VCÖ zu Klimastreik: Klimaziele nur mit verstärktem Umstieg von Auto auf Bahn erreichbar - Umfrage zeigt, was zum Umstieg bewegt

VCÖ-Bahntest: Klimaticket und gestiegene Spritpreise bewegten zum Umstieg auf die Bahn, großes Umsteigepotenzial durch häufigere Verbindungen und kürzere Gesamtreisezeit

VCÖ (Wien, 23. September 2022) – 56 Prozent der Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer fahren heute Strecken mit dem Zug, die sie früher mit dem Auto gefahren sind. Neben der nutzbaren Zeit waren die gestiegenen Spritpreise und das Klimaticket die Hauptgründe für den Umstieg, wie der diesjährige VCÖ-Bahntest zeigt. Für Pendlerinnen und Pendler war das Klimaticket ein besonders häufiger Grund vom Auto auf die Bahn umzusteigen. Drei Viertel sagten, dass sie noch weitere Autofahrten auf die Bahn verlagern können. Als Voraussetzung dafür wurden eine kürzere Gesamtreisezeit der Bahn und häufigere Bahnverbindungen am häufigsten genannt. Der VCÖ betont, dass es angesichts flexiblerer Arbeitszeiten und mehr Teilzeit-Jobs auch außerhalb der klassischen Pendelzeiten häufige Verbindungen braucht.

"Während andere Sektoren ihre Treibhausgas-Emissionen seit dem Jahr 1990 reduziert haben, waren die klimaschädlichen Emissionen des Verkehrs im Jahr 2021 um fast 60 Prozent höher als im Jahr 1990. Die Verkehrszunahme macht Einsparungen anderer Sektoren wieder zunichte. Österreich kann seine Klimaziele nur erreichen, wenn künftig weniger mit dem Auto und stattdessen mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren wird. Und die Bereitschaft zum Umstieg ist vorhanden“, verweist VCÖ-Experte Michael Schwendinger auf die Ergebnisse des diesjährigen VCÖ-Bahntests. Beim VCÖ-Bahntest wurden heuer österreichweit über 9.300 Fahrgäste in den Zügen von zehn Bahnunternehmen befragt. 56 Prozent der Fahrgäste sagten, dass sie heute Strecken mit der Bahn fahren, die sie früher mit dem Auto zurückgelegt haben. Bei Pendlerinnen und Pendlern beträgt der Anteil sogar 61 Prozent.

Abgefragt wurden beim VCÖ-Bahntest auch die Gründe und Motive für den Umstieg. Dabei waren Mehrfachnennungen möglich. Das am häufigsten genannte Motiv – nämlich von 64 Prozent –  mit sehr großen Einfluss   für den Umstieg ist das Klimaticket. Gleich dahinter folgen die nutzbare Zeit beim Reisen, die für 59 Prozent mit ausschlaggebend war, häufiger mit der Bahn statt mit dem Auto zu fahren. Und die gestiegenen Spritpreise hatten für 52 Prozent sehr großen Einfluss mehr mit der Bahn statt mit dem Auto zu fahren.

Bei der Gruppe Pendlerinnen und Pendler, die Fahrten vom Auto auf die Bahn verlagert haben, war das Klimaticket sogar für 74 Prozent ein sehr wichtiger Grund. „Das ist nicht überraschend, denn für Pendlerinnen und Pendler ist die Ersparnis durch das Klimaticket besonders hoch“, weist VCÖ-Experte Schwendinger auf ein paar Beispiele hin. Wer die Strecke Wels – Linz mit der Bahn statt mit dem Auto pendelt, spart sich mit dem Klimaticket Oberösterreich allein im Vergleich zu den Spritkosten rund 1.200 Euro im Jahr, auf der Strecke Amstetten -  St. Pölten sind es mit dem Klimaticket Region sogar rund 3.600 Euro an jährlicher Ersparnis und auf der Strecke Villach – Klagenfurt ersparen sich Pendlerinnen und Pendler mit dem Klimaticket Kärnten im Vergleich zu den Spritkosten rund 1.500 Euro pro Jahr.  

Das Potenzial, weitere Autofahrten auf die Bahn zu verlagern, ist groß. Drei Viertel der Fahrgäste mit Führerschein sagen, dass sie weitere Strecken vom Auto auf die Bahn verlagern können, wenn sich durch verbesserte Anschlussverbindungen die Gesamtreisezeit verkürzt sowie durch häufigere Bahnverbindungen. Auch die bessere Erreichbarkeit des Bahnhofs mit öffentlichen Verkehrsmitteln wird häufig als wichtiger Faktor genannt. „Gerade in den Regionen ist das öffentliche Angebot für die Strecke von zu Hause zum Bahnhof bzw. vom Bahnhof nach Hause vielerorts zu verbessern. In dünner besiedelten Regionen sind Rufbusse und Anrufsammeltaxis eine gute Lösung“, erklärt VCÖ-Experte Schwendinger.

Insgesamt ist das öffentliche Verkehrsangebot auch noch stärker auf die Veränderungen am Arbeitsmarkt anzupassen, betont die Mobilitätsorganisation VCÖ. Die Arbeitszeiten werden flexibler, bereits fast 1,3 Millionen Beschäftigte in Österreich arbeiten Teilzeit. Damit braucht es auch außerhalb der klassischen Pendelzeiten ein gutes öffentliches Verkehrsangebot. „Vor allem in den Schulferien gibt es in einigen Regionen große Lücken. Hier sind die Bundesländer gefordert, sicherzustellen, dass es ganzjährig für die Bevölkerung ein gutes öffentliches Verkehrsangebot gibt“, betont VCÖ-Experte Schwendinger.

Eine wichtige Rolle beim Bemühen, Pendlerinnen und Pendler zum Umsteigen auf den Öffentlichen Verkehr zu motivieren, spielen Unternehmen. Diese können durch das Öffi-Jobticket für Beschäftigte und andere Maßnahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements wesentlich dazu beitragen, dass mehr Pendlerinnen und Pendler vom Auto auf die Bahn umsteigen, wie erfolgreiche Beispiele in ganz Österreich zeigen, wie beispielsweise Infineon in Villach, Blum in Vorarlberg oder Püspök in Parndorf. 70 Prozent der Fahrgäste, die noch weitere Autofahrten auf die Bahn verlagern können, gaben beim VCÖ-Bahntest an, dass ein Öffi-Jobticket sie zum Umsteigen motivieren würde.

Am VCÖ-Bahntest 2022 nahmen über 9.300 Fahrgäste in den Zügen von zehn Bahnunternehmen teil (Außerfernbahn – DB Regio, Graz Köflacher Bahn, Mariazellerbahn, Newrest Wagon Lits, ÖBB, Raaberbahn, Salzburger Lokalbahn, Steiermarkbahn, WESTbahn und Zillertalbahn).

VCÖ: Mehr als die Hälfte der Bahnfahrenden ist von Auto auf Bahn umgestiegen (Fahren Sie Strecken, die Sie früher mit dem Auto zurückgelegt haben, heute mit der Bahn? In Klammer Pendlerinnen und Pendler)

Ja, viele: 18 Prozent (22 Prozent)

Ja, manche: 38 Prozent (39 Prozent)

Nein: 44 Prozent (39 Prozent)

Quelle: VCÖ-Bahntest 2022

 

VCÖ: Was zum Umstieg vom Auto auf die Bahn motivierte (Welche Gründe hatten SEHR GROSSEN Einfluss auf Umstieg vom Auto auf die Bahn (in Klammer Pendelnde) – Mehrfachantworten möglich)

Klimaticket: 64 Prozent (74 Prozent)

Nutzbare Zeit (arbeiten, lesen, ausruhen): 59 Prozent (58 Prozent)

Gestiegene Spritpreise: 52 Prozent (53 Prozent)

Kürzere Fahrzeit der Bahn: 36 Prozent (31 Prozent)

Parkraumbewirtschaftung am Zielort: 34 Prozent (29 Prozent)

Wechsel von Arbeitsort bzw. Ausbildungsort: 34Prozent (39 Prozent)

Veränderte Lebensumstände (zB Umzug): 33 Prozent (31 Prozent)

Häufigere Verbindungen, besseres Angebot: 28 Prozent (24 Prozent)

Bessere Anbindung des Bahnhofs mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln: 28 Prozent  (21 Prozent)

Bessere Erreichbarkeit des Bahnhofs mit dem Fahrrad: 23 Prozent (19 Prozent)

Auto schlechter verfügbar: 22 Prozent (18 Prozent)

Quelle: VCÖ-Bahntest 2022

 

VCÖ: Mit kürzerer Gesamtreisezeit und häufigeren Verbindungen sind mehr Autofahrten auf die Bahn verlagerbar

Würden Sie noch weitere Autofahrten auf die Bahn verlagern, wenn …

… die Gesamtreisezeit auf Wegen mit der Bahn inklusive Anschlussverbindungen kürzer wäre: 82 Prozent (83 Prozent)

… es häufigere Bahnverbindungen gäbe: 77  Prozent (76 Prozent)

… der Abfahrtsbahnhof besser mit Öffentlichem Verkehr erreichbar wäre: 70 Prozent (69 Prozent)

… es für den Arbeitsweg ein kostenloses Öffi-Ticket gäbe (Jobticket): 69 Prozent (70 Prozent)

… man bei längeren Reisen sein Gepäck bereits vor der Reise aufgeben könnte: 49 Prozent (48 Prozent)

… am Zielort kostenloses Parken nicht mehr möglich wäre: 47 Prozent (47 Prozent)

… der Abfahrts-Bahnhof besser mit dem Fahrrad erreichbar wäre: 44 Prozent (44 Prozent)

… es am Bahnhof eine Radleih-Station gäbe: 36 Prozent (37 Prozent)

… es am Bahnhof ein Carsharing-Angebot gäbe: 36 Prozent (38 Prozent)

Quelle: VCÖ-Bahntest 2022

Zurück zur Übersicht

VCÖ-Factsheet: Parkraumbewirtschaftung für Mobilitätswende nutzen

Anfang der 1990er-Jahre wurden in Wien flächendeckende Gebühren für das Abstellen von Pkw im öffentlichen Raum eingeführt. Ab dem Jahr 2022 wird die Parkraumbewirtschaftung auf alle Wiener Bezirke ausgeweitet. Internationale Beispiele zeigen, dass weiteres Potenzial besteht.

Mehr dazu
Foto: VCÖ

Wer braucht Regionalflughäfen?

Die Krise des Flugverkehrs in der Covid-19-Pandemie rückt die Frage nach dem Nutzen vieler Regionalflughäfen als ehemalige Prestigeprojekte ins Rampenlicht. Angesichts der Klimaauswirkungen des Flugverkehrs wird eine Umnutzung verstärkt diskutiert.

Mehr dazu