VCÖ-Factsheet: E-Carsharing im Wohnbau spart Parkplätze und Kosten

Wie Menschen wohnen und welches Mobilitätsangebot sie im Umfeld vorfinden, bestimmt die Kosten und die Umweltbilanz ihrer täglichen Wege. E-Carsharing im Wohnbau ist ein Beitrag zur Energieeffizienz sowie für Bewohnende ein Zusatzservice, der hilft Autokosten zu sparen.

VCÖ-Factsheet 2019-12 als PDF

Mobilitätsentscheidungen werden zu Hause getroffen – von dort weg und dort hin führen die meisten Wege. Bei der Energieeffizienz von Wohnbauten gibt es signifikante Fortschritte, der Energieaufwand für die Mobilität der Bewohnenden wird jedoch noch zu wenig berücksichtigt. Klimafreundliche Mobilität im Wohnbau mitzuplanen verringert sowohl die Baukosten als auch die laufenden Mobilitätskosten. Wohnhausanlagen sind gut für Sharing-Angebote geeignet. Elektro-Autos sind gemeinsam genutzt gut eingesetzt, da sich ihre höheren Anschaffungskosten umso schneller amortisieren, je mehr Personen ihre Wege damit zurücklegen.

Klimaverträgliche Mobilität im Wohnbau planen

Eine gute Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, attraktive Bedingungen zum Radfahren und die Möglichkeit zum Carsharing helfen den Haushalten bei den monatlichen Kosten zu sparen. Gezielte Maßnahmen im Wohnbau fördern die Freiheit in der Verkehrsmittelwahl und im Optimalfall können die hohen Fixkosten für einen Pkw entfallen. Mit E-Carsharing werden Fahrzeuge gemeinsam genutzt und damit in Summe weniger Autos benötigt. Weniger Bedarf an Pkw-Stellplätzen reduziert bei Wohnprojekten die Errichtungskosten, insbesondere wenn teure Garagenplätze gespart werden.

Wie Menschen wohnen und welche Infrastrukturen sie im Wohnumfeld vorfinden, bestimmt, wie sie mobil sind und wie viel Kosten und Energie für ihre täglichen Wege aufgewendet werden. Ein Wohnungswechsel stellt einen Umbruch der Lebenssituation dar, in dem Gewohnheiten und eingefahrene Muster angepasst werden und Neues ausprobiert wird. Eine Wohnungslage mit fußläufigen Entfernungen und guter Infrastruktur ist die Basis für einen geringeren Verkehrsaufwand. Besonders am Stadtrand sind ergänzende Mobilitätsangebote gefragt, die die Lücke zwischen Wohnungstür und Haltestellen des Öffentlichen Verkehrs schließen beziehungsweise das private Angebot ergänzen.

Vom Energiesparhaus zum Verkehrsparhaus

Kommt ein Haushalt ohne eigenes Auto aus, sinkt der Energieverbrauch für Wohnen und Mobilität um ein Drittel bis die Hälfte. Bei der Energieeffizienz von Wohnbauten gibt es signifikante Fortschritte. Ebenso braucht es die Integration klimaverträglicher Mobilität bereits in der Planung. Das Konzept des Energiesparhauses ist zum Verkehrsparhaus weiterzuentwickeln. Stadt- und Raumplanung sorgen für kurze Wege und ein dichtes Angebot an Öffentlichem Verkehr. Im Idealfall steht den Bewohnerinnen und Bewohnern einer Siedlung eine Auswahl von geteilt nutzbaren Fahrzeugen zur Verfügung – von E-Pkw in verschiedenen Größen über E-Mopeds bis hin zu E-Fahrrädern und Transporträdern. So steht für jeden Weg das passende, möglichst klimaverträgliche Mobilitätsangebot ohne Zwang zum eigenen Auto zur Verfügung.

E-Autos sind zum Teilen attraktiv

Die Treibhausgas-Emissionen von Elektro-Autos sind über die Lebensdauer schon heute geringer als bei Pkw mit Verbrennungsmotoren. 94 Prozent aller Autofahrten der österreichischen Bevölkerung sind kürzer als 50 Kilometer. Die durchschnittlich pro Tag gefahrene Strecke liegt bei 34 Kilometer, in ländlichen Gebieten nur etwas höher als im urbanen Raum. E-Autos sind aufgrund der Batteriekosten in der Anschaffung zwar teurer als Autos mit Verbrennungsmotor, jedoch amortisiert sich der Kauf innerhalb weniger Jahre dank deutlich geringerer Betriebskosten.

Zum Laden von E-Autos hat sich für Wohngebäude die „Wallbox“ etabliert, eine kleine Ladestation an der Wand. Sinnvoll ist die Installation einer ansteuerbaren Wallbox. Damit können sich abzeichnende technische Anforderungen und Entwicklungen vorab berücksichtigt werden. Ladeleistungen von 3,7 bis 11 Kilowatt sind ausreichend, um ein E-Auto über Nacht verlässlich und kostengünstig zu laden. Für E-Carsharing kann es aber sinnvoll sein, in eine höhere Ladeleistung zu investieren, damit die Fahrzeuge rascher verfügbar sind.

Im Zuge der Sanierung einer Anlage mit rund 500 Wohnungen in Wien-Simmering wurde ein gemeinschaftsbasiertes E-Carsharing- Angebot gestartet.
Nutzende nehmen Carsharing als komfortable und flexible, aber auch kostengünstige Mobilität wahr. Mehr als die Hälfte der Nutzenden stationsbasierter Systeme in Deutschland meldeten Privatautos ab.

Mit E-Carsharing Erst- und Zweitautos ersetzen

Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der Zweitwagen in Österreich von rund 0,7 Millionen auf 1,6 Millionen mehr als verdoppelt. Diese sind im Schnitt nicht einmal eine halbe Stunde am Tag im Einsatz. Auf 1.000 Haushalte kommen in Österreich bereits 399 Zweitwagen. 80 Prozent der Kosten machen Anschaffung und Instandhaltung des Zweitautos aus. Zweitwagen werden durchschnittlich nur 7.300 Kilometer pro Jahr gefahren.

In Österreich lebt in 37 Prozent aller Haushalte nur eine Person, bis zum Jahr 2030 soll die Zahl der Ein-Personen-Haushalte von rund 1,4 auf 1,6 Millionen steigen. Entsprechend wächst der Bedarf an kleineren Wohnungen – und sinkt der Bedarf am „Familienauto“.

Vorgaben für Pkw-Stellplätze reduzieren

Mobilitätsangebote, die die Abhängigkeit vom eigenen Auto vermeiden, verringern die laufenden Ausgaben für Mobilität. Schon bei den Errichtungskosten im Wohnbau können rund 20.000 Euro pro Tiefgaragenplatz eingespart werden, wenn die Gemeinde die Zahl der verpflichtend zu errichtenden Pkw-Stellplätze reduziert.

Da es immer herausfordernder wird günstigen Wohnraum zu schaffen, adaptieren immer mehr Städte und Gemeinden ihre Stellplatzverordnungen und reduzieren bei ergänzenden Mobilitätsangeboten die Zahl der verpflichtenden Stellplätze. Der Anteil einer Tiefgarage an den Gesamtkosten für eine durchschnittliche Wohnung beträgt etwa elf Prozent. Eine Vorschreibung von 1,75 Pkw-Stellplätzen statt einem pro Wohnung bewirkt eine um zehn Prozent höhere Miete.

Wohnen und Parken sind wirtschaftlich getrennt zu organisieren. Kostenersparnisse bei der Errichtung von Hochgaragen anstelle von Tiefgaragen sowie die Möglichkeit alternativer Nutzungen (Mobility Points, Lagerflächen, Gewerbe, Büros) sind Vorteile der Errichtung von Sammelgaragen.

Gemeinschaftsbasiertes E-Carsharing

In der Wohnanlage des Bauträgers BWSG in Wien-Simmering mit 500 Mietwohnungen wurde ein gemeinschaftsbasiertes E-Carsharing gestartet. Hintergrund ist die umfassende Sanierung mit Aufstockung sowie eine EU-Förderung im Rahmen des Programms „Smarter together – Gemeinsam g’scheiter“. Über den Carsharing-Betreiber „caruso“ stehen den Bewohnerinnen und Bewohnern zwei Elektro-Kompaktautos sowie für größere Besorgungen ein E-Van zur Verfügung. Es gibt zusätzlich die Möglichkeit, sich in der „Aktivgruppe“ zu engagieren und im Gegenzug für die Pflege und Organisation rund um die Fahrzeuge das Angebot stark vergünstigt nutzen zu können. Ziel ist, dass E-Carsharing auch zu einer besseren Nachbarschaft und zu höherer Wohnzufriedenheit beiträgt.

Im Osten Klagenfurts entsteht ein Smart-City-Siedlungsgebiet für rund 1.700 Bewohnerinnen und Bewohner. Im Wohnprojekt hi-Harbach wird ein multimodaler Mobilitätsknoten errichtet, unter anderem mit Bushaltestelle, E-Ladestation und Sharing-Angeboten für Fahrräder, E-Pkw und E-Transporträder.

Ein Wohn- und Büroprojekt in der Stadt Salzburg des Bauträgers MB bietet neben sehr guter Anbindung an den Öffentlichen Verkehr auch zwei Carsharing-Fahrzeuge, davon ein E-Auto, sowie Elektro-Fahrräder, E-Scooter und ein E-Transportfahrrad zum Leihen an. Durch die Reduktion der Autostellplätze können die Mieten für Kleinwohnungen um bis zu drei Euro pro Quadratmeter reduziert werden.

Beim Wohnprojekt „Sonnengarten Limberg“ mit 200 Wohneinheiten für 460 Bewohnende wurde im gemeinsamen Prozess mit der Stadtgemeinde Zell am See ein besonderer Fokus auf Alltagsmobilität ohne Zwang zum Privatauto gelegt. Ein Sharing-Angebot mit E-Pkw und E-Fahrrädern bezieht nicht nur die Wohnsiedlung sondern auch den umliegenden Ortsteil und das Ortszentrum mit ein.

Weitere Praxisbeispiele aus Sicht von Bauträgern sowie Eigentümerinnen und Eigentümern zeigt das Infoportal www.veraenderung-bewegen.at.

Für den Erfolg von Carsharing sind die Akzeptanz und das Nutzungsverhalten der Zielgruppe entscheidend. Dazu gilt es, das Angebot auf den tatsächlichen Bedarf einer Hausgemeinschaft anzupassen und die Nutzenden aktiv in das Projekt einzubinden. Sie können Fahrzeugpatenschaften übernehmen, Einschulungen für Interessierte vornehmen oder in der Nachbarschaft die „Werbetrommel rühren“. Eine Ansprechperson vor Ort, die koordiniert und sich um Information, Anliegen und die Fahrzeuge kümmert, ist in jedem Fall zu empfehlen. Wohnungsbezogene Sharing-Angebote lassen sich vielfältig gestalten: vom Fahrzeugangebot über die Verfügbarkeit bis zum Preis.

• Bei einer engagierten Hausgemeinschaft kann das Sharing-Fahrzeug von den Bewohnenden selbst betrieben werden, etwa über einen Hausverein oder die Hausverwaltung. Je nach Bedarf können Dienstleistungen wie das Buchungs- und Verwaltungs­system von externen Unternehmen in Anspruch genommen werden.

• Der zweite und einfachere Weg ist es, den Betrieb des Carsharing-Autos einem professionellen Anbieter zu übergeben. Eine Beteiligung der Bewohnenden ist auch in diesem Fall erwünscht. Eigenwirtschaftlich ist dies allerdings nur an sehr attraktiven Standorten möglich. Eine allfällige Risikobeteiligung, Verlustabdeckung oder Anschubfinanzierung ist sicherzustellen, aber nicht unproblematisch, wenn dies durch die Bewohnenden getragen werden soll. (Gesamt-)Eigentümer können ein Auto zur Selbstverwaltung oder durch einen Carsharing-Betreiber zur Verfügung stellen.

• Im Optimalfall gehört das Carsharing-Auto zur Wohnanlage. Bei Neubauten können Sharing-Fahrzeuge in die Baukosten einkalkuliert und der Hausgemeinschaft übergeben werden. Die Verwaltung allgemeiner Teile einer Wohnanlage, somit auch von gemeinsamen Fahrzeugen, fällt in den Bereich der ordentlichen Hausverwaltung.

Finanzielle Förderungen gibt es für den Ankauf von E-Fahrzeugen sowie die Errichtung von E-Ladeinfrastruktur: www.umweltfoerderung.at

Mobilität im Wohnbau mitplanen

Um Österreichs Klimaziele erreichen zu können – bis zum Jahr 2030 ist der CO2-Ausstoß um ein Drittel zu reduzieren, bis zum Jahr 2050 muss der Verkehr zur Gänze von Erdöl unabhängig sein – ist die Elektrifizierung der Pkw-Flotte voranzutreiben. Sinkt dank Carsharing der Bedarf am eigenen Auto, werden Wege vermehrt zu Fuß, dem Fahrrad oder dem Öffentlichen Verkehr zurückgelegt.

Menschen sind besonders offen dafür, neue Mobilitätsformen auszuprobieren, wenn es Veränderungen in ihrem Wohnumfeld gibt. Für den Erfolg von Mobilitätsmaßnahmen, insbesondere von Carsharing, sind jedoch die Akzeptanz und das Nutzungsverhalten der Zielgruppe entscheidend. Aktuelle Vorzeigeprojekte wie die Sanierung in der Hauff­gasse in Wien oder die im Jahr 2019 fertiggestellte Wohnhausanlage „Union Lustenau“ in Vorarlberg, zeigen das große Potenzial von E-Carsharing bei Sanierung, Nachverdichtung oder Neubau.

E-Carsharing statt Pflichtstellplätze

Im Zuge von Gebäudesanierungen auch Maßnahmen zur Mobilitätssanierung zu setzen, trägt doppelt zum Klimaschutz bei. Dort, wo Veränderungsprozesse bereits in Gang sind und Neues entsteht, wird von der Forschung großes Potenzial für Verhaltensänderungen gesehen. Bei nachgewiesenen ergänzenden Mobilitätsangeboten wie E-Carsharing kann die Stellplatzverpflichtung abgeschwächt werden. Bei Neubauprojekten gilt es, ergänzend zum Öffentlichen Verkehr eine breite Palette an multimodalen, individualisierten Mobilitätsangeboten wie E-Carsharing, Leihräder oder Transporträder direkt vor der Haustür zur Verfügung zu stellen. Für Fahrräder und das Sharing von E-Bikes sind ein überdachter, absperrbarer und einfach zugänglicher Fahrrad-Abstellplatz pro 40 Quadratmeter Wohnnutzfläche die Mindestanforderung.

 

www.veraenderung-bewegen.at ist eine Website, die Informationen zu E-Carsharing im Wohnbau bietet, sowohl für den Bestand als auch für Neubauprojekte. Das Informationsportal für Bauträger sowie Eigentümerinnen und Eigentümer umfasst zahlreiche Tipps um die Bewohnerschaft einzubeziehen, Good-Practice-Beispiele und Erläuterungen zu möglichen Betriebsmodellen.

 

Zitat Markus Gansterer VCÖ-Mobilität mit Zukunft

„Statt einer Pkw-Stellplatzpflicht braucht es für Wohn- und Bürogebäude Mobilitätskonzepte, die den Öffentlichen Verkehr und das Radfahren umfassend miteinbeziehen. Anstelle teurer Tiefgaragen ist E-Carsharing ein Beitrag zum Klimaschutz im Wohnbau und kann zugleich für bessere Nachbarschaft und höhere Wohnzufriedenheit sorgen.“

 


VCÖ - Empfehlungen

Mobilitätskonzepte im Wohnbau zum Standard machen

• Kontinuierliches Mobilitätsmanagement im Wohnbau, Förderung von E-Carsharing-Angeboten, gut sichtbare Stellplätze für E-Sharing-Fahrzeuge im öffentlichen Raum

• Zwang zur Pkw-Stellplatz-Errichtung verteuert das Wohnen und verursacht mehr Autoverkehr. Trennung des Wohn- und Parkplatz-Marktes, Sammelgaragen statt Hausstellplätze

• Abschaffung der Pkw-Stellplatzverpflichtung in den Bauordnungen, abhängig von der Erreichbarkeit zu Fuß, per Fahrrad und im Öffentlichen Verkehr

• In Wohnanlagen Platz zum Abstellen von Transporträdern, gemeinsam genutzte Fahrzeuge und Zubehör wie Fahrradanhängern vorsehen

• E-Carsharing direkt im unmittelbaren Wohnumfeld anbieten und mittelfristig zu einem österreichweiten Standard für den mehrgeschoßigen Wohnungsneubau machen

Nachrüsten von Ladeinfrastruktur und E-Carsharing erleichtern

• Netzdienliche Gemeinschafts-Ladeinfrastruktur bei Netztarifen besser stellen

• Rechtliche Möglichkeit schaffen, die Kosten für Carsharing- und andere Mobilitätsangebote in der Hausgemeinschaft verrechnen zu können (ähnlich den Kosten für Lift, Gemeinschaftseinrichtungen oder Besucherparkplätze).

Michael Schwendinger,
VCÖ ‑ Mobilität mit Zukunft:

„Wenn Wege nicht zu Fuß, mit Fahrrad oder dem Öffentlichem Verkehr zurückgelegt werden können,
sind Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb, betrieben mit Ökostrom, auf absehbare Zeit am klimaverträglichsten. Eine E-Ladestation bei der eigenen Wohnung nachrüsten zu dürfen, ist daher zur Selbstverständlichkeit zu machen.“

 


Der VCÖ-Einsatz für eine Mobilität mit Zukunft braucht die Unterstützung durch Spenden. Spenden für die VCÖ-Tätigkeit sind steuerlich absetzbar.

Spenden-Konto:
Erste Bank. IBAN:
AT11 2011 1822 5341 2200
BIC: GIBAATWWXXX

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