Lkw-Verkehr kommt für verursachte Kosten nicht auf

Die externen Kosten des Lkw-Verkehrs sind deutlich höher als die externen Kosten des Schienenverkehrs. Da die externen Kosten nicht in den Preisen enthalten sind, besteht eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten des Lkw-Verkehrs. Diese indirekte Subventionierung des klimaschädlicheren Verkehrsträgers steht im Widerspruch zu den Klimazielen.

Vom Jahr 1995 bis 2020 hat der Straßengüterverkehr in der EU-27 um rund 60 Prozent zugenommen. Im Güterverkehr beträgt sein Anteil am Modal Split EU-weit rund 77 Prozent.23 Fehlende Kostenwahrheit und fragwürdige Arbeits- und Entlohnungsbedingungen sind dafür wesentlich.

Externe Kosten des Lkw-Verkehrs sind hoch

In der EU verursachte der Lkw-Verkehr vor der Covid-19-Pandemie jährlich rund 42 Milliarden Euro an Infrastrukturkosten und 78 Milliarden Euro an externen Kosten.29 Umgekehrt entrichten Lkw in etwa 33 Milliarden Euro an zurechenbaren Abgaben und Steuern.68 Jede auf der Straße transportierte Tonne belastet die Allgemeinheit im EU-Durchschnitt pro Kilometer mit 4,3 Cent an externen Kosten – also zum Beispiel Kosten für Unfälle, Luftverschmutzung, Klimaschäden, Lärm und Stau.68

Da der Transportkosten- Anteil bei Lebensmitteln sehr niedrig ist, würde der Preiseffekt durch eine Ausweitung der Lkw-Maut meist weniger als einen Cent betragen.
 

Mehr Lkw-Verkehr durch schlechte Lohn- und Arbeitsbedingungen

Im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr sind die Personalkosten der Lkw-Lenkenden der größte Kostenfaktor. Sie machen rund 35 Prozent der Betriebskosten für einen Lkw aus und sind somit deutlich höher als Kraftstoffkosten mit 25 Prozent, Mautabgaben mit zehn Prozent oder Kosten für Reparatur und Wartung mit vier Prozent.68 Würde die Einhaltung der gesetzlichen Standards durch bessere Kontrollen gewährleistet und Gesetzesverstöße bei Kabotage- und Entlohnungsbestimmungen sowie die Ausnützung des starken Lohngefälles zwischen den EU-Staaten verhindert, müssten viele Lkw-Transporte mindestens um 20 Prozent teurer sein.16

In Österreich wurden im Jahr 2019 insgesamt 47 Milliarden Tonnenkilometer auf Österreichs Straßen transportiert.70 Davon entfielen 76 Prozent auf das Autobahn- und Schnellstraßennetz und 24 Prozent auf Landes- und Gemeindestraßen.23 Mit 1,5 Milliarden Euro kommt der Lkw-Verkehr für seinen verursachungsgerechten Anteil an der Bereitstellung der Autobahninfrastruktur auf. Damit werden die Kosten für Errichtung, Betrieb und Finanzierung der Infrastruktur auf Autobahnen abgedeckt. Bei den externen Kosten des Lkw auf der Autobahn tut sich jedoch eine große Lücke auf. Hier wurden nur knapp 40 Millionen Euro im Jahr 2019 bei der kilometerabhängigen Lkw-Maut für Luftverschmutzung und Lärm eingenommen. Wird der externe Kostensatz von 4,3 Cent pro Tonnenkilometer auf das Autobahn- und Schnellstraßennetz hochgerechnet, hätten rund 1,5 Milliarden Euro bei Lkw zur Deckung der externen Kosten eingehoben werden müssen.

Wegekosten-Richtlinie erlaubt Maut-Zuschlag

Abhilfe könnte mitunter die im Jahr 2022 beschlossene Wegekosten-Richtlinie der EU schaffen.42 Sie ermöglicht erstmals einen Mautaufschlag von 15 Prozent auf allen verkehrsbelastenden Autobahnabschnitten. Mit den Einnahmen muss die Verkehrsbelastung auf den jeweiligen Abschnitten reduziert werden, wodurch etwa Güterterminals sowie der kombinierte Verkehr für die Verlagerung von Gütern auf die Schiene querfinanziert werden können. Zusätzlich sieht sie einen erweiterten Spielraum bei der Einhebung von externen Kosten in Form eines CO2-Aufschlags vor. Weiters müssen ab dem Jahr 2025 lokal emissionsfreie Lkw mit Batterie oder Brennstoffzelle begünstigt und spätestens ab dem Jahr 2030 zeitbasierte Mautsysteme weitgehend auf kilometerabhängige Mautsysteme umgestellt werden. Trotz dieser Fortschritte werden auch in Zukunft die Mitgliedstaaten EU-rechtlich nicht dazu verpflichtet, eine Mindestmaut für alle Autobahnen einzuheben.22

Fehlende Mittel für Instandhaltung von Landes- und Gemeindestraßen

Das niederrangige Straßennetz ist für den sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt des ländlichen Raumes unentbehrlich. Für den Erhalt und Bau dieser Straßen gaben im Jahr 2019 die Bundesländer und Gemeinden 3,05 Milliarden Euro aus.38 Es müssten aber zusätzlich rund 495 Millionen Euro pro Jahr ausgegeben werden, um die Straßeninfrastruktur inklusive Brücken in einem akzeptablen Zustand zu erhalten. Zusätzlich wären weitere 200 Millionen Euro pro Jahr für Sonderbauwerke wie Mauern, Tunnel und Eisenbahnkreuzungen erforderlich.39 Diese Mittel stehen derzeit nicht zur Verfügung, weshalb sich der Zustand der niederrangigen Straßeninfrastruktur sukzessive verschlechtert.

Mautkosten erhöhen Preise nicht signifikant

Die Straßenabnützung durch Lkw verursacht hohe Kosten. Ein dreiachsiger Lkw mit einem Gewicht von 26 Tonnen nützt die Straße rund 20.000-mal stärker ab als ein Pkw. Ein 36-Tonner mit zwei Achsen und einem zweiachsigen Anhänger nutzt die Straße sogar 30.000-mal stärker als ein Pkw ab. Eine flächendeckende Lkw-Maut auf Landes- und Gemeindestraßen könnte diese Mehrkosten verursachungsgerecht abfangen. Ein oftmals ins Treffen geführtes Gegenargument sind Preiserhöhungen für Konsumgüter. Allerdings beträgt der Transportkostenanteil bei den meisten Gütern des täglichen Bedarfs lediglich wenige Prozent, Mautkosten machen davon wiederum nur einen Bruchteil aus. In Summe beträgt der potenzielle Preisaufschlag durch Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut somit für die meisten Güter weniger als ein Cent – und wäre damit kaum zu spüren.

Hohe gesellschaftliche Kosten der Lkw-Transporte internalisieren

  • Lkw-Verkehr wächst im EU-Schnitt überdurchschnittlich. Ein Grund dafür sind hohe externe Kosten und Nicht-Einhaltung von Mindeststandards.

  • Die EU-Wegekosten-Richtlinie bietet Spielraum für einen Maut-Zuschlag auf stark belasteten Autobahnabschnitten. Die Einnahmen können auch zur Querfinanzierung von Verlagerungsmaßnahmen verwendet werden.

  • Lkw-Verkehr kommt für die starke Abnutzung von Landes- und Gemeindestraßen nicht auf. Eine flächendeckende Lkw-Maut ist anzustreben.