VCÖ-Magazin 2022-01 Die Mobilität von Frauen ist vielfältiger
Frausein ist keine Qualifikation. So wie es Mannsein sein auch nicht ist. Aber das Fehlen von Diversität in der Verkehrsplanung behindert das Umsetzen einer inklusiven Mobilität. Und fehlende Barrierefreiheit der Mobilitätsinfrastruktur betrifft Frauen stärker.
Weiblich gelesene Mobilität ist für die Augen männlicher Planung oft unsichtbar, weil ungeahnt, unerlebt und unreflektiert, formuliert es die Mobilitätsaktivistin Katja Diehl in ihrem neuen Buch „Autokorrektur“ und nennt ein Beispiel: Wenn deutlich weniger weibliche Radfahrende unterwegs sind, ist dies ein guter Gradmesser dafür, dass die Infrastruktur nicht stimmt.
Im Verkehrssektor arbeiten immer noch vor allem Männer, deren Mobilitätserfahrung sich von jener der Frauen deutlich unterscheidet. Männer arbeiten in Österreich häufiger Vollzeit, sind zu den „Hauptverkehrszeiten“ unterwegs. Frauen begleiten häufiger Kinder und alte Menschen auf ihren Wegen und erledigen öfter Einkäufe. Auch ist die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs in der Nacht für viele Frauen mit Angst vor Übergriffen verbunden. Damit Frauen sich sicher fühlen, ist die Gestaltung der letzten Meile wichtig, etwa der Fußweg von der Haltestelle nach Hause. Doch digitale Angebote wie Routing-Apps kennen den „sichersten Weg“ nicht.
Objektive Daten nutzen
Um inklusive Angebote zu schaffen, braucht es eine nutzungsorientierte Mobilitätsplanung, die auf korrekt erhobenen Daten basiert. Der österreichische Städtebund hat in Kooperation mit dem Sora-Institut den Städtebund-Gleichstellungsindex entwickelt, das erste umfassende Analysetool für die Gleichstellung in Österreich auf Gemeindeebene sowie für Wien auf Bezirksebene. Er untersucht, wo Österreichs Städte und Gemeinden in der Gleichstellung stehen und zeigt Verbesserungspotenziale. Dem Index liegen insgesamt 21 Indikatoren aus neun unterschiedlichen Dimensionen zugrunde. Der Index aus dem Bereich Mobilität wird aus Daten der ÖROK-Erreichbarkeitsanalyse und der ÖV-Güteklassen abgeleitet. Erste Ergebnisse belegen, dass die Abwanderung aus ländlichen Regionen in Gemeinden höher ist, in denen die Kinderbetreuung für die 3- bis 6-Jährigen niedrige Werte im Vereinbarkeit-Indikator für Familie und Beruf aufweist und regionale Zentren schlechter mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Werden wirklich nutzungsbasierte Mobilitätsangebote geschaffen, trägt das zu Teilhabe, Daseinsvorsorge und sozialer Gerechtigkeit für alle bei.
Vielfalt in der Verkehrsplanung als Chance
Die Mobilitätswende bringt allen was
Rollenverteilung überdenken, Mobilität vielfältiger gestalten
Frauen machen mobil - Frauen mobil machen
Gloria Benedikt - Die Kunst hilft wissenschaftliche Erkenntnisse zu verstehen
Noch ist der Frauenanteil in der Verkehrspolitik gering
Seit 7. Jänner 2020 ist Leonore Gewessler Verkehrsminister. Sie ist erst die vierte Frau in diesem Amt. Vor ihr hatten Valerie Hackl kurz (zwischen 22. Mai und 3. Juni 2019) sowie Doris Bures länger (2. Dezember 2008 bis 1. September 2014) das Amt inne. Es dauerte bis zum November 2000 als die zweite Republik nach 15 Männern die erste Frau als Verkehrsministerin bekam. Monika Forstinger war vom 14. November 2000 bis 18. Februar 2002 Verkehrsministerin. >> mehr lesen
Kommentare
Eine Ära geht zu Ende – eine neue beginnt!
von Ulla Rasmussen, VCÖ-Geschäftsführung
Mobilität braucht mehr Diversität - von Lina Mosshammer, VCÖ-Verkehrspolitik
Kompetente Frauen in Verkehr und Mobilität nennen
Aus der Praxis
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