Betriebliches Mobilitätsmanagement senkt Mobilitätskosten von Beschäftigten und Unternehmen
Arbeitswege sind an Werktagen Hauptursache für Pkw-Verkehr. Mobilitätsmanagement verlagert Wege auf den Öffentlichen Verkehr und die bewegungsaktive Mobilität. Davon profitieren Umwelt, Gesellschaft, Arbeitnehmende und Unternehmen durch sinkende Kosten und verbesserte Gesundheit.
An durchschnittlichen Werktagen führen 26 Prozent aller von Österreichs Bevölkerung zurückgelegten Wege zum oder vom Arbeitsplatz. Vor der Covid-19-Pandemie wurden 60 Prozent dieser Wege selbst lenkend mit dem Auto zurückgelegt. Das sind mehr als 82 Millionen Kilometer pro Tag.11, 80 Damit sind Arbeitswege an Werktagen die Hauptquelle des Pkw-Verkehrs. Die CO2-Emissionen von Benzin- und Diesel-Pkw auf Arbeitswegen summieren sich auf drei Millionen Tonnen im Jahr.110 Über gezielte Maßnahmen im Rahmen von betrieblichem Mobilitätsmanagement lässt sich jedoch klimaverträgliches Mobilitätsverhalten am Arbeitsweg fördern.
Weniger Pkw-Pendelverkehr senkt Kosten
Beschäftigte müssen ihre Arbeitsplätze gut erreichen können. Ist das nicht der Fall, haben Unternehmen einen Standortnachteil. Durch die Errichtung und Instandhaltung von Pkw-Abstellplätzen am Firmengelände entstehen hohe Kosten für Unternehmen. Kommt ein Teil der Belegschaft anders als mit dem eigenen Pkw zur Arbeit, können Kosten reduziert und bisherige Pkw-Abstellplätze anderen Nutzungen zugeführt werden. So hat beispielsweise Boehringer Ingelheim in Wien-Hetzendorf die Zahl der Pkw-Abstellplätze am Firmengelände zugunsten einer Betriebserweiterung von 600 auf 280 reduziert, die Zahl der Arbeitsplätze jedoch gleichzeitig um 500 erhöht. Durch Mobilitätsmanagement ist der Anteil der Beschäftigten, die mit Öffentlichem Verkehr, Fahrrad oder zu Fuß zur Arbeit kommen von 47 auf 70 Prozent gestiegen.110 Bei neuen Standorten ermöglicht betriebliches Mobilitätsmanagement, dass von vornherein weniger Pkw-Abstellplätze errichtet werden müssen. Berger Logistik etwa verlagerte seinen Standort zum Hauptbahnhof Wörgl. Der Anteil der Beschäftigten, die autofrei zur Arbeit kommen, ist dadurch in der Folge um 80 Prozent gestiegen. Die Zahl qualifizierter Bewerbungen ist aufgrund der guten Erreichbarkeit mit der Bahn gestiegen.110
Werden anstelle von Dienstwagen Fahrräder oder E-Bikes für dienstliche Fahrten und zugleich private Nutzung zur Verfügung gestellt, reduziert das auch die Kosten für den Fuhrpark. Gelingt es Arbeitswege vom Pkw auf das Fahrrad zu verlagern, geht das mittelfristig oft mit einem Rückgang der durchschnittlichen Krankenstandstage einher. Attraktive Mobilitätskonzepte erhöhen sowohl die Zufriedenheit der Beschäftigten als auch die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgeber. Nicht zuletzt können durch betriebliches Mobilitätsmanagement die Verkehrsbelastung in der Region und somit auch potenzielle Konflikte mit Anrainern reduziert werden.110
Günstiger und gesünder zur Arbeit
Für die Beschäftigten stellt betriebliches Mobilitätsmanagement in den meisten Fällen eine Kostenersparnis im Vergleich zu Arbeitswegen mit dem Pkw dar. Unternehmen können Beschäftigten beispielsweise steuerfrei ein sogenanntes Öffi-Jobticket zur Verfügung stellen. Die Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln lässt sich zudem im Gegensatz zu Autofahrten besser nutzen – egal ob zur Entspannung, zum Lesen oder Arbeiten.
Radfahren und Gehen wiederum wirken sich positiv auf die Gesundheit aus. Beschäftigte, die weite Strecken mit dem Auto pendeln, leiden überdurchschnittlich oft unter psychischen Erkrankungen.98, 110 Weniger Auto-Pendelverkehr bedeutet weniger Lärm, weniger Luftschadstoffe und weniger Treibhausgas-Emissionen. Gelingt es durch betriebliches Mobilitätsmanagement den Anteil des Öffentlichen Verkehrs auf Arbeitswegen zu erhöhen, sind auch mehr Einnahmen für den Öffentlichen Verkehr zu erwarten.110
Mobilitätsmanagement ist vielfältig – vom Jobrad bis zu Bonuspunkten
Betriebliches Mobilitätsmanagement kann auf unterschiedliche Arten zu klimaverträglichem Mobilitätsverhalten motivieren. Um die Ausgangssituation und damit den konkreten Bedarf und das größte Potenzial abzuschätzen, ist zu Beginn die Durchführung einer Mobilitätserhebung unter den Beschäftigten sinnvoll. Um die Sichtbarkeit der Maßnahmen zu erhöhen und klare Strukturen zu schaffen, ist die Einsetzung einer Arbeitsgruppe oder von Mobilitätsbeauftragten zu empfehlen. Als Anreiz für den Umstieg auf den Öffentlichen Verkehr können etwa steuerfreie Jobtickets zwischen Wohn- und Arbeitsort zur Verfügung gestellt werden. Mit den Fahrplänen abgestimmte Arbeitszeiten erleichtern die An- und Abreise. An größeren, aber schlecht vom Öffentlichen Verkehr erschlossenen Standorten können sich auch Werkbusse rentieren, um die Lücke der letzten Meile zu schließen.112, 40
Das Unternehmen Mahle in St. Michael ob Bleiburg setzt seit dem Jahr 2018 einen Bus zwischen Bahnhof und Werkgelände ein, der nicht nur den an mehreren Standorten tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung steht. Durch eine Kooperation mit Land Kärnten, Verkehrsverbund und ÖBB wurde der Bus in das Liniennetz des Öffentlichen Verkehrs aufgenommen und ist somit auch für die lokale Bevölkerung in der Region benutzbar.110 Die gemeinsame Teilnahme an Mitmach-Aktionen wie „Österreich radelt“ oder kostenloses Service für Fahrräder motivieren zum Ausprobieren von Radfahren zur Arbeit. Attraktive Fahrrad-Abstellanlagen nahe dem Eingang sowie die Bereitstellung von Garderobe, Spind und Dusche fördern die Nutzung des Fahrrads zusätzlich.21, 129
Das Vorarlberger Unternehmen „EcoPoints“ unterstützt Firmen und Gemeinden digital dabei, Anreize für klimaverträglich zurückgelegte Arbeitswege zu setzen. Eine Handy-App erleichtert es, Fahrgemeinschaften zu bilden und klimaverträgliche Arbeitswege mit Bonuspunkten zu belohnen. Die Bonuspunkte lassen sich gegen Gutscheine oder andere Vorteile eintauschen. Nicht zuletzt können Betriebe Fahrräder und E-Bikes als Jobräder auch steuerfrei für die Privatnutzung zur Verfügung stellen.112
Allerdings gibt es für betriebliches Mobilitätsmanagement derzeit noch zahlreiche steuerliche Stolpersteine. Das Hauptproblem besteht darin, dass finanzielle Anreize für Fahrgemeinschaften sowie bewegungsaktive Mobilität als geldwerter Vorteil zu versteuern sind. Dadurch werden diese Anreize sowohl unattraktiver, als auch aufwändig für die Personalverrechnung. Dazu kommen rechtliche Unklarheiten. Wie zum Beispiel die Frage, ob das kostenlose Laden von privaten E-Pkw am Firmenstandort einen geldwerten Vorteil darstellt oder ob es aus steuerlicher Perspektive einen Unterschied macht, ob firmenseitig zur Verfügung gestellte Fahrräder oder E-Scooter ein Firmenlogo tragen oder nicht. Um das große Potenzial von betrieblichem Mobilitätsmanagement ausschöpfen zu können, müssen solche Stolpersteine rasch beseitigt werden.
Betriebliches Mobilitätsmanagement zum Standard machen
- Unternehmen tragen soziale Verantwortung. Betriebliches Mobilitätsmanagement hat großes Potenzial, Arbeitswege auf Klimakurs zu bringen.
- Derzeit gibt es noch zahlreiche Stolpersteine, die die Umsetzung von Mobilitätsmanagement erschweren. Diese gilt es rasch auszuräumen, um betriebliches Mobilitätsmanagement zum Standard zu machen.