Die Batterie als Standard der Elektrifizierung

Pkw, Lkw und Busse sind batterie-elektrisch energieeffizienter als mit anderen Antrieben. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur setzt die Basis für die Etablierung der E-Mobilität. Intelligentes Laden entlastet die Netze und macht Pkw zu Ökostrom-Speichern.

Große E-Pkw benötigen zu viel Energie. Der SUV VW ID.4 hat ein Gewicht von 2.150 Kilogramm und einen Normalverbrauch von 21,6 kWh pro 100 km. Der Kleinwagen Fiat 500 wiegt 1.365 Kilogramm. Der Normalverbrauch des Kleinwagens liegt bei 13,9 kWh pro 100 km
Je nach Wohnort werden unterschiedliche Verkehrsmittel genutzt. Während Wien den höchsten Anteil beim Öffentlichen Verkehr hat, sind es beim Fahrrad die anderen Großstädte.

Batterie-elektrische Pkw (E-Pkw) sind in Österreich auf dem Vormarsch, Ende Dezember 2022 waren mehr als 110.000 zum Verkehr zugelassen.105 Das sind zwar erst zwei Prozent des Fahrzeugbestands, bei Neuzulassungen liegt der Anteil der E-Pkw bereits bei 16 Prozent.104 Auch bei Bussen und Lkw geht der Trend zur Batterie, da Wasserstoff und E-Fuels bei ihrer Herstellung zu viel Strom benötigen und daher zu teuer sind. Die Umstellung auf batterie-elektrische Kraftfahrzeuge allein ist nicht ausreichend. Weitere Probleme wie Platzverbrauch, Lärm bei Geschwindigkeiten über 30 Kilometer pro Stunde sowie Feinstaub durch Brems- und Reifenabrieb bleiben bestehen. Außerdem sind Pkw eine Gefahrenquelle für Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind. Aber sie sind weniger umweltschädlich als Benzin- und Dieselfahrzeuge. Die Vorteile von E-Pkw: kein Motorenlärm, keine gesundheitsschädlichen Abgase und – wenn mit Ökostrom betrieben – auch keine Treibhausgase beim Fahren. Das ist besonders von Bedeutung, da 99 Prozent der Treibhausgas-Emissionen des Verkehrssektors im Straßenverkehr entstehen. Auf Pkw, Busse, Mopeds und Motorräder entfallen 62 Prozent, auf den Lkw-Güterverkehr 37 Prozent der Treibhausgase.69

Zunehmend schwerere Pkw vernichten Effizienzgewinne

Österreichs Benzin- und Diesel-Pkw benötigen im Durchschnitt 67 Kilowattstunden Energie pro 100 Kilometer. Das ist drei- bis viermal so viel wie bei E-Pkw. Dieser Effizienzgewinn nimmt jedoch mit steigendem Gewicht stark ab. Im Schnitt benötigt ein E-Pkw mit 1.200 Kilogramm im Schnitt 14 Kilowattstunden Strom pro 100 Kilometer zur Fortbewegung. Bei 1.700 Kilogramm sind es bereits 23 Kilowattstunden. Das höhere Gewicht verursacht daher einen Anstieg des Energiebedarfs um zwei Drittel.126 Eine Million E-Pkw mit durchschnittlich 1.200 Kilogramm benötigen daher bei 13.000 Kilometern Fahrleistung im Jahr 6,5 Petajoule (1,8 Terawattstunden) Strom. Das sind 80 Prozent weniger als eine Million durchschnittlicher Benzin- und Diesel-Pkw mit 31,3 Petajoule (8,7 Terawattstunden) benötigen! Wiegen die E-Pkw hingegen durchschnittlich 1.700 Kilogramm, steigt der Strombedarf auf 10,8 Petajoule (drei Terawattstunden). Damit droht der Trend zu immer schwereren Pkw – das Gewicht der neu zugelassenen Pkw hat in Östereich seit dem Jahr 2000 im Schnitt um zwölf Prozent bei Benzin- und um 19 Prozent bei Diesel-Pkw zugenommen, gleichzeitig ist der Besetzungsgrad gesunken – einen großen Teil der der Effizienzgewinne durch Elektro-Motoren wieder zunichtezumachen.

Langsames und intelligentes Laden entlastet Netze

Lädt die Mehrheit der E-Pkw regelmäßig mit einer Leistung von elf Kilowatt, müsste die Kapazität des Niederspannungsnetzes ohne intelligentes Lastmanagement bis zum Jahr 2030 verdoppelt werden. Wird hingegen primär langsam mit 3,7 Kilowatt Leistung geladen – etwa über Nacht oder während der Arbeit – ist bis zum Jahr 2030 mit keinen Schwierigkeiten im bestehenden Netz zu rechnen.17

Mittels intelligentem Laden sollen sich zukünftig die Netzkapazitäten noch besser ausschöpfen lassen, was weniger Investitionen in den Ausbau des Stromnetzes erforderlich macht. Da E-Pkw meist wesentlich länger angesteckt sind als sie zum Laden benötigen, programmieren Lenkerinnen und Lenker den spätesten Zeitpunkt eines gewünschten Ladestands. Die Netzgesellschaft steuert dann automatisiert den möglichst netzschonenden Strombezug des einzelnen Fahrzeugs. Im Gegenzug soll dieses netzdienliche Laden günstiger kommen.15

Der VCÖ setzt sich als gemeinnützige Organisation für eine ökologisch verträgliche und sozial gerechte Mobilität mit Zukunft ein. Der Einsatz des VCÖ ist nur Dank der Unterstützung durch Spenden möglich - jetzt spenden

Pilotprojekt für konduktives Laden von E-Taxis

Das Projekt eTaxi Austria beschäftigt sich mit dem Umstieg der Taxiflotten auf E-Pkw. Besonderer Fokus liegt hier bei den Lademöglichkeiten. Um das Laden der Taxis zu vereinfachen, soll eine automatisierte konduktive Ladetechnologie zum Einsatz kommen. Dieses Ladesystem besteht aus zwei Hauptkomponenten: einem Lade-Pad, das im Boden des Taxistandplatzes eingelassen wird, und auch problemlos überrollt werden kann sowie einem Lade-Konnektor am Unterboden des Fahrzeuges. Beim Warten auf Kundschaft senkt sich der Lade-Konnektor automatisch ab und das Fahrzeug beginnt mit bis zu 100 Kilowatt Leistung zu laden. Bei dem noch bis Mai 2024 in Wien und Graz laufenden Forschungsprojekt werden 60 Lade-Pads bei Taxistandplätzen und 66  E-Taxis mit Konnektoren eingesetzt.

Vehicle-to-Grid macht E-Pkw zu Ökostrom-Speichern

Bei Vehicle-to-Grid (V2G) oder bidirektionalem Laden kann Strom von E-Pkw zurück ins Netz abgegeben werden. Bei der Stromerzeugung durch Windkraft und Sonne fallen die Zeiträume hoher Produktion und hohen Verbrauchs oft auseinander. Produzieren Wind und Sonne mehr Strom als im Moment genutzt, speichern die Batterien von zum Laden angesteckten E-Pkw kurzfristige Überschüsse. Ist später zu wenig Strom verfügbar, lassen sich die Batterien als Reserve nutzen und geben einen Teil ihrer Ladung wieder ab.71 Es wäre dann seltener notwendig, Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen abzuschalten, nur weil das Netz keinen weiteren Strom aufnehmen kann. V2G ist auch deshalb von Bedeutung, da E-Pkw zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen mit Ökostrom betrieben werden müssen. Über einen Lebenszyklus von 225.000 Kilometern verursacht so ein kompakter E-Pkw inklusive Herstellung 34 Tonnen CO2-Emissionen weniger als ein Diesel-Pkw. Wird derselbe E-Pkw stattdessen mit dem österreichischen Strommix aus fossilen und erneuerbaren Quellen geladen, beträgt die Reduktion nur 23 Tonnen CO2.126 Da nicht jede Wallbox mit jedem E-Pkw kommunizieren kann und auch andere technische Herausforderungen bestehen, eignet sich V2G vor allem bei Unternehmen mit vielen gleichartigen E-Pkw. Auf der zu Madeira gehörenden Insel Porto Santo wurden in einem Feldtest intelligentes Laden und V2G bereits eingeführt. Rund 100 E-Pkw, hauptsächlich Renault Zoe, und zwei stationäre Speicher aus alten E-Pkw-Batterien ermöglichten dort ohne Netzausbau eine Steigerung der Stromproduktion aus Wind und Sonne um mehr als 16 Prozent. Eine hundertprozentige Versorgung der Insel mit Wind- und Sonnenstrom wäre bei V2G mit 500 E-Pkw möglich.35,30

In Mehrparteienhäusern gibt es Right to Plug nur bei Eigentum

Eine Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) erleichtert seit dem Jahr 2022 die Einrichtung von Ladepunkten für E-Pkw in Mehrparteienhäusern. Seit der Novellierung ist bis 5,5 Kilowatt Ladeleistung pro Ladestation nicht mehr die Zustimmung aller Eigentümerinnen und Eigentümer notwendig (Right to Plug).10 Bei gemieteten Garagenplätzen gibt es aber nach wie vor kein Recht auf eine Wallbox für den Eigenbedarf. Daher sind hier weitere rechtliche Nachbesserungen notwendig, etwa im Mietrechtsgesetz und im WEG.81

 

Verordnung für EU-weites Schnellladenetz noch im Jahr 2023

Die EU-Kommission hat im Rahmen ihres „Fit for 55“-Programms eine Verordnung zum Aufbau der Ladeinfrastruktur (AFIR) vorgeschlagen, deren Details im Jahr 2023 im Trialog zwischen Kommission, EU-Parlament und Europäischem Rat fixiert werden. Entlang des hochrangigen Straßennetzes sollen künftig mindestens alle 60 Kilometer Schnellladestationen zur Verfügung stehen – bis Ende 2025 für E-Pkw und fünf Jahre später auch für E-Lkw.83  In Österreich gab es im Dezember 2022 knapp 16.000 öffentliche Ladepunkte.9  Laut den Plänen des Klimaministeriums sollen bis zum Jahr 2030 öffentliche Schnellladestationen für 95 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 15 Kilometern erreichbar sein. Die meisten Menschen werden dann sogar weniger als drei Kilometern von einer Schnellladestation entfernt leben. Entlang den Autobahnen und Schnellstraßen in Österreichs befanden sich Ende des Jahres 2022 an 31 Standorten 191 Ladepunkte für E-Pkw. Die Asfinag will im Jahr 2023 sechs weitere Standorte mit 29 Ladepunkten in Betrieb nehmen, womit es in ihrem Netz zumindest alle 60 Kilometer Schnelllademöglichkeiten geben wird. Bis zum Jahr 2030 sollen es insgesamt 1.500 E-Pkw-Schnellladepunkte im Abstand von maximal 25 Kilometern sein. Bis zum Jahr 2035 plant die Asfinag außerdem 1.300 Ladepunkte für E-Lkw.23,67

E-Retrofitting ermöglicht die Umrüstung von Benzin- und Dieselfahrzeugen auf Elektro-Antrieb

In Frankreich gibt es seit dem Jahr 2020 ein Gesetz, das Bedingungen für die standardisierte Umrüstung von Kraftfahrzeugen auf Batterie- oder Brennstoffzellen-Elektro-Antrieb festlegt. Professionelle Anbieter können so ihre Umbausätze für konkrete Fahrzeug-Modelle als Prototypen behördlich genehmigen lassen. Erste Anbieter für dieses „E-Retrofitting“ sind inzwischen am Markt. Für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bietet etwa das Start-Up Transition-One eine Umrüstung auf Elektro-Antrieb an. Im Moment befinden sich sechs Modelle unterschiedlicher Hersteller im Portfolio. Das deutsche Retrofitting-Unternehmen Pepper rüstet vier Stadtbus- und zwei Lkw-Modelle auf Batteriebetrieb um. Die umgerüsteten Busse verfügen über eine Reichweite von rund 250 km.

Der Energiebedarf steigt deutlich mit Größe des Fahrzeugs. Verglichen wird wieder der Kleinwagen Fiat 500 und der SUV VW ID.4.
Für den Betrieb großer und schwerer Pkw ist eine deutlich größere Photovoltaikfläche notwendig als für Kleinwagen.

Umstieg auf Batterien hat auch bei Lkw und Bussen bereits begonnen

Bis zum Jahr 2035 wird es laut einer Studie für die EU und das Vereinigte Königreich für nahezu alle Einsatzszenarien geeignete batterie-elektrische Lkw (E-Lkw) geben. Nur für 0,2 Prozent der Diesel-Lkw wird voraussichtlich kein passender E-Lkw als Ersatz am Markt sein.112 Der geplante Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Lkw deckt sich mit den Plänen der großen Lkw-Hersteller. Renault Trucks und Scania visieren bereits für das Jahr 2025 jeweils zehn Prozent des Umsatzes mit E-Lkw an, Scania für das Jahr 2030 bereits 50 Prozent. Von wasserstoffbetriebenen Lkw distanziert sich das Tochterunternehmen des VW-Konzerns hingegen nach ausführlichen Praxistests wegen des hohen Energieverbrauchs.85,154 Ähnlich dynamisch entwickeln sich E-Lkw auch bei anderen Herstellern. Bei Europas Marktführer für E-Lkw, Volvo Trucks, soll bis zum Jahr 2030 jeder zweite Lkw batterie-elektrisch sein. Aber auch MAN und Daimler Benz bringen ab dem Jahr 2024 Fernverkehr-E-Lkw auf den Markt.34

Sehr dynamisch entwickeln sich auch batterie- elektrische Busse (E-Busse). Vorreiter ist der Öffentliche Verkehr, da bis zum Jahr 2030 innerhalb der Europäischen Union Linien unter 500 Kilometer Länge klimaneutral zu bedienen sind.46 Im Jahr 2021 sind in der EU, dem Vereinigten Königreich, Norwegen, der Schweiz und Island insgesamt 14.990 Linienbusse neu zugelassenen worden. Mehr als 21 Prozent davon waren bereits E-Busse. Im Jahr davor waren es erst knapp 15 Prozent gewesen.33

Abbau von Rohstoffen für Batterien gefährdet Menschen und Umwelt

Kreislaufwirtschaft kann die Automobilindustrie von problematischen Rohstoffen unabhängiger machen. Die voraussichtlich im ersten Halbjahr 2023 in Kraft tretende EU-Batterieverordnung sieht daher unter anderem Recyclingquoten von bis zu 95 Prozent bei Metallen vor, die bis zum Jahr 2026 beziehungsweise zum Jahr 2030 erreicht werden müssen.a Das Unternehmen Redux Recycling in der Steiermark erfüllt nach eigenen Angaben bereits die Quote.90 Bis im großen Stil Rohstoffe aus alten Batterien der E-Mobilität wieder zurück in den Produktionskreislauf kommen, wird es allerdings noch mehr als zwei Jahrzehnte dauern. Die Batterien von E-Pkw halten oft ebenso lang wie das Fahrzeug. Laut Nissan etwa fahren die meisten der von ihnen in den letzten zwölf Jahren gebauten E-Pkw noch mit der Originalbatterie.39 Dabei garantiert das Unternehmen 75 Prozent der Batteriekapazität eigentlich nur für fünf Jahre oder 100.000 Kilometer. Die meisten anderen Hersteller garantieren inzwischen für zumindest acht Jahre oder 160.000 bis 200.000 Kilometer.1 Vor dem Recycling steht zudem noch die Wiederverwendung. In E-Autos ausgediente Batterien können für voraussichtlich zehn bis zwölf Jahre zu großen stationären Speichern zusammengeschalten werden. Dort lässt sich sonst nicht verwertbarer überschüssiger Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen für Zeiten der Unterproduktion vorhalten. Erste Anlagen sind inzwischen in Betrieb, etwa bei BMW in Leipzig.39

Die notwendigen Mengen problematischer Metalle begrenzen

Um die Zahl der Pkw und damit der notwendigen Rohstoffe zu verringern, setzt Österreichs Kreislaufstrategie neben Recycling sowohl auf Carsharing als auch die Verlagerung von Autofahrten auf den Öffentlichen Verkehr und auf bewegungsaktive Mobilität.24 Die Batterieentwicklung zielt zudem auf das Ersetzen von Kobalt und anderen problematischen Metallen. Einige E-Pkw-Hersteller verwenden Lithium-Eisenphosphat-Batterien ohne Kobalt und Nickel, bei denen allerdings die Energiedichte und damit die Reichweite etwas geringer ist.11 Daher wird auch an den klassischen Lithium-Ionen-Batterien geforscht. Bis zum Jahr 2030 soll die Batterie eines Mittelklasse-E-Pkw nur noch halb so viele seltene Metalle enthalten. Bei Kobalt sollen sogar 70 Prozent Einsparung pro Batterie möglich sein.144

Verkehrsplanung sensibilisieren

  • Der batterie-elektrische Antrieb ist unter fast allen Umständen die effizienteste und emissionsärmste Variante.

  • Laden findet insbesondere in Wohngebäuden und am Arbeitsort statt. Es bedarf einer Erweiterung des "Right to Plug", um Ladeinfrastruktur in Mietgebäuden vereinfacht umzusetzen.

  • Batteriehersteller sind zur umfassenden Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards in der gesamten Lieferkette und zur Zurückgewinnung der Rohstoffe zu verpflichten.

  • Immer schwerere Pkw und Übermotorisierung machen Effizienzgewinne zunichte.