Verkehr und Zersiedelung als Treiber der Versiegelung

Ein großer Teil der versiegelten Fläche dient dem Verkehr. Die problematischen Folgen der Versiegelung in Kombination mit der globalen Klimakrise treten immer stärker zu Tage. Um diese Entwicklung zu stoppen, braucht es effektive Maßnahmen gegen weitere Versiegelung und eine Trendumkehr in Richtung Entsiegelung – wobei der Verkehr eine wichtige Rolle spielt.

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In Österreich werden rund 5.650 Quadratkilometer Fläche in Anspruch genommen, die nicht mehr als natürlicher Lebensraum oder für die Land- und Forstwirtschaft zur Verfügung steht. Etwa 30 Prozent davon sind Verkehrsflächen.1 Rund die Hälfte der beanspruchten Fläche ist versiegelt. Da der Versiegelungsgrad bei Verkehrsflächen mit 74 Prozent am höchsten ist, fallen 43 Prozent der versiegelten Flächen in Österreich auf den Verkehr.2,3 Zum versiegelten Teil zählen dabei neben Fahrbahnen vor allem Pkw-Stellplätze und Nebenflächen, unversiegelt bleiben etwa begrünte Böschungen und Randstreifen.

Sehr dichtes Straßennetz in Österreich

Im Durchschnitt kommen auf eine Person rund 140 Quadratmeter versiegelte Verkehrsfläche – mit einer großen Bandbreite je nach Bundesland. Mit 64 Prozent entfällt der größte Anteil der versiegelten Verkehrsflächen auf Gemeindestraßen, ein Viertel auf Landesstraßen und fünf Prozent jeweils auf Autobahnen- und Schnellstraßen sowie die gesamte Schieneninfrastruktur.4 Mit 14,1 Metern Straße pro Person verfügt Österreich auch im internationalen Vergleich über ein sehr dichtes Straßennetz, in Deutschland sind es 9,8 Meter, in der Schweiz 9,6 Meter pro Person.5,6

Die Flächeninanspruchnahme hat seit dem Jahr 2000 mit 32 Prozent deutlich stärker zugenommen als das Bevölkerungswachstum mit 14 Prozent.7 Entsprechend diesem Anstieg geht auch ständig Ackerland verloren. Vom Jahr 1999 bis 2020 waren es 720 Quadratkilometer, mit denen 493.000 Menschen mit heimischen Lebensmitteln versorgt werden könnten.8 Wirksame politische Maßnahmen gegen diese Entwicklung fehlen – obwohl 82 Prozent der Bevölkerung einer verbindlichen Begrenzung des Bodenverbrauchs zustimmen würden.9,10

Grafik: Österreichkarte mit Anteil der Zersiedelung an bewohnten Flächen
Der Anteil an bebautem Gebiet mit hohem Zersiedelungsgrad hat sich in Österreich seit dem Jahr 1975 fast vervierfacht. Je zerstreuter die Bebauung, desto mehr Verkehrsfläche wird zur Erschließung benötigt.

Versiegelung und Zersiedelung nehmen zu

Für die Flächeninanspruchnahme spielt Raumordnung eine wichtige Rolle. Zersiedelung bezeichnet die Ausbreitung von Siedlungen mit geringer Dichte außerhalb kompakter Siedlungsstrukturen.11 Sie verursacht einen besonders hohen Flächenbedarf sowie viel Verkehr, weil so Wege im Alltag weiter werden.12 Außerdem wird die Erschließung mit Öffentlichem Verkehr erschwert, wodurch Auto-Abhängigkeit entsteht und der Bedarf an neuen Straßen und Abstellflächen weiter vorangetrieben wird. Deshalb ist der Anteil an Verkehrsflächen am Bodenverbrauch in zersiedelten Gebieten höher als in kompakten Siedlungsstrukturen.13 In den letzten Jahrzehnten hat die Zersiedelung in Österreich stark zugenommen. Mitte der 1970er-Jahre waren nur zwölf Prozent der bebauten Fläche stark zersiedelt, im Jahr 2020 lag der Anteil mit 46 Prozent viermal so hoch.14 Ein Aspekt sind auch Fachmarkt- und Einkaufszentren außerhalb der Siedlungsgrenzen. Deren Anzahl hat sich in den Jahren von 2000 bis 2023 auf 520 mehr als verdoppelt. Bei der Einkaufsfläche pro Person liegt Österreich EU-weit auf Platz drei.15 Jedes Einkaufszentrum hat im Schnitt 750 Stellplätze, womit knapp die Hälfte der von Einkaufszentren direkt verursachten Versiegelung auf Abstellflächen zurückgeht.16

Intakte Böden haben viele Funktionen

Intakte Böden sind der Lebensraum für fast 60 Prozent aller auf der Erde lebenden Arten, sind Quelle für Lebensmittel, sauberes Trinkwasser und Erholungsräume. Außerdem sind sie unsere wichtigsten Kohlenstoff-Speicher und enthalten drei- bis viermal so viel organischen Kohlenstoff wie die Atmosphäre und die oberirdische Pflanzenbiomasse. Die österreichischen Böden speichern etwa das Vierzigfache der jährlichen ­Treibhausgas-Emissionen.17 Umgekehrt verhindert die Versiegelung von einem Hektar Grasland die Bindung von rund 200 Tonnen CO2.18

Zudem speichern intakte Böden Wasser und sind somit der wichtigste Schutz gegen Dürren und Überschwemmungen.19 Ein Quadratmeter gesunder, unversiegelter Boden kann bis zu 200 Liter Wasser aufnehmen. Bei Starkregen fallen stündlich 25 Liter und mehr je Quadratmeter an. Je Parkplatz inklusive Rangierflächen fallen damit stündlich rund 500 Liter an, die über die Kanalisation abgeführt werden müssen. Dieselbe Fläche unversiegelter Boden könnte mehr als 5.000 Liter und somit mehr als zehn Stunden Dauerstark-
regen aufnehmen.20,21Umgekehrt ist Versiegelung eine der wichtigsten Ursachen des städtischen Hitzeinseleffekts. Standorte mit hohem Versiegelungsgrad zeichnen sich durch ein wärmeres und trockeneres Mikroklima aus. Die mittlere Tagestemperatur zwischen Flächen mit niedrigem und hohem Versiegelungsgrad unterscheidet sich zwischen 0,5 und 1,5 Grad Celsius.22 Versiegelung verschärft somit die Klimakrise und geht einher mit der Reduktion von Biodiversität, zunehmender Gefährdung der Lebensmittelversorgung, Hochwasserrisiko und der Ausbreitung von Hitzeinseln.23

Widmungsgewinne für Entsiegelungsprojekte nutzen

Wird ein Grundstück von Grün- in Bauland umgewidmet, entsteht ohne Zutun der Eigentümerinnen und Eigentümer eine beträchtliche Wertsteigerung. Sowohl aus Gründen der Fairness, als auch der Raumplanung verpflichtet das Schweizer Raumplanungsgesetz alle Kantone zur Einhebung einer „Mehrwertabgabe“ von mindestens 20 Prozent.39,40 Die Abgabe wird bei Überbauung oder Verkauf fällig. In manchen Kantonen gibt es die Abgabe schon seit den 1970er-Jahren, seit dem Jahr 2021 haben alle Kantone eine solche Abgabe eingeführt.41 Die Einnahmen sind zweckgebunden für Entschädigungen bei Rückwidmungen oder Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen. Im Kanton Basel-Stadt werden die Erträge etwa verwendet, um neue öffentliche Parkanlagen, Alleen und Promenaden zu schaffen oder aufzuwerten.42,43

Weitere Good Practice-Beispiele

Rückwidmung bringt Stadtwald

Im Zentrum von Wieselburg wurde im Jahr 2022 eine rund 6.000 Quadratmeter große, als Bauland gewidmete Fläche von der Stadtgemeinde aufgekauft, in Grünland rückgewidmet und in einen „Stadtwald“ umgestaltet.1 Es wurden 100 Bäume sowie mehr als 350 Sträucher und Stauden gepflanzt. Im Fokus des Projektes stand die Schaffung einer grünen Oase im Stadtgebiet mit ausreichend Sitzgelegenheiten, barrierefreien Wegen, einem von der Stadtbücherei betreuten Bücherschrank sowie Sport- und Trainingsgeräten. Durch Anlage von Blumenwiesen sowie Trocken- und Feuchtbiotopen und eines Felsenhügel wird Lebensraum für Tiere im Stadtzentrum geschaffen. Auch die Rad- und Fußverkehrsfrequenzen konnten merklich gesteigert werden und ein 800 Meter langer Fußweg im Grünen verbindet nun Gymnasium und Busbahnhof.2

Grüne Lunge statt Beton

Im Zentrum von Wels entsteht ein groß angelegtes Entsiegelungsprojekt, bei dem über 33.000 Quadratmeter versiegelte Fläche in eine Grünanlage umgewandelt werden – bis zum Sommer 2026 soll ein „Central Park“ für die 65.000-Personen Stadt entstehen. Wo bisher alte Messehallen und versiegelte Abstellflächen waren, soll ein Freiraum mit Wald- und Wasserspielplatz, Sportanlagen sowie eine Liege- und Freizeitwiese entstehen. 500 neue Bäume sollen Schatten spenden und als Kaltluftschneise das Stadtklima verbessern. Die Geh- und Fahrradinfrastruktur wurde verbessert. Zudem verbindet die neue Anlage Tiergarten mit Stadtpark und schafft eine bessere Anbindung der Innenstadt an die Traun.3,4

Klimafitter Begegnungsort statt Parkplatz

Der Gemeinderat Tulln beschloss 2021 die Umgestaltung des rund 8.000 Quadratmeter großen, bis dahin als Parkplatz genutzten und zu 80 Prozent versiegelten Nibelungenplatzes. Die Bevölkerung entschied sich in einem Beteiligungsprozess für die größtmögliche Umgestaltung, die von Mai 2023 bis Juni 2024 umgesetzt wurde. Nach der Umgestaltung sind 70 Prozent der Fläche gänzlich unversiegelt und weitere 23 Prozent versickerungsfähig – etwa mittels durchlässiger Pflastersteine mit Grünfugen. Die Umgestaltung folgte dem Schwammstadt-Prinzip, es gibt durchdachte Möblierung, Trinkbrunnen, ein Nebelspiel, Wlan und USB-Ladebuchsen sowie 60 neue Fahrrad-Abstellplätze. Neben der Klimawandelanpassung und verbesserten Aufenthaltsqualität für die lokale Bevölkerung ist der Platz auch für den Tourismus relevant, um die rund 100.000 Radreisenden in Tulln willkommen zu heißen.5,6,7

Größte Schwammstadt Niederösterreichs

Bisher war der Amstettner Hauptplatz zu 95 Prozent versiegelt. Seit Sommer 2023 wird er für mehr Aufenthaltsqualität und Verkehrssicherheit sowie als Klimawandelanpassung umgestaltet. Seit dem Jahr 2019 nahmen rund 10.000 Amstettnerinnen und Amstettner an einem Beteiligungsprozess dazu teil. 35 Prozent des Platzes werden nun entsiegelt, mehr als 70 neue Bäume gepflanzt und dabei dem Schwammstadt-Prinzip gefolgt. Dadurch können künftig 70 Prozent des Regenwassers versickern und großkronige Bäume wachsen, die als Beschattung, Kühlung, Wasserrückhaltesystem und Sauerstoffproduzenten fungieren. Zudem wird der Platz verkehrsberuhigt, barrierefrei und durch Holzmöblierung und einen neuen Brunnen aufgewertet.8,9,10

Stadtwald statt Kreisverkehr

Im Jahr 2021 wurde in Paris der „Plan Arbre“ beschlossen – ein umfassender Begrünungsplan mit dem Ziel, bis zum Jahr 2026 rund 170.000 neue Bäume zu pflanzen. Dazu gehört auch das Vorhaben, mehrere Stadtwälder anzulegen. Im Juni 2024 wurde der erste am „Place de Catalogne“ fertiggestellt. Wo vorher vor allem Asphalt war, wurden mehr als 450 Jungbäume zu einer mehr als 4.000 Quadratmeter großen Waldfläche umgestaltet. Regenwassermanagement und Begrünung sollen die Temperatur am Platz künftig um vier Grad Celsius senken und so einen angenehmen Aufenthalt ermöglichen. Autoverkehr ist nach wie vor möglich, die Verkehrsfläche wurde jedoch zu Gunsten von Gehen und Radfahren umverteilt. Ein weiterer Stadtwald soll ab Oktober 2024 in der anschließenden „Rue du Commandant Rene Mouchotte“ entstehen.

Quellen zu diesen Good Practice-Beispielen

1 Wieselburg: Der Wieselburger Stadtwald. 06.08.2024 Weblink
2 Stadtgemeinde Wieselburg: Stadtwald von Wieselburg. Einreichung VCÖ-Mobilitätspreis 2024.  
3 Stadt Wels: Erweiterung Volksgarten und Traunufer Wels. Einreichung VCÖ-Mobilitätspreis 2024.  
4 Oberösterreichische Nachrichten: Welser Volksgarten: 500 zusätzliche Bäume und eine breite Uferpromenade für Radfahrer und Fußgänger. 23.1.2024 Weblink
5 Stadtgemeinde Tulln: Umgestaltung & Entsiegelung Nibelungenplatz Tulln. 06.08.2024 Weblink
6 Tulln Bürgerinfo: Über 2000 Besucher bei der Eröffnung von Tullns neuem Nibelungenplatz. Weblink
7 Tulln Bürgerinfo: Das war der Prozess zur Umgestaltung des Nibelungenplatzes. Weblink
8 Stadtgemeinde Amstetten: Umgestaltung Hauptplatz Amstetten. Einreichung VCÖ-Mobilitätspreis 2024  
9 Stadtgemeinde Amstetten: Neuer Hauptplatz: Alle Infos zur Bauphase. Amstetten: 2024. Weblink
10 Redl B.: Sechs Gemeinden, die Aufreißen statt Zubetonieren. In: Der Standard. 29.8.2023. Weblink

 

Unversiegelte Böden sind Wasserspeicher und helfen so gegen Hitze, Dürre sowie auch Überschwemmungen.
Unversiegelte Böden sind Wasserspeicher und helfen so gegen Hitze, Dürre sowie auch Überschwemmungen.

Potenzial von Entsiegelung ist groß

Weil die versiegelungsbedingten Probleme immer deutlicher werden, entstehen auch Entsiegelungsinitiativen. Das Land Niederösterreich fördert seit dem Jahr 2022 bis zu 50 Prozent der Kosten von Entsiegelungsprojekten, wofür bis zum Jahr 2025 ein Budget von sechs Millionen Euro zur Verfügung steht.24 In den ersten zwei Jahren wurden zwölf Projekte eingereicht und teilweise bereits umgesetzt, wodurch bis Ende des Jahres 2023 rund 1,5 Hektar entsiegelt wurden.25 Der Schlossplatz in Bad Vöslau etwa wurde von einem Parkplatz in einen Aufenthaltsort mit fünf Grüninseln, Sitz- und Verweilmöglichkeiten und Trinkbrunnen umgestaltet, es wurden zwölf neue Bäume gepflanzt und das Schwammstadt-Prinzip umgesetzt.26,27 Am Hauptplatz von Amstetten waren vor Projektbeginn 95 Prozent der Fläche versiegelt und fast das gesamte Regenwasser wurde in den Kanal geleitet. Durch das Projekt werden 35 Prozent der Fläche entsiegelt, 74 neue Bäume gepflanzt und das Schwammstadt-Prinzip umgesetzt, wodurch nun 70 Prozent des Regenwassers vor Ort versickern können.28 Weitere Projekte finden sich in Mödling, Tulln, Ober-Grafendorf, Lanzenkirchen, Wieselburg und Wels.29

Die Stadt Wien stellt für Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen vom Jahr 2021 bis 2025 100 Millionen Euro zur Verfügung. Bis Mitte des Jahres 2023 wurden durch das Projekt knapp fünf Hektar Fläche begrünt und 1.700 neue Bäume gepflanzt.30 In den Niederlanden gibt es mit dem „Tegelwippen“ sogar einen jährlichen Wettbewerb, an dem sich, ausgehend von Amsterdam und Rotterdam im Jahr 2020, im Jahr 2023 bereits mehr als 170 Städte und Gemeinden beteiligten. Ziel ist es zwischen März und Oktober möglichst viele Pflastersteine zu entfernen und gegen Rasen, Blumenbeete und Bäume zu tauschen – womit im Jahr 2023 in Summe mehr als 40 Hektar Fläche begrünt wurden.31

Verbindlichen Bodenschutz umsetzen

Eine verbindliche Bodenschutzstrategie mit klaren Grenzen wird in Österreich seit langem diskutiert und gefordert, fehlt aber nach wie vor.32,33 Ein Grund für den hohen Bodenverbrauch ist auch die Ausgestaltung der Kommunalsteuer. Da sie eine der wenigen direkten Einnahmequellen von Gemeinden ist, entsteht ein Widmungsanreiz von Grün- in Bauland sowie Konkurrenz um Betriebsansiedelungen. Interessenskonflikte und ineffiziente Raumplanung sind oft die Folge. Auch die Grundsteuer sollte reformiert werden.  Einerseits basiert sie auf veralteten Einheitswerten, andererseits sind derzeit Flughäfen, Straßen und Schienen grundsteuerbefreit, wohingegen für Bahnhofsflächen Grundsteuer anfällt. Weil somit flächenintensive Verkehrsträger stärker profitieren, wird die derzeitige Ausgestaltung der Grundsteuer als klimaschädliche Subvention eingestuft.34

Versiegelungsabgabe für Entsiegelungsprojekte

Um Interessenskonflikten auf Gemeinde-Ebene zu entgehen, braucht es regionale Kooperationen, die im Rahmen eines interkommunalen Finanzausgleichs Steuereinnahmen aufteilen.35,36 Ein Beispiel sind die „interkommunalen Betriebsansiedlungen“ (Inkoba) in Oberösterreich.37 Auch eine interkommunale Widmungs- und Versiegelungsumlage würde Anreize für Gemeinden schaffen, eine schonende Raumentwicklung umzusetzen. Eine Versiegelungsabgabe für Private könnte zudem einen direkten Anreiz zu einer bodenschonenderen Flächennutzung schaffen. Zudem könnte das Aufkommen aus Umlage und Abgabe nicht nur die Finanzierung von Ausgleichsflächen gewährleisten, sondern auch Mittel für Entsiegelung, Renaturierung und Rückwidmungen bereitstellen.38

VCÖ-Empfehlungen

Zersiedelung und  Verkehr verursachen Versiegelung

  • Die Versiegelung schreitet in Österreich voran und hängt via Zersiedelung, Straßenbau und Abstellflächen stark mit Verkehr zusammen.
  • In zersiedelten Gebieten ist der Verkehrsanteil an der Flächeninanspruchnahme durch Erschließungsstraßen überdurchschnittlich.
  • Versiegelte Böden verlieren ihre Funktion als Wasserspeicher, Kohlenstoff-Senke und Lebensraum und verschlimmern umgekehrt Überschwemmungen sowie Hitzestaus im dicht verbauten Gebiet.

Maßnahmen für nachhaltige Raumplanung umsetzen

  • Österreich braucht eine überregionale Bodenschutzstrategie mit verbindlichen Zielen und Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung.
  • Interessenskonflikte und Wettbewerb um Betriebsansiedlungen durch regionale Kooperationsmodelle und eine Reform der Kommunal- und Grundsteuern unterbinden.
  • Widmungs- und Versiegelungsabgaben als Anreiz für schonende Bodennutzung umsetzen und Einnahmen als Entsiegelungsfördertopf nutzen.

Michael Schwendinger, VCÖ ‑ Mobilität mit Zukunft

„Solange Versiegelung Kommunalsteuereinnahmen verspricht und Gemeinden in einem Wettbewerb um Betriebsansiedlungen stehen, ist es um überregionale Raumplanung und Bodenschutz schlecht bestellt. Es braucht verbindlichen Bodenschutz, regionale Kooperationsmodelle sowie finanzielle Anreize gegen weitere Ver- und für Entsiegelung.“

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Die inhaltliche und redaktionelle Erstellung des VCÖ-Factsheets erfolgt durch den VCÖ. Der Inhalt muss nicht mit der Meinung der unterstützenden Institutionen übereinstimmen. Dieses Factsheet entstand mit finanzieller Unterstützung von: Land Oberösterreich, Land Steiermark und Land Tirol.


Quellen

Quellen

1 ÖROK: Flächeninanspruchnahme und Versiegelung in Österreich: Kontextinformationen und Beschreibung der Daten für das Referenzjahr 2022. Wien: Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK), 2023 . Weblink
2 ÖROK: Flächeninanspruchnahme und Versiegelung in Österreich: Kontextinformationen und Beschreibung der Daten für das Referenzjahr 2022. Wien: Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK), 2023 . Weblink
3 Brenner A. u.a.: Rapider Anstieg der Zersiedelung in Österreich von 1975 bis 2020: Eine räumlich explizite Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Wohnbevölkerung. Wien: University of Natural Resources and Life Sciences, 2024. Weblink
4 ÖROK: Flächeninanspruchnahme und Versiegelung in Österreich: Kontextinformationen und Beschreibung der Daten für das Referenzjahr 2022. Wien: Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK), 2023 . Weblink
5 Haberl H. u.a.: Built structures influence patterns of energy demand and CO2-emissions across countries. In: Nature Communications 14/3898 (2023). Weblink
6 Pories S., Pfeiffer M.: WWF-Bodenreport 2024: Die Verbauung Österreichs. Wien: WWF, 2024. Weblink
7 Pories S., Pfeiffer M.: WWF-Bodenreport 2024: Die Verbauung Österreichs. Wien: WWF, 2024. Weblink
8 Arnold E. u.a.: Auswirkungen des Flächenverbrauchs für die Versorgungssicherheit und
steuerliche Instrumente zu dessen Eindämmung. Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, 2023.
Weblink
9 Pories S., Pfeiffer M.: WWF-Bodenreport 2024: Die Verbauung Österreichs. Wien: WWF, 2024. Weblink
10 Österreichische Hagelversicherung: Aktuelle Market-Umfrage zeigt alarmierende Stimmung bei der Bevölkerung durch rasanten Bodenverbrauch. Wien: Österreichische Hagelversicherung, 2023. Weblink
11 Brenner A. u.a.: Rapider Anstieg der Zersiedelung in Österreich von 1975 bis 2020: Eine räumlich explizite Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Wohnbevölkerung. Wien: University of Natural Resources and Life Sciences, 2024. Weblink
12 Pories S., Pfeiffer M.: WWF-Bodenreport 2024: Die Verbauung Österreichs. Wien: WWF, 2024. Weblink
13 Pories S., Pfeiffer M.: WWF-Bodenreport 2024: Die Verbauung Österreichs. Wien: WWF, 2024. Weblink
14 Brenner A. u.a.: Rapider Anstieg der Zersiedelung in Österreich von 1975 bis 2020: Eine räumlich explizite Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Wohnbevölkerung. Wien: University of Natural Resources and Life Sciences, 2024. Weblink
15 Pories S., Pfeiffer M.: WWF-Bodenreport 2024: Die Verbauung Österreichs. Wien: WWF, 2024. Weblink
16 Standort + Markt Beratungsgesellschaft: Flächeninanspruchnahme und -versiegelung des österreichischen Einzelhandels sowie der Shopping Center in Österreich: handelsstrukturelle Analyse zur aktuellen Situation des Flächenverbrauchs in Österreich. Baden: Standort + Markt, 2023 (4784) - Bericht. Weblink
17 Pories S., Pfeiffer M.: WWF-Bodenreport 2024: Die Verbauung Österreichs. Wien: WWF, 2024. Weblink
18 VCÖ (2024): eigene Berechnung basierend auf Baumgarten A. u.a.: Organic Soil
Carbon in Austria - Status Quo and Foreseeable Trends. In: Geoderma 402/115214 (2021).
Weblink
19 Pories S., Pfeiffer M.: WWF-Bodenreport 2024: Die Verbauung Österreichs. Wien: WWF, 2024. Weblink
20 Deutscher Wetterdienst: Starkregen. Weblink
21 Pories S., Pfeiffer M.: WWF-Bodenreport 2024: Die Verbauung Österreichs. Wien: WWF, 2024. Weblink
22 Kirchner A. u.a.: Relationship between soil sealing and local to regional climate in Germany. In: Meteorologische Zeitschrift 30/5 (2021). Weblink
23 Bundeskammer der Ziviltechniker:innen Arch&Ing: Klima, Boden & Gesellschaft. Kipppunkte für eine nachhaltige Zukunft - Positionen zum verantwortungsvollen Planen und Gestalten. Wien: Bundeskammer der Ziviltechniker:innen Arch&Ing - Positionspapier. Weblink
24 Osterkorn-Lederer S.: Es wird aufgerissen. In: Umwelt & Energie 4/2023, S. 33 Weblink
25 Santrucek T.: Sechs Millionen Euro für die Boden-Entsiegelung. In: MeinBezirk (29.12.2023). Weblink
26 Stadtgemeinde Bad Vöslau: Schlossplatz. Weblink
27 Tröstl N.: Bad Vöslauer Schlossplatzumbau auf der Zielgeraden. In: NÖN (12.10.2023). Weblink
28 Stadtgemeinde Amstetten: Umgestaltung Hauptplatz Amstetten. Einreichung VCÖ-Mobilitätspreis 2024.  
29 Redl B.: Sechs Gemeinden, die aufreißen statt zubetonieren. In: DerStandard (29.08.2023). Weblink
30 Stadt Wien: Sima: Kampf den urbanen Hitzeinseln - Begrünung und Kühlung von Plätzen und Straßen laufen auf Hochtouren. Weblink
31 Amelin F.: Niederlande entsiegeln um die Wette. In: ORF (17.05.2024). Weblink
32 Bundeskammer der Ziviltechniker:innen Arch&Ing: Klima, Boden & Gesellschaft. Kipppunkte für eine nachhaltige Zukunft - Positionen zum verantwortungsvollen Planen und Gestalten. Wien: Bundeskammer der Ziviltechniker:innen Arch&Ing - Positionspapier. Weblink
33 VCÖ: VCÖ-Fachpersonenbefragung: Flächenverbrauch und Bodenversiegelung des Verkehrs reduzieren. Wien: VCÖ, 2024. Weblink
34 Kletzan-Slamanig D. u.a.: Analyse klimakontraproduktiver Subventionen in Österreich. Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, 2022. Weblink
35 Kletzan-Slamanig D. u.a.: Analyse klimakontraproduktiver Subventionen in Österreich. Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, 2022. Weblink
36 Putschögl M.: Wie der Finanzausgleich dem Flächenfraß entgegenwirken könnte. In: DerStandard (14.02.2023). Weblink
37 Business Upper Austria - OÖ Wirtschaftsagentur GmbH: Interkommunale Betriebsansiedlung. Weblink
38 Bröthaler J. u.a.: Klimaorientierte und ressourcenschonende Raumentwicklung und Finanzausgleich: zur Raumwirksamkeit des Finanzausgleichs unter besonderer Berücksichtigung des ÖREK 2030, des Klimaschutzes und des sparsamen Bodenverbrauchs. Wien: Technische Universität Wien, 2024. Weblink
39 Häusermann+Partner: Mehrwertabgabe. Weblink
40 Eigenössisches Department für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK): Faktenblatt Mehrwertabgabe. UVEK n.d. Weblink
41 Frey C.: Mehrwertabgabe - nun haben sie alle Kantone eingeführt. Weblink
42 Schweizerische Eidgenossenschaft: Raumplanungsgesetz verlangt kantonale Regelungen zur Mehrwertabgabe. Weblink
43 Mayr L.: Das Instrument der Mehrwertabgabe: ein potentielles Anwendungsmodell für Österreich. In: Der öffentliche Sektor 44/2 (2018). Weblink

 

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Infrastrukturpolitik an Klima- und Energieziele anpassen

Im Jahr 2030 darf der Verkehr höchstens 15,7 Millionen Tonnen klimaschädliche Treibhausgase ausstoßen – so das Ziel der Klima- und Energiestrategie von Österreichs Bundesregierung: „Im Mobilitätsbereich sind aufgrund massiver Emissionssteigerungen um 66 % seit 1990 besondere Reduktionen gefordert.“ Verkehrsinfrastrukturen wirken langfristig. Was heute gebaut wird, wird auch in 20 oder 30 Jahren genutzt werden. Umso wichtiger ist es, dass die heute geplanten Infrastrukturen mit den Klimazielen übereinstimmen.

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Eingeübte Mobilitätspraktiken sind veränderbar

Um eine sozial-ökologische Transformation der Mobilitätspraktiken in Richtung Nachhaltigkeit voranzutreiben, ist es notwendig, an vielen Stellschrauben gleichzeitig zu drehen. So braucht der Öffentliche Verkehr eine deutlich attraktivere Infrastruktur, was Angebot, Taktung oder Erreichbarkeit – vor allem im ländlichen Raum – betrifft. Auch die Aufklärung über die gesundheitlichen, sozialen und ökologischen Vorteile von Radfahren und Gehen – und über die Nachteile des Autoverkehrs – muss verbessert werden. Sowohl der Einsatz von Sanktionen für klimaschädliches Mobilitätsverhalten, zum Beispiel  Kostenwahrheit, das heißt Verteuerung des individuellen Autoverkehrs, des Parkens, als auch Belohnungen für die Nutzung umweltverträglicherer Alternativen, wie günstige öffentliche Verkehrsmittel, sind ebenso nötig wie ein positives Feedback über die Effekte dieses Verhaltens, wie CO2-Einsparungen oder Kalorienverbrauch durch Radfahren.

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Beate Littig