Kreislaufwirtschaft in der Mobilität umsetzen

Mit Kreislaufwirtschaft kann die Umweltbilanz des Verkehrssystems stark verbessert werden. „Circular Mobility“ ermöglicht mehr Mobilität mit weniger Fahrzeugen. Zudem werden langlebigere und reparierbare Produkte eingesetzt.

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Während der Verkehrssektor rund vier Prozent zur Bruttowertschöpfung in Österreich beiträgt, ist er für 28 Prozent von Österreichs Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.1 Pro Kopf verursacht der Verkehr in Österreich um rund 50 Prozent mehr Treibhausgase als der EU-Schnitt. Statt zu sinken, ist der CO2-Ausstoß des Verkehrs in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen und lag im Jahr 2021 um 56 Prozent über dem Niveau des Jahres 1990. Der Gebäudesektor hat im gleichen Zeitraum seine CO2-Emissionen um ein Drittel reduziert.2

Mobilität als Kreislauf transformieren

Eine kreislauforientierte Wirtschaft zielt auf die Verlängerung der Lebensdauer der Erzeugnisse und der Intensivierung der Nutzung ab, um Ressourcenverbrauch, Abfallaufkommen und Umweltbelastungen auf ein Minimum zu reduzieren. Kreislaufwirtschaft ist ein zentraler Bestandteil des Europäischen Green Deals und wird in nationalen Strategien umgesetzt. Angesichts der zu hohen Treibhausgas- und Schadstoffemissionen, sowie des Rohstoffverbrauchs ist Kreislaufwirtschaft im Verkehrssektor eine Notwendigkeit. Der gesamte Materialverbrauch in Österreich liegt mit etwa 19 Tonnen pro Kopf und Jahr über den planetaren Grenzen, also dem was nachhaltig nachwachsen kann. Der Verkehrssektor ist für einen großen Teil davon verantwortlich.3 Der Ausbau von Infrastruktur und auch die Herstellung von Fahrzeugen ist sehr ressourcenintensiv. Ein klimaverträgliches Verkehrssystem reduziert nicht nur den Energie-, sondern auch den Ressourcenbedarf.

Fahrzeuge langlebig und flexibel designen

Zentral für die Anwendung der Kreislaufwirtschaft in der Mobilität ist die „9-R-Strategie“.  Zuerst sollte versucht werden die Anzahl der Fahrzeuge etwa durch Sharing und ein dichtes öffentliches Verkehrsnetz zu reduzieren. Im nächsten Schritt wird der mit der Fahrzeugherstellung verbundene Material- und Energieaufwand reduziert. Erst wenn Produkte oder Komponenten trotz verlängerter Lebensdauer nicht mehr anderweitig Verwendung finden, werden sie dem Abfallstrom zugeführt, als Sekundärrohstoffe genutzt und wieder in den Stoffkreislauf eingebracht. Nur jene Abfälle, die sich nicht zur stofflichen Verwertung eignen, werden thermisch verwertet.

Grafik veranschaulicht in einem Kreisdiagramm die 9-R Strategie der Kreislaufwirtschaft
Die Anzahl der Fahrzeuge reduzieren, deren Lebensdauer verlängern und am Ende die Materialien wieder verwenden. Die 9-R-Strategie verbessert die Umweltbilanz der Mobilität.

Materialien und Ressourcen wiederverwenden

Konkret auf Fahrzeuge angewandt, fordern die R-Strategien bereits in der Designphase, dass alle Möglichkeiten für Effizienz, Haltbarkeit, Reparierfähigkeit und einfache Rückgewinnung von Komponenten und Materialien ausgeschöpft werden müssen. Tatsächlich liegt in der Fahrzeugherstellung erhebliches Einsparungspotenzial, indem diese entlang der Grundsätze der Kreislaufwirtschaft neu gedacht wird. Ein Beispiel ist die Nutzung von erneuerbaren, bio-basierten Materialien für die Konstruktion, welche konventionelle Materialien ersetzen können.4 Die ÖBB bieten im Zuge ihrer Ersatzteil- und Komponentenaufarbeitung Fahrzeugteile als Dienstleistung für andere Fahrzeugflotten an.5

Pkw benötigen viele Ressourcen

Ein Pkw wiegt durchschnittlich 1,5 Tonnen. Der größte Anteil mit über 46 Prozent ist Stahl, über 13 Prozent jeweils Aluminium und Kunststoffe. Rund 15 Kilogramm Kupfer werden verbaut. Der gesamte Ressourcenverbrauch für die Produktion liegt im Schnitt bei 70 Tonnen Material und Ressourcen. Insgesamt entstehen bei der Herstellung etwa zehn bis elf Tonnen Treibhausgas-Emissionen je Pkw.6 In Österreich wurden in den vergangenen fünf Jahren mehr als 1,3 Millionen Pkw neu zugelassen.

Kleine statt übergewichtige Fahrzeuge

Nicht nur eine Reduktion der Anzahl, sondern auch der Einsatz kleinerer Fahrzeuge reduziert maßgeblich den CO2-Ausstoß und den Ressourceneinsatz. Die CO2-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus steigen bei Verbrenner-Pkw zwischen Kleinwagen und Oberklasse um fast 30 Prozent, bei E-Pkw können sich die CO2-Emissionen zwischen Kleinwagen und Oberklasse je gefahrenem Kilometer verdoppeln.7 Ein Verbrenner-Pkw in der Oberklasse wiegt im Schnitt rund 50 Prozent mehr als ein Kleinwagen. Im Durchschnitt benötigt die Batterie eines mittelgroßen Elektro-SUV etwa ein Viertel mehr kritische Rohstoffe wie Lithium, Nickel und Kobalt als die eines Elektro-Autos der - kleineren - Kompaktklasse.8

Wiedernutzung und Recycling forcieren

Ausgewählte Metalle in Fahrzeugen können theoretisch unter entsprechendem Energieaufwand zu bis zu 99,5 Prozent recycelt werden.9 In Österreich sind seit dem Jahr 2015 mindestens 95 Prozent der Altfahrzeuge nach Gewicht zu verwerten. Ein Großteil von 85 Prozent wird davon stofflich, inklusive thermischer Verwertung, verwertet.10 Je nach Gesamtfahrleistung entstehen 15 bis 20 Prozent der CO2-Emissionen bei der Produktion eines Verbrenner-Pkw und ein Prozent beim Recycling.11 Für eine zukunftsorientierte Wertschöpfungskette der Batterien bedarf es einer höheren stofflichen Verwertung und Möglichkeiten der Wiedernutzung.

Nachhaltige Mobilität verbraucht weniger Rohstoffe und Energie

Im Vergleich zu einem Diesel-Pkw ist der Energieeinsatz eines Linienbusses über den gesamten Lebenskreislauf um rund 77 Prozent pro Personenkilometer niedriger. Mit der Bahn sogar um 85 Prozent. Der Energieeinsatz pro Personenkilometer kann reduziert werden, wenn die Anzahl der Personen pro Fahrt erhöht wird. Wird das Fahrrad genutzt, ist der Energieeinsatz um 98 Prozent geringer als beim Pkw. Gehen ist energieneutral, das heißt es wird keine zusätzliche Energie eingesetzt.12

Grafik veranschaulicht mit Balkendiagrammen, dass auch bei E-Pkw die Umweltbilanz mit zunehmender Fahrzeuggröße schlechter wird.
Bei neun von zehn Autofahrten sitzt nur eine Person im Auto. Trotzdem haben Größe und Gewicht der Pkw stark zugenommen, was die CO2-Bilanz verschlechtert.

Weniger Fahrzeuge durch Sharing

Werden Mobilitätsangebote nach Bedarf genutzt statt Fahrzeuge persönlich besessen, reduziert das die Fahrzeuganzahl. Das bedingt neben dem Ausbau des klassischen Öffentlichen Verkehrs eine Erweiterung durch Rufbusse, Mikro-ÖV, Carsharing oder Bikesharing. Die Prinzipien einer Kreislaufwirtschaft sind elementar für die Transformation hin zu einem nachhaltigen Verkehrssystem. Der Fokus eines kreislauforientierten Verkehrssystems liegt auf der Bewegung von Menschen und Gütern von A nach B und nicht auf den Verkehrsmitteln. Im Zentrum steht eine Reduktion von Verkehr sowie die gemeinsame Nutzung klimaverträglich betriebener Verkehrsmittel, welche in ein multimodales Mobilitätssystem integriert sind. Dabei werden öffentliche Verkehrsmittel in Kombination mit Fahrzeugen auf Abruf als flexible Lösung für die letzte Meile genutzt. Gehen und Radfahren sind weitere Eckpfeiler für ressourcenschonende Mobilität.

Neue Mobilitätswelt im Kreislauf planen

Die Zukunft einer kreislauforientierten Mobilität hängt von weiterer Forschung, Investitionen, Innovationsbereitschaft sowie vielen kreativen Lösungen ab. Die Förderung von Autoverkehr etwa durch Straßenbau erhöht den Ressourcenverbrauch und folglich den CO2-Ausstoß. Außerdem braucht es klare und effektive EU-weite und nationale Vorgaben zum Design von Fahrzeugen. Diese sollten Langlebigkeit, Möglichkeit zur Reparatur und Recycling von Materialien und Rohstoffen sicherstellen. Andererseits gilt es, die Kreislauf-Kultur in der Gesellschaft durch Bewusstseinsbildung aufzubauen und mithilfe praktikabler Lösungen zu fördern.

VCÖ-Empfehlungen

Kreislaufwirtschaft über die gesamte Wertschöpfungskette in der Mobilität umsetzen

  • Bewusstsein für Kreislaufwirtschaft in der Mobilität über die gesamte Wertschöpfungskette schaffen.
  • Soziale und ökologische Vorgaben auf der EU-Ebene sowie für Österreich von der Rohstoffgewinnung bis zur Verwertung schaffen.

  • Verkehrsaufkommen reduzieren und Fahrzeugauslastung optimieren.

  • Das Mobilitätssystem flächendeckend um Sharing-Angebote erweitern. Damit kann die Anzahl der Fahrzeuge und folglich der Ressourcenverbrauch reduziert werden.

Fahrzeuge „Circular by Design“ gestalten

  • Fahrzeuge so konstruieren, dass sie langlebiger und reparierbarer sind.
  • Nachhaltige Stoffe für den Fahrzeugbau einsetzen sowie Recycling und Wiedernutzung im Design berücksichtigen.

  • Statt übergewichtigen und übermotorisierten Fahrzeugen kleinere und effizientere einsetzen.

Lina Mosshammer, VCÖ ‑ Mobilität mit Zukunft

„Kreislaufwirtschaft macht Mobilität nachhaltiger. Durch die Planung über den gesamten Kreislauf wird der Ressourcenbedarf zudem nicht nur reduziert, sondern die Ressourcen bleiben langfristig im System erhalten.“

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Die inhaltliche und redaktionelle Erstellung des VCÖ-Factsheets erfolgt durch den VCÖ. Der Inhalt muss nicht mit der Meinung der unterstützenden Institutionen übereinstimmen. Dieses Factsheet entstand mit finanzieller Unterstützung von: Land Oberösterreich, Land Tirol.


Quellen

Quellen

1 2021, Statista vgl. mit WKÖ Weblink vgl. mit Weblink
2 2021, Umweltbundesamt NowCast  
3 2020, Bericht: Ressourcennutzung in Österreich, BMK Weblink
4 2017, Cities in the circular economy: an initial exploration, Ellen MacArthur Foundation Weblink
5 ÖBB Weblink
6 Vgl. 2021, Die Ökobilanz von Personenkraftwagen, Umweltbundesamt Weblink
7 siehe Quelle 6  
8 2021, Future Battery Material Demand Analysis Based on U.S. Department of Energy R&D Targets. World Electr. Veh. J. 2021, 12, 90. Islam, E.S.; Ahmed, S.; Rousseau, A.  
9 2022, Faktencheck E-Mobilität, Klima- und Energiefonds  
10 2022, VCÖ Factsheet E-Autos im Sinne der Kreislaufwirtschaft konstruieren: 2022, Saubermacher AG nach EAK  
11 VCÖ Weblink
12 2019, VCÖ Publikation „Energiewende im Verkehr- erneuerbar und elektrisch“, Seite 18, Quelle: Umweltbundesamt 2019, ECF 2011  

 

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