VCÖ-Factsheet: VCÖ-Bahntest: Regionale Verbindungen verbessern
In Österreich wird zunehmend mehr Bahn gefahren. Doch das Potenzial wird bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Neben häufigeren Verbindungen werden von den Fahrgästen vor allem auch bei den Anschlussverbindungen Verbesserungen gewünscht.
VCÖ-Factsheet 2016-07 als PDF (703KB)
Österreichs Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer steigen häufiger in den Zug. Beim VCÖ-Bahntest 2016 sagten 39 Prozent der Fahrgäste, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten häufiger Bahn gefahren sind, 53 Prozent gleich viel, acht Prozent seltener. 16.435 Fahrgäste wurden in den Zügen von acht Bahnunternehmen befragt. Die Mehrheit der Fahrgäste erlebt beim Bahnfahren in Österreich eine verbesserte Qualität. Die größten Fortschritte wurden in den vergangenen zwölf Monaten bei der Gesamtreisezeit erreicht. Die Unzufriedenheit mit der zu geringen Anzahl an Zugverbindungen ist auf Regionalstrecken und bei jüngeren Fahrgästen am größten.
Große Bereitschaft häufiger Bahn zu fahren
Zu verbessern ist die Abstimmung der regionalen Busse beziehungsweise des Stadtverkehrs mit der Bahn. Die Analyse des SORA-Instituts zeigt, dass die öffentlichen Anschlussverbindungen und die Häufigkeit der Zugverbindungen die zentralen Faktoren für die Gesamtzufriedenheit sind. Diese beiden Faktoren beeinflussen auch die Bewertung der Einstiegsbahnhöfe wesentlich.
Zwei Drittel der Fahrgäste nennen eine bessere -Erreichbarkeit von Ausflugs- und Freizeitzielen mit der Bahn als Voraussetzung, die Bahn öfter zu nutzen, bei den älteren Fahrgästen sind es drei Viertel.
Nur sechs Prozent der Bahntest-Teilnehmenden waren mit der aktuellen Bahnfahrt insgesamt wenig oder gar nicht zufrieden. Jedoch beklagten mit zwölf Prozent doppelt so viele die mangelnde Anzahl der Zugverbindungen. Unzufriedener damit sind Fahrgäste am Weg in die Arbeit oder zur Ausbildung mit rund 15 Prozent sowie jene in Zügen des Regionalverkehrs mit rund 16 Prozent.
Die Zufriedenheit mit dem Sitzplatz-Angebot ist auf dem Weg zur Arbeit oder zur Ausbildung etwas geringer, aber ebenso auf der Fahrt in den Urlaub.
Elf Prozent der Fahrgäste sind mit der Abstimmung der regionalen Busse oder des Stadtverkehrs mit den Bahnen unzufrieden.
Weitere Verbesserungen gewünscht
Unter den Maßnahmen, die nötig sind, damit sie häufiger Bahn fahren, nennen drei Viertel der Fahrgäste mehr Zugverbindungen insbesondere am Abend und am Wochenende als Voraussetzung. Die Unzufriedenheit mit der zu geringen Anzahl an Zugverbindungen ist auf Regionalstrecken sowie bei jüngeren Fahrgästen am größten.
Das Zugpersonal vermittelt sechs von zehn Fahrgästen Sicherheit, vor allem älteren Fahrgästen ist begleitendes Zugpersonal sehr wichtig. 40 Prozent geben Begleitpersonal im Zug als wichtige Maßnahme an, um häufiger Bahn zu fahren – in der Gruppe der über 64-Jährigen sind es sogar 70 Prozent.
Wer häufig mit der Bahn fährt, wünscht sich häufigere Zugverbindungen und besseren Empfang für Mobiltelefon und Internet. Wer selten mit der Bahn fährt, wünscht sich am ehesten Tarife, die dem eigenen Nutzungsverhalten entsprechen.
Jeder Zweite vom Auto auf Bahn umgestiegen
Die meisten Fahrgäste nutzen die Bahn, obwohl sie auch das Auto nehmen könnten: 85 Prozent haben einen Pkw-Führerschein. 58 Prozent steht, wenn sie Autofahren wollen, ein Pkw zur Verfügung.
51 Prozent der Fahrgäste nützen für Strecken, die sie früher mit dem Auto zurücklegten, jetzt die Bahn. Im Jahr 2013 waren es nur 38 Prozent. Bei den über 65-Jährigen sind es sogar 73 Prozent.
Für mehr als zwei Drittel dieser Fahrgäste waren verbessertes Bahnangebot (68 Prozent) und kürzere Fahrzeit der Bahn (71 Prozent) mit ausschlaggebend, häufiger mit der Bahn statt mit dem Auto zu fahren.
Für 55 Prozent war die ungünstige Situation auf der Autostrecke ein Grund, auf die Bahn umzusteigen. Mit 85 Prozent war die nutzbare Zeit in der Bahn (z.B. Lesen, Arbeiten, Spielen) der am häufigsten genannte Grund für den Umstieg.
Je älter die Befragten, desto eher ist ihnen die sinnvoll nutzbare Zeit in der Bahn sehr wichtig und desto höher ist der Anteil jener, die Wege vom Auto auf die Bahn verlagert haben. Ältere Menschen steigen auch deshalb auf die Bahn um, weil in höherem Alter das Auto-fahren, dort wo es Alternativen gibt, seine Attraktivität verliert. Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil der vom Auto auf die Bahn Umgestiegenen unter Pendlerinnen und Pendlern.
Bahn hat für Freizeit und Urlaub großes Potenzial
42 Prozent der Befragten nutzten die Bahn im vergangenen Jahr zumindest einmal für den Weg zur Arbeit, 35 Prozent zur Ausbildung, 24 Prozent für dienstliche und 40 Prozent für private Erledigungen. Auch um Freizeitziele zu erreichen ist die Bahn häufig genutzt: 41 Prozent sind mit dem Zug zu Freizeitaktivitäten gefahren, 35 Prozent in den Kurzurlaub und 18 Prozent in einen längeren Urlaub. Besonders junge Menschen bis 35 Jahre nutzen für Fahrten in der Freizeit und für den Urlaub häufig die Bahn.
Ausflugs- und Freizeitziele per Bahn besser zu erreichen, ist zwei Drittel der Bahnfahrenden wichtig, um die Bahn künftig häufiger zu nutzen. Bei den 45- bis 64 Jährigen meinen das mehr als 70 Prozent und sogar 79 Prozent bei Fahrgästen ab 65 Jahre.
16 Prozent der Befragten sind in den vergangenen zwölf Monaten mit einem Nachtzug gefahren. Bei 24 Prozent ist dies länger als ein Jahr und bei weiteren elf Prozent länger als zehn Jahre her. Ein weiteres Drittel ist noch nie mit Nachtzug gereist, kann sich aber vorstellen, das künftig zu tun.
Erreichbarkeit der Bahnhöfe verbessern
Die laufende Modernisierung der Bahnhöfe in Österreich kommt bei den Fahrgästen gut an, aber bei etlichen Bahnhöfen gibt es noch einiges zu verbessern. Jeder achte Fahrgast beurteilt die Erreichbarkeit des Abfahrtsbahnhofs mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln als schlecht, jeder neunte Fahrgast bemängelt die Gebäudequalität und jeder zehnte wünscht sich mehr Barrierefreiheit. Rund drei Viertel der Fahrgäste bewerten diese Bereiche bei ihrem Abfahrtsbahnhof als gut bis sehr gut.
Ein dichtes Netz an Bahnhöfen sowie die gute Erreichbarkeit der Bahnhöfe mit öffentlichen Verkehrsmitteln aber auch zu Fuß und mit dem Rad sind für die Fahrgäste wichtig. Immerhin vier von zehn Fahrgästen kommen zu Fuß oder mit dem Rad zum Bahnhof, ein weiteres Drittel mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Von jenen, die bei der aktuellen Zugfahrt mit dem Fahrrad zum Bahnhof gefahren sind, sind 51 Prozent mit den Abstellanlagen zufrieden, aber auch 19 Prozent unzufrieden. 67 Prozent sind mit der Anzahl der Radabstellanlagen am Abfahrtsbahnhof (sehr) zufrieden, 12 Prozent (gar) nicht zufrieden.
Drei von zehn Bahnfahrende kommen zumindest mehrmals im Jahr mit dem Rad zum Bahnhof, davon jede achte Person mehrmals in der Woche. 41 Prozent möchten Bahn und Fahrrad gerne öfter kombinieren, vor allem Personen im Alter von 25 bis 54 Jahren. Voraussetzung dafür sind gute Fahrradabstellmöglichkeiten bei Bahnhöfen und Haltestellen.
Schlüsselfaktor Anschlussverbindungen
Für die Gesamtzufriedenheit mit dem Bahnfahren gibt es mehrere entscheidende Faktoren, nicht nur einen. Neben der Zugdichte und den öffentlichen Anschlussverbindungen bei der aktuellen Zugfahrt sind auch der Einstiegsbahnhof sowie insgesamt die Zufriedenheit mit den Informationen bei Unpünktlichkeit entscheidend.
Personen, die für einzelne Wege von der Bahn aufs Auto umgestiegen sind, sind besonders häufig unzufrieden mit den Anschlussverbindungen, der Zugdichte auf der aktuellen Strecke und wie sich das Angebot an Bahnverbindungen in den Randzeiten entwickelt hat.
Insgesamt bewerteten 61 Prozent die Anschlüsse öffentlicher Verkehrsmittel an ihren aktuellen Zug gut, elf Prozent als schlecht, im Regionalverkehr mit 57 Prozent gut und 13 Prozent schlecht.
Angebot für erste und letzte Meile verbessern
Die Kombination der Bahn mit anderen Verkehrsmitteln sowie eine erhöhte Zugfrequenz verstärken die Bahnnutzung. Bei der Verbesserung der Fahrplan-Abstimmung und Anschluss-Sicherung mit den regionalen Bussen sind vor allem die Bundesländer gefordert. Besonders wichtig ist es auch, mit einem dichteren Angebot im Öffentlichen Nahverkehr die erste und letzte Meile sicherzustellen.
Eine gute Radinfrastruktur erweitert das Einzugsgebiet von Haltestellen und Bahnhöfen. Dazu gehören Radwege entlang stark befahrener Straßen und sichere, wettergeschützte und ohne Umwege erreichbare Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. Lademöglichkeiten für Elektro-Fahrräder sowie Leihfahrräder, Carsharing und Hinweise auf Taxis sollten auch bei Regionalbahnhöfen Standard sein.
VCÖ-Empfehlungen
• Optimale Vernetzung der Bahnen mit regionalen Buslinien sicherstellen, Bahnhof gut zu Fuß und mit dem Fahrrad erreichbar machen sowie Leihräder, Mikro-ÖV und Taxi-Lösungen anbieten
• Integration in Taktfahrplan, ganzjährig regelmäßige Verbindungen auch am Abend und am Wochenende
• Gutes Angebot für „letzte Meile“ schaffen: öffentliche Anschlüsse verbessern, Bussysteme als vertaktete Zubringer zur Bahn, auch Leihradsysteme und gute Rad- und Gehverbindungen ins Ortszentrum und gegebenenfalls zu Betriebsgebieten
• Gute Erreichbarkeit des Öffentlichen Verkehrs per Fahrrad, wettergeschützte Radabstellanlagen und Leihradsysteme an Haltestellen
• Öffentlicher Verkehr in der Region mit hoher Qualität: dichter und regelmäßiger Takt, Ergänzung durch Mikro-ÖV, Niederflurbusse und attraktive Haltestellen, gute Fahrgast-information, einfaches Tarifsystem, günstiger Fahrpreis im Stadtverkehr, regionale Zeitkarten. Einbindung der Gemeinden in regionale Mobilitätskonzepte mit gesicherter Finanzierung
• Auf Regionalbahnen in moderne Züge und Infrastruktur investieren: Elektrifizierung, Durchbindung in größere Städte, Lückenschlüsse und Modernisierung der Infrastruktur
>>„Die große Mehrheit der Fahrgäste erlebt in Österreich eine verbesserte Qualität beim Bahnfahren, vor allem auf den Hauptverbindungen. Nun ist wichtig, dass es auch in den Regionen eine Qualitäts- und Angebotsoffensive gibt.“<<
Mag. Markus Gansterer, VCÖ-Verkehrspolitik
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