts deutlich überschritten. Es braucht verstärkte Maßnahmen gegen Luftverschmutzung und zwar rasch“, stellt VCÖ-Expertin Lina Mosshammer fest.

Eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten des Umweltbundesamts zeigt, dass der Richtwert der WHO für den besonders gesundheitsschädlichen PM2,5 Feinstaub im Vorjahr an allen Messstellen überschritten wurde. Aus Gesundheitssicht soll die Belastung mit PM2,5 Feinstaub im Jahresmittel unter 5 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen. Bei 44 der 60 PM2,5 Messstellen war der Jahresmittelwert mit über 10 Mikrogramm sogar mehr als doppelt so hoch. Bei den zwei Messstellen mit der höchsten PM2,5 Feinstaub-Belastung – Graz Don Bosco und Graz Süd – war der Jahresmittelwert sogar dreimal so hoch wie von der WHO empfohlen, verdeutlicht der VCÖ.

Auch bei den Messstellen für den grobkörnigeren PM10-Feinstaub wurde der WHO-Richtwert für den Jahresmittelwert an mehr als der Hälfte der Messstellen überschritten. Je kleiner die Feinstaubpartikel, umso gefährlicher sind sie. Langfristige Belastungen erhöhen unter anderem das Risiko für Herzinfarkt und auch Lungenkrebs. Für Kinder sind die Feinstaubpartikel sehr schädlich, weil sich ihre Lunge im Wachstum befindet und sie im Verhältnis zur Körpergröße mehr Luft einatmen. Der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter und Sprecher der "ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt" betont: „Schon lange haben wir aus ärztlicher Sicht darauf hingewiesen, dass die gesetzlichen Vorgaben zu den Langzeitmittelwerten etwa von Feinstaub und Stickstoffdioxid deutlich zu lasch sind. Aufgrund der nachgewiesenen Krankheitslast der Bevölkerung durch Luftverschmutzung ist es dringend an der Zeit, weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität umzusetzen. Immerhin hängt von dieser ja nicht nur unser Wohlbefinden ab, sondern auch unsere Lebenserwartung.“

Bei Stickstoffdioxid (NO2) wurde im Vorjahr bei 75 Prozent der 143 Messstellen der WHO-Richtwert von 10 Mikrogramm NO2 im Jahresmittel überschritten, bei jeder 4. Messstelle war die Belastung mehr als doppelt so hoch wie der WHO-Richtwert, verdeutlicht der VCÖ. An vier Messstellen war die Belastung mehr als dreimal so hoch und zwar in Vomp in Tirol an der A12, in Linz (Messstelle Römerberg), Graz (Messstelle Don Bosco) und Hallein an der A10 Tauernautobahn. Stickstoffdioxid kann Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Lungenschäden verursachen. Für mehr als die Hälfte der Stickoxid-Belastung ist der Verkehr verantwortlich, insbesondere Dieselabgase.

Dass Luftverschmutzung eine große Gesundheitsgefahr ist, zeigen auch die neuesten Daten der Europäischen Umweltagentur. Allein im Jahr 2021 hat die Luftverschmutzung durch Feinstaub, Stickstoffdioxid und Ozon in Österreich 4.500 vorzeitige Todesfälle verursacht. „Luft ist unser wichtigstes Lebensmittel. Was wir einatmen hat großen Einfluss darauf, ob wir gesund bleiben oder krank werden. Umso wichtiger ist es, möglichst rasch die Richtwerte der WHO zu erreichen“, stellt VCÖ-Expertin Lina Mosshammer fest.

Der Verkehrsbereich kann einen sehr großen Beitrag zur Reduktion der Luftverschmutzung leisten, betont der VCÖ. Zum einen durch niedrigere Tempolimits. Das Land Salzburg hat festgestellt, dass allein das flexible Tempolimit 100 auf der Tauernautobahn (IG-L Tempolimit) den Stickoxidausstoß beim Pkw-Verkehr um 19 Prozent reduzierte, inklusive dem nicht betroffenen Lkw-Verkehr brachte das flexible Tempolimit eine Reduktion um acht Prozent, was der Wirkung einer Gesamtsperre der Autobahn von knapp einem Monat entspricht. „Die Gesundheit der Bevölkerung ist das höchste Gut. Deshalb ist ein Beibehalten beziehungsweise Einführen von niedrigeren Tempolimits wichtig, solange die Schadstoffbelastung über den Richtwerten der WHO liegt“, betont VCÖ-Expertin Mosshammer. Höheres Tempo erhöht nicht nur den Schadstoffausstoß, sondern auch Reifen- und Bremsabrieb, den auch Elektroautos verursachen.

In den Gemeinden und Städten kann durch Verkehrsberuhigung sowie mit einer Verkehrs- und Stadtplanung, die das zu Fuß gehen und Radfahren fördert, wesentlich dazu beigetragen werden, dass die Bevölkerung mehr Alltagserledigungen gesund und emissionsfrei zu Fuß oder mit dem Fahrrad machen kann. In Städten sind zudem auch emissionsfreie Lieferzonen wichtig, um die Luftverschmutzug durch Diesel-Transporter zu reduzieren.

VCÖ: WHO-Richtwert für PM2,5-Feinstaub bei 44 von 60 Messtellen um mehr als das Doppelte überschritten
(Jahresmittelwerte im Jahr 2022)
Richtwert der WHO für PM2,5: Jahresmittelwert 5 Mikrogramm / Kubikmeter Luft
Grenzwert des Immissionsschutz-Gesetzes Luft: Jahresmittelwert 25 Mikrogramm / Kubikmeter Luft

Graz Don Bosco: 16,0
Graz Süd Tiergartenweg: 15,6
Leibnitz: 13,8
Wolfsberg: 13,5
Eisenstadt: 12,5
Kittsee: 12,4
Linz Römerberg: 12,3
Klagenfurt Völkermarkterstraße: 12,1
Graz Nord: 12,0
Traun: 12,0

Enns Kristein A1: 11,9
Linz Neue Welt: 11,8
Wien Floridsdorf: 11,7
Wien Stadlau: 11,7
Wien Taborstraße: 11,6
Wien Kaiserebersdorf: 11,5
Klagenfurt Sterneckstraße: 11,5
Amstetten: 11,5
Hainburg: 11,5
Neusiedl im Tullnerfeld: 11,3

Zwentendorf: 11,2
Lienz Amlacherkreuzung: 11,1
Linz 24er-Turm: 11,1
Linz Stadtpark: 11,0
Wien Gaudenzdorf: 11,0
Braunau: 11,0
Steyregg Au: 11,0
Tulln: 10,9
Vöcklabruck: 10,9
Voitsberg: 10,9

Wels Linzerstraße: 10,9
Trasdorf: 10,8
Klosterneuburg: 10,7
Wien A23 Wehlistraße: 10,7
Wien AKH: 10,6
Mödling: 10,6
St.Valentin A1: 10,6
Wien Belgradplatz: 10,5
Wien Liesing: 10,5
St. Pölten: 10,4

Lustenau: 10,3
Wien Lobau: 10,3
Illmitz: 10,2
Wr. Neudorf: 10,1

Quelle: Umweltbundesamt, VCÖ 2023

Zurück zur Übersicht

VCÖ: Klimaschädliche Subventionen im Verkehr steigen im nächsten Jahr um mindestens 160 Millionen Euro

VCÖ (Wien, 19. Juni 2025) – Statt zu sinken werden die klimaschädlichen Subventionen im Verkehr aufgrund der Budgetmaßnahmen der Bundesregierung steigen, macht die Mobilitätsorganisation VCÖ aufmerksam. Nach rund 2,4 Milliarden Euro im Vorjahr werden es im kommenden Jahr durch die Abschaffung der NoVA für Klein-Lkw und die Verdreifachung des Pendlereuros um mindestens 160 Millionen Euro sein. Angesichts des in Österreich besonders stark fortschreitenden Klimawandels fordert der VCÖ den Abbau der klimaschädlichen Förderungen und verstärkte Maßnahmen für die Verbesserung des klimafreundlichen Mobilitätsangebots.

Mehr dazu

VCÖ zum Weltumwelttag: Verkehr ist in Österreich weiterhin ein großes Umweltproblem

VCÖ (Wien, 4. Juni 2025) – Die gute Nachricht zum Welt-Umwelttag: Die Emissionen des Verkehrs sind in den vergangenen 20 Jahren deutlich gesunken. Die schlechte Nachricht: Der Verkehr ist nach wie vor ein großes Umweltproblem, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten des Umweltbundesamts zeigt. So ist der Verkehr der größte Verursacher von Stickoxid- und Blei-Emissionen sowie für 43 Prozent der versiegelten Fläche und für 30 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Der VCÖ fordert verstärkte Maßnahmen, um Mobilität und Gütertransport umweltverträglicher und damit auch gesünder zu machen.

Mehr dazu
Foto: Reinhard Oehner