VCÖ zum Welttag des Fahrrads: Österreich hat beim Radverkehr im internationalen Vergleich großen Aufholbedarf
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VCÖ (Wien, 2. Juni 2022) – Jährlich 300 Millionen Euro sparen sich die Österreicherinnen und Österreicher, weil sie Strecken mit dem Fahrrad statt mit dem Auto fahren. Die Ersparnis könnte deutlich höher sein, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten hat Österreich sowohl bei der Rad-Infrastruktur als auch bei den rechtlichen Regelungen großen Aufholbedarf. Die Infrastruktur weist vielerorts große Mängel auf, gesetzliche Regelungen, die in anderen Staaten schon längst gang und gäbe sind, sind in Österreich noch immer nicht umgesetzt beziehungsweise werden blockiert. Der VCÖ fordert die rasche Umsetzung der StVO-Novelle, Tempo 30 statt 50 im Ortsgebiet und eine Infrastrukturoffensive für den Radverkehr sowohl in Städten als auch in den Regionen.
Über zwei Milliarden Kilometer pro Jahr werden in Österreich für Alltagswege mit dem Fahrrad gefahren. Im Vergleich zum Auto ersparen sich die Österreicherinnen und Österreicher bei aktuellen Spritpreisen rund 300 Millionen Euro pro Jahr und vermeiden rund 400.000 Tonnen CO2, macht der VCÖ anlässlich des morgigen Welttags des Fahrrads aufmerksam. „Die Österreicherinnen und Österreicher könnten sich doppelt bis dreimal so viel sparen, wenn die Rad-Infrastruktur und die gesetzlichen Regelungen ein Niveau hätten, das es in anderen Staaten bereits gibt“, stellt VCÖ-Experte Michael Schwendinger fest und erinnert an den gesamtgesellschaftlichen Nutzen. „Radfahren hilft der Bevölkerung nicht nur beim Spritsparen, sondern ist auch klimafreundlich und sehr gesund. Wer sich täglich eine halbe Stunde bewegt, reduziert laut Weltgesundheitsorganisation das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 50 Prozent.“
Österreich hätte optimale Voraussetzungen, um eines der Top Radfahrländer Europas zu sein, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Drei Viertel aller Haushalte in Österreich haben zumindest ein funktionstüchtiges Fahrrad. Zwei Drittel der Autofahrerinnen und Autofahrer nutzen das Fahrrad zumindest gelegentlich als Verkehrsmittel. Vier von zehn Autofahrten sind kürzer als fünf Kilometer, sechs von zehn kürzer als zehn Kilometer. Zudem haben alle Bundesländer und alle Bundesregierungen der vergangenen Jahre das Ziel, den Radverkehr deutlich zu erhöhen. „Bei den Zielsetzungen ist Österreich spitze, in der konkreten Umsetzung hingegen hapert es. Umso wichtiger ist es, die nun in der StVO-Novelle vorgesehenen Maßnahmen rasch umzusetzen. Es sind Maßnahmen, die in anderen Staaten schon lange gang und gäbe sind, gut funktionieren und den Praxistest bestanden haben“, betont VCÖ-Experte Schwendinger.
Den Grünpfeil zum Rechtsabbiegen bei Rot gibt es in den Niederlanden seit dem Jahr 1991, darüber hinaus unter anderem in der Schweiz, Deutschland, Belgien, Frankreich und Dänemark. Die generelle Öffnung der Einbahnen für das Radfahren in beide Richtungen gibt es neben der Schweiz und Frankreich beispielsweise in Belgien bereits seit dem Jahr 2002. Aus Sicht des VCÖ sollte Österreich die belgische Regelung übernehmen, wo Einbahnen ab einer Breite von drei Metern geöffnet sind. In Österreich ist das erst ab einer Fahrbahnbreite von vier Metern geplant. Wichtig für die Sicherheit der Radfahrerinnen und Radfahrer ist zudem der Mindestabstand von 1,5 Metern beim Überholen im Ortsgebiet und zwei Metern außerorts. Den Mindestabstand gibt es unter anderem in Spanien, Portugal und Deutschland, informiert der VCÖ.
Um auch Familien mit Kindern das sichere Radfahren zu erleichtern, soll im Ortsgebiet die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h reduziert werden. Ein höheres Tempo soll dort erlaubt sein, wo es aus Sicht der Verkehrssicherheit zulässig ist. Eine Regelung, die unter anderem auch vom Land Tirol gefordert wird. In Spanien gilt bereits seit Mai 2021 die landesweite Regelung, dass im Ortsgebiet auf Straßen mit jeweils einer Richtungsfahrbahn Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit gilt und auf Straßen mit einer Fahrspur für beide Richtungen Tempo 20.
Aufgrund der Versäumnisse in der Vergangenheit braucht es eine Infrastrukturoffensive für den Radverkehr. In Ballungsräumen sind Radschnellwege als direkte Verbindungen vom Umland in die Stadt umzusetzen. International gibt es diese bereits in vielen Staaten, nicht nur in den Niederländen und Dänemark, sondern unter anderem auch in Großbritannien, Belgien, der Schweiz und in Deutschland. „In diesen Ländern nutzen viele Pendlerinnen und Pendler Radschnellwege. Sie kommen dadurch spritsparend, sicher und klimafreundlich mit dem Rad statt mit dem Auto zur Arbeit“, informiert VCÖ-Experte Schwendinger. Groß ist der Aufholbedarf bei der Rad-Infrastruktur in vielen Regionen Österreichs. Jede Wohnsiedlung sollte das nächstgelegene Ortsgebiet sicher mit dem Fahrrad erreichen können.